Viele Kommunen haben keine Kapazitäten mehr, um Geflüchtete menschenwürdig unterzubringen. Oft bleibt nur die Nutzung von Turnhallen, die nicht nur für die Geflüchteten problematisch sind, sondern auch Einschnitte für die Wohnbevölkerung bedeuten. In Dortmund ist das zum Glück kein Thema. Die Stadt hat – auf eigene Kosten – Vorsorge getroffen und noch ausreichend Unterkünfte. So viele, dass sie sogar eine Immobilie ans Land abtreten könnte, damit diese dort eine Landeseinrichtung unterbringt. Allerdings will die Stadt das nicht ohne Vorbedingungen tun.
Das Land hat nur 31.000 Plätze für Geflüchtete und verteilt auf die Kommunen
An der Flüchtlingspolitik der NRW-Landesregierung gibt es viel Kritik. Schon im vergangenen Jahr hatte der NRW-Städtetag darauf gedrängt, dass das Land mehr eigene Plätze schafft und Geflüchtete, die keine Bleibeperspektive haben, gar nicht erst auf die Kommunen verteilt werden.
Damals soll das Land laut Dortmunds Oberbürgermeister Thomas Westphal von 70.000 Plätzen in Landeseinrichtungen gesprochen haben. Jetzt sei „nur noch“ von einer Selbstverpflichtung von 35.000 Plätzen die Rede, wovon aber wohl nur rund 31.000 verfügbar seien.
Viel zu wenig, um der aktuellen Lage gerecht zu werden – immer mehr Menschen werden daher vom Land in die Kommunen verteilt. Doch nicht nur das Mengengerüst, auch die Qualität der Unterbringung und vor allem der Betreuung ist vielen Kommunen ein Dorn im Auge. Das wurde bei einem gemeinsamen Termin der Verwaltungsvorstände von der Stadt Dortmund und dem Kreis Unna deutlich.
Dortmunds OB Thomas Westphal und Mario Löhr, Landrat des Kreises Unna, übten massive Kritik, denn insbesondere die Betreuung sei für die Akzeptanz vor Ort wichtig, so Westphal. „Wir müssen in der Öffentlichkeit deutlich machen, was kommunale Einrichtungen sind, wo wir auch Ehrenamt und Organisationen zulassen“, so Löhr.
Kommunen kritisieren Betretungsverbote und fehlende Betreuung
An Landeseinrichtungen gab es deutliche Kritik: „Es geht nicht nur um Unterbringung, sondern mir fehlt deutlich die Betreuung mit den Menschen und an den Menschen. Ich würde mir wünschen, dass das Land den Zugang zulässt, damit das Ehrenamt aber auch die Kommunen einen Zugang haben und mit den Menschen ins Gespräch kommen“, so der Landrat des Kreises Unna.
Zwar habe das Land jetzt ein Sechs-Punkte-Papier vorgelegt, was aber nur auf Kommunikationsprobleme eingehe, aber nicht die Probleme der Kommunen benenne. „Daher halte ich weiter an Kritik fest. Die Landeseinrichtungen helfen den Kommunen nicht und vor allem nicht den Menschen, die unsere Hilfe eigentlich brauchen“, so Löhr weiter. Dem Landrat sind die Probleme mit der und um die Landeseinrichtung in Unna nur zu vertraut.
Daher hält sich die Stadt Dortmund derzeit zurück, was die Errichtung einer Landeseinrichtung auf ihrem Stadtgebiet angeht: „Wir wären bereit, eine Landes-Einrichtung zu errichten. Aber die Erfahrungen der Kommunen machen deutlich: Das ist nicht voraussetzungslos. Nur ein Bett über dem Kopf ist zu wenig“, so Westphal.
Die Stadt Dortmund verweist auf qualitative Mindeststandards
Er verwies auf die seit Jahren erarbeiteten Mindeststandards auch mit den Trägern, die eine Vielzahl von Erfahrungen und Qualifikationen nachweisen müssten. Interkulturelle Kompetenzen seien nur ein Beispiel. „Wenn ich eine Einrichtung erstelle, wo ich die Menschen tagsüber nicht betreue, ist das verfehlt“, kritisiert Westphal.
„Entweder schaffen sie Landeseinrichtungen mit Qualitätsanspruch. Oder sie stellen fest, dass es das für das Land zu kompliziert ist, dann machen wir das als Kommunen. Aber mit der entsprechenden Finanzierung. Wir haben aber beides nicht, müssen wir als Fazit ziehen“, so Dortmunds OB konsterniert.
Daher ist die Bereitschaft und Begeisterung in Dortmund, dem Land eine Immobilie zu überlassen, gerade begrenzt. „Gerade vor dem Hintergrund der Erfahrungen der anderen Städte schauen wir uns das noch mal genau an. Denn es muss funktionieren am Ende“, so Westphal.
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Weltweit müssen immer mehr Menschen vor Krieg und Verfolgung aus ihrer Heimat fliehen. Aktuell steigt die Zahl Schutzsuchender bundesweit weiter an. Das Land hat deshalb jetzt den Aufbau von fünf neuen Landesunterkünften in NRW bekannt gegeben. Eine davon wird es zu Beginn des neuen Jahres auch in Dortmund geben.
Erste Erfahrungen mit einer Unterbringungseinrichtung des Landes konnte Dortmund schon bis 2016 mit der damaligen Erstaufnahmeeinrichtung für Geflüchtete sammeln. Damals wie heute unterstützen die GRÜNEN die schnelle Aufnahme und Versorgung von Schutzsuchenden in Dortmund.
„Der Rat in Dortmund hat sich gerade mit breiter Mehrheit dem GRÜNEN Antrag angeschlossen, die Einrichtung einer Unterkunft des Landes für Geflüchtete in Dortmund zu unterstützen“, betont Ulrich Langhorst, GRÜNES Ratsmitglied und Vorsitzender des Sozialausschusses. „Zum einen, weil für die schnell steigende Zahl von schutzsuchenden Menschen akut ein Hilfsangebot geschaffen werden muss. Aber auch, weil wir in Dortmund schon auf wertvolle Erfahrungen und eine erprobte Beteiligungskultur und Willkommensstruktur setzen können.“
Neben der humanitären Verantwortung spielt für die GRÜNEN eine wichtige Rolle, dass die Zahl der Geflüchteten in Landeseinrichtungen künftig zu 100 Prozent auf die Aufnahmeverpflichtung der jeweiligen Stadt angerechnet werden. Diese Regelung war jüngst von der schwarz-GRÜNEN Landesregierung beschlossen worden, um zusätzliche Unterbringungsmöglichkeiten zu schaffen und zugleich die Kommunen bei der steigenden Aufnahme von Geflüchteten zu unterstützen.
Qualitätsstandards sicherstellen
„Bei einer Unterkunft, die vom Land betrieben wird, trägt das Land außerdem die damit zusammenhängenden Kosten“, betont Langhorst. „Dass eine solche Einrichtung eine entsprechende Qualität für die Unterbringung der Menschen haben muss, versteht sich dabei von selbst.“
Für die GRÜNEN heißt das vor allem, dass auch in einer Zentralen Unterbringungseinrichtung (ZUE) gute Qualitätsstandards gelten, die eine würdige Unterbringung sicherstellen. Die Einrichtung sollte zudem in das schon bestehende zivilgesellschaftliche Netzwerk vor Ort eingebunden werden.
Langfristige Finanzzusagen nötig
„Als GRÜNE sind wir für eine schnellstmögliche dezentrale Unterbringung von Geflüchteten“, erklärt Jenny Brunner, GRÜNES Mitglied im Sozialausschuss und im Integrationsrat. „Deshalb ist für uns klar, dass eine Unterbringung in Großeinrichtungen der aktuellen Situation geschuldet ist und nur eine Übergangsphase sein kann“.
Die entscheidende Aufgabe sei es, langfristige und zuverlässige Lösungen für geflüchtete Menschen zu finden. Das gelte für eine menschengerechte Unterbringung, für die Schaffung von Wohnraum, für Kinderbetreuungs- und Schulplätze und für einen schnellen Zugang zu Integrations- und Sprachkursen.
Dafür brauche es eine faire Kostenverteilung zwischen Bund, Ländern und Kommunen. Dafür müsse sich auch der Bund zuverlässig und solidarisch an der Finanzierung beteiligen und langfristige und ausreichende Finanzzusagen machen.
Für Verständnis werben
Ein weiterer wichtiger Punkt ist für Jenny Brunner das Zusammenleben vor Ort. „2015 wurde durch Informationen und runde Tische eine gute Struktur geschaffen, um die Fragen der Stadtgesellschaft und der Anwohnenden zu beantworten“, erinnert die GRÜNE Ratsfrau. Damit müsse man jetzt schnellstmöglich starten. „Das Land stellt auch Mittel zur Stärkung der Willkommenskultur zur Verfügung. Diese Möglichkeiten müssen umgehend genutzt werden“, so Brunner abschließend.
Nordstadtblogger-Redaktion
Wegen der Pressemitteilung der Grünen zur Einrichtung einer Ladeneinrichtung hat Nordstadtblogger bei der Stadt nachgefragt. Das ist die Antwort:
„Die Stadt Dortmund hat der Landesregierung bereits vor langer Zeit angeboten, in Dortmund eine Landeseinrichtung zu betreiben. Leider hat uns trotz des Zeitdrucks bis heute dazu keine verbindliche Aussage der Landesregierung erreicht.
Über die am Donnerstag bekannt gewordenen öffentlichen Äußerungen von Ministerin Paul sind wir sehr irritiert. Wir warten darauf, dass die Landesregierung intern ihre nach wie vor ungeklärten Prozesse klärt. Sobald uns eine verbindliche Entscheidung des Landes vorliegt, wird es – wie in der letzten Ratssitzung am 21. September dargelegt – zunächst die notwendige Beteiligung der politischen Gremien in Dortmund geben“, sagt Sozialdezernentin Birgit Zoerner.