Polizeipräsident Lange ordnet für die Nordstadt „Strategische Fahndung“ an – positive Entwicklung soll gesichert werden

Typischer Polizei-Schwerpunkteinsatz in der Dortmunder Nordstadt. Fotos (2): Alexander Völkel

Am heutigen Tag hat Polizeipräsident Gregor Lange für die Dauer von mehreren Wochen die „Strategische Fahndung“ in der Nordstadt angeordnet. Die Anordnung ist eine direkte Reaktion der Ordnungskräfte auf die massiven Auseinandersetzungen am Pfingstmontag in der Schleswiger Straße. Erlaubt sind dabei nach dem neuen Polizeigesetz NRW anlasslose Kontrollen und die Inaugenscheinnahme von Fahrzeugen.

Strategische Fahndung als Reaktion auf die Krawalle von Pfingstmontag in der Schleswiger Straße

„Die Menschen in Dortmund können darauf vertrauen, dass die Polizei sämtliche verfügbaren Instrumente nutzen wird, um die Sicherheit für Bürgerinnen und Bürger in der Nordstadt weiter zu verbessern“, bekräftigt Gregor Lange sein Vorhaben, den Kontrolldruck im Bereich der Nordstadt noch einmal zu intensivieren.

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Am Samstag gibt es erneut eine Demonstration gegen das neue Polizeigesetz.
Demonstration gegen das neue Polizeigesetz

Bei der strategischen Fahndung handelt es sich um ein neues Instrument aus dem Polizeigesetz (Polizeiliche Anhalte- & Sichtkontrollen, §12a PolG).

Die Polizei baut mit diesem Werkzeug gezielten Fahndungsdruck auf potentielle Kriminelle auf, indem sie ohne konkreten Verdacht Personen anhalten, nach ihrer Identität befragen sowie Fahrzeuge in Augenschein nehmen darf.

Die strategische Fahndung ist eine direkte Reaktion auf die Auseinandersetzung am Pfingstmontag in der Nordstadt. Dazu Gregor Lange: „Wir lassen nicht zu, dass sich an dieser Stelle kriminelle Strukturen verfestigen, mit erhöhter Präsenz setzen wir eindeutige Stopp-Zeichen.“

Neues Polizeigesetz erlaubt anlasslose Kontrollen: Einsätze in der Nordtadt bereits seit letztem Dienstag

Bereits am Dienstag kontrollierten mehrere Dutzend Polizeibeamte in der Nordstadt im Rahmen der fortgesetzten Schwerpunkteinsätze viele Personen und belegten potentielle Störer mit Platzverweisen.

Das Amtsgericht Dortmund hat eine viermonatige Haftstrafe auf Bewährung für die Beleidigung und den Widerstand gegen Vollzugsbeamte verhängt.
Vorläufige Festnahme von drei Personen am Pfingstmontag; Ermittlungen u.a. wegen schweren Landfriedensbruchs laufen

Die Auseinandersetzung am Montag hat vor allem gezeigt, wie leistungsfähig die Dortmunder Polizei ist. Sie war in kürzester Zeit mit über 100 Beamten vor Ort, um die gewalttätigen Auseinandersetzungen zu unterbinden und Schlimmeres zu verhindern.

Die eingerichtete Ermittlungskommission (EK) „Schleswig“ hat in enger Zusammenarbeit mit der EK Nordstadt die Ermittlungen zu dem Vorfall aufgenommen. Nach jetzigem Ermittlungsstand ist ein Bezug zur Kriminalität von Clans nicht gegeben.

Der Polizeipräsident warnt ausdrücklich davor, den Leuten Glauben zu schenken, die einen solchen Sachverhalt mit Sensationslust und pauschaler Angstmacherei für extremistische und populistische Propaganda nutzen wollen. „Fakt ist, auf die Dortmunder Polizei können sich die Menschen in unserer Stadt verlassen“, so der Polizeipräsident.

Gesamtkriminalität in der Dortmunder Nordstadt in den letzten fünf Jahren rückläufig

Fakt ist auch, dass die Polizei Dortmund aufgrund vielfältiger Aktivitäten in Zusammenarbeit mit der Stadt Dortmund, Staatsanwaltschaft, Zoll und Bundespolizei den niedrigsten Stand der Kriminalität seit fünf Jahren vorweisen kann.

Die Gesamtkriminalität in der Nordstadt ist in den letzten fünf Jahren um über 30 Prozent gesunken.

Die Zahl der Gewaltdelikte ist in diesem Zeitraum um 20 Prozent gesunken. Die Anzahl der Raubdelikte konnte zudem fast halbiert werden. Insgesamt fiel die Straßenkriminalität um über 33 Prozent in den letzten fünf Jahren. Dazu kommt, dass die Aufklärungsquote von über 60 Prozent im letzten Jahr auf einem exzellenten Niveau ist.

Der positive Trend setzt sich auch im Jahr 2019 fort. In den ersten vier Monaten fiel die Anzahl der Gesamtstraftaten in der Nordstadt im Vergleich zum Vorjahr weiter um knapp 12 Prozent. Im Bereich der Straßenkriminalität beträgt der Rückgang im Vergleich zum Vorjahr sogar 25 Prozent, bei der Gewaltkriminalität liegt der Rückgang bei sechs Prozent.

Erhöhter Druck bei einem Kontrolldelikt: Anstieg bei Fallzahlen im Bereich Betäubungsmittelgesetz

Nicht zuletzt haben auch die Ermittlungskommission Nordstadt Hand in Hand mit speziellen Nordstadt-Staatsanwälten, unzählige Schwerpunkteinsätze mit der Bereitschaftspolizei, tägliche Einsätze des Schwerpunktdienstes Nord den Kontrolldruck auf die Straftäter in der Nordstadt enorm erhöht.

Das Ergebnis sieht man auch an dem Kontrolldelikt „Verstoß gegen das Betäubungsmittelgesetz“. Diese Drogenkriminalität kommt im Regelfall erst durch Kontrollen der Polizei ans Tageslicht. Ein Anstieg der Fallzahlen (65 Prozent in den letzten fünf Jahren) ist als Arbeitsnachweis der Polizei zu werten.

„Der Vorfall vom Pfingstmontag sollte die deutlichen Erfolge nicht überlagern. Klar ist aber, dass wir noch viele weitere Erfolge erzielen wollen. Dazu werden wir auch die beschlossene Videobeobachtung ab 2020 in der Münsterstraße als ein weiteres Instrument nutzen“, verspricht Gregor Lange.

 

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Reaktionen

  1. Grumobina

    Habt Ihr da die Pressemitteilung der Polizei einfach unkommentiert veröffentlich? Ein wenig mehr kritische Betrachtung und die Bedeutung, die diese strategische und damit verdachtsunabhängige Fahndung für die Nordstadtbewohner*Innen hat bzw. haben wird, hätte ich dann doch erwartet. Hoffe, da kommt noch was.

    • Thomas Engel

      So ganz unkommentiert ist es ja nicht. Das wird an der Bildauswahl deutlich. Erstes Bild, linksseitig: „Demonstration gegen das neue Polizeigesetz“. Wir müssen und können nicht immer gleich die Keule schwingen, zuweilen reichen Feinheiten.

  2. Wolfgang Richter

    Der kommunalpolitische Umgang mit der ungeliebten Nordstadt bleibt ein zynischer deal zwischen Politik und Polizei. Steigerungspotential gegen den Stadtteil und seine Bewohner/innen haben die Zyniker noch immer – es ist ihnen egal, welchen Sinn es macht, wen es trifft, was es kostet und was man anstelle dessen mit dem Geld machen könnte. Die neueste Taktik heißt „strategische Fahndung“ und erlaubt es den Ordnungskräften, dich und mich ohne Anlass anzuhalten und zu kontrollieren: „Wer bist du, was machst du hier, wen willst du treffen, was hast du in der Hosentasche? Werde nicht frech, wir können auch anders!“
    Die Razzien werden immer rabiater, immer mehr Eingreifkräfte, zuweilen der Polizeipräsident im Hintergrund, gerne mit dem OB und auch mal mit dem Innenminister. Martialische Uniformen und Bewaffnungen sollen Angst verbreiten, sehen fast aus wie Kriegszustand, aber fotogen für die Medien.
    Gleichzeitig wird der Norden der Stadt von OB und Stadtmarketing immer schöner geredet – Montmartre scheint kaum attraktiver: Wer hier nicht einzieht, verpasst das schöne Leben. Die Lebenslügen des Verwaltungsvorstands und der Wirtschaftsförderung sollen Investoren locken, Bilder für die Immobilienmärkte und Meinungsmache für die Medien.
    Es ist wie immer schon, nur in neuer Form – im alten Arbeiter- und neuen Arbeitslosen-Stadtteil wird der sich ausbreitende Polizeistaat erkennbarer und die Nordstadt als Übungsgelände beprobt für jetzige und kommende Auseinandersetzungen in der Klassengesellschaft.
    Ob da das große Bemalen der Nordseite des Bahnhofsdamms versöhnt?

  3. Pressemitteilung der Polizei Dortmund

    Polizei beendet strategische Fahndung in der Nordstadt: 187 Strafanzeigen und 21 Festnahmen in vier Wochen

    Die Polizei hat am 12. Juli 2019 die strategische Fahndung in der Dortmunder Nordstadt beendet. Anlass für diese Fahndungsmethode war massive Gewalt zwischen zwei größeren Personengruppen am Pfingstmontag 2019 in der Schleswiger Straße in Dortmund.

    Siehe auch: https://www.presseportal.de/blaulicht/pm/4971/4296514 Bei den Auseinandersetzungen wurden unter anderem Molotowcocktails und gefährliche Schlag- und Stichwaffen eingesetzt, darunter auch ein Morgenstern und eine Machete. Im Fokus der sofort eingesetzten Ermittlungskommission „Schleswig“ stehen derzeit neun Tatverdächtige Die Polizei hat mehrere Tatwaffen und Mobiltelefone sichergestellt. An der Auswertung der Spuren ist auch das Landeskriminalamt beteiligt. Die Ermittlungen laufen noch.

    Zum gegenwärtigen Stand der Ermittlungen geht die Polizei davon aus, dass ein Streit im Drogenmilieu Ursache für die Schlägerei war. Vorausgegangen war dem Geschehen vom Pfingstmontag ein Streit am 9.6.2019 um 22.26 Uhr am Schleswiger Platz. Dabei hatten drei Syrer auf einen Rumänen eingetreten und -geschlagen. Einen Tag später, am Nachmittag des Pfingstmontag, wurde die Auseinandersetzung in größerer Personenzahl und stärkerer Bewaffnung fortgesetzt. Durch schnelles Einschreiten konnte die Polizei Schlimmeres verhindern. Kurz nach den Ereignissen rund um den Schleswiger Platz ordnete Polizeipräsident Gregor Lange die strategische Fahndung an. Sie ist ein seit Anfang 2019 im NRW-Polizeigesetz verankertes Instrument, um Straftaten von erheblicher Bedeutung verhüten zu können. Die Polizei darf dabei ohne konkreten Verdacht Personen und Fahrzeuge anhalten und mitgeführte Gegenstände in Augenschein nehmen. Ein Auszug aus den Ergebnissen dieses auf vier Wochen begrenzten Sondereinsatzes: -1723 überprüfte Personen und 506 Kontrollorte

    – 21 Haftbefehle
    – 187 Strafanzeigen
    – 98 Ordnungswidrigkeitenanzeigen
    – 128 Verkehrsdelikte
    Dortmunds Polizeipräsident Gregor Lange über diese Zahlen: „Wir sind bereits am ersten Tag der strategischen Fahndung entschieden gegen potenzielle Kriminelle vorgegangen, damit sich die für das Wohnquartier am Schleswiger Platz schädlichen Strukturen nicht verfestigen. Auch wenn die strategische Fahndung jetzt beendet ist, eins ist sicher: Die Polizei lässt nicht locker und arbeitet täglich rund um die Uhr daran, die guten Fortschritte bei der Kriminalitätsbekämpfung in der Nordstadt fortzusetzen. Wir halten den hohen Druck gegen Kriminelle aufrecht.“

    Der Leitende Kriminaldirektor Walter Kemper über die Ziele: „Mit der strategischen Fahndung und der Ermittlungskommission ist es uns gelungen, Strukturen der handelnden Personen aufzuhellen und mit diesen Erkenntnissen engmaschig und gezielt gegen Kriminelle vorzugehen, um die Nordstadt sicherer zu machen. Wir haben eine Vielzahl von Informationen gewonnen, die für die weitere Arbeit nützlich sind. Kein Straftäter sollte sich sicher fühlen.“ Zwischen 2014 und 2018 ist die Zahl der Straftaten in dem Stadtbezirk von 17.441 auf 11.849 gesunken (= -32,06 Prozent). Im gleichen Zeitraum ist die Aufklärungsquote von 53,9 auf 60,7 Prozent) gestiegen.

  4. Internationalistische Bündnis Dortmund, DKP Dortmund, DAJ Ruhr-Westfalen,Train of Hope Dortmund e.V. und VVN-BdA Dortmund

    Gemeinsame Stellungnahme von Internationalistisches Bündnis Dortmund, DKP Dortmund, SDAJ Ruhr-Westfalen, Train of Hope Dortmund e.V. und VVN-BdA Dortmund zur Anwendung der strategischen Fahndung in der Dortmunder Nordstadt.

    Am 13.6. gab die Dortmunder Polizei die Anwendung des Instruments der strategischen Fahndung bekannt. Dabei handelt es sich um ein neues Instrument infolge der massiven Verschärfung des Polizeigesetzes für NRW aus dem vergangenen Jahr. Die Dortmunder Polizei begründet dies mit einer „direkten Reaktion auf die Auseinandersetzung am Pfingstmontag in der Nordstadt“ (Pressemeldung der Polizei). Wir wenden uns explizit nicht gegen die Aufklärung der hier begangenen Straftaten und die Notwendigkeit der Gefahrenabwehr. Wir stellen uns jedoch klar gegen das Instrument der strategischen Fahndung!

    Die Dortmunder Polizei erklärt, „mit diesem Werkzeug gezielten Fahndungsdruck auf potentielle Kriminelle aufzubauen, indem sie ohne konkreten Verdacht Personen anhalten, nach ihrer Identität befragen sowie Fahrzeuge in Augenschein“ nehme (Pressemeldung der Polizei). Woran sie potentielle Kriminelle zu erkennen vermag, bleibt jedoch Geheimnis der Polizei. Da als Kontrahent*innen der Auseinandersetzung in der Nordstadt, Personen mit Migrationsgeschichte vermutet werden, muss eine rigorose Anwendung von Racial Profiling befürchtet werden. Einschränkungen der Bewegungsfreiheit von Menschen aufgrund von ethnischen Zuschreibungen sind wahrscheinlich. Zudem hebeln solche Kontrollen ohne konkreten Verdacht das (rechtsstaatliche) Prinzip der Unschuldsvermutung aus und öffnen der Willkür Tür und Tor. Strafverfolgung basiert nicht mehr auf konkrete Beweisen, sondern auf Vermutungen der Polizei. Diese Einschränkung unserer Demokratischen Rechte und Freiheiten soll gerechtfertigt werden nach dem Motto: Gegen die Kriminalität muss doch was getan werden! Die Dortmunder Polizei spricht selbst von sinkender Kriminalität in der Nordstadt.

    Wir wenden uns weiterhin entschieden gegen das verschärfte Polizeigesetz, das in NRW im Dezember 2018 nach großen Protesten verabschiedet wurde! Denn es ermöglicht der Polizei auch, Personen bis zu einen Monat in Präventivgewahrsam zu nehmen, und mit Hausarrest und Kontaktverboten zu belegen. Sie darf Computer und Smartphones hacken, um Messenger wie WhatsApp mitzulesen – nicht nur von vermeintlich verdächtigen Personen, sondern auch von Personen aus deren sozialem Umfeld. Gerechtfertigt werden diese Maßnahmen mit dem Rechtsbegriffes der „drohenden Gefahr“, der die Polizeitätigkeit von einer konkreten Gefahr in den Bereich der bloßen Vermutung einer Gefahr vorverlagert. Damit wird die Strafverfolgung von bloßen Vermutungen der Polizei abhängig gemacht und die Trennung zwischen Polizei und Geheimdienst aufgelöst.
    Daher fordern wir die Dortmunder Polizei zur Beendigung der strategischen Fahndung auf!

    Zur Wahrung unserer demokratischen Rechte und Freiheiten (der Grundrechte) fordern wir den Verzicht auf Instrumente des verschärften Polizeigesetzes! Solange das Polizeigesetz in Kraft ist, obliegt es ihr, auf Einschränkungen der Grundrechte durch dessen Anwendung zu verzichten!

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