Enttäuschung in Dorstfeld: Rat der Stadt Dortmund stimmt mit großer Mehrheit für den Westbad-Neubau in Wischlingen

Auch vor der Ratssitzung warb die Bürgerinitiative für den Standort Kortental. Foto: Alex Völkel
Auch vor der Ratssitzung warb die Bürgerinitiative für den Standort Kortental. Foto: Alex Völkel

Allen Bürgerprotesten zum Trotz: Der Dortmunder Rat hat beschlossen, dass Westbad im Revierpark Wischlingen neu zu errichten. Bis zur Fertigstellung des Neubaus soll das marode alte Westbad im Dorstfelder Kortental in Betrieb bleiben – falls es noch so lange durchhält.

Vier Fraktionen votieren für Wischlingen, zwei für Dorstfeld

Auch vor dem Rathaus und auf der Besuchertribüne hatten sich DorstfelderInnen eingefunden, um für einen Neubau an gleicher Stelle zu werben und somit das Bad im Ort zu halten. Doch die große Mehrheit der Fraktionen von SPD, CDU, FDP/Bürgerliste und AfD hatten sich für Wischlingen ausgesprochen. Lediglich die Fraktionen von Linken und Piraten sowie den Grünen votierten für den Standort Kortental.

Vor der erneuten Debatte im Rat erinnerte OB Ullrich Sierau daran, dass es eine solche Diskussion in anderen Städten gar nicht gebe. „Da würde sofort beschlossen, das Bad ersatzlos zu streichen“, versuchte Sierau die Gemüter zu beruhigen.

„Daher können sie alle froh sein, dass sie in Dortmund wohnen, wo darüber gesprochen wird, wo die Wasserfläche am besten aufgehoben ist und wo sie nicht abgeschafft wird. Das sollte sie alle bei den Diskussionen bedenken“, betonte der Oberbürgermeister.

Keine leichte Aufgabe hatte Hans Peter Balzer: Der Dorstfelder SPD-Ratsvertreter machte deutlich, dass seine Fraktion kontrovers diskutiert habe. Dennoch spreche sich seine Ratsfraktion für einen Neubau in Wischlingen aus. Dafür wurde Balzer aus seinem Wahlkreis angefeindet – die Bezirksvertretung hatte zudem einstimmig für einen Neubau in Dorstfeld ausgesprochen. Doch davon ließ er sich nicht vom Kurs abbringen. Auch das Becken für Kleinkinder könnte kommen. Der Fachausschuss soll diese Frage bewerten.

Kritik an fehlenden Instandhaltungen und Modernisierungen

In den 1970er Jahren wurde das Westbad im Kortental errichtet. Nun steht ein Abriss und Neubau im Raum.
In den 1970er Jahren wurde das Westbad im Kortental errichtet. Nun steht ein Abriss und Neubau im Raum.

Trotz aller kontroversen Diskussionen sah Ute Meis (CDU) in der Ratsentscheidung einen guten Tag: „Wir haben über 12 Millionen Euro, die wir heute in den Dortmunder Sport stecken.“ Doch auch mit Kritik sparte sie nicht: „Dass ausgerechnet das jüngste Bad am marodesten ist, zeigt, viele falsche Entscheidung in den vergangenen Jahren auf. Zu geringes Invest und zu wenig in Instandhaltung.“

Lob und Anerkennung zollte die CDU-Politikerin – wie auch Vertreter anderer Parteien – den DortfelderInnen: „Das Engagement der Bürger war richtig gut. Sie haben durch das Engagement viel bewegt.“ Doch für eine Entscheidung pro Dorstfeld habe es nicht gereicht: „Es muss eine Entwicklung geben, damit die Bäder zukunfts- und wettbewerbsfähig werden“, so Meis. Denn durch den Neubau in Wischlingen könnten erstmals Sport, Spaß, Spiel und Gesundheitsbad an einem Standort zusammengebunden werden.

Kritik an der Vernachlässigung von kommunalen Einrichtungen kam auch von Linken und Piraten: „Das ist eine direkte Geldvernichtung durch kommunale Sparpolitik“, kritisierte Utz Kowalewski. Das Westbad sei so vernachlässigt worden, dass selbst eine Sanierung nicht mehr in Frage komme. Er erinnerte daran, dass von den vor zwei Jahren beschriebenen Baukostenvorteilen in Wischlingen nichts übrig geblieben sei.

Zweifel an Einsparmöglichkeiten bei Investitions- und  Betriebskosten

Das Hallenbad in Dorstfeld ist dringend sanierungsbedürftig und soll abgerissen werden.
Das Hallenbad in Dorstfeld ist dringend sanierungsbedürftig und soll abgerissen werden.

Auch bezweifelte er, dass die Einsparungen bei den Betriebskosten so hoch ausfielen wie von Verwaltung und Revierpark beteuert. Dort rechnet man mit 650.000 Euro Einsparung pro Jahr. Allerdings sei eine wirtschaftliche Betrachtung in Wischlingen noch garnicht möglich, da es noch keinerlei Gespräche gegeben habe, wie künftig die Einnahmen zwischen neuem Westbad und dem Revierpark aufgeteilt werden sollen.

In dasselbe Horn stießen die Grünen. Bei den investiven Kosten gebe es kaum noch einen Unterschied zwischen den Standorten. „Wenn man  die Personalreduzierung so vornimmt, dann muss man auch prüfen, ob es nicht in Wischlingen zu einer Arbeitsverdichtung kommt“, betonte Ingrid Reuter (Grüne).

„Natürlich in Wischlingen Synergieeffekte. Das kann man nicht unter den Tisch kehren. Aber die Unterschiede sind so gering, dass wir für den Standort Kortental sind“, sagte sie mit Blick auf die sozialpolitischen Argumente. „Kortental ist ein Standort, der mitten im Ortsteil liegt, nicht so wie in Wischlingen. Das Bad in Dorstfeld ist der Mittelpunkt für Vereine, Schulen und Anwohner – viele haben sich intensiv dafür eingesetzt, dass es bei ihnen bleibt.“

Finanzpolitische Erwägungen gaben den Ausschlag für Wischlingen

Der Revierpark Wischlingen soll durch den Neubau des Westbades noch attraktiver werden. Foto: Stephan Schuetze/RVR
Der Revierpark Wischlingen soll durch den Neubau des Westbades noch attraktiver werden. Foto: Stephan Schuetze/RVR

Finanzpolitische Erwägungen ließen die Fraktion von FDP und Bürgerliste für Wischlingen votieren. „Als Rat können wir nicht nur an Dorstfeld, sondern müssen an die gesamte Stadt denken“, sagte Lars Rettstadt. Die Stadt gebe jedes Jahr 60 bis 80 Millionen mehr aus, als sie in der Kasse hatte. Daher seien die Synergien am Standort Wischlingen bedeutsam – zumal dieser gerade mal 1000 Meter Luftlinie vom bisherigen Standort entfernt sei.

Kontrovers wurde auch über Dorstfeld diskutiert: Der Ortsteil sei problematisch, werde benachteiligt, kaputtgespart und schlecht geredet. Doch Argumente, wo das passiere, konnten die Kritiker außer beim Westbad nicht beibringen. Deshalb platzte Uwe Wassmann (CDU) auch der Kragen: „Wie kann man bei einem Invest von 12/13 Millionen Euro von Kaputtsparen reden. Das ist Idiotie. Wir müssen gesamtstädtisch diskutieren.“

Zudem hätten Rat und Stadt viele Projekte für Dorstfeld als solches auf den Weg gebracht: Bürgerhaus, Einzelhandel, die Entwicklung der HSP-Brache. „Dorstfeld profitiert vielfach von guten Entscheidungen. Mit HSP haben wir einen Rohdiamanten vor uns liegen und können nicht alles schlecht reden“, betonte Wassmann und sah sich damit Seite an Seite mit dem OB.

Friedensangebot an die Bürgerinitiative: Einbindung in Neuplanung im Kortental

Sierau versuchte, den Aktiven der Bürgerinitiative trotz der Entscheidung für Wischlingen einen Friedenszweig zu reichen: „Sie haben sich unheimlich ins Zeug gelegt und einen guten Job gemacht – mit viel Herzblut und Engagement“, so der OB. „Sie sollten das jetzt erst mal verdauen und drüber schlafen.“ Das Westbad im Kortental bleibe ja auch erst mal am Netz.

„Es wäre schön, wenn wir uns nicht aus den Augen verlieren, die offenen Fragen für Wischlingen klären und dann noch mal gucken, was wir an dem alten Standort Kortental machen“, so Sierau. „Gehen sie davon aus, dass wir Sie sehr ernst genommen haben und Sie auch in dem, was Sie sonst tun, nicht gering, sondern sehr wertschätzen. Das werden wir auch zukünftig in unsere Entscheidungen einfließen lassen.“

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Reaktionen

  1. Ћ

    Von einem hellen Standort in einen dunkelen. Erhellende Perspektiven sehe ich – noch – nicht im Umfeld von Wischlingen. Ach du armes Dorstfeld – immer kriegst du die Arschkarte… (kennt jemand den Grund)-?

  2. Linken-Fraktion im RVR

    Unverständnis über Westbad-Entscheidung der RVR-Verbandsversammlung

    Grünes Licht über den Neubau des Dortmunder Westbades gab es am vergangenen Freitag auch in der Verbandsversammlung des RVR. Und trotz zahlreicher offener Fragen gab es eine eindeutige Entscheidung. Die beiden Fraktionen DIE LINKE und die Piraten sagten Nein. Aber CDU, SPD und Grüne – und damit die Mehrheit – sagten Ja zum geplanten „Anbau“ der Stadt Dortmund an das Freizeitbad Wischlingen auf dem Gelände des RVR.

    Schon im Sommer hatte sich die Mehrheit des Dortmunder Rates dazu entschieden, das alte Hallenbad im Stadtteil Dorstfeld abreißen zu lassen und durch einen Neubau zu ersetzen. Dieser Neubau soll künftig einige Kilometer weiter an das Freizeitbad Wischlingen angedockt werden. Sehr zum Unmut der Bevölkerung, die gegen diese Entscheidung über 8000 Unterschriften gesammelt hatte, weil sie sich den Neubau am alten Standort gewünscht hatte. Ebenso wie die Dortmunder Linken & Piraten.

    Utz Kowalewski (DIE LINKE), Mitglied in der Verbandsversammlung und Vorsitzender der Fraktion DIE LINKE & PIRATEN im Dortmunder Rat, hatte deshalb die Verbandsversammlung noch einmal auf die vielen ungeklärten Fragen hingewiesen. „Ein Hallenbad der Stadt Dortmund als gemeinsame Einrichtung mit einem Freizeitbad des Regionalverbandes. Wie soll das verrechnet werden, etwa bei den Eintrittsgeldern oder beim Personal? Und soll die Stadt Miete für das Grundstück zahlen?“, fragte Kowalewski. Fraktionsvorsitzender Wolfgang Freye (DIE LINKE) hatte sogar zu Beginn der Sitzung darum gebeten, wegen dieser Unklarheiten die Entscheidung zu verschieben, Doch die Mehrheit winkte ab. Die Fragen würden sich schon nach und nach klären, aber man wolle das Bauvorhaben nicht verzögern, lautete der Meinung der Mehrheit.

    „Selbst die Ratsmitglieder der Grünen aus Dortmund haben zugestimmt, obwohl sie im Dortmunder Rat diesen Neubau noch abgelehnt hatten“, sagte Utz Kowalewski. Die Dortmunder SPD-Mitglieder dagegen hätten sich für befangen erklärt oder vor der Abstimmung den Saal verlassen. Erstaunlich blauäugig sei aber die Zustimmung aus den anderen Städten.

    „Die Vorlage über das Dortmunder Bauvorhaben war sehr kurz und inhaltlich sehr dünn. Außenstehende könnten mit diesen Angaben die Tragweite ihrer Entscheidung gar nicht ermessen“, kritisiert Kowalewski. Zumal die fraglichen Kosten-Argumente, die in Dortmund immer für das Wischlinger Modell – und gegen den alten Standort – angeführt worden seien, wahrscheinlich schon am Dienstagabend hinfällig sein dürften. Dann will der Sport- und Freizeitausschuss in Dortmund den Beschluss fassen, das neue städtische Hallenbad um einen Hubboden für das Lehrschwimmbecken und um ein Kleinkindbecken zu erweitern. „Spätestens dann dürften wir bei derselben Investitionssumme sein, die der Gutachter für einen Neubau am alten Standort ausgerechnet hat“, so Kowalewski.

  3. AG Sport

    AG Sport des Behindertenpolitischen Netzwerks befasst sich mit Westbad und inklusivem Sportfest

    as Behindertenpolitische Netzwerk lädt am Donnerstag, 26. Oktober, 17 Uhr, zur nächsten Sitzung ein. Petra Opitz, Moderatorin der AG Sport, berichtet dann aus den Beratungen des Sportausschusses zum Westbad.
    Ein weiteres Thema ist die Fortsetzung der erfolgreichen Zusammenarbeit im Pakt für inklusiven Sport. Lang diskutiert, sollen jetzt endlich die konkreten Planungen für ein inklusives Sportfest in Dortmund beginnen.

    Die öffentliche Sitzung ist kostenlos und barrierefrei.

    Das Behindertenpolitische Netzwerk vertritt die Rechte der Menschen mit Behinderungen und Beeinträchtigungen in Dortmund. Themen sind Barrierefreiheit, auch barrierefreie Kommunikation, gleichberechtigtet Teilhabe und ein diskriminierungsfreies Zusammenleben in Dortmund.

    Ansprechpartnerin für Nachfragen ist Christian Vollmer, Behindertenbeauftragte der Stadt Dortmund. Telefon 50-2 59 01, Fax: 50-1 08 91, E-Mail: behindertenbeauftragte@stadtdo.de

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