Kinder- und Jugendhilfe am Limit: Stadt plant Kurswechsel bei Unterbringung junger Menschen

Dortmund will Kinder und Jugendliche künftig wohnortnäher unterbringen

Sprachen auf der Strategiekonferenz: Prof. Dr. Katja Nowacki, Ali Atalay, Matthias Lehmkuhl, Dr. Annette Frenzke-Kulbach, Anna Graute, Monika Nienaber-Willaredt, Stefanie Poppensieker und Thomas Westphal. Foto: Roland Gorecki für die Stadt Dortmund

Dortmund stellt die stationäre Unterbringung von Kindern und Jugendlichen neu auf. Angesichts wachsender Herausforderungen im Bereich der Erzieherischen Hilfen hat das Jugendamt zu einer Strategiekonferenz eingeladen, bei der zentrale Akteur*innen aus Verwaltung, Politik, Praxis und Wissenschaft gemeinsam nach Lösungen suchten.

Wachsende Belastung im Hilfesystem

Unter dem Titel „Sozialrechtliches Leistungsdreieck in der Krise“ kamen Vertreter*innen aus verschiedenen Bereichen zusammen, um sich mit drängenden Fragen auseinanderzusetzen. Gemeint ist damit das Zusammenspiel von Jugendamt (Leistungsverpflichteter), freien Trägern (Leistungserbringer) sowie Eltern und jungen Menschen (Leistungsbeziehende).

Im vergangenen Jahr konnte die Jugendhilfe wiederholt keine geeigneten Unterbringungsmöglichkeiten für Kinder und Jugendliche finden. Dies bringt das gesamte System an seine Grenzen. Leidtragende sind vor allem die jungen Menschen selbst, die in Krisensituationen nicht ausreichend geschützt oder bedarfsgerecht betreut werden können.

OB Thomas Westphal: Es muss aber unser oberstes Ziel sein, dass kein Kind und kein Jugendlicher zurückgelassen wird. Foto: Roland Gorecki für die Stadt Dortmund

„Dortmund wächst, aber die Strukturen in der Kinder- und Jugendhilfe sind nicht mitgewachsen. Es muss aber unser oberstes Ziel immer sein, dass kein Kind und kein Jugendlicher zurückgelassen wird“, betonte Oberbürgermeister Thomas Westphal.

„Wir werden deshalb für alle Kinder und Jugendlichen in Dortmund die richtigen Wege finden und die dafür notwendige Infrastruktur in den Nachbarschaften in den nächsten Jahren auf- und ausbauen. Das wird richtig Geld kosten. Aber wenn wir es jetzt nicht machen, zahlen wir hinterher viel mehr obendrauf”, so der OB.

Ziel: Regionale Lösungen und starke Netzwerke

Die Konferenz machte deutlich, dass ein zentrales Ziel darin besteht, möglichst 90 Prozent der betroffenen Kinder und Jugendlichen im Stadtgebiet unterzubringen.

Dr. Annette Frenzke-Kulbach leitet das Jugendamt in Dortmund. Archivfoto: Alexander Völkel für Nordstadtblogger.de

„Junge Menschen haben ein Recht darauf, in Notsituationen nicht alles zu verlieren“, so Dr. Annette Frenzke-Kulbach. Schule, Freundeskreis und Freizeitangebote wie der Sportverein seien wichtige Anker und müssten – wo immer möglich – erhalten bleiben.

Eine Unterbringung in der Region erleichtert auch den Fachkräften die Arbeit: Kooperationen lassen sich vor Ort schneller und effektiver gestalten. Starke lokale Netzwerke gelten als Schlüssel zu langfristig tragfähigen Lösungen.

Strategischer Schulterschluss für tragfähige Perspektiven

Diskutiert wurden verschiedene Ansätze, unter anderem neue Kooperationsmodelle, fachübergreifende Zusammenarbeit, Maßnahmen zur Fachkräftesicherung sowie strukturelle Anpassungen in der Jugendhilfelandschaft. Dabei wurde klar: Es braucht einen gemeinsamen Schulterschluss zwischen öffentlicher und freier Jugendhilfe sowie zwischen Politik, Verwaltung und Praxis.

Monika Nienaber-Willaredt, Dezernentin für Schule, Jugend und Familie, sprach auf der Strategiekonferenz, in der es um herausfordernde Zeiten ging. Foto: Roland Gorecki für die Stadt Dortmund

„Die Zusammenarbeit in der Jugendhilfe funktioniert nur, wenn wir die Kinder, Jugendlichen und ihre Familien zum Ausgangspunkt unseres Handelns machen. Gerade jetzt müssen wir als öffentlicher Träger Verantwortung übernehmen und gemeinsam mit den freien Trägern zukunftsfähige Wege aus der Krise finden.“

Die Strategiekonferenz war ein erster, wichtiger Schritt. Ihre Impulse sollen nun in Ausschüssen, Fachgremien und der kommunalpolitischen Diskussion weiterentwickelt werden. Die Herausforderungen bleiben – ebenso wie der Wille, ihnen gemeinsam zu begegnen.

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