Ein „Stadtbeschreiber“ für Dortmund: Neues kommunales Literatur-Stipendium soll im kommendem Jahr starten

Friedensplatz, Stadtgarten und Rathaus von oben - dabei kommt das Grün gut zur Geltung. Archivbild: Alex Völkel
Der oder die StadtschreiberIn sollen die Entwicklung der Stadt Dortmund dokumentieren. Foto: Alex Völkel

Dortmund soll eine „Stadtbeschreiberin“ oder einen „Stadtbeschreiber“ bekommen: Wenn die politischen Gremien dem Vorschlag des Verwaltungsvorstands zustimmen, richtet die Stadt ab 2019 ein neues Literaturstipendium ein. Die Entscheidung resultiert aus einer wiederholten Anfrage des PEN-Schriftstellerverbandes. Durch das Stipendium soll den BewerberInnen das Schreiben bei Existenzsicherung ermöglicht werden. Es soll jährlich ausgeschrieben werden. In diesem Jahr zum Herbst, so dass der oder die erste StipendiatIn von Mai bis Oktober 2019 die Stelle antreten könnte.

Voraussetzung für das Stipendium ist eine bereits erfolgte literarische Veröffentlichung

Dem Autor oder der Autorin wird in diesem Zeitraum eine möblierte Wohnung in Dortmund zur Verfügung gestellt. Dank eines monatlichen Honorars von 1800 Euro kann er oder sie sich ganz dem literarischen Arbeiten widmen. Einzige Voraussetzung hierfür ist, dass der oder die BewerberIn bereits ein Buch veröffentlicht hat. Außerdem erhalten die Stadtbeschreiber die Möglichkeit, andere Autorinnen und Autoren zu drei Lesungen bzw. Literaturveranstaltungen einzuladen und werden in den Programmen der VHS und Stadt- und Landesbibliothek berücksichtigt.

Verwaltungsvorstand der Stadt Dortmund, Stadtdirektor Jörg Stüdemann
Stadtdirektor Jörg Stüdemann

Die Stadtbeschreiber in Dortmund sollen sich in ihrem Werk mit der Transformation des Urbanen und mit der Neuen Urbanität beschäftigen. „Dortmund ist ein gutes Beispiel gelungenen Strukturwandels. Dies nehmen wir zum Anlass, um ein neues Literaturstipendium auszuschreiben, welches sich gerade mit diesem Thema explizit auseinandersetzen soll“, erläutert Stadtdirektor Jörg Stüdemann das Anliegen der Stadtverwaltung.

Das beinhaltet die Auseinandersetzung mit Themen wie Mentalitätsverschiebungen, Verhaltensänderungen, kulturellen Dispositiven, Lebensentwürfen und Sinnkonstruktionen im Wandel. „Es geht darum, die Transformation des Urbanen zu begleiten, zu beschreiben, wie sich Strukturen in Architektur und Infrastruktur wandeln, wie die Globalisierung zu internationalen Kooperationen in Wirtschaft und Gesellschaft führt und wie sich die damit einhergehende Digitalisierung des Arbeitslebens aber auch des öffentlichen Raumes entwickelt“, so Stüdemann weiter. Schließlich sei hiervon unser aller persönliches Leben grundlegend betroffen.

Stadtschreiberstipendien gibt es bundesweit schon seit mehr als 30 Jahren 

Das Literaturhaus.Dortmund und das Kulturbüro der Stadt werden das Stipendium betreuen. Die Wohnung der Stadtbeschreiberin/des Stadtbeschreibers soll fußläufig in der Nähe des Literaturhaus.Dortmund am Neuen Graben liegen. Gemeinsam mit dem Literaturhaus.Dortmund wird die Kulturverwaltung den Stadtbeschreiber/die Stadtbeschreiberin in die Öffentlichkeit und städtische Gesellschaft einführen.

Der Ausschuss für Kultur, Sport und Freizeit wird jeweils im Vorjahr über die Vergabe des Stipendiums entscheiden. Der Vorschlag erfolgt durch eine Jury, die sich aus VertreterInnen des PEN-Zentrum Deutschland, eines Literaturfeuilletons, der Stadt- und Landesbibliothek, des Literaturhaus.Dortmund, der Hochschulen, der Kulturverwaltung und des zuständigen Ausschusses zusammensetzt. Der Rat der Stadt Dortmund beschließt über diese Zusammensetzung.

Zum Hintergrund: „Stadtschreiber“-Stipendien existieren in Deutschland seit 1974 und ermöglichen Schriftstellerinnen und Schriftstellern ein wirtschaftlich abgesichertes literarisches Arbeiten. Inzwischen gibt es 20 dieser Stipendien in Deutschland.

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Reaktionen

  1. Fraktion Linke & Piraten

    Fraktion Linke & Piraten: Für einen Stadtbeschreiber gibt es keine Notwendigkeit

    „Nein. Dortmund braucht keinen Stadtbeschreiber und auch keine Stadtbeschreiberin“, sagt Thomas Zweier, Ratsmitglied für die Fraktion DIE LINKE & PIRATEN sowie Mitglied im Kulturausschuss. Zweier weiter: „Es gibt genügend gute Literatur über Dortmund. Es ist deshalb verwunderlich, dass sich der Oberbürgermeister so in eine Idee verbeißt, für die es überhaupt keine Notwendigkeit gibt.“

    Thomas Zweier stand bislang mit seiner Meinung nicht alleine da. Vor den Sommerferien hatte der Kulturausschuss mit ziemlich deutlicher Mehrheit dem Stadtbeschreiber-Projekt die kalte Schulte gezeigt. „Überflüssig“, so lautete damals die Mehrheitsmeinung. Auch die von Thomas Zweier.

    Doch das Thema ist nicht vom Tisch. Die Stadtspitze lässt nicht locker und hat jetzt scheinbar die SPD auf ihre Seite gezogen. Denn diese hat überraschend bekannt gegeben, dass sie bei einem neuen Versuch der Implementierung eines Stadtbeschreibers nun doch zustimmen würde. Und dabei ist die Rede nicht nur von einem einzigen Stadtbeschreiber. Vielmehr soll Jahr für Jahr ein neuer Autor für rund 22.000 Euro jeweils sechs Monate lang in Dortmund aktiv sein soll. Verpackt wird das ganze Modell als „Literaturstipendium“, in Zusammenarbeit mit der Schriftstellervereinigung PEN.

    Thomas Zweier und seine Fraktion DIE LINKE & PIRATEN bleiben aber bei ihrem Nein. Wichtiger als ein Stadtbeschreiber ist für Thomas Zweier die im letzten Haushalt beschlossene finanzielle Aufstockung für die freie Dortmunder Kulturszene. „Bei einem Treffen der örtlichen Akteure auf Einladung der Verwaltung wurden erhebliche Bedarfe aufgezeigt“, sagt der Ratsherr. Und er ergänzt: „Einige Projekte sind schon umgesetzt. Wenn der OB und die SPD-Ratsfraktion noch weitere 22.000 Euro jährlich investieren wollen, dann gerne. Aber bitte zu Gunsten unserer etablierten Künstlerinnen und Künstler, anstatt ein neues Fass aufzumachen, dessen Nutzen ungewiss ist.“

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