Westphal bewertet Ergebnisse der Verhandlung von Bund und Ländern:

Dortmund ist skeptisch, ob die Finanzhilfen für Geflüchtete wirklich vor Ort ankommen

Bettenaufbau zur Aufnahme ukrainischer Flüchtlinge im Frühjahr 2022 – Dortmund konnte bestehende Unterkünfte reaktivieren und hat auch bis heute keine Probleme, Geflüchtete unterzubringen. Problematisch sind vor allem die Kosten für die Integration. Foto: Nordstadtblogger-Redaktion

Skeptisch blickt Dortmunds Oberbürgermeister auf die Beschlüsse der Konferenz der Ministerpräsident:innen mit dem Bundeskanzler. Viele Regelungen sind noch offen. Aber zumindest in Sachen Finanzierung gibt es positive Signale. Doch ob die beschlossenen Finanzmittel zur Flüchtlingsunterbringung wirklich in den NRW-Kommunen ankommen, da ist OB Thomas Westphal (SPD) skeptisch.

Künftig soll es eine Pro-Kopf-Pauschale von 7500 Euro pro Jahr geben

Ein wichtiges Ergebnis: Die bisherige Flüchtlingspauschale des Bundes soll ab 2024 zu einer von der Zahl der Schutzsuchenden abhängigen Pro-Kopf-Pauschale weiterentwickelt werden. Ab dem kommenden Jahr zahlt der Bund für jede:n Asylerstantragssteller:in eine jährliche Pauschale von 7500 Euro – die Ministerpräsident:innen hatten 10.500 Euro gefordert. Neben weiteren Fördermitteln könnten die Länder und Kommunen mit einer Entlastung von rund 3,5 Milliarden Euro rechnen – zumindest wenn man die Zahlen der Geflüchteten aus diesem Jahr zu Grunde legt.

„Wir müssen uns in Ruhe anschauen, was wirklich beschlossen wurde. Vom Grundsatz her ist es gut, dass wir bei der Finanzierung wieder in eine dynamische Betrachtung kommen. Das ist der richtige Schritt“, kommentierte Westphal auf Nachfrage von Nordstadtblogger.

Auch andere wichtige Punkte seien beschlossen worden. „Wichtig ist, dass der Ausgleich für Länder und Kommunen auch wirklich so gelebt wird und dass wir vor Ort den Effekt auch spüren. Das war in den letzten Jahren nicht immer so. Wir müssten den Landesregierungen immer deutlich machen, dass das Geld auch in den Kommunen ankommt“, stellte Westphal klar.

OB fordert Asylverfahren bereits in den Herkunftsländern zu starten

OB Thomas Westphal (SPD)
Dortmunds OB Thomas Westphal (SPD) Foto: Alexander Völkel für Nordstadtblogger.de

Allerdings mahnt Westphal ein grundsätzliches Umdenken an, was in der Runde in Berlin aber nicht beschlossen wurde. „Das europäische Asylsystem braucht eine komplette Neuordnung und gehört vom Kopf auf die Füße gestellt. Zentraler Punkt müsste sein, dass europäische Asylverfahren komplett neu zu ordnen“, so der Dortmunder SPD-Politiker. 

Geprüft werden soll, das Asylverfahren gleich in den Herkunftsstaaten zu starten – unter der Berücksichtigung der Genfer Flüchtlings- und Menschenrechtskonventionen. Er forderte, dass die Asylanträge vom Grundsatz her bereits in den Herkunftsländern gestellt und beschieden werden sollten.

„Wir dürfen die Menschen nicht erst in den Kommunen ankommen lassen, wo wir sie unterbringen, beschulen und Arbeit suchen müssen – bei einer unklaren Bleibeperspektive“, so Westphal. Denn die Menschen bei einer Ausreisepflicht nach Jahren wieder aus ihren sozialen Netzwerken herauszureißen sei schwierig. „Deshalb funktionieren viele Abschiebungen nicht“, resümierte der OB. 

Langfristige Planung von Zuwanderung als Beitrag gegen Hass und Hetze

Er mahnte daher geordnete Asylverfahren in Zusammenarbeit mit den Botschaften und in UNHCR-Strukturen – diese müsse man aufbauen, „geschützt, sicher und auch schnell“. „Wer zugelassen ist, kann auch einreisen nach einem klaren gesteuerten System. Dann erfolgt auch eine geordnete Verteilung in Europa“, formulierte Dortmunds OB seine Wunschvorstellung. 

„Ich habe nicht gesagt, dass das leicht wird“ – aber es sei der einzige Weg, den Schleuser:innen das Wasser abzugraben und den Menschen einen sicheren und menschenwürdigen Weg nach Europa zu ermöglichen. Dann sei auch eine gelingende Integration deutlich einfacher möglich. 

„Wir wissen, dass wir auf lange Sicht planen müssen. Wenn die Situation vollständig unklar ist wie jetzt, müssen wir die Infrastruktur nachbauen für Menschen, die schon da sind. Daher ist es wichtig, diese Diskussion zu führen – nicht um zu hetzen, sondern um die Hetze abzubauen“, so Westphal.


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Stamm: „Wir alle, die wir Geflüchtete und Zugewanderte begleiten, sind frustriert“

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Reaktionen

  1. Menschen würdig unterbringen! Überlastetes Unterbringungssystem für Asylsuchende in NRW – Wo bleiben Schutzstandards, Gesundheitsversorgung, Kinderrechte? (AG Frein Wohlfahrtspflege NRW)

    Die Landesregierung reagiert mit Hallen und Zelten auf die steigende Zahl von Asylsuchenden und hält an der monatelangen, zermürbenden Sammelunterbringung fest, um die Kommunen zu entlasten. In NRW sind die über 30.000 Plätze in den 48 Sammelunterkünften des Landes komplett belegt. Das hat gravierende Folgen für die Menschen: Untergebracht in Zimmern mit acht Personen, auf Feldbetten, in Hallen mit Trennwänden und ohne sicheren Rückzugsort. Das neue „Zuhause“ für viele Monate macht Schutzsuchende mürbe, ohnmächtig, krank.

    „Ich finde keinen Schlaf, komme nicht zur Ruhe. In meiner Kabine schlafen zehn Personen – im gesamten Zelt sind wir über 100. Meine Habseligkeiten habe ich immer bei mir. Ich schlafe mit meinem Handy in der einen Hand, mit meinen Papieren in der anderen.“
    Asylantragssteller in einer Notunterkunft

    Bei der heutigen, gemeinsamen Landespressekonferenz fordern der Flüchtlingsrat NRW, die Landesarbeitsgemeinschaft Freie Wohlfahrtspflege NRW und die Kooperationspartner der Flüchtlingsberatung in NRW die Landesregierung auf, grundlegende Standards zur Unterbringung und Versorgung einzuhalten und nachhaltige Lösungen dafür zu finden, Schutzsuchende menschenwürdig unterzubringen und teilhaben zu lassen.

    „Die Aufnahmeeinrichtungen dienen dem Ankommen und dem Asylverfahren. Dafür brauchen wir in NRW kleinere Unterbringungseinrichtungen mit Verweildauern von wenigen Wochen, Angebote zur Orientierung und Bildung, qualifizierte unabhängige Beratung und abgestimmte Prozesse zum Asylverfahren mit dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge. Stattdessen herrschen Überfüllung, Unruhe, Angst – zumal aus diesen „Orten des Ankommens“ auch vermehrt Abschiebungen erfolgen“, so Birgit Naujoks, Flüchtlingsrat NRW.

    Die aktuelle Unterbringungssituation führt bei vielen, insbesondere jungen Menschen, zu Frustration. Sie fördert psychische und physische Erkrankungen und lässt Schutzsuchende nicht zur Ruhe kommen. Viele Menschen sind extrem belastet und demotiviert, wenn sie erst nach Monaten in die Kommunen umziehen dürfen. „Die Verweigerung grundlegender Rechte hilft niemandem: Sie führt zu hohen Kosten der Versorgung zwischenzeitlich chronifizierter Erkrankungen und Lethargie, zu gesellschaftlicher Ausgrenzung und zu Frust auf allen Seiten.“ hebt Eva van Keuk, Psychosoziales Zentrum für Geflüchtete Düsseldorf e.V., hervor.

    Michael Mommer, Vorsitzender des Arbeitsausschusses Migration der Freien Wohlfahrtspflege NRW, fordert die Landesregierung auf: „Die Einhaltung rechtlicher Standards in sämtlichen Unterkünften des Landes muss sichergestellt werden. Wir appellieren an Ihren Gestaltungswillen: Die soziale Infrastruktur in NRW trägt den gesellschaftlichen Zusammenhalt und steht für Menschenrechte und Humanität – sie stellt sich klar und entschlossen zunehmender Ausgrenzung, Abschreckung und Populismus entgegen. Wir stehen weiterhin als zivilgesellschaftliche Partner bereit, an der Zukunftsaufgabe der Aufnahme und Integration geflüchteter Menschen mitzuwirken.“

    Keine Mindeststandards für Gewaltschutz, Gesundheitsversorgung und Kinderrechte

    Das Landesgewaltschutzkonzept und die Standards der Betreuung werden in den Unterkünften und v.a. in Notunterkünften aktuell nicht vollumfänglich umgesetzt: Rückzugsräume für Eltern mit Kindern fehlen, abschließbare Sanitäranlagen sind oft nicht vorhanden, auf besondere Schutzbedarfe von Menschen mit Behinderung oder mit psychischen Erkrankungen wird nicht oder nicht ausreichend reagiert.

    Darüber hinaus fehlt es an Angeboten frühkindlicher Bildung und Beschulung – das Recht der Kinder auf Bildung wird somit verwehrt. Ferner mangelt es an Sprachkursen sowie oftmals an strukturierten Freizeitangeboten.

    Menschen in Notunterkünften und weiteren Landesunterkünften durchlaufen das Asylverfahren meist ohne Zugang zu unabhängiger Beratung – dies verhindert eine gute Vorbereitung und somit Beschleunigung von Verfahrensprozessen. Die Verfahrensgarantien für Asylsuchende gem. Art. 19 EU-Asylverfahrensrichtlinie sind somit ausgesetzt.

    Die Gesundheitsversorgung geflüchteter Menschen im Rahmen des Asylbewerberleistungsgesetzes ist ohnehin auf ein Minimum beschränkt ist – doch auch dieses Minimum wird unterlaufen und beispielsweise dringend notwendige fachärztliche Untersuchungen werden in der Regel nicht gewährleistet.

    Forderungen an die Landesregierung

    Kurzfristig: Die verbindliche Umsetzung rechtlicher Vorgaben in der Landesunterbringung, die sich unter anderem aus der EU-Aufnahmerichtlinie, der EU-Asylverfahrensrichtlinie, der UN-Kinderrechtskonvention und der UN-Behindertenrechtskonvention ergeben. Dazu gehören auch einheitliche Standards von Schutz- und Versorgungsmaßnahmen sowie die Sicherstellung der unabhängigen Beratungsangebote in allen Unterkünften des Landes NRW.

    Mittelfristig: Ein integriertes Konzept – so wie im Koalitionsvertrag für Nordrhein-Westfalen angekündigt – zur menschenwürdigen und auf Integration ausgerichteten Unterbringung, Versorgung und Teilhabe schutzsuchender Menschen auf Landesebene in NRW. Gleiches sollte auf kommunaler Ebene umgesetzt werden.

  2. Ergebnisse des Bund-Länder-Treffens geben Hoffnung, aber nun müssen auch Taten folgen! (PM)

    „In der aktuellen Zeit sind alle Kreise, Städte und Gemeinden mehr denn je vom Handeln oder Zaudern der Bundesregierung betroffen. Vor allem in der Flüchtlingspolitik muss endlich etwas passieren! Daher haben wir als CDU-Kreisverband Dortmund mit großer Hoffnung auf das Bund-Länder-Treffen geblickt. Die Ergebnisse beinhalten aber nach wie vor genügend Unsicherheit. Der Bundeskanzler scheint erneut viel zu versprechen, aber er muss die Beschlüsse nun auch umsetzen!“, führt der Kreisvorsitzende Sascha Mader in einer Information an die Mitglieder aus.

    „Es scheint, als sei der Ampel in Berlin nun deutlich geworden, dass wir als Stadt Dortmund dringend Unterstützung bei der Unterbringung und Versorgung der Asylbewerber benötigen. Gut ist, dass man sich auf das sogenannte „atmende System“ geeinigt hat. Die Länder bekommen jährlich eine Pauschale von 7.500 Euro pro Asylbewerber und damit also eine personenabhängige Unterstützung. Allerdings deckt diese Pauschale nicht im Ansatz die tatsächlichen Kosten, die wir vor Ort stemmen müssen“, ergänzt der stellvertretende Kreisvorsitzende Dr. Arne Küpper.

    Die Christdemokraten sind froh, „dass die nordrhein-westfälische Landesregierung zugesagt hat, die gesamten finanziellen Mittel des Bundes weiterzuleiten.“ Klar sei aber auch, dass weiterhin ein großer Teil der Belastungen durch unsere Stadt mitgetragen werden muss. „Wir hatten die Erwartung, dass die vollständige Kostenerstattung durch den Bund erfolgt.“

    In Dortmund liegt die Flüchtlingsaufnahmequote bei 99,58 % (Stand: 03.11.2023) und die Zahl der einreisenden Menschen steigt wieder an. Derzeit werden wöchentlich ca. 35 – 40 Flüchtlinge unserer Stadt zugewiesen. Auch die Zahl der unbegleiteten minderjährigen Ausländer (umA) steigt seit Beginn des Jahres 2022 stetig an. Bereits kurzfristig ist ein Ausbau der Unterbringungskapazitäten zwingend notwendig. Spätestens im ersten Quartal 2024 werden dann die letzten Platzkapazitäten ausgeschöpft sein und der Ausbau weiterer Brückenlösungen dringend notwendig.

  3. DGB: Vorschlag des Oberbürgermeisters zu Asylverfahren gefährlich (PM)

    In der heutigen Vorstandssitzung des DGB Dortmund wurde der Vorschlag des Oberbürgermeisters Thomas Westpfahl, das europäische Asylsystem grundlegend zu verändern, von allen DGB Gewerkschaften scharf zurückgewiesen. Der Oberbürgermeister hatte in einer Pressekonferenz zur Finanzierung der Flüchtlingsunterbringung u.a. gefordert, dass Asylverfahren zukünftig bereits in den Herkunftsstaaten beginnen sollen.

    Für den Dortmunder DGB Vorstand ist dieses Ansinnen gefährlich: „Vor allem für politisch Verfolgte ist eine für sie sichere Antragstellung in ihrem Land unmöglich. Wie sollen sie auf sicherem Weg ein Asylverfahren über Wochen und Monate hinweg überstehen, ohne dass sie und ihre Familie ins Visier der Behörden ihres Heimatlandes geraten? Im Extremfall ist der Versuch Asyl zu beantragen gleichbedeutend mit einem Todesurteil,“ so die Vorsitzende Jutta Reiter. Teilen kann der DGB aber das Staatsversagen, dass mit der Aufnahme und Integration Geflüchteter in Deutschland verbunden ist. Die Kommunen wurden über Jahre alleine gelassen, Sprachkurse werden nicht ausreichend und schnell angeboten, Verfahren zu schleppend abgearbeitet. Zur Klärung Sachlage möchte die Dortmunder DGB Gewerkschaften das Gespräch mit Thomas Westphal suchen.

    Der Dortmunder DGB Vorstand appelliert an alle demokratischen Parteien, sich konstruktiv in den Diskurs einzubringen und an guten Lösungen mitzuarbeiten. Aussagen und Wortbeiträge, die einfache Lösungen versprechen und die Debatte weiter anheizen, sind Gift für unser politisches System. Demokratiefeindliche Parteien rechts überholen zu wollen, gefährdet nicht nur die Geflüchteten, sondern den gesellschaftlichen Frieden insgesamt.

  4. Bezahlkarte für Asylbewerber muss in Dortmund kommen / Landesregierung versagt bei einheitlicher Lösung (PM Fraktion FDP/Bürgerliste)

    „Die Landesregierung versagt bei der Bezahlkarte für Asylbewerber. Dass Schwarz-Grün keine landeseinheitliche Lösung vorgibt, führt zu einem Flickenteppich auf kommunaler Ebene“, kritisiert der Fraktionsvorsitzende von FDP/Bürgerliste, Michael Kauch. „Klar ist für uns aber: die Bezahlkarte muss in Dortmund kommen. Notfalls per eigener Entscheidung der Stadt. Wir müssen den Anreiz beenden, ohne Asylgrund nach Deutschland zu kommen, um Geld nach Hause zu schicken.“

    Bund und Länder hatten sich auf eine weitgehende Umstellung von Bargeldauszahlungen auf eine Bezahlkarte geeinigt. So soll sichergestellt werden, dass die Leistungen für Asylbewerber ausschließlich für den Lebensunterhalt verwendet werden. „Ministerpräsident Wüst hat die Bezahlkarten mit markigen Sprüchen vehement eingefordert. Statt aber an einer landesweiten Lösung zu arbeiten, hat er gegenüber dem grünen Koalitionspartner nachgegeben und lässt die Kommunen jetzt mit Entscheidung und Kosten allein im Regen stehen. Zumindest die Kosten der Einführung muss das Land erstatten“, ergänzt Michael Kauch.

    Die Erfahrungen aus verschiedenen Pilotversuchen seien sehr ermutigend. Bezahlkarten sparten gegenüber der Barauszahlung Verwaltungsaufwand. Überweisungen ins Heimatland oder die Bezahlung von Schleppern würden durch sie weitgehend verhindert. „Für jedes kommunale Handlungsfeld hat Düsseldorf Förderprogramme und Vorschriften für die Kommunen parat. Kein Thema ist für solche Gängelungen zu klein. Aber aus der großen Herausforderung der Migration will sich Wüst heraushalten. Das geht so nicht“, meint der Fraktionsvorsitzende von FDP/Bürgerliste.

  5. Bezahlkarte für Geflüchtete – Nur mit mehr Teilhabe statt mit mehr Einschränkung (PM Grünen-Fraktion)

    Die aktuell diskutierte Einführung einer sogenannten Bezahlkarte für Geflüchtete sieht die GRÜNE Fraktion im Dortmunder Rat kritisch. Mit der Bezahlkarte sollen bestimmte Gruppen geflüchteter Menschen zukünftig kein Bargeld mehr erhalten.

    „Viele Fragen sind aktuell noch ungeklärt, zum Beispiel, welche Funktionen so eine Karte haben wird und welche Vor- und Nachteile sie für Dortmund tatsächlich bringen würde. Für uns ist klar: Wir wollen in Dortmund keine Abschreckungs-Karte für Schutzsuchende. Für einen Überbietungswettbewerb, um Geflüchteten mit einer Bezahlkarte das Leben hier schwerer zu machen und Asylsuchende abzuschrecken, stehen wir nicht zur Verfügung. Ziel muss immer sein, dass Geflüchtete genauso wie alle anderen Dortmunder*innen Zugang zu einem normalen Konto haben. Ein Karten-Modell wäre für uns nur dann akzeptabel, wenn es keine Einschränkungen mit sich bringt“, bewertet Jenny Brunner, Ratsmitglied der GRÜNEN und Mitglied im Sozialausschuss, die aktuellen Pläne.

    Die Bundesregierung und die Länder hatten sich Ende des letzten Jahres darauf verständigt, ein Bezahlkarten-Modell für Flüchtlinge zu erarbeiten. Mit der Karte soll die bisherige Bargeldauszahlung nach dem Asylbewerberleistungsgesetz ganz oder teilweise ersetzt werden. Zur Debatte stehen dabei zusätzlich bestimmte Einschränkungen: So könnte es keine Möglichkeit geben, mit der Karte Bargeld abzuheben oder Überweisungen zu tätigen. Zusätzlich könnte die Karte auch nur in der eigenen Stadt nutzbar sein.

    Jenny Brunner: „Das schränkt die Würde und Selbstbestimmung von Geflüchteten massiv ein. Das kann nicht in Dortmunds Interesse sein. Die Bezahlkarte grenzt Asylsuchende vom Alltagsleben aus, denn an vielen Stellen wird weiterhin nur Bargeld akzeptiert. Damit würde die vorgesehene Bezahlkarte das Ankommen und die Integration erschweren und rein gar nichts verbessern.“

    Auch das Argument, dass die Bezahlkarte zu einer Verringerung des Verwaltungsaufwands führen würde, ist für die GRÜNE Ratsfraktion so nicht nachvollziehbar. Bisher gab es von der Dortmunder Sozialverwaltung keine Hinweise darauf, dass es hier Probleme gibt. In den meisten Fällen haben geflüchtete Menschen schon kurz nach ihrer Ankunft in der Kommune ein eigenes Bankkonto, auf welches ihnen die zustehenden Leistungen überwiesen werden. In diesen Fällen würde eine Bezahlkarte nicht zu einer Entlastung der Verwaltungsabläufe führen, sondern durch Doppelstrukturen bürokratischen Mehraufwand erzeugen.

    „In der gesamten Diskussion sind noch viele Fragen offen. So ist unklar, ob und wie einzelne Kommunen über die Einführung der Bezahlkarte, über die Frage der Bargeld-Abhebungen und Überweisungen sowie der konkreten Nutzungsmöglichkeiten separat entscheiden können – und ob ein landesweiter Flickenteppich unterschiedlicher Kartenarten überhaupt Sinn ergibt. Eine landesweite Lösung ohne Einschränkungen wäre für uns eine Mindestbedingung. Außerdem sollte klar sein, dass die Kommunen keine zusätzlichen Kosten zu tragen haben. Sollte trotzdem eine eigene Dortmunder Bezahlkarte diskutiert werden, dann werden wir uns dafür einsetzen, dass es eine Karte wie in Hannover gibt. Die Berechtigten können dort frei über die Verwendung ihres Geldes entscheiden, in ihrer Nutzung ist die Karte nicht eingeschränkt. Sie kann an jedem Geldautomaten zur Abhebung von Bargeld und in vielen Geschäften zur Kartenzahlung genutzt werden. Die Stadt kontrolliert Geldtransaktionen nicht“, so Jenny Brunner abschließend.

  6. Bezahlkarte für Asylbewerber: FDP/Bürgerliste stellt Antrag im Rat (PM)

    Zur Ratssitzung am Donnerstag stellt die Fraktion FDP/Bürgerliste einen Antrag zur Bezahlkarte für Asylbewerber. „Die Bezahlkarte für Asylbewerber, die parteiübergreifend im Bund vereinbart worden ist, muss in Dortmund kommen. Wir müssen den Anreiz beenden, ohne Asylgrund nach Deutschland zu kommen, um Geld nach Hause zu schicken. Mit der Bezahlkarte werden Leistungsmissbrauch und die Bezahlung von Schleppern aus Steuergeldern verhindert“, erklärt der Fraktionsvorsitzende von FDP/Bürgerliste, Michael Kauch. Die Kosten für die Einführung der Karte müssten vom Land getragen werden.

    Im Antrag von FDP/Bürgerliste wird kritisiert, dass Schwarz-Grün in NRW keine landeseinheitliche Lösung vorgibt. „Das führt zu einem Flickenteppich auf kommunaler Ebene“, kritisiert Kauch. „Wenn es aber so bleibt, dann muss die Dortmunder Stadtverwaltung jetzt eigenständig handeln.“ Es sei unverständlich, dass die Grünen auf Bundesebene erst zustimmen und dann in Dortmund Kritik an der Bezahlkarte üben. Auch die Haltung der Dortmunder SPD sei unklar, anders als im Bund. „Hier müssen SPD und Grüne am Donnerstag im Rat Farbe bekennen. Wer die Bezahlkarte ablehnt, trägt Verantwortung dafür, dass machbare Schritte gegen illegale Migration nicht gegangen werden.“

    Den vollständigen Antrag von FDP/Bürgerliste gibt e hier:

    Bezahlkarte für Leistungen aus dem Asylbewerberleistungsgesetz

    Die Fraktion FDP/Bürgerliste bittet den Rat der Stadt Dortmund um Beschlussfassung folgenden Antrags

    1. Der Rat der Stadt Dortmund begrüßt den Beschluss der Ministerpräsidentenkonferenz und Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) vom November 2023 für die Einführung einer Bezahlkarte für Leistungen aus dem Asylbewerberleistungsgesetz sowie die Vorlage eines Gesetzentwurfs durch Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD).

    2. Der Rat der Stadt Dortmund bittet die Bundesregierung , den Entwurf von Bundesarbeitsminister Hubertus Heil für eine Bezahlkarte zeitnah ins Kabinett einzubringen, da mit Ausnahme von Mecklenburg-Vorpommern alle Ministerpräsidenten von CDU, SPD und Grünen bei der Ministerpräsidentenkonferenz für eine möglichst einheitliche Einführung einer Bezahlkarte gestimmt haben.

    3. Der Rat der Stadt Dortmund bedauert, dass das Land NRW keine landeseinheitliche Lösung bei der Bezahlkarte für Leistungen aus dem Asylbewerberleistungsgesetz anstrebt. Die Landesregierung wird gebeten, diese Entscheidung kurzfristig zu überdenken.

    4. Der Rat der Stadt Dortmund fordert die Verwaltung auf, die Bezahlkarte schnellstmöglich in Dortmund einzuführen. Dem ASAG und dem AFBL sind in ihren nächsten Ausschusssitzungen entsprechende Umsetzungsschritte und Zeitpläne vorzulegen.

    5. Der Rat der Stadt Dortmund fordert das Land NRW auf, den Kommunen die Kosten für die Einführung einer Bezahlkarte vollständig zu erstatten.

    6. Die Verwaltung wird gebeten, diesen Beschluss der Landesregierung NRW, den Fraktionen des Bundestages und des Landtages und den Dortmunder Bundestags- und Landtagsabgeordneten zeitnah zu übermitteln.

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