Trotz Corona-Shutdown: Per Auslieferung mit dem Fahrrad kommt das Buch in der Nordstadt rechtzeitig unter den Baum

Wenn der Laden geschlossen sein muss, liefert Litfass halt nach Hause. Fotos: Susanne Schulte
Wenn der Laden geschlossen sein muss, liefert Litfass halt nach Hause. Fotos: Susanne Schulte

Von Susanne Schulte

Dominic Gerwinski fährt täglich mit dem Rad zur Arbeit. Seit dem vergangenen Mittwoch sitzt der Buchhändler auch dienstlich auf dem Rad: Er liefert in der Umgebung des Nordstadt-Buchladens Litfass die Bestellungen aus. „Manchmal an 20 Adressen am Tag.“ Sein Chef Karsten Schulz nimmt es mit der Kontaktbeschränkung sehr genau: „Ja, wir könnten auch abholen lassen. Aber in den Laden darf niemand und vor dem Geschäft möchten wir Schlangen vermeiden“, sagt er.

Die Bezahlung folgt per Überweisung – Litfass-Chef Karsten Schulz vertraut seinen Kund*innen

Das mit den Schlangen ist kein Wunschdenken. Guckt man sich den Stapel an Büchern und Bildbänden und Spielen an, der bereits versandfertig für die Post auf dem Handkarren liegt, und zählt noch die Pakete, die der betriebseigene Lieferwagen auf seinem Weg zu den Universitäten im Ruhrgebiet bei den Privatkund*innen abgibt, kann man sich schon das Gedrubbel vor dem Geschäft an der Münsterstraße vorstellen.

Während Dominic Gerwinski jede Bestellung je nach Größe in Umschläge oder Tüten packt, „damit die Kund*innen nicht denken, die Ware könnte in meiner Fahrradtasche Schaden nehmen“, muss Karsten Schulz immer wieder ans Telefon. Da bestellt jemand einen Geschenkgutschein, die nächste Anruferin gleich sechs Bücher. Bis zum 23. Dezember wird ausgeliefert. Dann ist Pause, bis am 4. Januar 2021 alle wieder ins Büro und den Laden kommen.

„Die zehn Tage braucht auch die Belegschaft, um mal wieder Luft zu holen“, so Schulz. Gerwinski hat mittlerweile Adressaufkleber auf die Umschläge und Tüten gepappt und die Route auf seinem Mobiltelefon festgelegt. Er liefert in den Postleitzahlenbezirken 44145 und 44147 aus. Die Bezahlung folgt per Überweisung. „Bargeld nehmen wir nicht an.“ Ja, er hat Vertrauen in die Kund*innen. Nur bei telefonischen, großen Bestellungen aus anderen Bundesländern wird genauer nachgefragt.

Macht an der Lieferadresse niemand die Tür auf, fährt Dominic Gerwinski am nächsten Tag erneut dorthin

Die Fahrradtaschen sind gepackt, das erste Ziel ist gleich um die Ecke. Der Kunde wohnt im Erdgeschoss, nimmt das Paket durchs Fenster an. Weiter geht es durch den Dortmunder Norden: Scharnhorststraße, Rückertstraße, Immermannstraße, Fritz-Reuter-Straße. Meistens gibt es eine Antwort auf das Klingeln.

Dominic Gerwinski ruft in den Hausflur oder die Sprechanlage, dass er von Litfass kommt und die Bestellung ins Treppenhaus legt – ganz im Sinne der Kontaktlosigkeit. Meldet sich niemand, probiert er es am Tag darauf erneut. An diesem Montag vor Weihnachten muss er nur ein Paket wieder mit in den Laden nehmen.

Nach anderthalb Stunden ist die erste Tour geschafft. Nun wird die Runde für die Postleitzahl 44145 festgelegt und die Taschen wieder gepackt. Zwei weitere Tage ist der Buchhändler dann noch mit dem Rad unterwegs – auch bei strömendem Regen – bevor er es sich selbst mit einem Buch auf dem Sofa bequem machen kann.

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