„Housing Action Days“ in Dortmund - Veranstaltung auf der Münsterstraße

Aktionstag: Recht auf bezahlbares Wohnen und Aktivitäten gegen den „Mietenwahnsinn“

In der Münsterstraße vor der Kirche St.Joseph fand der Dortmunder Housing Action Day statt.
In der Münsterstraße vor der Kirche St.Joseph fand der Dortmunder Housing Action Day statt. Foto: Sebastian Sellhorst für bodo e.V.

In ganz Europa sind Menschen dazu aufgerufen, vom 25. März bis zum 2. April 2023 auf die Straße zu gehen, um im Rahmen der „Housing Action Days“ für das Recht auf Wohnen, das Recht auf die Stadt und gegen die explodierenden Lebenshaltungskosten einzutreten. Auch in Deutschland haben sich in allen größeren Städten Initiativen als Aktionsbündnis gegen die Verdrängung und den Mietenwahnsinn zusammengetan.

Aktionstag in der Münsterstraße mit mehreren Hilfs- und Beratungsangeboten

Iin der Münsterstraße vor der Kirche St.Joseph fand jetzt der Dortmunder „Housing Action Day“ statt. Mieter:innen und Betroffene von Verdrängung oder Wohnungslosigkeit finden hier Hilfen und Infos zum Thema Wohnen, Mietrecht, Diskriminierung und zu den steigenden monatlichen Kosten.

Die beteiligten Organisationen stellten ihre Informations- und Hilfsangebote vor und waren direkt ansprechbar: Beratung und Vermittlung bei Diskriminierungserfahrung und Konfliktfällen im Wohnbereich (Planerladen), Mieterverein, Unterstützung von Geflüchteten (Train of Hope e.V.), Wohnraumvermittlung Home4you (Grünbau gGmbH, Energiesparservice Caritas, Hilfe bei Wohnungslosigkeit (bodo e.V.), Gewerkschaftliche Hilfsangebote (DGB), Sozialforum und weitere.

Für die meisten Mieter:innen drohen mit der nächsten Nebenkostenabrechnung hohe Nachforderungen. Zusammen mit den gestiegenen Kaltmieten explodieren die Kosten für die eigene Wohnung. Für viele Haushalte sind die Kosten bereits jetzt nicht oder nur schwer zu stemmen.

Kritik der Aktivist:innen: „Dortmund wird zur Stadt der Reichen“

Einmalzahlungen und die von der Regierung beschlossenen „Bremsen“ für die Strom- und Gaspreise helfen da wenig. Zum Housing Action Day 2023 fordern die Dortmunder Initiativen das Recht auf Wohnen, das Recht auf Stadt und ein Ende der Ausbeutung durch überhöhte Lebenshaltungskosten. Dortmund soll nicht zur Stadt der Reichen werden. Dabei sind alleine die hohen und steigenden Mieten seit Jahren auch in Dortmund ein Problem für Menschen mit geringem Einkommen. Mit dem neuen Mietspiegel drohen erneut Mieterhöhungen für viele Dortmunder Mieter:innen.

Foto: Sebastian Sellhorst für bodo e.V.

Die Landesregierung kann durch Verordnung in angespannten Wohnungsmärkten die Mieterhöhungen auf 15 Prozent in drei Jahren deckeln. In 2019 galt eine solche Regelung bereits in Dortmund. Seit der letzten Novellierung der betreffenden Verordnung fehlt Dortmund im entsprechenden Geltungsbereich.

Während der Mieterschutz bei bestehenden Mietverhältnissen Mieterhöhungen beschränkt, ist die Miete zu Vertragsbeginn nicht eingeschränkt. Aktuell finden sich auch in der Nordstadt Angebote für freifinanzierte Wohnungen mit Kaltmieten von 10 bis 14 Euro pro Quadratmeter – sie liegen damit deutlich über den Werten des Mietspiegels und der Angemessenheitsgrenzen der Stadt Dortmund.

Wer dringend eine Wohnung sucht, muss hohe Preise akzeptieren und an anderen Stellen kürzertreten. Wer knapp über dem Existenzminimum lebt, etwa von Bürgergeld oder Grundsicherung, hat aber keine Möglichkeit, irgendwo zu sparen!

Explodierende Energiepreise sind nur ein Teil des Problems

Die Preise für Strom und Gas sind in den letzten Monaten dramatisch gestiegen. Den meisten Mieter:innen drohen Nachforderungen; einige haben die hohe Nebenkostenabrechnung schon erhalten. Menschen mit einem niedrigen Erwerbseinkommen haben immerhin die Möglichkeit, Wohngeld zu beantragen, welches vor kurzem erhöht wurde.

Foto: Sebastian Sellhorst für bodo e.V.

„Aber für all diejenigen, die schon vor der aktuellen Krise kaum über die Runden gekommen sind, wird das nicht reichen“, so die Aktivist:innen.

Die Bedarfssätze nach SGB II (Bürgergeld/Hartz IV) bzw. SGB XII (Grundsicherung) wurden zwar ebenfalls gerade angehoben, aber erstens frisst die Inflation schon den Großteil des Aufstockungsbetrags auf und zweitens ist der Anteil für Haushaltsstrom im Regelsatz zu gering bemessen. Es ist dringend notwendig, besonders in der aktuellen Krisensituation, Strom getrennt zu betrachten, wie es auch bei den Heizkosten der Fall ist.

Empfänger:innen von Bürgergeld oder Grundsicherung bekämen zwar die Heizkosten erstattet. Allerdings seien die „Kosten der Unterkunft“ nach SGB II bzw. SGB XII ohnehin schon gedeckelt und hinkten ständig hinter den real am Markt verlangten Mieten hinterher.

Forderung: „Versorgungssperren verbieten!“

„Die zusätzlichen Kosten für Energie und Lebensmittel bringen viele derjenigen, die ganz oder teilweise von Grundsicherung/ Bürgergeld leben (müssen), massiv in Bedrängnis. Durch diese Entwicklung droht weitere Verelendung und Wohnungslosigkeit. Bereits heute herrscht Hochkonjunktur bei den Tafeln, deren Kapazitäten erschöpft sind.“

Foto: Sebastian Sellhorst für bodo e.V.

Durch die steigenden Energiepreise und steigenden Vorauszahlungen laufen bei vielen Verbrauchern Rückstände bei den Energieversorgern auf. In Folge dessen drohen zunehmend Sperrungen der Gas-, Wasser- und Stromversorgung. In prekären Mietverhältnissen trifft dies, gerade in der Nordstadt, auch immer häufiger Mieter:innen, die ihre Vorauszahlungen vertragsgemäß zahlen.

Immer dann, wenn Vermieter:innen ihren Verpflichtungen nicht nachkommen, droht dann den Mieter:innen eine kalte Wohnung oder Wassersperrung. Es leiden diejenigen, die den Rückstand nicht zu verantworten haben. Diese Regelung muss abgeschafft werden. Zumindest für den Zeitraum der Energiepreiskrise sollten Versorgungssperren zudem grundsätzlich untersagt werden.

Fehler der deutschen Wohnungspolitik

Gleichzeitig mit den explodierenden Nebenkosten sinkt seit Jahren das Angebot an öffentlich gefördertem Wohnraum, das sich seit 2005 nahezu halbiert hat. Aufgrund gravierender Fehler der deutschen Wohnungspolitik in den letzten Jahrzehnten ist hier auch kurzfristig keine Besserung in Sicht. Durch auslaufende Mietpreisbindungen und geringem Neubau von Sozialwohnungen, verschärft sich der Trend sogar.

Doch Bauen alleine ist keine Lösung, da zumeist im hochpreisigen Segment gebaut wird. Dies ist auch in Dortmund der Fall: So lagen hier die Angebotsmieten 2021 für Neubauwohnungen bei 11,50 Euro, was nur für wenige finanziell tragbar ist. Zwar steigt in Dortmund die Zahl der Baugenehmigungen, doch bleibt trotzdem die Zahl an fertiggestellten Wohnungen weiterhin auf einem ähnlich niedrigen Niveau.

Zudem sind an den Rand gedrängte Gruppen besonders von Diskriminierung auf dem Wohnungsmarkt betroffen. Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz AGG soll Betroffene vor Diskriminierung schützen, ist jedoch momentan unzureichend. Eine Verbesserung des gesetzlichen Diskriminierungsschutzes ist dringend notwendig, um für Alle ähnliche Bedingungen bei der Wohnungssuche und so eine gerechte Verteilung des Wohnraums zu erreichen.

Forderung: „Keine Rendite mit der Miete!“

Zehntausende Wohnungen in Dortmund sind Anlageobjekte börsennotierter Wohnungskonzerne wie Vonovia, LEG oder GrandCity, aber auch von kleineren Immobilien-Fonds und Finanzinvestoren. Eigentümer der Häuser sind dann zumeist immobilienhaltende Papierfirmen.

Foto: Sebastian Sellhorst für bodo e.V.

Die tatsächlich wirtschaftlich verantwortlichen Eigentümer oder Geldgeber, sind insbesondere bei Fonds selten bekannt. „Die Bewirtschaftung der Immobilien erfolgt regelmäßig nach der Logik des Finanzmarktes und nicht einer nachhaltigen, sozialen Stadtentwicklung“, kritisieren die Wohnrechtsaktivist:innen.

Mit der aktuellen Zinswende sei zu befürchten, dass für Immobilienkonzerne weniger Geld für die Bestandsentwicklung vorhanden ist: „In Zeiten der sprudelnden Gewinne wurden große Teile der Mieteinnahmen und vermeintlichen Wertsteigerungen als Dividenden und Zinsen an Anteilseigner:innen ausgezahlt. Geld, das nun fehlt. Die LEG hat daher jüngst verkündet in 2023 keine Dividende auszuschütten und Investitionen in die Bestände zurückzufahren. Wie Vonovia beendete auch die LEG ihre Neubauaktivitäten.“

Kritik an fehlender Transparenz bei Vonovia-Abrechnungen

Weiter heißt es: „Der Korruptionsskandal bei Vonovia zeigt zudem wie intransparent die Geschäftspolitik ist. Die verschiedenen Tochterunternehmen schließen Verträge miteinander ab, um die Gebäude zu bewirtschaften. Die Kosten dafür werden auf die Mieter:innen beispielsweise über die Betriebskosten umgelegt. Vonovia weigert sich die tatsächlich entstandenen Kosten hierfür offenzulegen, sondern legt nur die hausinternen Rechnungen vor.“

Mieter:innen könnten damit nicht prüfen, ob die Kosten tatsächlich gerechtfertigt seien. So könnten auch durch das vermeintliche konzerninterne Netzwerk Zusatzkosten entstanden sein, die Mieter:innen in Rechnung gestellt werden. „Vonovia muss daher endlich alle Kosten transparent offenlegen und möglicherweise zu viel berechnete Kostenpositionen an die Mieter:innen auszahlen.“

„Die Beispiele zeigen, es braucht eine deutliche Stärkung gemeinnütziger Vermieter, die an langfristigen Investitionen in die Bestände und weniger an Gewinnen interessiert sind“, so die Aktiven am „„Housing Action Day“.

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Reaktionen

  1. Informationsveranstaltung „Heizkosten“ – ein Angebot des Mietervereins Dortmund e.V. (PM)

    Wir laden Sie herzlich zur Informationsveranstaltung über das brandaktuelle Thema „Heizkosten“ ein, die vom Mieterverein Dortmund e.V. in Kooperation mit dem Hörder Forum veranstaltet wird. Die Veranstaltung findet am 13. November 2023 um 19:00 Uhr im Bürgersaal, Hörder Bahnhofstr. 16 (Eingang über die Brücke) statt. Der Eintritt ist frei.

    Bei Mieterinnen und Mietern mit Zentralheizung oder Fernwärme kommen Heizkostenabrechnungen mit den hohen Preisen von 2022 größtenteils erst jetzt an. Mit den Abrechnungen für 2023 drohen ab Frühjahr 2024 weitere hohe Nachzahlungen und die Erhöhung der monatlichen Abschläge. Dies führt zu Verunsicherung.

    Erfahren Sie in einem informativen Vortrag von Rainer Stücker, dem ehemaligen Geschäftsführer des Mietervereins, aktuell Teilzeitrechtsberater, alles Wichtige rund um die Heizkostenabrechnung.

    · Worauf muss man bei einer Abrechnung achten?

    · Woran erkenne ich Fehler in meiner Abrechnung?

    · Wie kann ich mich gegen unberechtigte Forderungen wehren?

    · Welche Unterstützungen gibt es, wenn die Forderungen doch berechtigt sein sollten?

    Rainer Stücker wird auch die neuen Mieterrechte zur Verbrauchsinformation beleuchten und Ihnen die Hintergründe zur CO2-Besteuerung erklären. Wir freuen uns auf einen interessanten und aufschlussreichen Abend, der Raum für Rückfragen und Diskussionen bieten wird. Gemeinsam wollen wir für mehr Klarheit und Sicherheit in dieser oft undurchsichtigen Angelegenheit sorgen.

  2. Digitale Infoveranstaltung des Mietervereins zum Thema Heizkosten (PM)

    Der Mieterverein Dortmund und Umgebung e.V. lädt am Donnerstag, 14.Dezember um 18:00 Uhr zu einer digitalen Informationsveranstaltung zum Thema Heizkostenabrechnung ein. Die Zugangsdaten finden Interessierte auf der Seite des Mietervereins unter: http://www.mieterverein-dortmund.de/heizkosten.html

    Bei Mieterinnen und Mietern mit Zentralheizung oder Fernwärme kommen Heizkostenabrechnungen mit den hohen Preisen von 2022 größtenteils erst jetzt an. Mit den Abrechnungen für 2023 drohen ab Frühjahr 2024 weitere hohe Nachzahlungen und die Erhöhung der monatlichen Abschläge. Dies führt zu Verunsicherung.

    Erfahren Sie in einem informativen Vortrag von Rainer Stücker, dem ehemaligen Geschäftsführer des Mietervereins, aktuell Teilzeitrechtsberater, alles Wichtige rund um die Heizkostenabrechnung.

    · Worauf muss man bei einer Abrechnung achten?

    · Woran erkenne ich Fehler in meiner Abrechnung?

    · Wie kann ich mich gegen unberechtigte Forderungen wehren?

    · Welche Unterstützungen gibt es, wenn die Forderungen doch berechtigt sein sollten?

    Rainer Stücker wird auch die neuen Mieterrechte zur Verbrauchsinformation beleuchten und Ihnen die Hintergründe zur CO2-Besteuerung erklären. Wir freuen uns auf einen interessanten und aufschlussreichen Abend, der Raum für Rückfragen und Diskussionen bieten wird! Gemeinsam wollen wir für mehr Klarheit und Sicherheit in dieser oft undurchsichtigen Angelegenheit sorgen.

    Ein kostenloser Ratgeber zum Thema Heizkostenabrechnung steht ebenfalls auf der Internetseite des Mietervereins zur Verfügung und liegt in der Geschäftsstelle (Kampstr. 4, 44137 Dortmund), aus.

  3. Housing Action Days: Aktionstag in der Münsterstraße am 05.04.2024 von 14- 17 Uhr

    Mieter:innen, Initiativen und Organisationen kämpfen europaweit gegen steigende Mieten und Vertreibung. Vom 29. März bis zum 7. April setzen sie sich im Rahmen der Housing Action Days für das Recht auf Wohnen ein.
     
    Obwohl Mieter:innen in Deutschland im Vergleich zu anderen europäischen Ländern gut geschützt sind, sorgen steigende Kosten, fehlender Schutz und Diskriminierung auch bei uns für Verunsicherung, schlechte Wohnverhältnisse und vermeidbare Wohnungsverluste.
     
    Am 5. April von 14 bis 17 Uhr findet der Dortmunder Housing Action Day in der Münsterstraße vor der Kirche St. Joseph statt. Hier erhalten Mieter:innen und Betroffene von Verdrängung oder Wohnungslosigkeit Hilfen und Informationen zu den Themen Wohnen, Mietrecht, Diskriminierung und den steigenden monatlichen Kosten. Wir laden
    Sie herzlich ein vorbeizuschauen und über den Aktionstag zu berichten.
     
    Die beteiligten Organisationen stellen ihre Informations- und Hilfsangebote vor:

    ·         Planerladen gGmbH
    ·        Mieterverein Dortmund und Umgebung
    ·        Train of hope e.V
    ·        Energiesparservice Caritas
    ·        bodo e.V.
    ·        Grünbau gGmbH
    ·        DGB NRW Dortmund-Hellweg
    ·        Sozialforum Dortmund
    ·        Solidaritätsnetzwerk Ortsgruppe Dortmund
    ·        Genossenschaft von unten Dortmund

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