Die Finanzierung für ein dekoloniales Denkmal an der Speicherstraße im Hafenquartier steht

120.000 Euro sollen aus dem Etat der städtischen Kulturbetriebe kommen

Speicherstr.15, Colonialwaren Heinrich Schreer ca. 1910 (demnächst Heimathafen Dortmund)
Im heutigen Heimathafen in der Speicherstraße 15 befand sich der Colonialwaren-Handel Heinrich Schreer. Das Bild ist ca. von 1910. Dort soll das Denkmal errichtet werden. Foto: Dortmunder Hafen AG

Die Finanzierung für das geplante dekoloniale Denkmal am Heimathafen in der Speicherstraße ist gesichert: Auf Antrag der Fraktionen von SPD und Bündnis 90/Die Grünen hat der Ausschuss für Kultur, Sport und Freizeit mehrheitlich beschlossen, 120.000 Euro aus dem Wirtschaftsplan 2025 der Kulturbetriebe bereitzustellen. Der städtische Kernhaushalt werde damit nicht zusätzlich belastet – vorbehaltlich der Zustimmung des Rates am 3. Juli 2025.

CDU-Politiker schlägt ein Kartoffelverbot als Zeichen gegen Kolonialismus vor

Der Entwurf „Denkzeichen Decolonize Hafen Dortmund“ Richard Opoku-Agyemang

Die Entscheidung folgt einer Empfehlung der Verwaltung. Stadtdirektor Jörg Stüdemann hatte in einer schriftlichen Stellungnahme klargestellt: „Die Kulturbetriebe haben mit ihren Jahresabschlüssen der letzten Jahre deutliche Gewinnvorträge verankern können, sodass über die Bewirtschaftung des Wirtschaftsplanes 2025 eine entsprechende Finanzierung vorgenommen werden kann.“

In der Debatte im Ausschuss wurde der Vorschlag kontrovers diskutiert. Manfred Sauer (CDU) brachte ein – wohl eher ironisch gemeintes – Kartoffelverbot in Dortmund in die Diskussion. 

Denn das in Deutschland beliebte Grundnahrungsmittel wurde vermutlich um 1560 durch spanische Seefahrer aus Südamerika mit nach Europa gebracht.

Manfred Sauer (CDU) Foto: Alex Völkel für nordstadtblogger.de

„Wenn wir also ernsthaft etwas aussagen wollen zu diesem furchtbaren Kolonialismus, und da bin ich absolut bei Ihnen, sollten wir die erste kartoffelfreie Stadt der Bundesrepublik werden“, so Sauer.

„Wenn wir also auf Pommes, auf Reibekuchen, auf Kartoffelsalat verzichten, dann beweisen wir, dass wir wirklich antikolonial denken und handeln. Bitte nehmen Sie das zur Kenntnis“, betonte der frühere Dortmunder Bürgermeister.

Die AfD agitiert gegen einen angeblichen „postkolonialen Mythos“

Leander Schreyer (Grüne) Foto: Alexander Völkel für die nordstadtblogger.de

Leander Schreyer (Grüne) wies die Polemik zurück und bedauerte, dass Sauer offenbar bei der inhaltlichen Debatte des Denkmals in der letzten Sitzung des Kulturausschusses gefehlt habe. Jetzt gehe es nur um die Finanzierung. 

Zudem erinnerte daran, dass die Initiative für das Denkmal nicht parteipolitisch motiviert sei: „Das ist nicht unsere Idee gewesen, sondern aus der Gesellschaft gekommen – unterstützt von GrünBau und dem Heimathafen in der Speicherstraße. Wir möchten das nur ermöglichen.“

Matthias Helferich (AfD) Foto: Alex Völkel für Nordstadtblogger.de

Matthias Helferich (AfD) sprach von einem „postkolonialen Mythos“, der politisch motiviert sei: „Dass ein derartiges Projekt aus der Gesellschaft kommen soll, ist grotesk. Das ist keine demokratische Basisbewegung, sondern von oben oktroyierte Erinnerungspolitik.“

Zudem seien GrünBau und Heimathafen zu 100 Prozent steuerfinanziert – also eben keine NGO, so der AfD-Politiker.

SPD sieht Hafen als guten Standort: „Er hat nun mal eine koloniale Geschichte“

Dem hielt die Silvya Ixkes-Henkemeier (SPD) entgegen: „Ich finde es bedauerlich, dass man sich über so ein Thema mit Kartoffeln lustig machen kann. Der Hafen hat nun mal eine koloniale Geschichte.“ Zudem wies sie auf die Aktualität des Themas Kolonialismus hin – und verwies auf die USA, die sich aktuell in verschiedenen Ländern die Bodenschätze aneigen wolle.

Silvya Ixkes-Henkemeier (SPD) Foto: Alex Völkel für Nordstadtblogger.de

Sie betonte zudem, dass es sich bei Heimathafen und GrünBau um zivilgesellschaftliche Akteure handle: „Die Mitgliedschaft setzt sich aus Bürgerinnen und Bürgern zusammen, die keiner Partei angehören. Diese Menschen wollten das Denkmal – und wir greifen das politisch auf.“

Mit den Stimmen von SPD, Grünen und weiteren Unterstützer:innen wurde der Antrag schließlich angenommen – gegen die Stimmen von CDU, FDP und AfD. Der Beschluss sieht vor, dass die 120.000 Euro Projektmittel aus dem Wirtschaftsplan 2025 der Kulturbetriebe bereitgestellt werden. Der Rat der Stadt Dortmund muss dem am 3. Juli noch zustimmen – dann kann das Denkmal realisiert werden.


Anm.d.Red.: Haben Sie bis zum Ende gelesen? Nur zur Info: Die Nordstadtblogger arbeiten ehrenamtlich. Wir machen das gern, aber wir freuen uns auch über Unterstützung!

Unterstütze uns auf Steady

 Mehr auf dazu auf Nordstadtblogger:

Stein auf Stein saniert: Heimathafen öffnet seine Räume für Beratung, Bildung und Begegnung

Reaktionen

  1. GRÜNE: Dekoloniales Denkzeichen am Heimathafen Dortmund kommt (PM)

    Auf Initiative der Grünen wurde die Errichtung eines dekolonialen Denkzeichens am Heimathafen in der Nordstadt und dessen Finanzierung im Kulturausschuss beschlossen. Das partizipativ entwickelte Kunstwerk soll an die kolonialen Verflechtungen des Dortmunder Hafens erinnern und zur kritischen Auseinandersetzung mit der Kolonialgeschichte einladen.

    Die Dortmunder Handelskammer hatte bereits in ihrem Jahresbericht 1879 die „ungenutzten Chancen auf kolonialen Besitz“ bemängelt und Handelskolonien als „lukrativ und strategisch notwendig“ bezeichnet. Der Bau des Hafens sollte explizit einen Beitrag zum Kolonialhandel leisten. Diese historischen Zusammenhänge werden nun durch das Denkzeichen sichtbarer gemacht.

    Das von Richard Opoku-Agyemang und von der Initiative „Decolonize Dortmund“ konzipierte Kunstwerk stellt einen afrikanischen Baobab-Baum dar, der auf einer Transportkiste steht, welche Kolonialwaren symbolisiert. Die Konzeption erfolgte durch GrünBau mit Unterstützung der LWL-Kulturstiftung und der Bezirksvertretung Innenstadt-Nord.

    Katrin Lögering, Fraktionssprecherin der GRÜNEN, erklärt dazu:

    „Mit diesem Denkzeichen setzen wir ein wichtiges Statement für eine kritische Erinnerungskultur in Dortmund. Der koloniale Hintergrund unserer Stadt wird im öffentlichen Raum bislang kaum oder gar nicht thematisiert. Das möchten wir ändern. Die Auseinandersetzung mit Kolonialismus ist nicht nur eine Frage der historischen Aufarbeitung, sondern auch ein wichtiger Beitrag zu einer diversen und inklusiven Stadtgesellschaft heute.“

    Die partizipative Entstehung des Kunstwerks unter Beteiligung verschiedener lokaler Akteure ist aus Sicht der Grünen besonders wertvoll. „Die gemeinsame Erarbeitung dieses Projekts zwischen der Initiative Decolonize Dortmund, GrünBau und weiteren Beteiligten zeigt, wie eine lebendige Erinnerungskultur von unten wachsen kann“, so Lögering weiter.
    Das dekoloniale Denkzeichen soll voraussichtlich bis Ende dieses Jahres fertiggestellt und anschließend der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden.

  2. Udo Stailer

    Reine Geldverschwendung. Was soll sich durch so ein Denkmal ändern? Nichts!

    Als ob Dortmund keine anderen Probleme hätte.
    Das Geld der Bürger mit vollen Händen ausgeben, ist anscheinend die Lieblingsbeschäftigung der Dortmunder Politiker.

Reaktion schreiben

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert