SERIE Nordstadt-Geschichte(n) – Depot (2): Der Neubau einer Hauptwerkstätte vergrößerte das Straßenbahngelände

Die Hauptwerkstätte der Straßenbahn an der Immermannstraße. Links ist das Verwaltungsgebäude erkennbar. (Strobel: Dortmund. Bilder und Worte über Sein und Werden der Stadt. Dortmund, 1920)
Die Hauptwerkstätte der Straßenbahn an der Immermannstraße. Links ist das hohe Verwaltungsgebäude erkennbar. (Strobel: Dortmund. Bilder und Worte über Sein und Werden der Stadt. Dortmund, 1920)

Die Geschichte des Depots und der Straßenbahn-Zentralwerkstatt reicht weit zurück. Im Januar 1908 wurde mit dem Bau der ersten Wagenhalle und auch des Verwaltungsgebäudes begonnen. Der neue Betriebshof wurde Mitte Dezember 1908 seiner Bestimmung übergeben. Doch der Platz reichte nicht aus. Die bereits geplante baugleiche westliche Halle wurde daher 1911 gebaut. Das wurde in Teil 1 beschrieben. So ging es weiter:

Von Klaus Winter

Wenige Jahre nach Vollendung der Doppelwagenhalle wurde von der Dortmunder Straßenbahnen GmbH 1915 einige Meter östlich ein weiteres Bauprojekt in Angriff genommen. Mitte März wurden der Baupolizei Unterlagen zum Neubau einer Hauptwerkstatt eingereicht. Die Details zur Dachkonstruktion fehlten allerdings noch. Sie sollten von der für die Ausführung vorgesehenen Firma, der Deutsch-Luxemburgischen Bergwerks- und Hütten-AG, nachgereicht werden. Die fehlenden Unterlagen sollte die Erteilung der Baugenehmigung aber nicht verzögern: „Mit Rücksicht darauf, dass infolge [des kriegsbedingten] Arbeitermangels die Arbeiten ohnehin verhältnismäßig langsam voranschreiten werden“, wurde um schnellstmögliche Genehmigung gebeten.

Zwar sollte die baupolizeiliche Erlaubnis für den Neubau einer Hauptwerkstätte erst am 22. Juni 1915 erteilt werden. Doch bereits Anfang April beantragte die Straßenbahn-Gesellschaft die Herstellung des Kanalanschlusses für die Ableitung von Grund- und Regenwasser. Außerdem erwartete das Architekturbüro Bachmann & Pinno die Festlegung der Baufluchtlinie. Eine Woche später genehmigte die Baupolizei die Ausschachtung und die Erstellung des Fundaments. Quasi postwendend begann die Fa. August Weber, Bauunternehmung für Erd-, Maurer-, Zimmer- und Eisenbetonarbeiten mit der Ausschachtung der Baustelle.

Lageplan mit Doppelwagenhalle, Verwaltungsgebäude, Torhäusern und Werkstätte (Stadtarchiv Dortmund)
Lageplan mit Doppelwagenhalle, Verwaltungsgebäude, Torhäusern und Werkstätte (Stadtarchiv Dortmund)

Weil beim Abladen von Baustoffen für die Hauptwerkstätte an der Ecke Immermann- /Uhlandstraße Bäume beschädigt wurden, sollte im Juli 1915 ein Bauzaun aufgestellt werden, um die Bäume zu schützen. ___STEADY_PAYWALL___

Bauherr und Aufsichtsbehörde stritten wegen Feuergefahr

Bei der Baumaßnahme selber entwickelte sich eine Trennwand zwischen Schreinerei und Mittelbau zu einem Streitfall zwischen Bauherrn und Aufsichtsbehörde. Es ging um die Feuergefahr. Die Straßenbahn-Gesellschaft sah diese auf ein geringes Maß reduziert, weil sie für die Schreinerei nur Maschinen mit Absaugvorrichtung einsetzen wollte. Später führte man als zusätzliches Argument an, dass zwischen den Wagenhallen und der Hauptwerkstatt ein breiter Weg zu Feuerlöschzwecken angelegt würde. Nach mehreren Monaten, nämlich erst im Januar 1916 verzichtete die Baupolizei auf die Errichtung der Trennwand.

Hauptwerkstätte, oben die Südfassade, unten die Westfassade (Stadtarchiv)
Hauptwerkstätte, oben die Südfassade, unten die Westfassade (Stadtarchiv Dortmund)

Die Arbeiten an der Hauptwerkstätte waren im Frühjahr 1916 abgeschlossen. Die Gebrauchsabnahme wurde am 26. Mai 1916 vorgenommen. Trotz einiger Mängel wurde der Königlichen Gewerbeinspektion mitgeteilt, dass die Hauptwerkstatt der Dortmunder Straßenbahn in Benutzung genommen worden sei. In der Tagespresse fand die Eröffnung der Straßenbahn-Hauptwerkstatt keinen Widerhall: Neuigkeiten von der Front waren wichtiger!

An das Leitungsnetz des Städtischen Elektrizitätswerks wurde die Werkstatt in der zweiten Jahreshälfte 1916 angeschlossen. Dortmund besaß nun trotz aller kriegsbedingter Einschränkungen eine Straßenbahnwerkstatt, die mit den damals neuesten technischen Einrichtungen ausgestattet war.

Luftbild Kulturort Depot
Luftbild des Kulturort Depot heute – im Vordergrund die Immermannstraße in Höhe der Uhlandstraße.

Parallel zum Neubau der Hauptwerkstatt wurde auch vor den beiden Wagenhallen gebaut. Hier entstanden zwei Torhäuser, von denen das westliche sich bis heute erhalten hat. Der Bauantrag vom 6. Juli 1915 wurde am 19. August genehmigt. Bereits fünf Tage später begannen die Arbeiten. Am 28. Februar 1916 wurde die Rohbauabnahme beantragt und am 26. Mai die Gebrauchsabnahme.

Eine dritte Wagenhalle schloss die Lücke zur Schützenstraße

Wieder sollte es nur wenige Jahre dauern, bis die nächste Erweiterung des Straßenbahn-Zentrums Immermannstraße anstand. 1922 lagen Pläne für eine dritte Halle vor. Sie sollte auf der bis dahin noch unbebauten Fläche zwischen der bestehenden Doppelhalle von 1908 /1911 und der Schützenstraße entstehen.

In der Baubeschreibung hieß es, dass für die Herstellung des Fundaments Kiesbeton vorgesehen war. Die Umfassungsmauern sollte aus hartgebrannten Ziegelsteinen hergestellt und die Außenseiten mit sogenannten holländischen Klinkern verblendet werden. Die eiserne Dachkonstruktion war in Haupt- und Seitendächer gegliedert.

Das Hauptdach sollte mit Drahtglas gedeckt werden, was die Ausleuchtung der Halle mit Tageslicht ermöglichte. Die Planung sah eiserne Rolläden an den Einfahrtstoren vor, schmiedeeiserne Fenster und einen Warmluftkanal gegen die Kälte im Winterhalbjahr. Unter den Gleisen lagen wie in den beiden anderen Hallen Revisionsgruben.

Lageplan des Betriebshofes mit der dritten Wagenhalle (Stadtarchiv)
Lageplan des Betriebshofes mit der dritten Wagenhalle (Stadtarchiv Dortmund)

Anfang Februar 1923 waren die Bauarbeiten beendet; die Straßenbahn-Gesellschaft beantragte die Gebrauchsabnahme der neuen Wagenhalle, die auch erfolgreich verlief. Damit war die letzte Ausbaustufe der Straßenbahn an der Immermannstraße erreicht.

Modell des Betriebshofs wurde auf einer Ausstellung in München gezeigt

In der Folgezeit kam es zu einer Reihe kleinerer Baumaßnahmen, die das Erscheinungsbild der Gesamtanlage aber keinen Stempel aufdrückten. Auch endete nicht jede Änderung so, wie sie geplant war. Eine 1924 beantragte Kraftzeuggarage wurde zwar gebaut, aber nicht für den vorgesehenen Zweck, sondern als Lagerraum für Kupfer genutzt.

Seitens der Straßenbahn-Gesellschaft aber freute man sich, dass „unsere mustergültigen Werkanlagen“ an der Immermannstraße von Fachkollegen des In- und Auslandes wiederholt besichtigt wurden. Es wurde sogar ein Modell im Maßstab 1:100 gefertigt und in München auf der Deutschen Verkehrsausstellung (1. Juni bis 12. Oktober 1925) gezeigt. (Das Schicksal des Modells ist nicht bekannt.)

 

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