Neue Ausstellung „Mirrors“ im Künstlerhaus Dortmund: Wie bedingen sich Wahrnehmung und Wirklichkeit?

Austellung Mirrors im Künstlerhaus. Über Spiegelungen und Projektionen. Film von Linda Sanchez, Lyon/Madrid im Keller
Film über einen gleitenden Wassertropfen von Linda Sanchez im Keller des Künstlerhauses. Fotos: Klaus Hartmann

Von Florian Kohl

Ist das, was wir sehen, die (ganze) Wirklichkeit? Oder machen wir uns unsere eigene Realität? Wieviel entgeht uns bei diesem Vorgang der Filterung visueller Reize? Und welche Hilfsmittel nutzen wir, um das Gesehene zu verstehen?

Die Werke der Ausstellung „Mirrors“ widmen sich dem Spiel mit Licht

Ausstellung Mirrors im Künstlerhaus. Über Spiegelungen und Projektionen. Arbeit von Phillip Fürhofer
Arbeit von Phillip Fürhofer

Mit diesen Fragen, die auch den Kerntopos der philosophischen Disziplin der Ontologie darstellen, beschäftigt sich ab Freitag, dem 8. April die Ausstellung „Mirrors – Über Spiegelungen und Projektionen“ im Künstlerhaus Dortmund in der Nordstadt.

Zu sehen sind dort Werke von insgesamt 11 Künstlern und Künstlerinnen aus Berlin, New York, Köln, London, Düsseldorf und Madrid, die sich allesamt dem Spiel mit dem Licht widmen.

Jedes Werk versucht auf seine eigene Art und Weise, den Betrachter vor eine optische Herausforderung zu stellen. So arbeiten beispielsweise die beiden Werke von Philipp Fürhofer mit dem Wechsel von Lichtquellen, wodurch sie eine gewisse Verweildauer allein schon deshalb erzwingen, weil sonst alleine schon ihre materielle Beschaffenheit unklar ist – denn mal reflektiert die Oberfläche, dann wieder verschluckt sie das Spiegelbild. Fürhofers Wunsch: „Vielleicht dienen meine Werke als Anregung, um über die eigene Existenz nachzudenken.“

Wie langlebig, umfassend und real ist die wahrgenommene Wirklichkeit?

Ausstellung Mirrors im Künstlerhaus. Über Spiegelungen und Projektionen. Dorothea Nold, Berlin mit ihrer Arbeit -scape
Dorothea Nold, Berlin mit ihrer Arbeit -scape

Andere Exponate, wie die hölzerne Skyline von Dorothea Nold nutzen die Besonderheit des Sonnenlichts, das bei seiner Wanderung ununterbrochen das Erscheinungsbild des Kunstwerks verändert, weil Licht und Schatten in ein nie gleichbleibendes Verhältnis zueinander gebracht werden.

Die Farbnuancierung im Material setzt die Künstlerin dabei geschickt ein, denn die Ausprägung der Dreidimensionalität verliert bisweilen an Klarheit und verdeutlicht so, dass die für Menschen so wichtige visuelle Wahrnehmung leicht getäuscht werden kann und es manchmal mehr als eines Blickes bedarf, um etwas zu erfassen.

Ähnlich verhält es sich bei Claudia Manns Fotografien aus dem Inneren eines Marmorsteinbruchs, wo sich aufgrund fehlender Referenzpunkte beim Betrachten Hilflosigkeit einstellt. So wird auf vergleichbar einfache Weise daran erinnert, dass unser Wissen bisweilen eine enorm wichtige Referenz für das Verstehen von Sichtbaren ist.

So, wie auch Anton Ginzburgs Videoinstallation durch das Hintergrundwissen, dass sie eine Wanderung im Gebiet des ausgetrockneten Aralsees zeigt, eine gänzlich andere Note bekommt. Schließlich kann die blühende, fruchtbar erscheinende Landschaft somit zugleich als Abbild des Verfalls betrachtet werden.

Performance bei der Eröffnung als einmalige Kunstwerk-Erweiterung

Ausstellung Mirrors im Künstlerhaus. Über Spiegelungen und Projektionen. Kuratorin Adriane Wachholz im Spiegel
Kuratorin Adriane Wachholz im Spiegel

Die von 20 bis 22 Uhr stattfindende Vernissage für „Mirrors“ wartet übrigens mit einer Besonderheit auf. Und zwar wird die Kinder-Theatergruppe „Truffaldinos“ des Rottstr5 Theaters aus Bochum einen Text in Szene setzen, den der Künstler Thomas Musehold zusammen mit dem Biologen Maurice Wernado begleitend zu seinen Werken kreierte.

Dieses die Kunstobjekte erweiternde Performance-Experiment wird allerdings ausschließlich am Abend der Eröffnung zu sehen sein.

Einen Haken hat die Ausstellung, die noch bis zum 8. Mai zu sehen ist, jedoch: Einige der präsentierten Werke sind nicht selbsterklärend, sondern bedürfen unbedingt einer Erläuterung, da sonst ihre Raffinesse unerkannt bleibt.

Alles in allem ist Kuratorin Adriane Wachholz mit „Mirrors“ aber eine spannende, relativ runde Ausstellung gelungen, die durchaus zur Kontemplation über Wahrnehmung und Wirklichkeit anzuregen vermag.

Mehr zur Ausstellung:
Künstlerhaus Dortmund, Sunderweg 1, 44147 Dortmund
8. April bis 8. Mai, Immer Do. bis So., 16 bis 19 Uhr
Vernissage am 8. April, 20 bis 22 Uhr
Eintritt frei

Infos: www.kh-do.de

Ausstellung Mirrors im Künstlerhaus. Über Spiegelungen und Projektionen. Arbeit von Heike Kabisch
Austellung Mirrors im Künstlerhaus. Über Spiegelungen und Projektionen. Arbeit von Heike Kabisch
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Reaktionen

  1. KH_DO

    mex – intermediale und experimentelle Musikprojekte e.V. im Künstlerhaus Dortmund

    Konzert: nyak 9
    Freitag, 22. April 2016, 20 h
    Sunderweg 1, 44147 Dortmund
    Eintritt: 6 Euro

    Mit
    JAAP BLONK [NL], Stimme, Elektronik
    PASCAL BATTUS [F], Tonabnehmer
    GEORG WISSEL & JOKER NIES [D], Präpariertes Saxofon, Buchla, Bend Electronics

    Jaap Blonk ist autodidaktischer Komponist, Performer und Poet. Als Stimmkünstler ist er einzigartig mit seiner kraftvollen Bühnenpräsenz und seiner beinahe kindlichen Freiheit, kombiniert mit einem scharfen Gespür für Struktur. Er ist weltweit aufgetreten und aktuell unterwegs, um 100 Jahre Dadaismus zu feiern. Mit dem Gebrauch von Live Elektronik haben seine Konzerte beachtliche Erweiterung an Bandbreite und Spanne erlangt. http://www.jaapblonk.com

    Der Klangkünstler, Komponist und Improviser Pascal Battus entwickelt eine Soundpraxis, die den Klang-Gesten, dem Zuhören und dem Kontext mehr Achtsamkeit schenkt, als der Definition des Instrumentes. Er arbeitet mit elektromagnetischen Tonabnehmern und hat bereits viele Tonträger veröffentlicht, die seine ausgeprägte Klangkunst dokumentieren. soundcloud.com/pascal-battus

    Der Saxofonist Georg Wissel bezeichnet sich auch als „Sculptor of compressed air“ und nimmt, inspiriert durch die Zusammenarbeit mit Elektronikern, die Suche nach gänzliche neuen Klängen mittels Präparationen immer wieder neu auf. „Electrosapiens“ Joker Nies konzentriert sich auf analoge Elektronik, sein selbstgebautes und circuit-bend Omnichord, sorgsam ausgesuchte und modifizierte Elektronik und Modular-Synths. Zusammen lassen sie den Zuhörer an einem assoziativen künstlerischen Prozess teilhaben, in dessen Verlauf mit Lust am Klang und musikalischer Sensibilität alles zwischen bizarren Melodiefragmenten, reinen Frequenzen und Soundstrukturen entstehen.

    http://www.soundcloud.com/georg-wissel
    http://www.klangbureau.de

  2. KH_DO

    KURATORENFÜHRUNG zur Ausstellung und anschließende interaktive Zeichenaktion für Kinder und Jugendliche

    Samstag, 7. Mai um 17 Uhr

    Herzliche Einladung an alle Kunst-Interessierten zur Kuratorenführung im Künstlerhaus Dortmund.
    Die Kuratorin der Ausstellung, Adriane Wachholz, bietet Besucherinnen und Besuchern am vorletzten Ausstellungstag die Möglichkeit einer individuellen Begehung der Show.

    Mirrors beschäftigt sich in elf Positionen von Sophie Erlund, Philipp Fürhofer, Anton Ginzburg, Heike Kabisch, Gereon Krebber, Timo Kube, Claudia Mann, Thomas Musehold, Dorothea Nold, Linda Sanchez und Katja Tönnissen mit unterschiedlichen Aspekten, die Spiegel und spiegelhafte Reflektionen mit sich bringen. (Mehr Infos zur Ausstellung finden Sie hier.)

    Die anschließende interaktive Zeichenaktion für Kinder und Jugendliche ist eine haptische Annäherung an das Thema, die mit geringen zeichnerischen Fähigkeiten viel Spaß und Erkenntnisse verspricht.

    Der Eintritt zu allen Ausstellungen und Veranstaltungen des Künstlerhauses ist frei. (Ausnahmen werden gesondert bekannt gegeben.) Bei Interesse an Führungen für Gruppen oder Schulklassen wenden Sie sich bitte ans Büro. Tel: 0231 82 03 04

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