Generalkonsulin der Ukraine spricht im Dortmunder Stadtrat

Iryna Shum: „Heute ist die Zeit für uns alle, in einer Einheitsfront gegen das Böse aufzutreten.“

Generalkonsulin Iryna Shum berichtete dem Dortmunder Stadtrat über die Lage in ihrem Land und bedankte sich für das bisherige Engagement in Dortmund. Im Anschluss verabschiedete der Stadtrat die fraktionsübergreifende Resolution „Der Krieg in der Ukraine betrifft auch Dortmund“. Foto: Roland Gorecki für die Dortmund-Agentur

Zu Beginn der gestrigen Sitzung des Dortmunder Stadtrates (31. März 2022) begrüßte Oberbürgermeister Thomas Westphal die Generalkonsulin der Ukraine in NRW, Iryna Shum. Eindringlich schilderte sie den Vertreter:innen der Fraktionen die Lage in ihrem Land, berichtete von tragischen Einzelschicksalen und bedankte sich für die Hilfe, die den geflüchteten Ukrainer:innen bisher in Dortmund zuteil wurde. „Hören Sie nicht auf! Machen Sie weiter, weil Europa nur dann in Frieden leben kann, wenn die Ukraine den Krieg überwindet“, mahnte und appellierte die Generalkonsulin.

Seit dem 24. Februar gibt es ein „bis zu“ und ein „danach“

Für viele Menschen markiert der russische Angriff auf die Ukraine am 24. Februar 2022 eine Zeitenwende in Europa. Foto: Depositphotos.com

Seit dem 24. Februar 2022, dem Tag des russischen Angriffs auf die Ukraine, teile sich das Leben in ihrem Heimatland in ein „bis zu“ und ein „danach“. An diesem Tag hätten Luftsirenen ihr friedliches Land ins Chaos gestürzt. Dieser Tag sei der Beginn von Schmerz und Leid in der Ukraine gewesen.

In den ersten 30 Tagen des Krieges seien nachweislich 144 Kinder getötet worden, es seien rund 1200 Raketen auf Städte abgefeuert worden, wobei die Ziele in vielen Fällen, Shum sprach konkret von 300, Schulen, Kindergärten und sogar Geburtshäuser gewesen seien.

In der stark umkämpften Stadt Mariupol stehe kein einziges Wohnhaus mehr, die Einwohner:innen würden ohne Strom, Wasser und Nahrung in Bunkern ausharren. Entbindungen würden in Kellerräumen vorgenommen.

Jenseits jeglicher Kriegsethik – Russland überzieht Ukraine mit Terror

Dortmunds Oberbürgermeister Thomas Westphal und Generalkonsulin Iryna Shum. Foto: Joel Reimer für Nordstadtblogger.de

Die russische Staatsführung unter Präsident Wladimir Putin missachte und verletze alle Regeln und Normen der Kriegsethik, wenn Krankenhäuser und Ärzte beschossen würden. Davon zeuge auch die Tatsache, dass sich unter den bisherigen ukrainischen Kriegsopfern mehr Zivilist:innen als Soldaten finden würden.

Ukrainische Städte und Gemeinden würden von russischem Terror überzogen, so seien elf Bürgermeister und acht weitere verantwortliche Mitglieder in Gemeinden entführt worden. Dieser Terror äußere sich auch in der Androhung Russlands, Gebrauch von Atomwaffen zu machen, sollten andere Staaten militärisch in den Konflikt eingreifen.

Iryna Shum berichtete von der 26-jährigen Anastasiia Yalanskaya, die am zehnten Kriegstag Hundefutter in ein Tierheim habe bringen wollen und deren Auto von russischen Truppen beschossen wurde. Yalanskaya und ihre Begleiter wurden getötet.

„Heute ist die Zeit für uns alle, in einer Einheitsfront gegen das Böse aufzutreten“

Foto Roland Gorecki für die Dortmund-Agentur

Für Shum und viele Ukrainer:innen ist der Krieg in ihrem Land nicht nur Putins Krieg, sondern ein Krieg der von einem Großteil der russischen Bevölkerung mitgetragen würde. In Russland habe sich das Verschweigen zur Philosophie entwickelt und viele Menschen würden den medialen Lügen der Staatsführung Glauben schenken.

Sie verwies auf die Rede ihres Präsidenten Wolodymyr Selenskyj im Deutschen Bundestag, der von einer Mauer in Europa gesprochen hatte. Diese Mauer müsse eingerissen werden, indem ein Handelsembargo über Russland verhängt werde, private Unternehmen sich aus dem Land zurückziehen und russische Propaganda-Kanäle verboten würden.

Außerdem müsse der Machteinfluss Putins weiter über Sanktionen beschnitten werden. Iryna Shum forderte, die Ukraine mit Waffen und Schutzausrüstung zu versorgen und eine zügige Aufnahme des Landes in die Europäische Union. Es müsse gemeinsam eine „Einheitsfront gegen das Böse“ geschaffen werden. „Heute ist die Zeit für uns alle, in einer Einheitsfront gegen das Böse aufzutreten“, so Shum.

„…weil Europa nur dann in Frieden leben kann, wenn die Ukraine den Krieg überwindet“

Sie bedankte sich für das bisherige Engagement in Dortmund und verwies diesbezüglich auf die bisher rund 4.500 ukrainischen Flüchtlinge, die die Kommune aufgenommen hat. Sie bedankte sich sowohl für die Hilfen auf verwaltungstechnischer Ebene als auch für das zivilgesellschaftliche Engagement vieler Einzelpersonen in der Stadt.

Bild der Demonstration auf dem Friedensplatz am 25. Februar 2022. Archivfoto: Karsten Wickern

Auch durch die Demonstration auf dem Friedensplatz am 25. Februar 2022 oder den Spendenaufruf von Borussia Dortmund habe man die große Hilfsbereitschaft in Dortmund gespürt. „Hören Sie nicht auf! Machen Sie weiter, weil Europa nur dann in Frieden leben kann, wenn die Ukraine den Krieg überwindet“, waren die letzten Worte, die die Generalkonsulin an die Mitglieder des Stadtrates richtete.

Oberbürgermeister Thomas Westphal versicherte Shum, dass „wir nicht aufhören werden“. Dortmund sei nicht unbeteiligt , mit der Demo auf dem Friedensplatz habe man eine klare Botschaft an Wladimir Putin gesendet. Schon vor dem Ausbruch des Krieges, hätten rund 3.500 Ukrainer:innen in Dortmund gelebt, die ein fester Bestandteil der Dortmunder Stadtgesellschaft seien.

„Wir freuen uns über diese Wahrnehmung unserer Anteilnahme und hoffen trotz einer gehörigen Portion Skepsis, gemeinsam mit Ihnen auf ein schnelles Ende der Kampfhandlungen“, versicherte Westphal der Generalkonsulin die Solidarität Dortmunds. Und auch für den Fall, dass in absehbarer Zeit kein Frieden geschlossen werde, sei man in Dortmund auf die Situation vorbereitet, so der OB.

Stadtrat verabschiedet Resolution „Der Krieg in der Ukraine betrifft auch Dortmund“

Foto: Roland Gorecki für die Dortmund-Agentur

Im Anschluss äußerten sich die Vertreter:innen der einzelnen Fraktionen des Stadtrates zum Krieg in der Ukraine. SPD, Bündnis 90/Die Grünen, CDU, Linke+, FDP/Bürgerliste und Die FRAKTION – Die PARTEI brachten die Resolution „Der Krieg in der Ukraine betrifft auch Dortmund“ zur Abstimmung, die mit Ausnahme der Zustimmung der AfD-Fraktion verabschiedet wurde.

Sie verurteilt den „Angriffskrieg der Staatsführung der Russischen Föderation unter Wladimir Putin gegen die souveräne Ukraine und die ukrainische Bevölkerung aufs Schärfste und spricht Solidarität mit allen Menschen in der Ukraine aus“. 

Die Resolution im Wortlaut: hier

Die dazugehörige Debatte im Stadtrat kann man im Video verfolgen. Sollte an dieser Stelle das Videofenster nicht erscheinen, bitte einmal den Browser aktualisieren.

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Reaktionen

  1. Ulrich Sander

    Es fehlt im Ratstext der Ausweg: Soll es mit der Eskalation so weitergehen? Mit der Hochrüstung, die nun vom Bundestag beschlossen wurde? Ist das nicht Öl ins Feuer gießen? Schon bis jetzt haben ca 45.000 diesen Appell unterschrieben:

    #derappell HET BOЙHE – Nein zum Krieg! http://www.derappell.de
    Demokratie und Sozialstaat bewahren –
    Keine Hochrüstung ins Grundgesetz!

    Unterstütze auch Du diesen Appell! Hier:

    http://www.derappell.de

    Traute und Ulli Sander

  2. Ulrich Sander

    Ich schließe mich dem folgenden Aufruf zum Ostermarsch 2022 an:
    In Ergänzung zu dem bereits im Januar verabschiedeten Ostermarsch-Aufruf stellen wir angesichts der Ereignisse in der Ukraine fest:

    DIE WAFFEN NIEDER!

    Wir verurteilen die militärische Aggression Russlands gegen die Ukraine. Für Krieg gibt es keine Rechtfertigung. Die Mitschuld des Westens besonders der USA und der NATO rechtfertigen keinesfalls diese militärische Aggression.

    Der Angriff Russlands gegen die Ukraine stellt im Atomzeitalter ein Verbrechen gegen die Überlebensinteressen der Menschen in der Ukraine, aber auch in Gesamt-Europa dar.

    Politische Reaktionen des Westens müssen auf die Wiederaufnahme von Gesprächen gerichtet sein, weiteren Hass und Konfrontation müssen vermieden werden und dürfen nicht die Bevölkerung Russlands treffen. Deswegen lehnen wir Sanktionen ab.

    Es gibt keine militärische, sondern nur politische Lösungen auf der Basis der Prinzipien des gegenseitigen Respekts und der gemeinsamen Sicherheit.

    Vor dem Hintergrund der vor 80 Jahren in deutschem Namen begangenen Verbrechen an den Menschen in der Ukraine, in Belarus und Russland fordern wir die deutsche Regierung auf, die Initiative zu langfristigen Verhandlungen ohne Drohgebärden über eine europäische Friedenslösung unter Einschluss Russlands zu ergreifen.

    Diese Aufforderung entspricht dem Auftrag, den der 2+4-Vertrag zur Vereinigung der beiden deutschen Staaten, den beteiligten Staaten auferlegte: Sie haben sich für eine europäische Friedensordnung, die die Sicherheitsinteressen „eines jeden“ berücksichtigt, einzusetzen. In der zerbrechlichen Situation Europas gibt es nur ein einziges zu verantwortendes Gebot: eine Politik des Friedens und der Zukunftsfähigkeit.

    Dortmund/Düsseldorf, 24.2.22
    Ostermarschkomittee Rhein Ruhr

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