Nach zwei unterschiedlichen Urteilen wird in letzter Instanz entschieden

Bundesgerichtshof verhandelt im Streit zwischen Lensing-Wolff-Verlag und der Stadt Dortmund

Blick auf das Empfangsgebäude des Bundesgerichtshofs in Karlsruhe. Hier wurde am Donnerstag verhandelt.
Blick auf das Empfangsgebäude des Bundesgerichtshofs in Karlsruhe. Hier wurde am Donnerstag verhandelt. Foto: Nikolay Kazakov für das Staatliche Hochbaumamt Karlsruhe

Der Streit zwischen dem Verlag und der Stadt Dortmund geht in die entscheidende Phase. In dritter und letzter Instanz befasst sich der Bundesgerichtshof mit der Frage, ob eine Kommune berechtigt ist, ein Internetangebot in Form eines Stadtportals zu betreiben, in dem nicht nur amtliche Mitteilungen, sondern auch in größerem Umfang Informationen über das Geschehen in der Stadt abrufbar sind. Aus Sicht des Medienverlags sei dies Aufgabe der freien Presse und die Kommune trete hierdurch in Konkurrenz zu den privaten Medien und missachte das Gebot der Staatsferne der Medien. In erster Instanz hatte das Landgericht Dortmund die Unterlassungsklage des Verlags bestätigt, in der Berufungsverhandlung vorm Oberlandesgericht Hamm wurde dieses Urteil aufgehoben.

Landgericht bestätigte 2019 die Unterlassungsklage des Verlages

Verleger Lambert Lensing-Wolff (mit Rechtsanwalt Michael Rath-Glawatz im Hintergrund), konnte vor dem Landgericht einen vollen Erfolg verbuchen. Fotos: Alex Völkel
Verleger Lambert Lensing-Wolff (mit Rechtsanwalt Michael Rath-Glawatz im Hintergrund), konnte 2019 vor dem Landgericht einen vollen Erfolg verbuchen. Archivfoto: Alex Völkel für Nordstadtblogger

Im November 2019 hatte das Dortmunder Landgericht der Unterlassungsklage des Verlages voll umfänglich Recht gegeben, da es einen wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsanspruch gebe, weil sich Aufmachung und Ausgestaltung des Internetauftritts der Stadt, von Ausnahmen abgesehen, nicht wesentlich von einem privaten Nachrichtenportal unterscheiden würden.

Das Internetportal dortmund.de weise„pressesubstituierenden Gesamtcharakter auf“, was unzulässig sei und die öffentliche Hand dürfe sich nur „in engen Grenzen“ im Bereich der Presse betätigen, hieß es in der damaligen Urteilsbegründung des Landgerichts.

Während Kläger Lambert-Lensing Wolff den gerichtlichen Erfolg als Stärkung der Pressefreiheit und der Demokratie feierte, legte die Stadt Dortmund Berufung gegen das Urteil ein. In zweiter Instanz wurde im Juni letzten Jahres vor dem Oberlandesgericht in Hamm verhandelt.

Zwei Verhandlungen, zwei Urteile – BGH-Urteil soll im Juli verkündet werden

Lambert Lensing-Wolff während der Verhandlung am OLG Hamm, wo das Urteil des Landgerichts aufgehoben wurde. Archivfoto: Frank Biermann für Nordstadtblogger.de

Hier musste Verleger Lambert Lensing-Wolff jedoch eine Niederlage einstecken, denn das Gericht kam zu dem Schluss, dass nicht festgestellt werden könne, dass das Internetportal der Stadt in unzulässiger Weise die private Presse ersetze. Eine Verletzung des aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2 Grundgesetz folgenden Gebots der Staatsferne der Presse sei nicht feststellbar.

Zwar würden einzelne Artikel gegen das Gebot der Staatsferne der Presse verstoßen. Diese würden aber aufgrund der abrufbaren Fülle an Informationen und anderen Internetangeboten „untergehen“.

„Sie verkaufen durch das Internetportal der Stadt Dortmund keine einzige Zeitung weniger“, sagte der damalige Vorsitzende Richter Celso Lopez Ramos an die Adresse von Lambert Lensing-Wolff. Zähneknirschend nahm dieser das Urteil hin und kommentierte: „Wenn die freie Presse unter die Räder kommt, dann bekommen wir ein Problem“. Er beantragte die Revision am Bundesgerichtshof, der sich gestern, am 12. Mai 2022, mit dem Fall befasst hat.

Der zuständige I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs will sein Urteil am 14. Juli 2022 verkünden.

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