„Tohuwabohu – Tal der fliegenden Messer“: Das Nordstadt-Leben in einer fiktiven Hinterhof-Geschichte

Von Joachim vom Brocke

Mitten in der Nordstadt, nur wenige Minuten vom Nordmarkt entfernt, lässt der Dortmunder Schauspieler, Regisseur und Autor Rolf Dennemann (artscenico) das Nordstadt-Leben in einer humorisch-erotischen, fiktiven Geschichte auf einer Hinterhofbühne nachstellen. Zum Teil mit Schauspielern, zum Teil mit Laien-Darstellern aus der unmittelbaren oder direkten Nachbarschaft. Titel: „Tohuwabohu – Tal der fliegenden Messer“.

Der Nordstadt-Hinterhof mit vielen Türen bietet prächtige Kulisse

2017.04.27 Dortmund PG Artscenico Premiere TohuwabohuPremiere und Uraufführung ist am Samstag, 6. Mai, 19.30 Uhr. In einem überdachten Hinterhof an der Missundestraße 10 spielt sich das Tohuwabohu ab.

Seit letztem Jahr lagern dort, verschlossen hinter einem hohen Stahlzaun, die vielen Requisiten und Kostüme aus anderen Inszenierungen. „Irgendwie lag es nahe, hier etwas zu spielen“, sagt Rolf Dennemann: „Der Hof mit seinen vielen Türen und seiner hervorragenden Akustik eignet sich dafür prächtig – wie in einer Boulevardkomödie“.

In einer kontrolliert chaotischen Inszenierung kommt bei „Tohuwabohu“ vieles zusammen, was im Alltag, auf der Straße, in der Politik und in den Privaträumen, auf Sofas, in Küchen diskutiert und erlebt wird: Interaktion, Konfrontation, Irritation.

Ein Moderator nimmt ZuschauerInnen im Hinterhof an die Hand

2017.04.27 Dortmund PG Artscenico Premiere Tohuwabohu„Zwei Männer“, so gewährt Dennemann einen Einblick in die Story, „stehen immer auf dem Hof. Sie kassieren weiter die Rente der gestorbenen Mutter. Jeder weiß das, jeder sieht das, keiner sagt was“. Oder Emmi dreht ihre Hof-Runden, „eine taffe Lady, die vom An- und Verkauf lebt – von der Kettensäge bis zur elektrischen Zahnbürste“.

Ein Moderator nimmt die ZuschauerInnen gewissermaßen an die Hand und führt sie durch den Abend – als eine Reisegruppe, die die Nordstadt besichtigt. Dabei werden die neuen Szenen kennengelernt und erläutert.

Unter den Nordstadt-Touristen wird eine elegante Frau aus einer nordrhein-westfälischen Modestadt geschmuggelt, die sich – ausgerechnet – in einen Typen verguckt.

Es gibt sogar einen Ausflug in den Nachbar-Hinterhof

So manches gibt es in „Tohuwabohu“ in 90 Minuten zu erleben – „eben einem Hinterhof wie – zumindest fast – im ganz normalen Leben“. Schließlich gibt es noch einen Ausflug in den Nachbar-Hinterhof, wo eine Performance mit vier Szenen zu je zwei Personen wartet.

Gregor Hengesbach und Volker Wendland sorgen für die musikalische Untermalung. Clarissa Gütthoff ist für die Ausstattung zuständig, Björn Nienhuys für Videoeinblendungen.

Waisen, Halunken, Hehler, Dealer, Großkotze, Heiratsschwindler spielen mit

2017.04.27 Dortmund PG Artscenico Premiere Tohuwabohu

„Wir spielen mit Klischees, nutzen Mittel des Boulevardtheaters, der Tragödie, des Musicals, des Schwanks, der RoadShow und besetzen das Spielfeld mit performativen Installationen“, erklärt Rolf Dennemann.

Die ZuschauerInnen lernen bei den Vorstellungen „Waisen und Halunken, Hehler und Dealer, Großkotze und Kleinkotze, Besucher und Nachbarn, Gäste und Neugierige, Müllfreaks und Urban Gardeners, Freier und Frauen, Pappkünstler und Heiratsschwindler, Krankenpfleger und Showmaster, Musikusse und Dachlose, Freunde und Feinde kennen“, informierte der Autor und Regisseur, der das Projekt zusammen mit Beate Conze leitet (Regie-Assistenz: Laura Lehmann).

Bei diesem Stück handelt es sich um die erste und größte Produktion von artscenico in diesem Jahr – mit rund 20 Mitwirkenden. Die Besetzung ist international, mit Darstellern aus Syrien, Venezuela, Polen.

Rolf Dennemann: „Umfeld im Dortmunder Norden ist klischee-besetzt“

2017.04.27 Dortmund PG Artscenico Premiere TohuwabohuDen Hintergrund erklärt Rolf Dennemann so: „Das Umfeld im Dortmunder Norden ist klischee-besetzt. Im Zusammenhang mit sogenannten ,No-Go-Areas’ ist das Quartier medienpräsent. Drogenhandel, Autostrich und Migrantenghetto sind weitere Stichworte, mit denen der Norden in Verbindung gebracht wird.

Bei Umfragen sagt eine Mehrheit der dort wohnenden ,Deutschen’, dass sie gerne dort leben. Es ist vielfältig, bunt und es gibt bezahlbaren Wohnraum“. „Fliegende Messer“, versichert Dennemann, „gibt es aber nicht“.

Mehr Informationen:

  • Premiere und Uraufführung ist am 6. Mai. Weitere Aufführungen am 7., 13. und 14. Mai, jeweils ab 19.30 Uhr.
  • Karten kosten 12 Euro (ermäßigt 7 Euro). Anmeldungen und Rückfragen: orga@artscenico.de und Telefon 0176 – 63826162 oder im Quartiersmanagement Nordstadt, Mallinckrodtstraße 56, Telefon (0231) 2227373.
  • Das Projekt wird gefördert vom Ministerium für Familie, Kinder, Jugend, Kultur und Sport des Landes NRW, vom Kulturbüro der Stadt Dortmund, der Landesarbeitsgemeinschaft sozio-kultureller Zentren NRW, der Stiftung Soziale Stadt/Dortmund und der Metropole Ruhr/Interkultur des RVR.
  • Seit 25 Jahren wirkt artscenico mit seinen interdisziplinären Projekten im Ruhrgebiet und darüber hinaus. artscenico performing arts ist ein 1991 gegründetes Label ohne festes Haus mit Sitz in Dortmund, das sich auf die Durchführung und Organisation überwiegend ortsspezifischer, interdisziplinärer Projekte mit oft internationaler Beteiligung spezialisiert.
  • Regelmäßig werden zudem Tanz- und Theater-Inszenierungen realisiert. Künstlerischer Leiter ist Rolf Dennemann.
  • Auf der Homepage www.artscenico de gibt es einen kurzen Film zu sehen. 
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