Am Welt-Hepatitis-Tag bietet die „aidshilfe dortmund“ Beratung und kostenlose Testung im Kontaktcafé „kick“ an

Hepatitis C ruft unbehandelt in vielen Fällen eine Leberzirrhose oder Leberkrebs hervor. Foto: Mohamed Hassan / pixabay

Trotz massiv reduzierter Testangebote aufgrund der Corona-Pandemie registrierte das Robert Koch-Institut (RKI) 2020 bundesweit über 4.500 Hepatitis-C-Infektionen, alleine in NRW wurden 1.048 Neudiagnosen übermittelt. Hepatitis C ruft unbehandelt in vielen Fällen eine Leberzirrhose oder Leberkrebs hervor, insbesondere Drogenkonsument*innen sind betroffen. Auch in Dortmund mangelt es noch immer an systematischer Testung und ausreichend Behandlungsangeboten, kritisiert die „aidshilfe dortmund“ und nimmt den Welt-Hepatitis-Tag am 28. Juli zum Anlass über das Thema zu informieren und aufzuklären, Forderungen an die Politik zu stellen und den Menschen in Dortmund Beratung und kostenlose Testungen anzubieten.

Wunsch nach besserer Vernetzung der relevanten Akteure in der Kommune

Drogenkonsumraum in der Drogenhilfe-Einrichtung Kick der Aidshilfe im Gesundheitsamt. In diesem Raum können sich die Süchtigen unter Aufsicht eine Spritze setzen
Drogenkonsument*innen sind besonders gefährdet. Archivfoto

Deutschland habe die WHO-Ziele, Hepatitis C bis zum Jahr 2030 zu eliminieren, ratifiziert, doch der Trend gehe leider in eine völlig andere Richtung:

Die Behandlungszahlen stagnierten auf einem recht hohen Niveau – im Zuge von Corona sei die Zahl der Neudiagnosen zwar gesunken, das RKI gehe aber von einer deutlichen Untererfassung aus; Expert*innen würden nach der Pandemie sogar einen massiven Wiederanstieg erwarten- während gleichzeitig die Behandlungsraten sinken würden.

Die „aidshilfe dortmund“ hat die Defizite jüngst in einer eigenen, viel beachteten und von einem renommierten Expert*innenkomitee begleiteten Studie nochmals detailliert herausgearbeitet und Empfehlungen auch für die kommunale Ebene formuliert. Ausführliche Informationen hierzu stehen online zur Verfügung (Link im Anhang des Artikels). 

Wesentliche Forderungen, die sich daraus ableiten sind: 

  • eine systematische Mikro-Eliminierungsstrategie auf kommunaler Ebene, die die relevanten Akteure intensiver vernetzt – v. a. Drogenhilfe, Suchtmediziner*innen und Hepatitis C-Behandler*innen
  • Die Initiierung und Koordination dieser „konzertierten“ Aktion durch die Kommune
  • ein deutlicher Ausbaus niedrigschwelliger Testangebote in allen Einrichtungen der Drogenhilfe – möglichst mit den entsprechenden Ressourcen

Die „aidshilfe dortmund“ hat insbesondere für Drogenkonsument*innen unterschiedliche Modellprojekte entwickelt, zum Welt-Hepatitis-Tag gibt es eine besondere Aktion: In der Drogenhilfeeinrichtung „kick“ werden ab 10 Uhr Berater*innen vor Ort sein, sich allen Fragen zu Hepatitis stellen und Sie herzlich willkommen heißen.

Eine Testung ist kostenlos und anonym möglich. Alle Testwilligen werden im Anschluss mit einem Stück Kuchen und mit der Gewissheit und somit einem schnellen Therapiezugang belohnt.

 

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Reaktionen

  1. GRÜNE: Der Drogenkonsumraum rettet Menschenleben! (PM)

    Vor dem Hintergrund der aktuellen Diskussionen um den Drogenkonsumraum warnen die GRÜNEN im Rat der Stadt Dortmund davor, die Einrichtung und den aktuellen Standort leichtfertig infrage zu stellen. Stattdessen drängen sie mit einem Antrag für die Sitzung des Ausschusses für öffentliche Ordnung in der kommenden Woche darauf, dass die Verwaltung gemeinsam mit der Aidshilfe nach Möglichkeiten sucht, um vorrangig mit sozialpolitischen Maßnahmen die kritisierten Zustände rund um die Einrichtung zu beheben.

    In einer aktuellen Stellungnahme auf Anfrage von GRÜNEN und CDU kommt die Verwaltung zu dem Ergebnis, dass eine Suche nach einem anderen geeigneten Standort für den Drogenkonsumraum sowie dessen Einrichtung und Genehmigung mehrere Jahre in Anspruch nehmen würden.

    Benjamin Beckmann, Ratsmitglied im Ausschuss für öffentliche Ordnung: „Ein anderer Standort für den Drogenkonsumraum wird also auf Jahre hinaus eine Illusion bleiben. Den aktuellen Standort vor diesem Hintergrund öffentlich infrage zu stellen, hilft weder dem Handel in der Innenstadt und schon gar nicht den Menschen, die auf den Drogenkonsumraum angewiesen sind. Die leichtfertige Diskussion über den Standort sorgt lediglich dafür, dass Menschen gegeneinander ausgespielt werden. Der Drogenkonsumraum ist ein überlebenswichtiges Instrument des Dortmunder Drogenhilfesystems. Die Diskreditierung und Missbilligung des Drogenkonsumraums muss aufhören.“

    Gegen den Bundestrend: Zahl der Drogentoten in Dortmund dank Drogenkonsumraum rückläufig

    Im Jahr 2020 wurden in Dortmund 16 Drogentote registriert. 2001, unmittelbar vor Eröffnung des Drogenkonsumraums, waren es mit 38 mehr als doppelt so viele. Zwischen 2012 und 2018 lagen die Gesamtzahlen zumeist deutlich unter zehn – und das obwohl seit zehn Jahren bundesweit die Zahlen steigen. Bei insgesamt 1.636 schwereren Notfallsituationen wie Atemdepressionen und -stillständen konnten die Mitarbeitenden lebensrettend eingreifen, kein Todesfall war zu beklagen.

    „Die Zahlen, die der Drogenkonsumraum jedes Jahr aufs Neue vorlegt, sind eindeutig,” führt Beckmann aus. “Ohne den Drogenkonsumraum hätten wir in Dortmund in den vergangenen Jahren deutlich mehr Drogentote gehabt. Oder anders gesagt: Der Drogenkonsumraum rettet Menschenleben.“

    Ausbau des Drogenhilfesystems gefordert. Jenny Brunner, Ratsmitglied im Sozialausschuss:
    „Viele der Abhängigen haben Gewalterfahrungen gemacht oder sind auf andere Weise traumatisiert. Sie brauchen Wohnraum und unsere Unterstützung. Der Weg der sogenannten Prohibition ist gescheitert. Stattdessen setzen wir auf eine weitere Stärkung der Sozialen Arbeit, damit mehr Menschen den Zugang zu Entgiftungsprogrammen erhalten. Auf GRÜNE Initiative strebt die Stadt die Einrichtung einer Diamorphin-Ambulanz an, die für einen Teil der Betroffenen eine wirkliche Hilfe darstellen kann.”

    Drogenpolitische Blockade muss aufgelöst werden
    „Wir GRÜNE wollen und werden weitere Modellprojekte starten – beispielsweise für die Abgabe von medizinischem Cannabis für schwerst Crack-Abhängige,“ erklärt Jenny Brunner, GRÜNES Mitglied im Sozialausschuss.

    Dazu brauche es auf Bundesebene aber die Bereitschaft, neue Wege zu gehen, wie sie die Ampel-Regierung angekündigt hat. Das gelte auch für die Tolerierung des sogenannten Kleinhandels unter Abhängigen in Einrichtungen der Drogenhilfe. Das bisherige Verbot dränge sie auf die Straße, was zu Konflikten mit Anwohnenden und Geschäftsleuten führen kann.

    „Diese drogenpolitische Blockade muss aufgelöst werden, sonst kommen wir in den Städten nicht weiter“, erklärt Brunner. „Der Ansatz, alles durch Verbote zu lösen, ist gescheitert.“

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