„U Sexy Thing“: 21 Jahre „Arbeitskreis für Sexuelle Bildung Dortmund“

Jubiläumswoche bietet Workshops zu Mythen, Erwartungen und Zielen der Sexuellen Bildung

Mareike Wellner vom „Arbeitskreis Sexuelle Bildung Dortmund“ bei der Eröffnungsfeier von „U Sexy Thing“ im Studio B der Stadt- und Landesbibliothek. Seit über 20 Jahren klärt der Arbeitskreis auf und kämpft für mehr Akzeptanz und Vielfalt in der Gesellschaft. Foto: Lea Sternberg für Nordstadtblogger

Von Lea Sternberg

An den Wänden des Studio B der Stadt- und Landesbibliothek in Dortmund hängen Regenbogenflaggen, Kondome wurden zu Luftballons umfunktioniert. Der „Arbeitskreis Sexuelle Bildung Dortmund“ feiert diese Woche von Montag bis Sonntag sein 21-Jähriges Bestehen. Zu diesem Anlass wurden alle die geimpft, genesen und interessiert sind zur Eröffnungsfeier der Themenwoche „U Sexy Thing“ im liebevoll dekorierten Veranstaltungsraum der Stadt-und Landesbibliothek eingeladen.

Positive aber auch negative Effekte durch die neuen Medien

Seit seiner Gründung im Jahr 2000 bietet der Arbeitskreis Möglichkeiten zum Austausch, so wie zur Vernetzung. Er umfasst verschiedene Fachkräfte kommunaler Akteure und anerkannter Träger der freien Jugendhilfe. Zu diesen gehören unter anderem Sunrise/SLADO e.V., aidshilfe dortmund e.V. oder die Beratungsstelle Westhoffstraße. ___STEADY_PAYWALL___

Vor dem offiziellen Auftakt der Eröffnungsfeier boten Mareike Wellner und Michael Schank den Nordstadtbloggern im Gespräch einen kleinen Überblick zu den Themen, die in den letzten Jahren relavanter wurden, so wie zu den Themen die es nach wie vor geblieben sind. Mareike Wellner arbeitet seit zehn Jahren im „Arbeitskreis Sexuelle Bildung“, Michael Schank bereits seit dessen Gründung vor 21 Jahren.

„Gerade das Thema digitale Medien ist einfach ganz in den Vordergrund getreten, was positive Effekte hat, was aber auch negative Effekte hat“, erklärt Wellner. Sie und Schank leisten ein großen Teil ihrer Bildungsarbeit in Schulen. Michael Schank arbeitet mit den Jungs, Mareike Wellner mit den Mädchen. „Bei den Mädchen kriege ich viel mit, dass auch sexualisierte Übergriffe passieren durch digitale Medien, Dinge werden weitergeschickt, Sexting ist ein Thema.“

Das ausführliche Programm mit weiteren Infos finden Sie im Anhang des Artikels.

Positiv falle auf, dass viele Jugendliche durch digitale Medien besser informiert und offener seien. Der Begriff LGBTQ+ sei den meisten ein Begriff. „Zumindest vor 15 Jahren wurde gerade das Thema Homosexualität spontan oft negativ kommentiert.(…) Das hat sich auch deutlich verändert“, sagt Schank.

Jedoch gebe es auch nach wie vor viele Leute, die Sexueller Bildung ablehnend gegenüber stehen. Der Begriff „Frühsexualisierung“ diene oft als negatives Schlagwort, um Sexualaufklärung bei Kinder und Jugendlichen abzuwerten. Hierbei wird fälschlicherweise impliziert, dass Minderjährige durch Sexuelle Bildung an für ihr Alter unangemessene Inhalte herangeführt werden.

Jedoch geht es in der Sexualpädagogik darum Kindern und Jugendlichen Fragen zu ihrem Körper zu beantworten und ein Selbstbewusstsein zu schaffen, welches ihnen ermöglicht ihre Bedürfnisse zu äußern und Grenzen zu setzen.

Arbeitskreis bietet Sexuelle Bildung für alle Altersgruppen

v.l. Michael Schank, Sophie Prickler von der Aidshilfe und Mareike Wellner. Archivfoto: Susanne Schulte

„Sexuelle Bildung meint, dass es ein lebenslanges Lernen gibt“, sagt Michael Schank. So sei beispielsweise Sexualität im Alter nach wie vor nicht komplett entabuisiert. Früher wurde oft davon ausgegangen, dass Menschen höheren Alters nicht mehr sexuell aktiv wären. Das Bewusstsein hierfür sei allerdings gewachsen.

Der Arbeitskreis Sexuelle Bildung hieß zu Beginn auch anders. „Der Arbeitskreis hat auch früher mit dem Titel als Arbeitskreis Sexualpädagogik begonnen und irgendwann haben wir dann ganz bewusst gesagt: Ne, wir sind Arbeitskreis Sexuelle Bildung, weil wir eben uns nicht nur an Kinder und Jugendliche richten, sondern an Menschen im ganzen Leben. Das sieht man hier jetzt auch an der Jubiläums Woche, da haben wir einfach Veranstaltungen für alle möglichen Zielgruppen und Altersklassen“, erklärt Wellner.

Das Veranstaltungsangebot ist in der Tat vielfältig: Von spaßigen Events wie Schnitzeljagden für Schüler der neunten und zehnten Klasse, bis zu ernsten Programmpunkten wie dem Gedenken zum „Transgender Day of Remembrance“ am 20. November ist für verschiedene Interessenschwerpunkte etwas dabei.

Wichtiger Akteur: die Koordinierungsstelle für Lesben, Schwule und Transidente“

Susanne Hildebrandt leitet die „Koordinierungsstelle für Lesben, Schwule und Transidente“ der Stadt Dortmund. Archivfoto: Stadt Dortmund

Auf Nachfrage über konkrete Veränderungen in der Stadt bestätigt Schank: „In Dortmund hat sich definitiv eine ganze Menge getan.“ Dieser Fortschritt sei unter anderem der intensiven Arbeit von Susanne Hildebrandt in der städtischen „Koodinierunsgstelle für Lesben, Schwule und Transidente“ zu verdanken.

Aber auch das Bestehen eines Vereins wie Sunrise, als Anlaufstelle für LGBTQ+-Jugendliche, ist nach wie vor bemerkenswert und trägt einen erheblichen Teil zu der positiven Entwicklung bei.

Der Bedarf von sexueller Bildungsarbeit an Schulen ist groß und kann nicht vollständig gedeckt werden. Ein Problem hierbei sei, dass viele „explizite Stellen (im Bereich Sexuelle Bildung) nebenher laufen zu Schwangerschaftsberatungsstellen.“ Um das zu ändern würden allerdings mehr finanzielle Mittel benötigt.

Zum Auftakt der Eröffnungsfeier gibt es eine Vorstellungsrunde von einigen Mitarbeiter:innen der verschiedenen Vereine, Beratungstellen, Projekte und Fachbereiche die zum „Arbeitskreis Sexuelle Bildung“ in Dortmund gehören. Danach wird es musikalisch. Zwei Lieder werden von Michael Schank und Susanne Hildebrandt performt: „Somewhere over the Rainbow“ und natürlich „You Sexy Thing“.

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Reaktionen

  1. Sexuelle Bildung in Dortmund unterfinanziert: Dortmunder Arbeitskreises fordert mehr Ressourcen für Kinder und Jugendliche (PM)

    Körperzufriedenheit, Grenzwahrnehmung, Zykluswissen, Kommunikation und vieles mehr – um all das geht es bei Sexueller Bildung. Insbesondere in Zeiten, in denen Kinder und Jugendliche vielfach Informationen im Internet suchen, ist das Sprechen über Themen, die junge Menschen bewegen, umso wichtiger. Sexuelle Bildung ist ein Grundrecht von Kindern und Jugendlichen.

    Der Dortmunder Arbeitskreis Sexuelle Bildung, eine Vernetzungsstruktur verschiedener Akteure von Beratungsstellen, Jugendamt, Schulverwaltung, Gesundheitsamt, die es seit dem Jahr 2000 gibt, macht deutlich, dass es in der Stadt eine signifikante Lücke zwischen dem Bedarf an Sexueller Bildung und den vorhandenen Ressourcen gibt. In einem 16-seitigen Impulspapier werden Bedarfe und Realität gegenübergestellt und die Wichtigkeit dieses Themas für junge Menschen unterstrichen. Das Impulspapier ist eine Empfehlung für Politik und Verwaltung.

    Sexuelle Bildung ist Demokratieförderung, da sie Prinzipien wie Gleichwertigkeit und den Schutz der Menschenrechte thematisiert. Darüber hinaus sind z. B. alle Einrichtungen und auch Schulen, die mit Kindern und Jugendlichen arbeiten, angehalten, Schutzkonzepte zur Prävention von sexualisierter Gewalt zu erarbeiten. Die Sexuelle Bildung ist hierbei ein wichtiger Baustein.

    Der Dortmunder Arbeitskreis Sexuelle Bildung plädiert für einen Ausbau der finanziellen Mittel für Sexuelle Bildung, um dem hohen Bedarf gerecht zu werden! Alle Interessierten können das Impulspapier unter folgendem Link einsehen: http://bit.ly/Impulspapier

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