
Der Umgang mit sogenannten Schrottimmobilien hat im Rat der Stadt Dortmund für politische Spannungen gesorgt. Ausgangspunkt war ein gemeinsamer Vorstoß von SPD, Bündnis 90/Die Grünen & Volt sowie Die Linke & Tierschutzpartei, die dem Oberbürgermeister vorwarfen, einen landesweiten Appell zur Bekämpfung verwahrloster Problemimmobilien ignoriert zu haben.
Öffentlicher Druck vor der Sitzung: Fraktionen kritisieren fehlende Unterschrift
Bereits vor der Ratssitzung hatten die antragstellenden Fraktionen den Konflikt öffentlich gemacht. In einer gemeinsamen Pressemitteilung kritisierten sie, dass Dortmund sich nicht an einem Schreiben mehrerer nordrhein-westfälischer Oberbürgermeister:innen und Landräte an Bundesbauministerin Verena Hubertz beteiligt hatte.

In dem Appell forderten die Kommunen wirksamere rechtliche Instrumente gegen sogenannte Schrottimmobilien. Gefordert wurden unter anderem erweiterte kommunale Vorkaufsrechte, auch in Insolvenz- und Zwangsversteigerungsverfahren, sowie ein kommunales Ankaufsrecht für besonders problematische Immobilien.
Aus Sicht der Fraktionen war es nicht nachvollziehbar, dass Dortmund diesen Forderungen fernblieb, obwohl die Stadt mit vergleichbaren Problemen wie andere Ruhrgebietsstädte konfrontiert sei. ___STEADY_PAYWALL___
Antrag im Rat: Erklärung und nachträglicher Beitritt gefordert
Der daraufhin eingebrachte Zusatz- und Ergänzungsantrag zielte auf zwei zentrale Punkte. Zum einen sollte der Oberbürgermeister darlegen, aus welchen Gründen Dortmund das Schreiben nicht unterzeichnet hatte und ob er die darin formulierten Positionen inhaltlich teile.
Zum anderen forderte der Antrag, dass die Stadt der Initiative nachträglich beitritt und ihre Unterstützung gegenüber dem Bundesministerium offiziell erklärt.
In der Begründung verwiesen die Fraktionen auf zunehmende städtebauliche, soziale und sicherheitsrelevante Belastungen durch vernachlässigte und spekulativ gehaltene Immobilien. Dortmund dürfe im Vergleich zu seinen Nachbarkommunen nicht zurückstehen, sondern müsse gemeinsam mit anderen Städten auf dringend notwendige gesetzliche Verbesserungen drängen.
Oberbürgermeister reagierte auf die Kritik und lenkte frühzeitig ein

Allerdings war Oberbürgermeister Alexander Kalouti (CDU) der Ratsbefassung zuvorgekommen und hatte auf die Kritik reagiert und hatte ein Schreiben an Bundesbauministerin Verena Hubertz verfasst, welches er am Tag der Sitzung den Ratsmitgliedern zur Kenntnis brachte.
Darin erklärte Kalouti seine inhaltliche Zustimmung zu den Forderungen der anderen Kommunen und kündigte einen nachträglichen Beitritt Dortmunds zur Initiative an. Eine Abstimmung über den Antrag wurde damit obsolet.
SPD sieht Handlungsbedarf – und nimmt Entschuldigung an
In der Ratsdebatte zeichnete SPD-Fraktionsvorsitzende Carla Neumann-Lieven zunächst die Entwicklung des Problems nach. Seit vielen Jahren kämpfe Dortmund gegen Schrottimmobilien, früher vor allem gegen dubiose Wohnungsgesellschaften, heute gegen ein deutlich vielfältigeres Spektrum aus Spekulationsobjekten, Bettenlagern und überforderten Eigentümern.

Die Stadt habe erfolgreiche Projekte umgesetzt, bei denen heruntergekommene Gebäude angekauft und saniert worden seien. Zugleich wies Neumann-Lieven auf die begrenzte Handlungsfähigkeit angesichts der Haushaltslage hin. Andere Städte hätten dies erkannt und gemeinsam bessere rechtliche Rahmenbedingungen eingefordert.
Dass der Oberbürgermeister sich zunächst nicht beteiligt habe, sei bedauerlich, sein Schreiben werde jedoch als Entschuldigung akzeptiert. „Dass unser Antrag Sie dazu gebracht hat, ist sehr erfolgreich“, sagte sie und kündigte an, den nun eingeschlagenen Weg politisch zu unterstützen.
AfD lehnt Antrag ab und setzt auf Eigenverantwortung

Patricia Hillemann (AfD) sprach sich klar gegen den Antrag aus. Eigentümer trügen die primäre Verantwortung für Pflege und Instandhaltung ihrer Immobilien, staatliche Appelle oder zusätzliche Eingriffsmöglichkeiten dürften diese Pflicht nicht untergraben. Mehr Bürokratie, Ankäufe oder Enteignungen führten aus ihrer Sicht zu höheren Kosten und verzögerten praktische Lösungen.
Dortmund habe andere drängende Probleme, etwa die angespannte Haushaltslage und große Investitionsbedarfe in der Daseinsvorsorge. Zudem verfüge die Stadt bereits über wirksame Instrumente wie Sanierungsgebiete, Wohnraumschutz und Zweckentfremdungsverbote. Diese müssten konsequent genutzt werden, statt neue bundespolitische Eingriffe zu fordern.
Eskalation und Gegenrede: AfD provoziert, Grüne widersprechen

Die Debatte spitzte sich zu, als Heiner Garbe (AfD) persönliche Angriffe mit migrationspolitischen Aussagen verband und Schrottimmobilien pauschal mit Zuwanderung aus Osteuropa verknüpfte. Er sprach von erheblichen Belastungen für die Stadt und hohen Kosten, die dadurch entstünden.
Thomas Eltner (Grüne & Volt) wies diese Darstellung scharf zurück und sprach von „Blödsinn“, der mit einem Blick in den Wohnungsmarktbericht zu widerlegen sei.
Zugleich unterstützte er die Einschätzung der CDU, dass der Antrag durch die Stellungnahme des Oberbürgermeisters inhaltlich erledigt sei. Entscheidend sei, dass im Rat eine breite Mehrheit bestehe, um die tatsächlichen Probleme sachlich anzugehen.
Unterstützung aus der SPD – Fokus auf den „Dortmunder Weg“

In einem kurzen weiteren Wortbeitrag griff Carla Neumann-Lieven die Aussagen der CDU und der Grünen auf. Sie wertete sie als Zustimmung zum bisherigen Dortmunder Vorgehen und als Unterstützung für das Schreiben des Oberbürgermeisters.
Ziel müsse es sein, diesen Weg fortzusetzen und zugleich auf zusätzliche Instrumente des Bundes zu hoffen.
Die SPD sehe in der Erklärung Kaloutis die Grundlage, gemeinsam weiterzuarbeiten. Wichtig sei, dass Dortmund im Schulterschluss mit anderen Kommunen handlungsfähig bleibe und neue rechtliche Möglichkeiten auch tatsächlich nutzen könne.
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