Teure Mieten und Job-Wachstum zwingen viele auf die Straße: Zahl der Berufspendler nach Dortmund auf 108.000 gestiegen

Frust im Stau: Immer mehr Beschäftigte haben weite Wege zur Arbeit. Die Gewerkschaft IG BAU macht für den Trend auch den fehlenden Wohnraum in Groß- und Universitätsstädten verantwortlich.
Frust im Stau: Immer mehr Beschäftigte haben weite Wege zur Arbeit. Die Gewerkschaft IG BAU macht für den Trend auch den fehlenden Wohnraum in Groß- und Universitätsstädten verantwortlich.

Wenn Lebenszeit im Stau flöten geht: Die Zahl der Berufspendler in Dortmund hat einen neuen Höchststand erreicht. Im vergangenen Jahr kamen rund 108.000 Menschen zum Arbeiten regelmäßig von außerhalb in die Stadt – das sind 44 Prozent mehr als noch im Jahr 2000. Damals zählte Dortmund noch rund 75.000 sogenannte EinpendlerInnen, wie die IG Bauen-Agrar-Umwelt mitteilt.

Hauptursache für den Pendel-Boom ist der Mangel an bezahlbaren Wohnungen in den Städten

Die IG BAU beruft sich dabei auf eine aktuelle Auswertung des Bundesinstituts für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR). Gewerkschafterin Gabriele Henter spricht von einem „alarmierenden Trend“. Eine Hauptursache für den Pendel-Boom sei der Mangel an bezahlbaren Wohnungen in den Städten.

„Eine wachsende Zahl von Menschen kann sich die hohen Mieten und Immobilienpreise aber gerade dort nicht mehr leisten, wo in den letzten Jahren besonders viele Jobs entstanden sind“, sagt die Bezirksvorsitzende der IG BAU Bochum-Dortmund. Die Folge seien immer längere Staus und überfüllte Züge.

Strecken von mehr als 50 Kilometern bis zum Arbeitsplatz seien für viele PendlerInnen in Dortmund mittlerweile gang und gäbe, betont Henter. „Dabei geht nicht nur wertvolle Zeit für Familie, Freunde und Hobbys verloren. Auch die Umwelt leidet unter der Fahrerei.“ Nach Angaben des Umweltbundesamtes geht knapp ein Fünftel aller CO2- Emmissionen in Deutschland auf das Konto des Verkehrs.

Massive Investitionen im Bereich der Verkehrsinfrastruktur sind unverzichtbar

Gabriele Henter ist die Bezirksvorsitzende der IG BAU Bochum-Dortmund.
Gabriele Henter ist Bezirksvorsitzende der IG BAU Bochum-Dortmund.

Die IG BAU warnt vor einer Zunahme der Pendlerzahlen, sollte sich das Wohnen noch weiter vom Arbeiten entfernen. Nötig sei eine „drastische Wende“ in der Wohnungsbaupolitik.

„Die öffentliche Hand muss viel mehr als bisher investieren, um bezahlbaren Wohnraum in den Metropolen und Ballungsräumen zu schaffen. Esfehlen vor allem Wohnungen im sozialen und im bezahlbaren Segment“, so Henter.

Massive Investitionen seien aber auch im Bereich der Verkehrsinfrastruktur unverzichtbar, um die PendlerInnen zu entlasten. „Vor allem beim Schienen-, Straßen- und Radwegenetz ist der Nachholbedarf groß“, macht Henter deutlich.

Einen entscheidenden Beitrag gegen den „Pendel-Frust“ könnten zudem die Firmen leisten – indem sie es ihren Beschäftigten leichter machen, in Gleitzeit oder im Home-Office zu arbeiten.

Die Pendler-Problematik in Dortmund ist Teil eines bundesweiten Trends: Nach Angaben der Bundesagentur für Arbeit pendelten im letzten Jahr 39 Prozent aller sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten in eine andere Stadt oder einen anderen Kreis zur Arbeit.

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Reaktionen

  1. Dortmunder

    Alles Unsinn: die Höhe der Mieten in Dortmund ist kein Grund, zu pendeln.
    Es gibt jede Menge – vergleichsweise – günstige Mietwohnungen in Dortmund. Und auch die Kaufpreise für Eigentumswohnungen sind absolut moderat.

  2. Bahnfahrer

    Es wurde im Artikel ja angesprochen.

    Ein ATRRAKTIVER und BEDARFSGERECHTER ÖPNV könnte da schon einiges helfen.

    Das heißt dann eben auch engere Taktungen, größere und längere Züge -die REs und S-Bahnen sind zu Stoßzeiten eine einzige Zumutung.

    Aber auch die stadteigenen Verkehrsbetriebe in den Städten müssen erheblich und kurzfristig nachbessern.

    Auch hier heißt es engere Takte, einteilige enge U-Bahnen sollten ganz verschwinden und durch längere Bahnen ersetzt werden..

    Die Gleise und Bahnsteige in den U-Bahnen geben da deutlich mehr her.

    Vielleicht würde es helfen, wenn das Management der stadteigenen Verkehrsbetriebe verdonnert würde, statt mit dem FirmenAudi A8 mit Bus und Bahn zur Arbeit zu fahren, könnte sein, dass dann die eine oder andere Einsicht oder zündende Idee recht schnell kommen könnte .

    Man muss sich nichts vormachen-der öffentliche Nahverkehr im Ballungsraun Ruhrgebiet hält keinem Vergleich mit anderen Großräumen in Deutschland und Europa stand.

    Da es eine Zumutung ist, in verdreckten, überfüllten und gelegentlich fahrenden Zügen durchs Revier zu tuckern , verzichten zigtausende Menschen gleich vollständig auf die Nutzung.

    Die berechtigte Forderung nach bezahlbarem und ausreichendem Wohnraum in den Städten ist richtig, die Umsetzung braucht aber Zeit- ein paar neue Züge und Waggons anzuschaffen, um bessere Taktzeiten und größere, längere Züge bereit zu stellen, dürfte da erst mal deutlich schneller wirken.

    Aber, so lange die Entscheider das, was sie dem Kunden anbieten, nicht selber nutzen müssen,wird sich auch in den nächsten 25 Jahren daran nichts ändern.

  3. Marilou Monroe

    Kann natürlich auch sein, weil das Ruhrgebiet da ein wenig komisch ist. Es gibt nun mal viele umliegende Städte. Wer z.B. als Bochumer einen Job in Do bekommt muß ja nicht zwangsläufig umziehen, sondern kann in BO wohnen bleiben, so wie ein Kreuzberger auch nicht bach Pankow zieht nur weil er dort arbeitet.
    Trotzdem kann ich mich dem Vorschreiber anschließen was den ÖPNV betrifft. Der ist hier eine Katastrophe

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