„Bio“ liegt im Trend: In Zeiten von Fleischskandalen und Corona wird der Schultenhof Dortmund immer beliebter

Der Hofladen auf dem Schultenhof wird immer beliebter.
Der Hofladen auf dem Dortmunder Schultenhof wird immer beliebter. Fotos: Alex Völkel

Der AWO-Schultenhof mit seinem Bio-Hofladen im Dortmunder Süden erfreut sich insbesondere seit Corona und den jüngsten Skandalen auf den Schlachtbetrieben noch größerer Beliebtheit. Das ökologische Bewusstsein ist bei den Verbraucher*innen schon länger auf dem Vormarsch. Sie haben erkannt, dass extrem billige Lebensmittel nicht umweltverträglich und fair produziert werden – und sowohl die Landwirte als auch die Tiere darunter zu leiden haben.

Regionaler geht nicht: Waren kommen teils per Hand vom Feld in den Laden

Der Schultenhof setzt da bewusst einen Kontrapunkt. Ein großer Teil der frischen Waren ist selbst produziert. Im Sommer sind es mehr als 50 Prozent, die vor Ort und biologisch erzeugt werden.  ___STEADY_PAYWALL___

„Regionaler als aus dem eigenen Garten oder dem Stall nebenan geht gar nicht. So regional und nachhaltig kann kein anderer Bio- oder Supermarkt sein“, betont Hofladen-Leiterin Monica Stanbridge.

Tausende Kilometer Transportwege gibt es hier nicht: „Wir schieben die Waren von Hand vom Gewächshaus ins Geschäft. Ich kann nicht verstehen, dass es nicht noch besser läuft.“

Hamsterkäufe zu Beginn der Corona-Pandemie sorgte für viel Mehrarbeit 

Marthe Pflüger (37) hat die Nachfolge von Landwirt Johannes Jüngst als Leitung des Schultenhof angetreten.
Marthe Pflüger (37) ist neue Leiterin des Shcultenhofs im Dortmunder Süden.

Doch klagen kann die engagierte Leiterin des Hofladens eigentlich nicht – höchstens über die Mehrarbeit: „Normalerweise bekommen wir zwei Mal pro Woche vier Rollcontainer mit Ware. Zur Hochzeit der Corona-Krise mit den Hamsterkäufen waren es 16 bis 18 Rollcontainer – also das drei- bis vierfache an Ware“, so Stanbridge. 

„Mehl haben wir gar nicht mehr eingeräumt, sondern direkt aus Kisten verkauft. Das waen schon irre Zeiten. Doch das hat sich nach zwei, drei Wochen gelegt“, so die Laden-Chefin. Generell ist es wieder ruhiger und entspannter geworden. Es bilden sich keine Menschentrauben mehr, was wegen der Abstandsregeln gut ist. 

Ein Grund: Das Terrassengeschäft fehlt – im Durchschnitt rund 150 Kund*innen pro Tag. „Das ist aber ein kleinpreisiges Geschäft. Aber da viele nicht in Urlaub gefahren sind, gönnen sie sich jetzt was. Da wurde und wird schön gekocht statt fertige Sachen gekauft. Und da wird sich ein schönes Stück Fleisch gegönnt“, berichtet die Hofladen-Chefin.

Biofleisch ist nicht nur wegen der Skandale um Tönnies und Co. sehr gefragt

Apropos Fleisch: Die Krise hat 50 Prozent neue Kunden auf den Schultenhof gelockt, die noch nie hier waren. Viele von ihnen sind keine klassischen Kunden eines Bioladens. Sie kaufen normalerweise konventionell ein, kommen aber wegen des hier erzeugten Fleischs und des lokal erzeugten Gemüses.

Die Skandale um Tönnies und Co. taten ihr Übriges: Da haben die Menschen uns die Hütte eingerannt wegen unseres regionalen Biofleisches. Hier können sie die Schweine ja neben dem Laden sehen. Es ist irre, was an wir an Fleisch verkaufen. Der Absatz von Schwein, Rind und Geflügel hat sich verdreifacht“, so Stanbridge. „Unser Metzger sagt, wir müssten Herrn Tönnies eigentlich einen Blumenstrauß schicken.“ 

Allerdings ist es schwer einzuschätzen, ob es nur ein Strohfeuer ist. Doch schon vorher durch die „Fridays For Future“-Bewegung nahm das Interesse an regional und nachhaltig erzeugten Lebensmitteln wieder zu, weiß Schultenhof-Chefin Marthe Pflüger. „Die Menschen kaufen insgesamt anders ein. Da sind die Skandale, Erkrankungen und das Thema gesunde Ernährung insgesamt. Da kommt viel zusammen“, betont die neue Schultenhof-Chefin.

Schultenhof will mehr Lager- und Kühlkapazitäten für seine Erzeugnisse schaffen

Marthe Pflüger, die seit 20 Jahren in der Bio-Branche arbeitet, ist daher zuversichtlich: „Ich glaube, der Trend wird andauern.“ Dem pflichtet auch ihre Hofladen-Leiterin bei: „Es bleiben nach Skandalen immer Leute bei uns als Kundinnen und Kunden hängen.“

Damit es noch mehr werden, will der Schultenhof noch stärker auf die Bedürfnisse und Wünsche der Endverbraucher*innen und Großkund*innen eingehen und gezielter dafür produzieren. 

Um eigene Produkte auch außerhalb der Saison anbieten zu können, soll eine Mehrzweckhalle errichtet werden. „Wir haben hier bisher zu wenig Lagerkapazität und ein unberechenbares Klima. Daher planen wir einen Bau, der uns die Lagerkapazitäten, eine gleichbleibende Temperatur und Feuchtigkeit bieten kann“, erklärt Mathe Pflüger. Das könnte sich lohnen: „Wir machen tolle lagerfähige Produkte.“

 

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