Die „ViertelSternStunde“ ist ein ungewöhnlicher Adventskalender

Ein Drei-Meter-Mann entführt Passant:innen in die Reinoldikirche zu 15 besonderen Minuten

20-mal im Advent öffnen sich die Türen der Reinoldikirche zur ViertelSternStunde. Ein Bote – gut drei Meter hoch und ganz in Weiß gekleidet – kündigt sie zwischen den Weihnachtsbuden vor der Kirche an und ist in der Innenstadt ein wirklicher Hingucker. Stephan Schuetze

Die ViertelSternStunde in St. Reinoldi ist ein ungewöhnlicher Adventskalender, der die Menschen seit zehn Jahren aus dem Weihnachtstrubel in die Kirche auf dem Ostenhellweg locken möchte. Zum Wochenende ist es wieder soweit: Thomas Wachsmann ist als ungewöhnlicher Himmelsbote unterwegs und Menschen, die ihm folgen, dürfen sich ab 18 Uhr für eine kurze Zeit auf Ruhe, bewegende Geschichten und – auf Wunsch – einen Weihnachtssegen freuen.

Wie ein kleines Wunder: „Abend für Abend ist die Kirche rappelvoll“

20-mal im Advent öffnen sich die Türen der Reinoldikirche zur ViertelSternStunde. Eine Idee mit der Susanne Karmeier, Pfarrerin der Stadtkirche St. Reinoldi, und Kerstin Hanke, Pfarrerin in Dortmund, vor vielen Jahren selbst ein kleines Weihnachtswunder gelungen ist.

Thomas Wachsmann verwandelt sich für die ViertelSsternStunde in St. Reinoldi Stephan Schuetze

Fast täglich im Advent gibt es um 18 Uhr eine kurze Verschnaufpause vom Alltags- und Konsumtrubel draußen – und „Abend für Abend ist die Kirche rappelvoll“, so Karmeier. Einige kommen jeden Abend – andere waren lange nicht einer Kirche und kommen vollgepackt mit Einkaufstaschen oder mit quengelnden Kindern an der Hand.

Den Andrang verdanken die beiden Pfarrerinnen auch ihrem ungewöhnlichen Boten. Gut drei Meter hoch und ganz weiß gekleidet ist er in der Innenstadt ein wirklicher Hingucker. In der einen Hand hält er einen leuchtenden Stern. In der anderen balanciert er eine in lila Seide eingeschlagene Bibel und mancher wird neugierig und folgt ihm in die Kirche. Wer steckt hinter dieser spektakulären Verkleidung?___STEADY_PAYWALL___

Für Thomas Wachsmann ist es vielleicht die Rolle seines Lebens

Gleich gehts los: Der Himmelsbote Thomas Wachsmann legt die Stelzen an. Stephan Schuetze

„Das ist die Rolle Deines Lebens“, hat mal ein Marktmeister zu ihm gesagt – und das trifft es, findet auch Thomas Wachsmann. Er kam 1994 nach Dortmund, um Stahlbau zu studieren, doch die Begegnung mit einem Zauberkünstler veränderte sein Leben – heute ist der 49-jährige selbst Zauberer, aber auch Weihnachtsmann, Osterhase, Ballonfiguren-Knüpfer – und eben als Stelzenmann ein Bote Gottes.

Ungefähr eine halbe Stunde dreht er seine Runde  über den Weihnachtsmarkt und ist auf den drei Meter hohen Stelzen natürlich nicht zu übersehen. Etwa bis zum Alten Markt kommt er – wenn die 18-Uhr-Glocken läuten, muss er mit den Menschen zurück in der Kirche sein. Sicher nicht einfach im Gedränge, aber „Unser Timing wird von Jahr zu Jahr besser“, berichtet Wachsmann. Am Altar angekommen, übergibt der Bote die Bibel an Susanne Karmeier und es wird still.

Die folgende Viertelstunde lebt vom Ritual. Musik, Willkommen, ein Gebet, noch ein Lied – dann das Herzstück der ViertelSternStunde: Eine mit Bedacht und Sorgfalt ausgesuchte Geschichte. Susanne Karmeier sammelt die Texte das ganze Jahr über, dann wird zusammen mit dem Team ausgewählt.

Geschichten vom Warten, Wünschen und Überrascht-Werden

Stelzenmann Thomas Wachsmann erwartet die Gäste in der Reinoldikirche. Stephan Schuetze

In diesem Jahr gibt es Geschichten von Eltern und Großeltern, die die Nerven behalten und verlieren. Es geht um Kleine und Große, die sich trotz widriger Umstände nicht davon abhalten lassen zu leuchten. Es geht um besondere Augenblicke und überraschende Wendungen. Um wichtige Fragen und unvorhersehbare Antworten. Um Torschlusspanik und Überlebensrituale. Und natürlich geht es auch um Frieden. Wer mag, kann sich im Anschluss segnen lassen.

Besucher:innen schätzen die ViertelSternStunde in der Reinoldikirche, da hier der Advent spürbar sei. Karmeier: „Das ist ein Ort, wo alle Hektik abfällt, wo die Besucherinnen und Besucher sich fallen lassen können und nachdem der letzte Ton des Akkordeons verklungen ist, bilden sich lange Schlangen rechts vom Altarraum um einen Segen mitzunehmen.“

Ob man nur einmal kommt oder jeden Abend – es ist immer ein besonderes Erlebnis. Das empfindet auch Stelzenmann Thomas Wachsmann: „Die ViertelSternStunde hat keine Abnutzungserscheinungen. Der Zauber entfaltet sich jeden Abend.“

Mehr Informationen:

  • ViertelSternStunde in St. Reinoldi mit Musik, Geschichten, Gebet und Segen
  • Bis 23. Dezember an jedem Tag im Advent außer am 3. und 10. Dezember
  • 18 bis 18.15 Uhr in  der Ev. Stadtkirche St. Reinoldi, Ostenhellweg 2, Dortmund
  • Unter sanktreinoldi.de kann man sich am Morgen schon über die Geschichte des Abends informieren

 

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