Eine interaktive Schau ist auf der „uzwei“ im Dortmunder U zu sehen

„Unbeschwert. Eine Ausstellung der Leichtigkeit“

„RIVER.DNIPRO“ nimmt Karina Kylova: Gemütlich in Hängeschaukeln sitzend, können sich Besucher:innen den stillen Bildern einer schönen Stadt im Krieg hingeben – Leichtigkeit und Schwere, nah beieinander.
„RIVER.DNIPRO“ nimmt Karina Kylova: Gemütlich in Hängeschaukeln sitzend, können sich Besucher:innen den stillen Bildern einer schönen Stadt im Krieg hingeben – Leichtigkeit und Schwere, nah beieinander. Foto: Katrin Pinetzki für die Stadt Dortmund

Eine Ausstellung der Leichtigkeit ist seit dem 3. Februar 2023 auf der „uzwei“ im Dortmunder U zu sehen: Elf junge Künstler:innen zwischen 16 bis 21 Jahren entwickelten für die Ausstellung „Unbeschwert“ kreative Konzepte, die unfassbare Gefühl erfahrbar machen. Unbeschwertheit und Leichtigkeit haben viele Menschen in den vergangenen Monaten und Jahren der Krise und des Krieges vermisst. In der interaktiven Ausstellung setzen sich die jungen Kreativen in elf Positionen ganz konkret, aber auch auf einer Meta-Ebene mit Unbeschwertheit auseinander – und zeigen, dass das Leichte untrennbar mit dem Schweren verbunden ist.

Faszination mit Hut“ saugt einen in die Welt der Pilze

Die Ausstellung entstand über einen Zeitraum von elf Monaten. Die elf jungen Künstler: innen entwickelten und konzipierten ihre Ideen und realisierten sie mit Unterstützung einer Szenografin sowie professioneller Musiker:innen, Programmierer:innen, Designer:innen und Medientechniker:innen in vielen gemeinsamen Workshops.

„Auf Sporensuche“ nach den unendlichen Möglichkeiten, die diese Lebewesen bieten, schickt Svenja Malchers die Gäste.
„Auf Sporensuche“ nach den unendlichen Möglichkeiten, die diese Lebewesen bieten, schickt Svenja Malchers die Gäste. Foto: Katrin Pinetzki für die Stadt Dortmund

Direkt am Eingang erliegt man in Svenja Malchers raumgreifender Installation der „Faszination mit Hut“: Man wird eingesogen in die Welt der Pilze. Monatelang sammelte Malcher überraschende und skurrile Fakten, studierte Farben und Formen – und schickt die Besucher:innen inmitten ihrer flimmernden Funga nun „auf Sporensuche“ nach den unendlichen Möglichkeiten, die diese Lebewesen bieten.

Quer durch den ganzen Ausstellungsraum erhalten die Gäste immer mal wieder „Rückenwind“: Anna Daschkewitz‘ gleichnamige Rauminstallation besteht aus großen, silbernen Lüftungsröhren, die plötzlich aus dem Boden wachsen oder überraschend um die Ecke lugen – und beim Vorübergehen einen Luftstrom aktivieren. So kann man sich von Station zu Station einfach treiben lassen.

Seine Sorgen einfach mal kleinschreddern

Eine schallisolierte Insel im Trubel, in der Wut oder Sorgen zumindest leiser werden können, hat Till Bellinghausen geschaffen.
Eine schallisolierte Insel im Trubel hat Till Bellinghausen geschaffen. Foto: Katrin Pinetzki für die Stadt Dortmund

Ein mit Pyramidenschaum ausgekleideter Raum, in der Mitte ein Mikrofon: Till Bellinghausen hat mit „still“ eine begehbare Installation geschaffen, in der sogar Schreie von außen ungehört bleiben. Eine schallisolierte Insel im Trubel, in der Wut oder Sorgen zumindest leiser werden können.

Seine Sorgen entsorgen – das funktioniert ganz physisch in Jana Franks interaktiver Installation „Positives Blau“. Hier haben Besucher:innen die Möglichkeit, Beschwerendes auf einen Zettel zu notieren, den man im Anschluss gleich in einem Schredder vernichten kann. Wer will, kann das Notierte im UV-Licht auch unsichtbar machen.

Ein Rückzugsort ist auch die Videoinstallation „cave“ von Marie Köck: In einer gemütlichen Höhle kann man die Außenwelt vergessen, während auf einem Bildschirm an Lavalampen erinnernde Liquid Art wabert, während dann und wann das Geräusch einer schnurrenden Katze oder des Meeresrauschens ertönt.

Tanzen, Lauschen, Quatsch machen

Leichtigkeit mit Tanzen in Verbindung bringt Mia Killus, die in ihrer Soundinstallation dazu einlädt, sich mit einem Kopfhörer hinter einen silbernen Vorhang zurückzuziehen: „Feel free to dance“! Konzentration und Achtsamkeit verlangt dagegen Teresa Ewers‘ „Klangteppich“: Über einen Kopfhörer hört man eine Komposition, die man mit Druck auf 12 große, auf einem „Klangteppich“ angebrachte Knöpfe minimal verändern kann.

Larissa Rusers „Ohrmuschel“ entführt in ein nostalgisches Ambiente: Sie hat sechs altmodische Telefone in einem Zimmer platziert, das aus der Zeit gefallen scheint
Larissa Ruser hat sechs altmodische Telefone in einem Zimmer platziert, das aus der Zeit gefallen scheint. Foto: Katrin Pinetzki für die Stadt Dortmund

Larissa Rusers „Ohrmuschel“ nebenan entführt in ein nostalgisches Ambiente: Sie hat sechs altmodische Telefone in einem Zimmer platziert, das aus der Zeit gefallen scheint. Auf dunkelgrünen Sofas und Sesseln oder an einem mit Filz bezogenen Schreibtisch, umgeben von Blumen-Stillleben und schweren Bücherregalen, kann man am Telefon lauschen, wie Menschen verschiedener Generationen über Unbeschwertheit und Leichtigkeit denken.

„Spaghetti“ nennt Marlene Köppen ihre begehbare Installation, die an einen Foto-Automaten erinnert. Wer die Kabine betritt, kann sich tatsächlich fotografieren lassen – zuerst gilt es allerdings, einen selbst entwickelten Persönlichkeitstest zu absolvieren, der Sinn und Unsinn mit Leichtigkeit vermischt.

Stille Bilder aus Kiew in Dortmund zu sehen

Mit ihrer Arbeit „RIVER.DNIPRO“ nimmt Karina Kylova aus der Ferne an der Ausstellung teil: Die 16-Jährige stieß nach ihrer Flucht aus Kiew zu dem Projekt, ist inzwischen aber in die ukrainische Hauptstadt zurückgekehrt und machte sich dort mit ihrer Kamera auf durch die Stadt. Gemütlich in Hängeschaukeln sitzend, können sich Besucher:innen den stillen Bildern einer schönen Stadt im Krieg hingeben – Leichtigkeit und Schwere, nah beieinander.

Mehr Informationen:

  • Die Ausstellung „Unbeschwert“ läuft bis zum 28. Mai 2023.
  • Sie ist auf der „uzwei“ im Dortmunder U, Leonie-Reygers-Terrasse, 44137 Dortmund, zu sehen.
  • Der Eintritt ist frei.
  • Beteiligte Künstler*innen: Svenja Malcher, Till Bellinghausen, Marie Köck, Jana Frank, Larissa Ruser, Marlene Köppen, Teresa Ewers, Anna Daschkewitz, Karina Krylova, Mia Killus. Mit Unterstützung von Emma Glenz
    Szenografie: Anna-Sofia Kirsch
    Künstlerische Leitung: Lioba Sombetzki, Aldina Okeric und Hans Peters
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Reaktionen

  1. Performance in der Baustelle: Dortmunder U lädt zur audio-visuellen Installation im Museum Ostwall (PM)

    Das Museum Ostwall ist derzeit wegen Umbaus geschlossen. Was passiert im Inneren eines Kunstmuseums, während die eine Ausstellung ab- und die nächste Ausstellung aufgebaut wird? Welches künstlerische Potenzial birgt dieses „Dazwischen“? Zu diesen Fragen entwickeln die Künstler*innen Freya Hattenberger und Peter Simon die ortsspezifische Installation und Perfomance „ex/ peri/ mental“, die als eintägige Veranstaltung einen exklusiven Blick hinter die Kulissen des Ausstellungsaufbaus erlaubt und die Wahrnehmung des Museums als „rough cube“ anstelle des white cubes beleuchtet. Zu erleben ist die Performance am Mittwoch, 15. Februar, 19 bis 21 Uhr auf Ebene 6 im Dortmunder U.

    Ganz unmittelbar und intensiv flechten Hattenberger und Simon die akustischen und räumlichen Eigenheiten der Baustelle in ihre künstlerische Intervention ein, die in einem zirkulären Parcours begehbar ist. Performative Eingriffe der beiden Künstler*innen an miteinander vernetzten Stationen verändern die Parameter der audio-visuellen Installation und erlauben einen mehrmaligen „Rund-Gang“ durch die rohen Räumlichkeiten mit sich stets neu komponierenden Elementen aus zeitgenössischer Live-Kunst, kinetischen medialen Set-Ups sowie elektronischer Musik.

    dortmunder-u.de/inspektion
    freyahattenberger.de
    p3c7.de
    p3c7.bandcamp.com/

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