Serie Hafengeschichte(n): Die Günter Pauli GmbH feiert ihren 50. Geburtstag und hat ihre Heimat im Hafen

Wolfgang Wiedemann (li.) und Boris Pick bauen den Motor von der Magnetanlage eines Krans auseinander. Foto: Nadine Albach
Wolfgang Wiedemann (li.) und Boris Pick bauen den Motor von der Magnetanlage eines Krans auseinander. Foto: Nadine Albach

Von Nadine Albach

Die Ware soll raus – aber das Tor öffnet sich nicht! Die Produktion muss laufen – aber die Schaltanlage funktioniert nicht mehr! Katastrophenszenarien für jedes Unternehmen. Für die Mitarbeiter der Günter Pauli GmbH hingegen ist das Alltag: Sie haben sich auf die Reparatur und Instandhaltung von Industrietoren, elektrischen Antrieben sowie Kran- und Industrieanlagen spezialisiert – und das seit 50 Jahren. Im Herzen des Hafens.

Das Alte Hafenamt erhebt sich majestätisch gegen den Himmel, die Anlegestelle der Santa Monika lockt auf das glitzernde Wasser. Die Seite des Hafens, die Romantik, Entspannung, Freizeit verspricht, ist nur ein paar Schritte entfernt von der Günter Pauli GmbH. Wer die Tür zur Werkstatt öffnet, tritt jedoch in eine andere Welt ein: Es riecht nach einer besonderen Mischung aus Lack, Öl – und Arbeit. Plötzlich eine Flamme, rot-gelb leuchtend, dann ein wenig Dampf.

Boris Pick und Wolfgang Wiedemann beugen sich über den Motor von der Magnetanlage eines Krans, der gerade zur Überprüfung da ist. Um das Antriebsteil abziehen zu können, mussten sie das gute blaue Stück erst erhitzen. Der Motor ist ein altes Schätzchen aus den 60ern – umso wichtiger ist es für den Kunden, ihn instand zu setzen, weil ein neuer Motor gar nicht zu seiner Anlage passen würde. Also nehmen Boris Pick und Wolfgang Wiedemann ihn sorgsam Stück für Stück auseinander.

Spezialisten sind gefragt – nicht nur in der Nordstadt

Der Hafen ist der perfekte Standort für die Günter Pauli GmbH mit Grete Pauli und ihren beiden Söhnen Marcus (li.) und Matthias. Foto: Dortmunder Hafen AG / Jürgen Appelhans
Der Hafen ist der perfekte Standort für die Günter Pauli GmbH mit Grete Pauli und ihren beiden Söhnen Marcus (li.) und Matthias. Foto: Dortmunder Hafen AG / Jürgen Appelhans

Geschäftsführerin Grete Pauli sieht ihnen kurz zu. „Früher hatten wir sechs Mitarbeiter in der Werkstatt und vier für die Montage – alles Allrounder. Das funktioniert heute nicht mehr. Inzwischen haben wir drei Fachabteilungen, die von drei Experten geleitet werden.“ Zu spezifisch, zu sensibel sind die Anforderungen in den einzelnen Bereichen geworden: Ob es um die Instandhaltung und Reparatur von elektrischen Antrieben, Kran- und Industrieanlagen oder Industrietortechnik geht – Spezialisten sind gefragt.

Als Günter Pauli im Sommer 1964 in der Kipperstraße 10 das Unternehmen „Günter Pauli Elektromaschinenbau“ gründete, war er ein Spezialist für die Reparatur von elektrischen Maschinen – erst fünf Jahre später wurde er auch zum Kümmerer für Produktions-, Industrie- und Krananlagen. Wolfgang Wiedemann war dabei in dieser Anfangsphase, gerade 17 Jahre jung. „Das war schon sehr viel ruhiger damals. Wir haben oft zu dritt am Tisch gestanden.“

Es war eine Zeit, in der Günter Pauli sich von den anderen Hafen-Unternehmern noch schriftlich bestätigen lassen musste, dass sie seine Dienste benötigen und mit der Ansiedlung am Hafen einverstanden sind. Und es war eine Zeit, in der die Schiffe in Dreierreihen darauf warteten, endlich ihre Ware abladen zu können.

Standhaft in einer Männerdomäne

Grete Pauli kann sich daran genau erinnern – obwohl sie zu der Zeit mit der „Günter Pauli Elektromaschinenbau“ noch nichts zu tun hatte. Sie arbeitete auch am Hafen, aber als „Mädchen für alles“ im Sekretariat der Betriebsleitung bei der Rhenus-WTAG-Niederlassung Dortmund. „Mein Chef hat mich überallhin gejagt. Ich war die einzige Frau, die alle Betriebe kannte.“ Dass sie so früh lernte, sich in dieser Männerdomäne zu behaupten, sollte essentiell für sie werden.

1983 heirateten Grete und Günter Pauli – im gleichen Jahr, wie die Firma an die Mallinckrodtstraße 411 zog. In den folgenden beiden Jahren wurden ihre Söhne Matthias und Marcus geboren. 1991 aber starb ihr Mann plötzlich. Grete Pauli stand da, allein mit zwei kleinen Kindern und einem mittlerweile deutlich gewachsenen Betrieb. Für sie war klar: Sie würde weitermachen. „Mein Antrieb: Ich wollte, dass meine Söhne unter guten Bedingungen groß werden.“

Familienbetrieb im besten Sinne – 50 Jahre im Hafen

Bei der Günter Pauli GmbH sind Spezialisten gefragt. Den Überblick haben Grete Pauli und ihre Söhne Marcus (li.) und Matthias. Foto: Dortmunder Hafen AG / Jürgen Appelhans
Bei der Günter Pauli GmbH sind Spezialisten gefragt. Den Überblick haben Grete Pauli und ihre Söhne Marcus (li.) und Matthias. Foto: Dortmunder Hafen AG / Jürgen Appelhans

Das mittlerweile in „Günter Pauli GmbH“ umfirmierte Unternehmen wurde zu einem Familienbetrieb im wörtlichen Sinne: Wenn Grete Pauli auf der Arbeit war, kamen Matthias und Marcus mit, machten Hausaufgaben, spielten. „Das war alles vertraut und selbstverständlich. Aber so etwas bewältigt man nur, wenn man gestützt wird: Ohne meine Mitarbeiter hätte ich das nicht geschafft.“ Zu diesen Stützen zählt insbesondere Gerd Grönebaum. Er gehörte zum Gründerteam, übernahm die technische Geschäftsführung und trieb die Entwicklung der Firma durch seinen Forschungsdrang unermüdlich voran.

Für Matthias und Marcus wurde die Werkstatt zum zweiten Zuhause und der Austausch mit Gerd Grönebaum zum Alltag. Wie selbstverständlich bauten sie mit Lego- und Fischertechnik ihre eigenen Industrieanlagen nach. Heute sind beide Prokuristen – Matthias als studierter Elektrotechniker mit dem Schwerpunkt Kran- und Industrieanlagen, Wirtschaftsingenieur Marcus mit dem Fokus auf der Umstrukturierung des Unternehmens und der Optimierung des Instandhaltungsmanagements.

Sowohl Grete Pauli als auch ihren Söhnen ist aber vor allem eines wichtig: Dass die menschliche Ebene stimmt und die Mitarbeiter gut versorgt sind. Für Wolfgang Wiedemann der Grund, warum er dem Unternehmen seit 44 Jahren treu ist: „Vorher habe ich in einem großen Betrieb gearbeitet, da war man nur eine Nummer. Hier kann man sich persönlich einbringen. Das ist ein schönes Arbeiten.“

Heimat Hafen

24 Mitarbeiter und drei Aushilfen auf 1300 qm Betriebsgelände: das ist die Günter Pauli GmbH heute. Viel hat sich verändert: Früher gehörte es zum Alltag, dass die Mitarbeiter wie eine Feuerwehr bei Problemen ausrückten, auch Weihnachten und Silvester – heute sind die Notsituationen seltener geworden, weil der Trend zur vorbeugenden Instandhaltung geht. Früher stammten die Kunden fast ausschließlich aus dem Hafen – jetzt kommen sie aus ganz NRW, manche sogar aus Heidelberg oder Mannheim.

Der Hafen aber bleibt für Grete Pauli der perfekte Standort, vor allem wegen der idealen Verkehrsanbindung und der Nähe zu den Kunden. „Ich wünsche dem Hafen, dass er alle Chancen zur Weiterentwicklung nutzt und sich interessant macht für Unternehmen, die sich hier ansiedeln wollen – auch wenn ihr Gewerk nicht unbedingt ein Hafenbecken braucht“, sagt sie lachend. Und zum 50. Ihres Unternehmens hofft sie, dass „die Visionen meiner Söhne sie dorthin bringen, wo sie hinwollen, mit Unterstützung der Mitarbeiter.“

Grete Pauli sieht aus dem Fenster, das alte Hafenamt rechts, das CTD links. Der alte und der neue Hafen. Ein bisschen ist es auch ihrer, seit 42 Jahren. „Das ist irgendwie so etwas wie zu Haus.“

Hafenbuch ist im Handel erhältlich

Der Text ist ein Auszug aus dem Buch „Der Dortmunder Hafen: Geschichte – Gegenwart – Zukunft“ . Das Buch ist im Aschendorff Verlag unter der ISBN-Nr. 978-3-402-13064-3 erschienen und für 24,80 Euro im Buchhandel erhältlich.

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