Klimaneutralität 2035 – das hat sich die Stadt Dortmund mit ihrem Energienutzungsplan (ENP) als Ziel gesetzt. Nicht nur wäre dies zehn Jahre früher als das Ziel auf Bundesebene, sondern die Stadt hat auch bei der kommunalen Wärmeplanung einen zeitlichen Vorsprung: Sie hat bereits Ende 2021 mit dem Planen begonnen – so kann die Fertigstellung des ENP dadurch schon im Sommer 2025 geschehen, während andere Kommunen wahrscheinlich die vom Gebäudeenergie-Gesetz vorgegebene Zeit bis Mitte 2026 brauchen werden, um ihre Ausarbeitung zur Energiewende vorzulegen. In Dortmund wurde der ENP nun beim Ausschuss für Klimaschutz, Umwelt, Stadtgestaltung und Wohnen diskutiert.
Neben dem Ausbau des Fernwärmenetzes braucht es auch energieeffiziente Häuser
Bei der Präsentation von Dr. Ruben Schauer, Projektleiter der städtischen Koordinierungsstelle „Klimaschutz und Klimafolgenanpassung“, wurde besonders eines deutlich: Ein Großteil der Dortmunder Gebäude muss saniert werden. 59 Prozent befinden sich nämlich in den Energieeffizienzklassen F und schlechter.
Wie aber sollen die Gebäudebesitzer:innen motiviert werden, mit Sanierungen aus dem unteren Drittel der Effizienzklassen zu kommen – so die Frage von Harry Jääskeläinen von der Fraktion „Die Fraktion – Die Partei“. Dafür sollen die Beratungsangebote ausgeweitert werden: „Zudem wollen wir als Stadt bei dem Sanierungsstau begleiten“, so Schauer.
Neben den Sanierungen in den entsprechenden Gebäuden ist auch der Ausbau des Energienetzes relevant – insbesondere das Fernwärmenetz, um das sich der ENP hauptsächlich dreht. Auf Nachfrage von Katrin Lögering (Fraktion „Bündnis 90/Die Grünen“) nach dem „Elefanten im Raum“ – „Wie treiben die Unternehmen den Ausbau voran?“ – teilt Schauer mit, dass die Bauarbeiten noch dieses Jahr beginnen sollen.
Ein infrastrukturelles Riesenprojekt – allerdings bis jetzt ohne feste finanzielle Zahlen
Trotz des zeitlichen Vorsprungs der Stadt bezweifelt Jääskeläinen, ob das gesetzte Ziel der Klimaneutralität 2035 erreichbar sei. Schauer betont daraufhin: „Aufgabe des Energienutzungsplans ist es, die Klimaneutralität 2035 abzudecken. Welcher Zeitraum aber realistisch erreichbar ist, ist nicht untersucht.“
Dafür und auch für die Finanzierung des Projekts gebe es zu viele unbekannte Variablen, wie etwa die zwischenzeitliche Energiepreissteigerung um 60 Prozent. „Es ist momentan ein Blick in die Glaskugel, wie sich der Markt entwickelt“, so Schauer. „Dies ist ein riesiges Projekt mit Auswirkungen auf alle Bereiche der Stadt – es wird schwer, das zu beziffern.“
Sven Baumgarte von der DEW21 kann allerdings schon eine erste Prognose geben, zumindest für das Gebiet, in dem voraussichtlich Fernwärmeversorgung stattfinden soll: Mehrere Hundert Millionen Euro. Wo genau das bereits bestehende Fernwärmenetz ausgebaut werden und wo neue Fernwärmegebiete entstehen sollen, zeigt die Karte unten.
Keine festen Versprechen für einen Fernwärmeanschluss, sondern nur Wahrscheinlichkeiten
Bei den blauen Gebieten handelt es sich um 32 Prüfgebiete, in denen ein Fernwärmeanschluss eventuell möglich wäre: „Am Ende geht es darum, auch solche Quartiere zu erschließen“, erklärt Baumgarte. „Wir reden hier aber nicht über Anschlusszwang, sondern wir wollen Technologien zur Verfügung stellen.“
„Wie realistisch ist es aber, dass die weißen Bereiche angeschlossen werden?“, so Jääskeläinen. Schauers Antwort dazu: Die Karte zeige Wahrscheinlichkeiten – es ist also momentan höchstwahrscheinlich, dass die weißen Gebiete nicht an das Fernwärmenetz angeschlossen werden. Hier müssten andere ebenso klimafreundliche Alternativen wie zum Beispiel Wärmepumpen zum Heizen genutzt werden.
Kommunikation wird das A und O sein – und alle Parteien soll mitreden können
Aber was ist jetzt konkret für die Gebäudebesitzer:innen zu tun? Wie soll nun zu Hause geheizt werden? Veronika Rudolf von der SPD-Fraktion befürchtet, dass der Energienutzungsplan bei der Veröffentlichung viele Fragen in der Bevölkerung auslösen wird.
Bis jetzt habe es allerdings auch schon über hundert Anfragen von interessierten Einwohner:innen gegeben, so Schauer. Um die Menge an Nachfragen zu stemmen, will die Stadt das Beratungsangebot ausweiten, etwa durch Informationsvideos und FAQs im Internet – so können viele Fragen bereits gebündelt beantwortet werden.
Baumgarte betont außerdem, dass Kommunikation allgemein sehr wichtig sei: „Wir müssen es schaffen, eine gemeinsame Kommunikation über alle Parteien hinweg aufzubauen.“ Und dazu gehören nicht nur die Stadtverwaltung und die Energieanbieter, sondern beispielsweise auch der handwerkliche Bereich, der oft als Berater für die Einwohner:innen dient.
Noch im Dezember soll zudem eine interaktive Online-Karte zur Verfügung gestellt werden. Hier kann dann die eigene Adresse eingegeben werden – so erfährt man als Hausbesitzer:in, was man für die eigene zukünftige Energieversorgung tun kann. Aber auch der Energienutzungsplan kann Klarheit schaffen: „Er beantwortet bestimmt nicht alle Fragen, aber bietet eine gute Entscheidungsgrundlage“, versichert Schauer.
Bei der Abstimmung zur Empfehlung des ENP gab es keine Gegenstimmen – die einzige Enthaltung kam von Bernd Hempfling von der AfD.
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