Inbetriebnahme des ersten Bahnhofs war die Geburtsstunde der Nordstadt

SERIE Nordstadt-Geschichte(n): Herzlichen Glückwunsch, Innenstadt-Nord, zum 175jährigen!

Aus südöstlicher Richtung auf den Bahnhof. Im Hintergrund rechts die Paulus-Kirche (Sammlung Klaus Winter)
Blick aus südöstlicher Richtung auf den Bahnhof – im Hintergrund rechts die Paulus-Kirche. Klaus Winter | Nordstadtblogger

Von Klaus Winter

Auf den Tag genau heute vor 175 Jahren wurde der erste Dortmunder Bahnhof eröffnet. Ein stolzes Jubiläum, das man eigentlich hätte feierlich begehen können. Aber anders als 1997, als es Festakte, Vorträge und Ausstellungen anlässlich des 150jährigen Jubiläums gab, wird in diesem Jahr anscheinend gar nicht der Inbetriebnahme des Bahnhofs gedacht.

Private Eisenbahngesellschaften bauten – die erste Bahnhofstraße existiert nicht mehr

Nach langem Abwägen der Vor- und Nachteile einer Eisenbahnstation bei Dortmund, zahlreichen Verhandlungen und vielen Vorbereitungen begannen im Frühjahr 1844 die Arbeiten an der Linie der privaten Cöln-Mindener Eisenbahngesellschaft und einem Bahnhof bei Dortmund. ___STEADY_PAYWALL___

Ein Jahr zuvor war auch die Entscheidung gefallen, dass die Bergisch-Märkische Eisenbahn Dortmund anfahren sollte. Beide Eisenbahngesellschaften teilten sich den Dortmunder Bahnhof.

Die alte Bahnhofstraße mit Post (links) und Stationsgebäude (Hintergrund). (Sammlung Klaus Winter)
Die alte Bahnhofstraße mit Post (links) und Stationsgebäude (Hintergrund). Foto: Sammlung Klaus Winter

Der Bauplatz des Bahnhofs lag etwas nordöstlich versetzt des aktuellen Empfangsgebäudes des Dortmunder Hauptbahnhofes. Er war nur über eine Sackgasse zu erreichen, die am Burgtor begann und parallel zum Wall nach Westen führte. Diese erste Bahnhofstraße, die später auch von der Straßenbahn befahren wurde, existiert heute nicht mehr.

Salutschüsse sollten Bahnhofs-Eröffnung verkünden

Der Grundstein für den Bahnhof wurde am 5. Juli 1845 gesetzt. Aus diesem Anlass fand ein Festmahl im Hotel „Römischer Kaiser“ statt. Die Bauarbeiten konnten zügig durchgeführt werden.

Als sich die Fertigstellung des Bahnhofs näherte, fasste der Dortmunder Magistrat den Beschluss, das Ereignis festlich zu begehen, und stellte für die Feier 250 Taler bereit.

Am Tag der Bahnhofseinweihung sollten die Straßen geschmückt werden, Glocken läuten und Salutschüsse abgefeuert werden. Es waren ein Dinner und ein Festball für Ehrengäste ins Auge gefasst worden.

Die Eröffnung des Bahnhofs war am 15. Mai 1847

Erster Dortmunder Eisenbahnfahrplan (Dortmunder Wochenblatt)
Erster Dortmunder Eisenbahnfahrplan (Dortmunder Wochenblatt)

Die Eisenbahngesellschaft wandte sich jedoch gegen die Festpläne der Stadt und verwies dazu auf die weitverbreitete, schwere Notlage der Arbeiterschafft.

Nach der schweren Missernte des Jahres 1846 hatte sich nämlich eine Hungersnot entwickelt, die sich auf die gesamte Wirtschaft negativ auswirkte und auch politische Folgen haben sollte.

So sagte die Stadt die Bahnhofs-Eröffnungsfeier wieder ab und spendete dem Armenfonds 100 Taler. Der Bahnhof wurde am 15. Mai 1847 sang- und klanglos eröffnet. Das Empfangsgebäude des Bahnhofs Dortmund war 1847 allerdings noch nicht fertiggestellt. Ein Provisorium musste seine Aufgaben übernehmen. Später diente es als Lagerschuppen.

Im Norden war ein neues Stadtviertel in Sicht

Ansicht Dortmunds von Norden, Mitte der 1850er Jahre, von der Klischee-Anstalt C. L. Krüger GmbH gefertigt.
Ansicht Dortmunds von Norden, Mitte der 1850er Jahre, von der Klischee-Anstalt C. L. Krüger GmbH gefertigt.

Schon früh waren in der Presse Visionen eines räumlich ausgedehnteren Dortmunds aufgrund der Eisenbahnanlage diskutiert worden. So hieß es im Oktober 1845 im „Wochenblatt für die Stadt und den Kreis Dortmund“: „… die ganze Seite der Stadt nach dem Bahnhof hin besteht ja aus großen Gärten, worin recht bequem ein neues Stadtviertel erbauet werden kann“.

An anderer Stelle hieß es, dass „sich gewiß an der nördlichen Seite von Dortmund bald eine Vor- oder Neustadt“ erheben werde.

Die Entwicklung andere Städte wurde beobachtet

Aus nordöstlicher Richtung auf den Bahnhof (Sammlung Klaus Winter)
Blick aus nordöstlicher Richtung auf den Bahnhof. Foto: Sammlung Klaus Winter

Dass im Gefolge einer Bahnhofseröffnung tatsächlich ein neuer Stadtteil entstehen konnte, belegte schon damals beispielsweise die Entwicklung von Städten wie Leipzig, Dresden und Frankfurt. Dort waren im Bahnhofsumfeld „bedeutende Etablissements, neue Stadtviertel, die mit den Städten in innigster Communication stehen“ aus dem Boden gesprossen.

In Dortmund sah man die zwar um ihre Tore beraubte, aber sonst noch im Wesentlichen erhaltene Stadtmauer zwischen Burg- und Westentor als Hindernis für eine solche Entwicklung. Es entstand eine öffentliche Diskussion über Vor- und Nachteile des Erhalts der Stadtmauer im Bahnhofsbereich.

Nicht die Stadtmauer, die Eisenbahn selber ist die Grenze

Aber in diesem Punkt sollte man sich doch sehr irren! Als tatsächliche Grenze zwischen der Altstadt und der Nordstadt entpuppte sich nämlich die Eisenbahnlinie selber. Denn sie behinderte den Verkehr zwischen den Stadtteilen, weil sie nur an wenigen Stellen dem Straßenverkehr das Überqueren (früher), das Unterqueren der Gleisstränge (heute) ermöglicht.

Ungeachtet dieses Problems, das vor der Eröffnung des neuen Hauptbahnhofes 1910 jahrzehntelang als „Dortmunder Eisenbahnelend“ reichsweit bekannt war, entwickelte sich die Nordstadt zu einem bedeutenden Dortmunder Stadtteil. Und trotz ihres nunmehr 175jährigen Alters ist die alte Dame Nordstadt in mancher Hinsicht sehr jung und fidel.

Blick über den Bahnhof zum "nördlichen Stadtteil" mit Josephskirche im Hintergrund links (Sammlung Klaus Winter)
Blick über den Bahnhof zum „nördlichen Stadtteil“ mit Josephskirche im Hintergrund links. Foto: Sammlung Klaus Winter
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