Landgericht Dortmund verhandelt Vergewaltigungsfall aus der Nordstadt: Obdachloser Rumäne steht unter Tatverdacht

Am Landgericht Dortmund wird der Vergewaltigungs-Fall verhandelt. Foto: Alex Völkel

Am heutigen Freitag (11. Januar 2019) wurde ein Prozess vorm Landgericht Dortmund eröffnet, der sich mit einem Verbrechen befasst, das am 23. Juli 2017 in der Nordstadt begangen wurde. Auf einem Spielplatz im Bereich der Brunnenstraße wurde damals eine Frau überfallen und vergewaltigt. Angeklagt ist ein 39-jähriger obdachloser Rumäne, der durch seinen Anwalt bekundete, die Tatvorwürfe zu bestreiten, sich jedoch zu Beginn der Verhandlung nicht dazu äußern zu wollen. Er habe überhaupt keine Vorstellung, um wen es sich bei dem Opfer handeln könnte. Er habe bisher kein Foto der Zeugin von der Polizei vorgelegt bekommen und werde nach der Begegnung vor Gericht am kommenden Dienstag, 15. Januar 2019, und der Aussage des Opfers weitere Angaben zum Sachverhalt machen.

Brutales und besonders erniedrigendes Vorgehen des Täters

Die Staatsanwaltschaft wirft dem Verdächtigen vor, sein Opfer in den frühen Morgenstunden des Tattages auf den Spielplatz gezerrt und unter Gewaltanwendung zum Geschlechtsverkehr genötigt zu haben. Hierbei soll er aufgrund von Erektionsproblemen besonders erniedrigend vorgegangen sein und dem Opfer durch Penetrationsversuche starke Schmerzen zugefügt haben.

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Die Frau wehrte sich heftig. Schliesslich gelang ihr die Flucht, nachdem sie dem Täter mit einer Flasche, die sie neben sich am Boden liegend zu fassen gekriegt hatte, mehrmals auf den Kopf einschlug.

Sie rief um Hilfe und Anwohner wurden auf die Frau aufmerksam, die ihrem Peiniger auf diese Weise entkommen konnte. Am ersten Verhandlungstag verschafften sich die RichterInnen der 44. Strafkammer des Landgerichtes unter Vorsitz von Richterin Rauhaus einen Überblick über Leben und Werdegang des Angeklagten.

Angeklagter stammt aus ärmlichen Verhältnissen einer Großfamilie mit Problemen

Viele Roma hoffen auf ein besseres Leben im europäischen Ausland.
Viele Roma hoffen auf ein besseres Leben im europäischen Ausland.

Toader E. wurde 1979 geboren und wuchs in ärmlichen und problematischen Verhältnissen auf einem kleinen Bauernhof in Rumänien auf. Einmal soll sein Vater sogar mit einem Messer auf seine Mutter losgegangen sein. Nach seiner Schullaufbahn, durch die er gleichzeitig eine Ausbildung zum Kfz-Mechaniker absolvierte, besuchte er ein Jahr lang die rumänische Armee.

Anschließend arbeitete er als Aushilfe in seinem Job, doch wurde nie richtig glücklich damit und steckte vor allem in finanziellen Problemen. Er erzählte, dass in Rumänien die meisten Menschen von einem besseren Leben im europäischen Ausland träumen. So auch er und ein paar Freunde.„Ich bin Zigeuner, Musiker. Aber in Rumänien sind wir nicht mehr gefragt“, so Toader E.

Sie wollten ihr Hobby, die Musik, zum neuen Broterwerb machen und ihr Glück im Ausland versuchen. Zunächst habe sie ihre Reise nach England geführt. Hier spielten sie mit mäßigem Erfolg auf den Straßen Londons, bei Hochzeiten und anderen Feierlichkeiten. Der Angeklagte berichtete, dass das Leben auf der Straße ihn auch immer wieder zum Alkohol habe greifen lassen.

Toader E. ist bereits mehrfach vorbestraft und aktuell in der JVA Köln inhaftiert

Die Justizvollzugsanstalt (JVA) ist Ort des Regelvollzuges für „normale“ Häftlinge.
Der Angeklagte ist mehrfach vorbestraft und sitzt zur Zeit in Haft. Foto: Alex Völkel

Bei ihm persönlich sei dies meist der Fall, wenn er sich unter Druck gesetzt und gestresst fühle. Er sei aber in keinster Weise abhängig und könne auch Tage und Wochen ohne auskommen. Irgendwann entschlossen sich die erfolglosen Musiker, von England nach Deutschland zu reisen, um hier ihr Glück zu versuchen.

Der Angeklagte ist mehrfach vorbestraft und sitzt derzeit in der Justizvollzugsanstalt Köln eine Haftstrafe von vier Jahren und zwei Monaten wegen sexueller Nötigung in Tateinheit mit gefährlicher und vorsätzlicher Körperverletzung ab. Er zeigte sich geständig und entschuldigte sich im Rahmen der Gerichtsverhandlung beim Kölner Opfer.

Auch in seiner Heimat Rumänien saß er mehrfach wegen kleinerer Delikte ein. Längere Haftstrafen bekam er hier für einen Raubüberfall und diverse Diebstähle. Nachdem er 2015 in Rumänien aus der Haft entlassen worden war, zog er für kurze Zeit in sein Elternhaus zurück, bevor er sich auf die Reise nach England und schließlich nach Deutschland begab.

Impulsiver Tatverdächtiger sieht sich in der Opferrolle und fühlt sich missverstanden

Die Linienstraße mit ihren Bordellen - hier ist Prostitution erlaubt.
Auch auf der Straße und im Milieu gilt das deutsche Recht.

Sein Verteidiger Lukas Pieplow musste im Prozessverlauf mehrfach eingreifen, um den impulsiven Rumänen zur Einhaltung der abgesprochenen Strategie zu ermahnen. Aufgebracht durch die Vorwürfe hatte er sich beispielsweise mit folgenden Sätzen an den Vertreter der Staatsanwaltschaft Köster gewendet:

„Schauen Sie mich an. Sie als Staatsanwalt sollten erkennen, ob jemand lügt oder nicht. Sehe ich für sie etwa wie ein Vergewaltiger aus?“ Da der Angeklagte ausschließlich rumänisch spricht, war vor Gericht ein Dolmetscher anwesend.

Und auch über seine Verurteilung wegen sexueller Nötigung im Kölner Prozess empörte er sich. „Ich kann das alles nicht verstehen. Auch die Polizei nicht. Die hätten besser die Frau verhaftet als mich. Schließlich hat die mir im Vorfeld mein Geld abgenommen“, so der Angeklagte. Er habe letztendlich gestanden, um den Bedingungen der Untersuchungshaft zu entfliehen.

Richterin Rauhaus machte ihn anschließend darauf aufmerksam, dass auch im Umgang mit Prostituierten gesetzliche Regeln gelten. Handgreiflichkeiten seien durch nichts und in keinster Weise zu rechtfertigen. Sie ermahnte den Angeklagten in Bezug auf die anstehende Konfrontation mit der Zeugin am nächsten Verhandlungstag Ruhe zu bewahren und sich erst nach ihrer Aussage zu den Vorwürfen zu äußern.

Am zweiten Verhandlungstag wird das Opfer in den Zeugenstand treten

Dies könnte angesichts der Behauptung des Angeklagten, er habe die Anklageschrift nach Erhalt durch die Post aus lauter Frust, Unverständnis und Wut einfach aufgegessen, eine schwierige Aufgabe für Anwalt Pieplow werden.

Am zweiten Verhandlungstag am Dienstag, den 15. Januar 2019 wird das Opfer in den Zeugenstand treten und seine Aussage machen. Pieplow erklärte für seinen Mandanten, man wolle diese Aussage abwarten und dann zu den Vorwürfen Stellung beziehen.

Bei aller Mühe konnte er jedoch Aussagen seines Mandanten wie: „Ich kenne nur zwei Frauen in Dortmund. Eine Prostituierte und eine Trinkerin“; oder „Ich habe niemanden vergewaltigt, eher umgekehrt“, nicht unterbinden.

 

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