Weltverbrauchertag: Achtung vor Kreditaufnahmen bei knapper Kasse

Preiskrise treibt Menschen in Kreditfallen: Verbraucherzentrale warnt vor teuren Angeboten

Vermeintlich günstige Angebote erweisen sich bei näherem Hinsehen als Zinsfalle - gerade in Zeiten steigender Zinsen.
Vermeintlich günstige Angebote erweisen sich bei näherem Hinsehen als Zinsfalle – gerade in Zeiten steigender Zinsen. Symbolbild: Depositphotos.com/ Andrey Popov

Viele Kreditvermittler locken in Anzeigen mit „Krediten ohne Schufa“ oder „unbürokratischen, problemlosen Sofort-Krediten“. Wenn das Geld knapp ist, erscheinen solche Angebote auf den ersten Blick sehr attraktiv. Besonders für Menschen mit geringer Bonität, deren Hausbank kein reguläres Darlehen mehr gewährt. „Durch Inflation und Energiepreiskrise geraten immer mehr Menschen in akute Zahlungsschwierigkeiten“, warnt Wolfgang Schuldzinski, Vorstand der Verbraucherzentrale NRW, anlässlich des Weltverbrauchertages am 15. März 2023.

Kein funktionierender Schutz vor überhöhten Kreditkosten und Wucherzinsen

„Die Kreditaufnahme erscheint dann manchen als schnelle Lösung, um sich finanziell wieder Luft zu verschaffen. Sie führt Verbraucher:innen aber oftmals in eine Kostenspirale aus hohen Zinsen und versteckten Zusatzkosten.“ Der Verbraucherschützer sieht hier auch die Politik gefordert: „In Deutschland gibt es aktuell keinen funktionierenden Kostendeckel, der Verbraucher:innen vor überhöhten Kreditkosten und Wucherzinsen schützt.“

Die Verbraucherzentrale warnt vor Lockangeboten und Wucherzinsen.
Die Verbraucherzentrale warnt am Weltverbrauchertag vor Lockangeboten und Wucherzinsen. Foto: Rene Golz für die VZ NRW

Wer an einen dubiosen Kreditanbieter gerät, muss mit teils enormen Zusatzkosten rechnen. Gerade Kleinkredite, die niedrige Geldsummen schnell verfügbar machen sollen, können sehr teuer werden. Hohe Zinssätze von bis zu fast 15 Prozent sind keine Seltenheit. Oft werden Verbraucher:innen darüber hinaus weitere sogenannte „Zusatzleistungen“ in Rechnung gestellt, damit das Geld besonders schnell, zum Beispiel innerhalb von 24 Stunden, ausgezahlt wird.

Besondere Vorsicht ist geboten, wenn Verbraucher:innen Angebote erhalten, die als „Finanzsanierung“ firmieren. Hinter diesen Angeboten verbirgt sich häufig überhaupt kein Kredit. Stattdessen sollen Verbraucher:innen für meist  gehaltlose Leistungen hohe Kosten zahlen. „Viele Menschen geraten in ihrer Not an teure Kredite mit hohen Zusatzkosten, die ihr Problem nicht lösen, sondern ihre finanzielle Situation sogar verschlimmern“, so Schuldzinski.

Forderung der Verbraucherzentrale: Wucherzinsen einen Riegel vorschieben

Aber auch bei anderen Kreditanbietern ist Vorsicht geboten. So kann ein Rahmenkredit, der über eine Kreditkarte in Anspruch genommen wird, schon mal mit über 16 Prozent effektiven Jahreszins zu Buche schlagen. Auch der allseits bekannte Dispo kann zur Kostenfalle werden, wenn er nicht schnell wieder ausgeglichen wird. Wird der Dispo regelmäßig genutzt, um die monatlichen Lebenshaltungskosten zu decken, kann er, bei Zinssätzen von um die 10 Prozent und mehr, den Einstieg in die Überschuldung bedeuten.

Die Verbraucherzentrale warnt, nicht auf Lockvogelangebote hereinzufallen - sonst schnappt die Kreditfalle zu.
Fallen Sie nicht auf Lockvogelangebote herein – sonst schnappt die Kreditfalle zu. Symbolbild: Depositphotos.com/ Romolo Tavani

Verbraucher:innen werden vor überhöhten Kreditkosten derzeit nur unzureichend geschützt. Lediglich die Sittenwidrigkeitsrechtsprechung setzt bisher gewisse Grenzen. So gilt ein Kreditvertrag als sittenwidrig, wenn zwischen Leistung und Gegenleistung ein auffälliges Missverhältnis besteht und der Kreditgeber die schwächere Stellung des Kreditnehmers bewusst ausnutzt. „Die Rechtsprechung ist jedoch kompliziert, hochgradig einzelfallabhängig und berücksichtigt nur bedingt neuere verbraucherschützende Vorschriften“, kritisiert Schuldzinski.

„Ein wirklicher Kostendeckel muss klar, effektiv und für Verbraucher:innen rechtssicher sein. Wir fordern daher, dass der Gesetzgeber für jede Form des Verbraucherkredits einen Referenzzinssatz festlegt, der in regelmäßigen Zeitabständen angepasst wird. Wird dieser um einen bestimmten Wert überschritten, ist die Kreditvergabe sittenwidrig, da wucherisch.“ Auf europäischer Ebene wurde im Rahmen der Überarbeitung der Verbraucherkreditrichtlinie ein “Kostendeckel“ für Verbraucherkreditkosten diskutiert. „Im Ergebnis wurde bisher jedoch die Chance vertan, diesen auf  EU-Ebene als wirksamen Schutz vor Wucherzinsen umzusetzen“, so Schuldzinski.

Dringender Appell: In finanzieller Notlage professionelle Hilfe suchen

Grundsätzlich sollten Verbraucher:innen in finanziellen Schwierigkeiten vor dem Abschluss eines Kredites  alternative Lösungen prüfen und dafür im Zweifelsfall auch professionelle Hilfe in Anspruch nehmen. Zentrale Anlaufstellen sind hierfür die durch die Aufsichtsbehörde anerkannten – möglichst kostenfreien – Schuldnerberatungsstelle.

Fachleute können Betroffene dabei unterstützen, sich einen Überblick über ihre Finanzen zu verschaffen, die ausstehenden Zahlungen zu priorisieren, Einsparmöglichkeiten zu ermitteln oder potentielle Ansprüche auf staatliche Transferleistungen aufzuzeigen.

Weitere Informationen zu Kreditfallen unter: www.verbraucherzentrale.nrw/kreditfallen

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Reaktionen

  1. Schuldnerberatungsstelle der Grünbau gGmbH Dortmund sieht steigendes Überschuldungsrisiko durch Inflation (PM)

    Eine weiter steigende Nachfrage nach Schuldnerberatung sieht der Leiter der Schuldnerberatung Dortmund als Folge der Inflation. „Das Überschuldungsrisiko steigt“, sagt Alexander Elbers zu Beginn der Aktionswoche Schuldnerberatung der Arbeitsgemeinschaft Schuldnerberatung der Verbände (AG SBV) am 12. Juni.

    „Viele Menschen machen sich große Sorgen und sind verunsichert, wie sie ihre Zukunft bewältigen können. Das erleben wir tagtäglich in unserer Schuldnerberatung. Die Zahl der telefonischen Anfragen hat sich in den ersten 5 Monaten gegenüber dem Vorjahr deutlich gesteigert. Waren es 2022 im Durchschnitt rd.430, so ist diese Zahl in den ersten 5 Monaten auf über 600 Anrufe gestiegen. Das Motto der Aktionswoche Schuldnerberatung ‘Was können wir uns noch leisten? – Überschuldungsrisiko Inflation‘ gibt die Stimmung ganz gut wieder“, bestätigt seine Kollegin Gabriele Guth. Es sei deutlich zu spüren, dass die meisten Waren, Energie, Mieten und andere Dinge teurer geworden seien. „Haushalte mit knappem Einkommen trifft es besonders hart“. Nicht wenige Haushalte müssten bereits ein Drittel ihres Einkommens allein für den Wohnraum ausgeben und eine Entspannung der Situation sei nicht in Sicht. Umso schwieriger werde es dann, die gestiegenen Energiekosten und die deutlich teureren Lebenshaltungskosten zu stemmen.

    „Als gemeinnützige Schuldnerberatungsstelle ist es uns ein Anliegen, die Menschen in den Mittelpunkt zu stellen, die aufgrund ihrer Einkommenssituation besonders von der Inflation betroffen sind“, sagt Alexander Elbers. Daher unterstützt er die Forderungen der AG SBV zur Aktionswoche Schuldnerberatung. „Wir brauchen einen gesetzlichen Rechtsanspruch auf Schuldnerberatung“, sagt er. Das sei angesichts des deutlich wachsenden Beratungsbedarfs dringend notwendig. Denn die Zugänge zur Schuldnerberatung seien deutschlandweit sehr uneinheitlich. „Mancherorts können nur Ratsuchende, die Bürgergeld oder Sozialhilfe erhalten, ohne jegliche Einschränkung kostenfrei beraten werden“, beklagt er. Zudem müsse es einen zukunftsweisenden Ausbau der Finanzierung von sozialer Schuldnerberatung geben.

    Der Schuldnerberater fordert einen generellen Pfändungsschutz von existenzsichernden Leistungen. Solange es den nicht gebe, sei eine finanzielle Abwärtsspirale für viele Haushalte vorprogrammiert. Diese führe dann auch dazu, dass die grundlegendsten Dinge wie Strom oder Gas nicht mehr bezahlt werden könnten, so dass es zu Energiesperren komme. „Mit allen Schuldnerberatungen der Verbände fordern wir: Keine Energiesperren für Verbraucherinnen und Verbraucher“, sagt Alexander Elbers. Vielmehr müsse ein unbürokratischer Zugang zu Sozialleistungen gewährleistet werden. Den Hilfsfond der Stadt Dortmund begrüßt er an dieser Stelle ausdrücklich.

    Die Schuldnerberatung Dortmund bietet anlässlich der Aktionswoche Schuldnerberatung eine offene Sprechstunde an Diese wird am 13.06.2023 in der Zeit von 9:00 bis 14:00 in der Beratungsstelle am Ostenhellweg 42-48 stattfinden. Eine Voranmeldung ist nicht erforderlich.

    Das Forderungspapier der AG SBV zur Aktionswoche Schuldnerberatung 2023 findet sich im Internet unter: http://www.aktionswoche-schuldnerberatung.de

  2. Schnelle Hilfe bei Überschuldung: Aktionswoche Schuldnerberatung vom 12. bis 16. Juni 2023 in der Beratungsstelle / Schuldner- und Insolvenzberatung in Dortmund (PM)

    Steigende Mieten, teurere Kredite, höhere Lebensmittelpreise: Viele Menschen machen sich große Sorgen, wie sie finanziell ihren Alltag bewältigen können. „Wir erleben das täglich in unserer Schuldner-beatung”, sagt Alexandra Kopetzki, Leiterin der Schuldnerberatung in Dortmund. „Die Inflation trifft Haushalte mit knappem Einkommen besonders hart, das Überschuldungsrisiko steigt. Wir sind in der Beratung stark ausgelastet.” Gebündelte Informationsangebote dazu bietet die Aktionswoche, die vom 12. bis 16. Juni 2023 unter dem Motto steht „Was können wir uns noch leisten? Überschuldungsrisiko Inflation”.

    Haushaltsbuch führen:

    Von der Miete bis zur Kleidung, vom Streaming-Abo bis zum Kaffee zwischendurch fallen viele Kosten an. Ein Haushaltsbuch hilft, einen genauen Überblick über alle Einnahmen und Ausgaben zu bekommen. Das gibt es analog auf Papier oder digital als „Budgetplaner“ oder „Money Diary“. So werden Sparmöglichkeiten und Ursachen für knappe Kassen sichtbar. Verfügbar ist ja nur das, was nach Abzug der festen Ausgaben von den regelmäßigen Einnahmen übrig ist. Am besten teilt man diesen Betrag durch vier und weiß, wie viel Geld man pro Woche ausgeben kann, um nicht ins Minus zu geraten. Für den besseren Überblick können die Ausgaben in Kategorien eingeteilt werden wie „Essen und Trinken“ oder „Kleidung“. Auch kleinere Beträge sollten notiert werden. Es lohnt sich, alle Einkaufsbelege mitzunehmen.

    Beim Lebensmittelpreis genau hinschauen:

    Die Preise für Lebensmittel sind stark gestiegen. Um wirklich das jeweils günstigste Angebot zu finden, reicht der Blick auf den Produktpreis nicht aus. Einen echten Vergleich erlauben nur die Grundpreise, also die Preise pro Kilo oder Liter, die klein gedruckt neben dem Produktpreis zu finden sind. Saisonale und heimische Lebensmittel sind in der Regel günstig. Hilfreich ist auch, einen Wocheneinkauf zu planen und mit einer Einkaufsliste überflüssige Spontankäufe zu vermeiden. Aus Sonderangeboten kann man Vorräte anlegen, die zu Hause richtig gelagert werden sollten, damit sie lange halten. Wer selber kocht und Übriggebliebenes geschickt verwertet, kann Ausgaben reduzieren.

    Energiesperren vermeiden:

    Zahlungen für Strom, Heizung und Miete sollten immer Vorrang haben. Strom kann bereits ab einem Zahlungsrückstand von mindestens 100 Euro abgestellt werden. Wer regelmäßig den Stromzähler abliest und die Abschlagszahlungen mit dem Stromverbrauch vergleicht, kann verhindern, dass monatlich zu viel abgebucht wird, was ja erst im Folgejahr zurückgezahlt werden würde. Grundsätzlich gilt: Es ist leichter, eine Energiesperre zu verhindern, als einen gesperrten Anschluss wieder freizuschalten. Wer trotzdem von einer Energiesperre betroffen ist, sollte sich möglichst schnell bei der Beratungsstelle Dortmund der Verbraucherzentrale NRW oder bei einer gemeinnützigen Schuldnerberatungsstelle Hilfe holen.

    Weiterführende Infos und Links:

    Mehr zum Sparen bei Lebensmitteln unter:
    http://www.verbraucherzentrale.nrw/node/72321

    Mehr zum Haushaltsbuch unter:
    http://www.verbraucherzentrale.nrw/node/52179

    Mehr zu Stromsperren unter:
    http://www.verbraucherzentrale.nrw/node/11674

    Für weitere Informationen

    Verbraucherzentrale NRW in Dortmund
    Tel. 0231-720 917-01
    dortmund@verbraucherzentrale.nrw

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