Preisexplosion und Lieferengpässe bei Baustoffen: Dachdecker befürchten Baustopps durch Materialmangel

Trotz gut gefüllter Auftragsbücher müssen viele Unternehmen aufgrund von Lieferengpässen beim Baumaterial Kurzarbeit anmelden. Hinzu kommt, dass die Preise für Baustoffe drastisch angestiegen sind. Fotos: Innung

Es ist eine unerwartete Folge der Corona-Pandemie: Überall in Deutschland sind Baustoffe derzeit erheblich teurer und nur noch schwer lieferbar, heißt es in einer Pressemitteilung der Dachdecker-Innung Dortmund und Lünen. Nach Angaben von Branchenverbänden habe sich der Holzpreis teilweise verdoppelt bis verdreifacht, Preise für Mineralölerzeugnisse seien um 15 Prozent und Dämmstoffe sogar um 40 Prozent gestiegen. 

Fatale Situation für die Betriebe: Handwerksunternehmen drohen Kurzarbeit und Verluste

„Ob Dachlatten, Dämmstoffe, Folien oder Kleber – überall haben die Preise exorbitant angezogen“, berichtet Dirk Sindermann, Obermeister der Dachdecker-Innung Dortmund und Lünen. „Immer öfter ist sogar alles ausverkauft, für Bitumenprodukte sind weitere Preiserhöhungen von der Industrie bereits angekündigt. 

Dacharbeiten mit Schrägaufzug.

Die Innung versuche derzeit gemeinsam mit dem Handel händeringend mit hohem zusätzlichem Planungsaufwand, für die Kund*innen Bestände zu normalen Preisen in ganz Deutschland aufzukaufen. Manche Hersteller würden für bestimmte Produkte nur noch Liefertermine im zweistelligen Wochenbereich angeben oder seien derzeit nicht mehr lieferfähig.

Für die Betriebe der Dachdecker-Innung ist die Situation fatal. Denn in dem materialintensiven Handwerk können Arbeiten zunehmend nicht mehr termingerecht oder nur noch unvollständig ausgeführt werden. „Wir freuen uns sehr darüber, dass wir in Pandemie-Zeiten als kontaktarmes Handwerk im Außenbereich gut gefüllte Auftragsbücher haben“, berichtet der Obermeister. 

„Im Moment droht den Betrieben aber, dass sie ihre Mitarbeiter trotzdem in Kurzarbeit schicken müssen, weil wegen des Materialmangels nicht mehr weitergearbeitet werden kann.“

Dabei sei das Dachdeckerhandwerk nicht nur direkt, sondern zusätzlich auch indirekt betroffen. Denn am Bau müsse alles Hand in Hand gehen und wenn andere Gewerke aus Materialmangel Arbeiten nicht fertigstellen könnten, würden auch Folgegewerke darunter leiden. „Wenn der Dachstuhl vom Zimmermann wegen Holzmangel nicht aufgebaut werden kann, können wir natürlich auch kein Dach decken“, so Dirk Sindermann.

Internationale Lieferketten stocken – Kosten für Kund*innen steigen

Durch Lieferengpässe drohen Baustopps.

Grund für den Materialmangel ist nach Angaben von Fachverbänden die in der ersten Phase der Pandemie heruntergefahrene Produktion.

Nachdem nun in China die Konjunktur wieder angezogen habe, sei die Nachfrage nach Baustoffen erheblich schneller gewachsen als die nur langsam steigenden Produktionskapazitäten. 

Aus Kanada und Skandinavien ebenso wie aus Russland würden zudem Lieferengpässe beim Bauholz durch veränderte klimatische Bedingungen und Missernten gemeldet.

Internationale Versorgungs- und Lieferketten könnten die erhöhte Nachfrage derzeit nicht mehr zufriedenstellen. Verknappungen und Verzögerungen seien an der Tagesordnung, berichten Handwerksverbände. „Wir befürchten, dass es über kurz oder lang zu Baustopps kommen kann“, so Dirk Sindermann.

„Außerdem stehen unseren Kunden Preissteigerungen ins Haus, die wir gern vermieden hätten und für die wir nicht verantwortlich sind. Wir rechnen auch für unsere Betriebe mit Verlusten.“ 

Dirk Sindermann: „Wir sind hier gerade durch höhere Gewalt in einer Zwickmühle.“

Dirk Sindermann, Obermeister der Dachdecker-Innung Dortmund und Lünen Foto: privat

Dies liege vor allem daran, dass Handwerksbetriebe unter Umständen auf den Kostenerhöhungen sitzen bleiben würden, wenn sie Aufträge ohne Preisgleitklauseln vereinbart hätten.

„Wir sind hier gerade durch höhere Gewalt in einer Zwickmühle. Unsere Kunden und wir selbst wollen, dass die Arbeiten schnellstmöglich und im vereinbarten Kostenrahmen fertig werden, unsere Betriebe brauchen dringend Material, welches wir von Handel und Industrie nur erschwert und nicht zu den normal üblichen Bedingungen erhalten.“

Die damit verbundenen Preiserhöhungen könnten nicht abgepuffert werden, deshalb sei man gezwungen, Preissteigerungen auch an die Kund*innen weiterzugeben, so Dirk Sindermann. „Wir hoffen alle darauf, dass sich die Situation bessert, können derzeit aber leider nicht von einer kurzfristigen Beruhigung des Marktes und Preissenkungen ausgehen.“

 

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Weitere Informationen:

Die Dachdecker-Innung Dortmund und Lünen ist ein starker Verbund aus rund 60 Handwerksunternehmen der Region. Sie vertritt die Dachdecker-Betriebe in wichtigen regionalen und überregionalen Gremien und verleiht ihrer Stimme gesellschaftlich, wirtschaftlich und auch politisch Gewicht.

Den Mitgliedsbetrieben bietet die Innung als Dienstleister einen wertvollen Erfahrungsaustausch. Sie kümmert sich um Aus- und Weiterbildung, aber auch um juristische Unterstützung, günstige Versicherungsleistungen und aktuelle Informationen zur Betriebsführung.

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Reaktionen

  1. Materialmangel und stark gestiegene Rohstoffpreise bremsen trotz voller Auftragsbücher Bau- und Ausbauhandwerke aus – HWK-Präsident Berthold Schröder zur aktuellen Situation (PM)

    Materialmangel und stark gestiegene Rohstoffpreise bremsen trotz voller Auftragsbücher Bau- und Ausbauhandwerke aus – HWK-Präsident Berthold Schröder zur aktuellen Situation

    Zu wenig Arbeit haben die Bau- und Ausbauhandwerke ganz sicher nicht. Trotz Corona. Doch jetzt werden sie wegen Baustoffmangels und stark gestiegener Rohstoffpreise ausgebremst. Wegen Corona. Immer mehr Betrieben geht schlichtweg das Material aus. Ob Holz, Dämmstoffe oder Stahl – derzeit sind sie absolute Mangelware. Und obendrein deutlich teurer. Eine wachsende Zahl von Aufträgen kann deshalb nicht wie geplant abgearbeitet werden.

    „Das habe ich in den 35 Jahren, die ich jetzt als Handwerksunternehmer aktiv bin, noch nicht erlebt“, sagt Kammer-Präsident Berthold Schröder. „Die Auftragsbücher der Bau- und Ausbauhandwerke sind voll, aber die Unternehmen können teilweise nur eingeschränkt arbeiten. So haben sich in nur wenigen Wochen die Holzpreise oder auch die anderer Baumaterialien nahezu verdoppelt. Es gibt eine starke Verknappung der Sortimente“, sagt der 60-jährige Zimmerermeister, Inhaber der Georg Schröder Schreinerei und Holzbau GmbH in Hamm.

    Verträge, die man im vorigen Jahr geschlossen habe, könnten jetzt möglicherweise nicht fristgerecht eingehalten werden, weil es plötzlich massive Lieferengpässe gebe. Eine Entwicklung, die man so nicht habe vorhersehen können. „Man bekommt immer öfter zu hören, dass Materialien erst im Herbst wieder lieferbar sind. Das macht die Situation natürlich sehr schwierig“, berichtet er. Bauverzögerungen und hohe Kosten seien die unmittelbare Folge – leider auch zum Leidwesen der Kund*innen. Schröder: „In dieser Situation finde ich es ganz wichtig, einen fairen Interessensausgleich zu finden. Die Auftraggeber, kleine wie große, sollten frühzeitig über die Situation informiert werden, damit man tragfähige Kompromisse finden kann.“

    Zu dieser angespannten Lage haben laut Kammer-Präsident mehrere Faktoren geführt. Im Inland habe die überaus rege Bautätigkeit seit dem ersten Lockdown, gerade auch im Privatsektor, zur gestiegenen Nachfrage geführt. Parallel dazu ein deutlich gestiegenes Bewusstsein für Nachhaltigkeit, also etwa das verstärkte Bauen mit Holz. Mit Blick aufs Ausland sei es einerseits die enorme Nachfrage in den USA nach Holz, das infolge von Handelsstreitigkeiten aus der Trump-Ära nicht mehr aus Kanada komme, zum anderen die aus China. Zudem würden wegen der Pandemie nicht alle Lieferketten wie gewohnt funktionieren.

    Wann sich die Situation entspanne, sei derzeit nicht absehbar, so Schröder. „Das wird vermutlich noch eine Weile so weitergehen, denke ich.“ Deshalb appelliert er an das Verständnis bei den Kund*innen der Bau- und Ausbauhandwerke für etwaige Preissteigerungen oder Verzögerungen bei der Abarbeitung von Aufträgen. „Die Märkte sind durch Corona aus den Fugen geraten. Das Handwerk und seine Kunden, gewerbliche wie private, müssen nun sehen, wie sie damit umgehen. Das ist ganz sicher nicht einfach, für keine Seite, aber ich hoffe, dass sich Lösungen finden lassen.“

  2. Rechts-Tipp: Vereinbarungen bei Materialpreissteigerungen – Das Justiziariat der Handwerkskammer Dortmund empfiehlt Handwerksbetrieben, was sie bei Vertragsschlüssen beachten sollten. (PM)

    Rechts-Tipp: Vereinbarungen bei Materialpreissteigerungen – Das Justiziariat der Handwerkskammer Dortmund empfiehlt Handwerksbetrieben, was sie bei Vertragsschlüssen beachten sollten

    Trotz voller Auftragsbücher werden die Bau- und Ausbauhandwerke derzeit wegen Baustoffmangels und stark gestiegener Rohstoffpreise ausgebremst. Immer mehr Betrieben geht schlichtweg das Material aus. Ob Holz, Dämmstoffe oder Stahl – derzeit sind sie absolute Mangelware und obendrein deutlich teurer. Verbindliche Planungen sind schier unmöglich. Immer mehr Betriebe in der Region rechnen damit, Aufträge nicht wie geplant abarbeiten zu können und deshalb möglicherweise sogar Kurzarbeit anmelden zu müssen. Unterbrechungen von Lieferketten, Produktionsausfälle oder vermehrte Bestellungen anderer Bereiche führen teilweise sehr kurzfristig zu stark ausfallenden Preisschwankungen.

    „Bei Handwerksbetrieben, die in ihren Angeboten und Verträgen Preise festgelegt haben und vertraglich gegenüber ihrem Auftraggeber daran gebunden sind, kann dies insbesondere bei längerfristigen Projekten zu erheblichen wirtschaftlichen Problemen führen“, weiß Henrik Himpe, Stv. Hauptgeschäftsführer und Justiziar der Handwerkskammer Dortmund. Er empfiehlt den Handwerksbetrieben, möglichst frühzeitig das Gespräch mit Kunden zu führen und Kompromisse zu finden. Bevor der Vertrag geschlossen wird, sollten sich Betriebe Materialpreise vom Händler zusichern lassen und Angebote auf jeden Fall befristen. Unverbindliche Angebote sollten gerade gegenüber Verbraucher*innen deutlich als solche gekennzeichnet werden.

    Der Rechtsbereich der Handwerkskammer Dortmund hat eine spezielle Serviceseite im Internet veröffentlicht. Dort werden viele Fragen rund um diese Problematik beantwortet. Hier werden beispielsweise Punkte genannt, die Betriebe bereits bei Vertragsabschluss beachten können. Eine Möglichkeit zur Absicherung des Unternehmers kann insbesondere bei längerfristigen Bauvorhaben eine Preisanpassungsklausel sein.

    Bitte beachten Sie, dass der Vertragsentwurf nur als grundlegende Formulierung gedacht ist und die konkreten Regelungen zur Preisanpassung für jeden Vertrag individuell mit dem Kunden ausgehandelt und angepasst werden müssen. Dies ist vor allem abhängig vom jeweils eingesetzten Material. Eine rechtliche Beratung wird durch das Muster nicht ersetzt.

    Sollte es doch einmal zu Streitigkeiten zwischen Betrieb und Kunde kommen, kann die Bauschlichtungsstelle der Handwerkskammer Dortmund oftmals schneller, kostengünstiger und unbürokratischer weiterhelfen, als bei einem langwierigen Gerichtsverfahren.

  3. Lieferengpässe und Preissteigerungen – Was ist zu beachten? Online-Veranstaltung der HWK am 14. Juni um 17.30 Uhr (PM HWK Dortmund)

    Lieferengpässe und Preissteigerungen – Was ist zu beachten? Online-Veranstaltung der HWK am 14. Juni um 17.30 Uhr

    Aktuell kommt es vermehrt zu Lieferengpässen und Preiserhöhungen von Materialien und Rohstoffen. Davon betroffen sind immer mehr Handwerksbetriebe, vor allem aus dem Bau- und Ausbaubereich. Und mit ihnen deren Kunden. Die Rechtsabteilung der Handwerkskammer Dortmund informiert aus diesem Anlass in einer Online-Veranstaltung betroffene und interessierte Unternehmen über juristische Möglichkeiten, die möglichst vor Vertragsschluss beachtet werden sollten. Darüber hinaus können sich die Teilnehmer auch ganz konkret über ihre Erfahrungen rund um diese Thematik austauschen und mögliche Lösungsvorschläge besprechen.

    Neben Kammer-Präsident Berthold Schröder werden Vivien Gravenstein, Juristin bei der HWK Dortmund, Frederike Tanzeglock, Juristin des Fachverbands Metall NRW sowie Matthias Eisfeld, Geschäftsführer des Innungsverbands des Zimmerer- und Holzbaugewerbes Westfalen, über das Thema informieren.

    Die Veranstaltung findet über Microsoft TEAMS statt. Anmeldung sollten bis zum 11. Juni erfolgen. Weitere Infos gibt es hier: http://www.hwk-do.de
    Im Vorfeld können bereits Fragen gestellt werden, die dann in der Veranstaltung aufgegriffen werden.

  4. Alex Finsterbusch

    Als Dachdecker kann ich die im Artikel beschriebenen Herausforderungen bestätigen. Die Lieferengpässe und Preissteigerungen bei Baustoffen haben erhebliche Auswirkungen auf unsere Arbeit. Trotz eines vollen Auftragsbuchs ist es zunehmend schwierig, unsere Projekte termingerecht und vollständig abzuschließen. Die Befürchtung von Baustopps ist real und stellt eine ernsthafte Bedrohung für unsere Branche dar.

  5. China und die EU: Abhängig vom Rivalen in Peking? (PM Auslandsgesellschaft.de)

    Mi 13.03.24, 19 Uhr, Online
    China und die EU: Abhängig vom Rivalen in Peking?
    Mit Jürgen Matthes, renommierter Wirtschaftswissenschaftler am IW Koeln (Institut der deutschen Wirtschaft) und Siebo Janssen, Politik- und Europa-Experte
    Moderation: Jochen Leyhe

    An China kommt keiner vorbei – ob Computer, Handys oder Medikamente. Erst seit kurzer Zeit merken wir, wie abhängig wir von einem Land geworden sind, was überhaupt nicht unsere Werte teilt. Freiheit, das Individuum, Grundrechte und generell der Rechtsstaat – alles das, was sich in Europa seit dem Zweiten Weltkrieg etablierte und 1989 mit dem Fall des Ostblocks endgültig gesiegt zu haben scheint, spielt im „Reich der Mitte“ keine Rolle – im Gegenteil: es wird bekämpft. Die riesige Bevölkerung scheint das alles mitzutragen, solang die herrschende Partei, die KP, für immer mehr Wohlstand sorgt.

    Doch seit dem letzten Jahr erst hat dieses „stille Abkommen“ zwischen der Diktatur und der breiten Masse Risse bekommen: Die Zeiten eines ungebremsten, gar ungehemmten Wachstums in China scheinen vorbei. Europa versucht zudem unabhängiger zu werden und betreibt immer mehr eine Politik des De-risking. Die USA gehen noch weiter. Viele dort wollen ein De-coupling, eine Loslösung von China.

    Jürgen Matthes ist einer DER Experten in Deutschland für dieses Thema. Er beschäftigte sich in einer seiner vielen Studien detailliert mit der aktuellen wirtschaftlichen Entwicklung in China.

    Siebo Janssen zeigt, was politisch auf dem Spiel steht. Wie verändert sich das „Reich der Mitte“, das für Europa längst ins Zentrum seiner Politik gerückt ist? Wie verändert sich unter diesen Vorzeichen Europa? Was bedeutet dies für eine neue Weltordnung, in der Europa an Einwohnern verliert, aber China immer wichtiger wird?

    Die Veranstaltung findet als Online-Videokonferenz statt.
    Direkt-Einwahllink: https://us06web.zoom.us/j/86809818129?pwd=NccZ4iJRFWFih30axO9b7bY9GRtpjy.1
    Meeting-ID: 868 0981 8129. Kenncode: 410000

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