Von Gerd Wüsthoff
Das Karree zwischen Sonnenplatz, Große-Heim-Straße und Neuer Graben – eine idyllische, und gesuchte Wohnlage am westlichen Rand des Kreuzviertels. Doch diese Idylle trügt, aktuell herrscht allerdings ein Klima der Unsicherheit, weil die MieterInnen der LEG Wohnungen Angst vor der Zukunft haben.
Die Renovierungsmaßnahmen verursachen deutliche Mieterhöhungen
Demnächst erfolgende Renovierungsmaßnahmen führen zu deutlich erhöhten Mieten, für ihre jetzt noch bezahlbaren Wohnungen (Kaltmiete von 5,40 je Quadratmeter auf max. 8,12 Euro). Dagegen wehren sich die MieterInnen. Sie befürchten als Folge der Mieterhöhung „den Verlust der Sozial Struktur“ zwischen Sonnenplatz und Neuer Graben, wie eine erboste Mieterin sagt.
Sie ist nicht die einzige Bewohnerin mit Zukunftssorgen, wie die Nordstadtblogger anlässlich eines Pressetermins des Mietervereins Dortmund im Karree erfahren konnten.
„Die LEG geht über die Interessen ihrer Mieter hinweg“, findet zum Beispiel Egon Gennat, Mieter der LEG im Karree zwischen Sonnenplatz und Neuer Graben. „Und was sollen Balkone zur Nordseite bringen? Einen Außenkühlschrank?“, fragt er.
Die Ankündigungen zum Anbau der Balkone flatterten den MieterInnen einst rechtzeitig ins Haus, aber die LEG konnte den Termin zur Errichtung im August wegen Formfehlern bei der Genehmigung nicht einhalten – somit sollen nun die Balkone im Februar 2018 angebracht werden. Die LEG teilte den MieterInnen mit, sie veranschlage dafür zwei Tage. „Zwei Tage in Winterkälte und dann der Staub und Bauschutt!“ ärgert sich eine „Und vor allem wie sollen wir in Zukunft die Möbel stellen? So eine neue Balkontür steht dann im Weg“, beklagt Gennat.
Die Reaktion der LEG: „Die Beeinträchtigungen für die Mieter sind minimal“
Die Nordstadtblogger hakten bei der LEG nach. Dort versichert Niederlassungsleiterin Andrea Kisters: „Die Beeinträchtigungen für die Mieter sind minimal. Der eigentliche Durchbruch mit dem Einsetzen der Balkontür wird nicht mal einen Tag dauern. „Bei der Planung der Maßnahme sind wir gemäß der Baupläne vorgegangen.“
Davon abweichend werden von MieterInnen als Wohnzimmer ausgewiesene Räume als Schlafzimmer genutzt. Daraus ergibt sich beim Einbau der Balkontür die Schwierigkeit, die Möbel zu stellen. „Dennoch versuchen wir natürlich immer, auf individuelle Bedürfnisse einzugehen. Jetzt bauen bei Wohnküchen z.B. die Balkontüren so ein, dass die Kücheneinbauten der Mieter stehen bleiben können.“
„Bei den anstehenden 90 Badrenovierungen ist die LEG zu einer Optionslösung bereit und akzeptiert deren Renovierung erst nach dem Auszug des aktuellen Mieters, sofern die Bäder noch einem aktuellen Stand entsprechen. Diese, eine Mieterhöhung vermeidende, Optionslösung wird allerdings für die Balkone durch die LEG nicht akzeptiert“, erklärte Tobias Scholz, Wohungspolitischer Sprecher des Mietervereins.
Seit Oktober diesen Jahres ist die Kommunikation zwischen der LEG und ihren Mietern gestört. Schreiben erreichen MieterInnen mit Ankündigungen für eine Renovierungsmaßnahme nach oder während deren Durchführung. Die Service-Nummer ist nur schlecht erreichbar: „Als wollen sie uns abwimmeln!“ beklagt sich eine Mieterin. „Ganz besonders heikel wird es bei den Nebenkostenabrechnungen, welche ohne detaillierte Aufschlüsselung von Kostenpositionen versandt wurden.“
Gestörte Kommunikation: Statt Antworten auf Fragen reagiert die LEG mit Mahnungen
„Nachfragen von Mietern wurden mit einer Mahnung beantwortet“, berichtet Tobias Scholz. „Trotz Einspruch lässt die LEG das Mahnverfahren laufen.“ Im aktuellen Renovierungsschub zeigten sich nach Ansicht der MieterInnen unkoordinierte und fragwürdige Renovierungsmaßnahmen, welche eigentlich Schönheitsreparaturen oder „Kosmetik“seien.
So würden Treppenhäuser vor dem Einbau neuer, als unsicher empfundenen Hauseingangstüren gestrichen, oder die Wärmedämmung der Kellerdecke zu den darüber liegenden Wohnungen im Bereich der Treppenhäuser unterbrochen, womit sie eine Kältebrücke zu den Wohnungen bildeten.
„Der Gipfel bei den neuen Haustüren war, dass einige Mieter keine neuen Schlüssel für die neuen Türen und Schlösser erhalten hatten, und ausgesperrt waren“, so Egon Gennat. Andrea Kisters weist die Kritik zumindest bezüglich der Sicherheitsbedenken zurück: Die neuen Hauseingangstüren entsprächen den aktuellen Sicherheitsstandards.
Trotz aller geplanten Renovierungen, die auch Vorteile für MieterInnen bringen sollen, bleibt bei diesen die Sorge um ihre Zukunft in dem beliebten Kreuzviertel Karree. Denn die angekündigten Mieterhöhungen von 5,40 Euro auf maximal 8,12 Euro könnte für viele die Wohnung unbezahlbar machen. Die drohenden Mieterhöhungen können eine Steigerung der Kaltmieten auf bis zu 50 Prozent bedeuten (130 bis 137,80 Euro). Betroffen davon wäre auch Egon Gennat.
Reaktionen
Marco Bülow und Armin Jahl (SPD-MdL)
Miet-Verdrängung stoppen – Gespräch mit Dortmunder Mieterinnen und Mietern
Auf Einladung der Dortmunder Abgeordneten Armin Jahl, Marco Bülow und Volkan Baran kam es zu einem Treffen mit betroffenen Mieterinnen und Mietern der Initiative Sonnenplatz und Gartenstadt und dem Mieterverein. Marco Bülow und Armin Jahl geben dazu folgende Erklärung ab:
In Dortmund vermehrt sich seit Monaten Protest gegen finanzstarke, private Investoren wie Vonovia und LEG. Wie fast schon überall üblich nutzen diese Modernisierungen, um die Mieten mehr als deutlich zu erhöhen. Sie profitieren dabei von einer veralteten Regelung, die es erlaubt, 11 Prozent der Modernisierungskosten auf die Mieterinnen und Mieter umzulegen. Diese Regelung wollen CDU/CSU aber leider nicht ändern.
Die Mieterinnen und Mietern empfinden die Modernisierungen teilweise als nicht notwendig oder sogar unsinnig, während notwendige Instandsetzungen auf der anderen Seite ausblieben. In einem offenen Gespräch haben wir uns die Sorgen und Beschwerden der Betroffenen angehört. Zu diesen gehört auch eine alleinerziehende Mutter mit drei Kindern: „Ich kann nicht umziehen. Man findet in Dortmund kaum Kitaplätze und ich habe kein Auto, um die Kinder von einem Stadtende zum anderen zu bringen, um dann nach Bochum zur Arbeit zu fahren.“ Solche Existenzängste sind für die Mieterinnen und Mieter zur Zeit Dauerzustand.
Die Vermieter LEG und Vonovia blieben dem Gespräch trotz Einladung fern. Vor allem die Begründung der LEG hat uns doch sehr irritiert. Die LEG sieht in der vorgeschlagenen Zusammensetzung der Gesprächsrunde angeblich keine Möglichkeit für eine sachgerechte, ausreichend objektive Diskussion. Sie hätten die Möglichkeit gehabt, ihren Standpunkt deutlich zu machen, aber welche Problematik wir dabei ansprechen und welche Form wir nutzen, liegt bei uns Initiatoren des Gesprächs. Wir bedauern diese Absagen und befürchten, dass vor allem die Reaktion der LEG ein unangemessenes Ausweichmanöver ist. Es geht nicht um einen parteipolitischen Austausch – deshalb haben wir das Gespräch erst nach dem Wahlkampf platziert – , sondern um eine mögliche Problemlösung.
Auf jeden Fall werden wir die Anliegen der Mieterinnen und Mieter in die Bundes- und Landes-SPD einbringen. Wir müssen von der Dortmunder SPD ausgehend klare Positionen formulieren und zu Änderungen kommen. Die derzeitige Modernisierungsumlage von 11 Prozent ist unhaltbar. Wir fordern mindestens eine Absenkung auf 5 Prozent. Außerdem benötigen wir eine Kappungsgrenze für Mieterhöhungen aufgrund von Modernisierungen und müssen die Härtefallklausel konkretisieren. Diese Forderungen gilt es jetzt umzusetzen, um die Mieterinnen und Mietern bei Modernisierungen besser vor Verdrängung zu schützen.
Wir haben aber auch generell ein großes Problem am Wohnungsmarkt. Bezahlbarer Wohnraum wird immer knapper: Mieten steigen und trotz wieder angekurbeltem, sozialen Wohnungsbaus sinkt die Zahl der Sozialwohnungen. Die Situation wird sich noch weiter verschärfen. Auch Dortmund ist davon immer stärker betroffen. Beim Thema Mietpreise besteht insgesamt also großer Handlungsbedarf. Sowohl auf Bundes als auch auf Landesebene müssen wir das jetzt mit Priorität angehen.
Im kommenden Jahr wollen wir auch den Dialog fortsetzen und werden versuchen, doch noch alle Beteiligte an einen Tisch zu bekommen.