DSW21 zieht eine positive Bilanz zum Neun-Euro-Ticket: Insgesamt rund 313.000 Exemplare hat das Verkehrsunternehmen während des dreimonatigen Aktionszeitraums von Anfang Juni bis Ende August in Dortmund verkauft. Außerdem wurden auch die fast 80.000 Abo-Kund:innen spürbar entlastet. Sie bezahlten automatisch nur neun Euro pro Monat.
DSW21 verzeichnete elf Prozent mehr Fahrgäste in den Fahrzeugen
Seit dem Start des Tickets registrierte DSW21 insgesamt rund elf Prozent mehr Fahrgäste in den Fahrzeugen. Damit hat das Dortmunder Verkehrsunternehmen fast das Fahrgastaufkommen aus der Zeit vor Corona erreicht.
Positiv dabei: Während des dreimonatigen Aktionszeitraums verzeichnete DSW21 zwar punktuell gut bis sehr gut ausgelastete Fahrzeuge, überfüllte Busse und Bahnen wie etwa im Regionalverkehr waren jedoch nicht zu beobachten.
Bestätigt haben sich allerdings auch die Erwartungen hinsichtlich der Erlösausfälle. Rund 15 bis 20 Millionen Euro hatte DSW21 vor Einführung des Neun-Euro-Tickets vermutet, würden die Einnahmen sinken. Tatsächlich sind es rund 18 Millionen Euro Die Bilanz wird dadurch nicht zusätzlich belastet, weil der Bund die Differenz ausgleicht.
Zehntausende Dortmunder;innen spürbar entlastet
„Wir haben mit 313.000 verkauften Exemplaren in einer Stadt unserer Größenordnung ein wirklich hohes Interesse entfacht. Viele Dortmunderinnen und Dortmunder wurden schnell und spürbar entlastet, insofern wurde ein zentrales Ziel der bundesweiten Rabattaktion erreicht“, sagt DSW21-Verkehrsvorstand Hubert Jung.
„Auch die Tatsache, dass der ÖPNV mit seinen vielen Herausforderungen und seiner schwierigen Finanzsituation einmal so stark im Fokus der Öffentlichkeit stand, werte ich als grundsätzlich positiv.“
Weiterer Pluspunkt: „Viele Leute, die sonst wenig oder gar nicht mit Bus und Bahn fahren, haben dies nun ausprobiert. Sie haben dabei offenkundig im Juni positive Erfahrungen gemacht und sind dann dabeigeblieben. Schließlich verliefen die Verkaufszahlen im Juli und August auf ähnlichem Niveau.“
Bedauern bei den Verkehrsbetrieben über die fehlende Anschlusslösung
Gleichwohl ist es aus Sicht von DSW21 durchaus ernüchternd, dass die Politik den positiven Schwung des Neun-Euro-Tickets nicht genutzt hat, um eine nahtlos anschließende Nachfolgelösung auf den Weg zu bringen. „Unser Branchenverband VDV hatte mit dem 69-Euro-Klimaticket frühzeitig einen konstruktiven Vorschlag unterbreitet und zudem angeregt, im Herbst Gespräche über einen sozialpolitisch motivierten Tarif zu führen und bis Ende 2022 zu einem Ergebnis zu kommen“, so der Dortmunder Verkshrsvorstand.
Diese Vorschläge wurden jedoch nicht aufgegriffen und diskutiert. „Jetzt müssen wir dringend darüber sprechen, wie uns die Politik bei den gestiegenen Energie- und Spritkosten, unter denen viele Verkehrsunternehmen ächzen, unter die Arme greifen kann“, so Jung. DSW21 rechnet aktuell mit Mehrkosten für Diesel und Strom von rund fünf Millionen Euro allein im laufenden Jahr.
Die günstigen Tickets wurden vor allem im Freizeitbereich genutzt
Die insgesamt 313.000 in Dortmund verkauften Tickets verteilen sich nahezu gleichmäßig auf die drei Monate des Aktionszeitraums: 106.000 verkaufte Exemplare im Juni, 102.000 Exemplare im Juli und 105.000 Exemplare im August. Die meisten Tickets wurden dabei in den externen Vertriebsstellen (112.000) und an den Automaten (82.000) verkauft. Weitere Verkaufskanäle waren die KundenCenter, die DSW21-Busfahrer*innen sowie die DSW21- und die DOtick-App.
„Viele Fahrgäste haben das Neun-Euro-Ticket vor allem für Fahrten im Freizeitbereich genutzt“, berichtet Dr. Heinz-Josef Pohlmann, Leiter Betrieb und Marketing bei DSW21. Dafür spricht das gleichbleibend hohe Interesse in den Monaten Juli und August, die mitten in der Ferienzeit lagen.
Außerdem waren keine größeren Fahrgastzuwächse während der Spitzenlastzeiten im Berufsverkehr morgens und nachmittags zu beobachten. Die zusätzlichen Fahrgäste haben sich vielmehr gut auf die verschiedenen Tageszeiten und das gesamte Dortmunder Liniennetz verteilt.
Viele Neugierige probieren Bus und Bahn aus
„Wir haben hingegen schon gemerkt, dass einige Leute unterwegs waren, die sonst wenig oder gar nicht mit Bus und Bahn fahren“, so Pohlmann. „Der ein oder andere ist etwa mit einem Kaffeebecher oder einer Pizza ins Fahrzeug eingestiegen und wurde dann von unseren Mitarbeitenden entsprechend aufgeklärt, dass offene Speisen und Getränke nicht in die Fahrzeuge mitgenommen werden dürfen.“ Nennenswerte Probleme hat dies jedoch nicht verursacht.
Ein wesentlicher Erfolgsfaktor des Neun-Euro-Tickets sei neben der besonderen medialen Aufmerksamkeit die Einfachheit des Angebots gewesen. Pohlmann dazu: „Für neun Euro in ganz Deutschland Bus und Bahn fahren, das zündet sofort. Das Ticket war nicht nur außergewöhnlich stark rabattiert, sondern vor allem auch für jeden leicht verständlich. Schade, dass keine entsprechend einfache Nachfolge-Lösung auf den Weg gebracht wurde.“
Pohlmann verweist in diesem Zusammenhang jedoch nochmal auf den seit dem Jahreswechsel erhältlichen Luftlinien-Kilometer-Tarif „eezy“. Dieser besticht ebenfalls durch seine rigorose Einfachheit: Für eine Fahrt mit Bus oder Stadtbahn können sich die Fahrgäste ganz bequem per Smartphone ein- und auschecken. Nahezu unabhängig von bestehenden Tarif-Modellen und Verbundgrenzen wird der Fahrpreis dann anhand der Luftlinie zwischen Start und Ziel der Fahrt ermittelt. „eezy“ ist in der DOtick-App von DSW21 verfügbar.
Reaktionen
juergen
Na, dann fahren jetzt wieder mehr LEERE Sitze durch die Gegend.
Das hat auch was.
Stiefkind Mobilität in der Bildung – Wir fordern das Bildungsticket für den ÖPNV! (PM LEK NRW)
Seit Jahren fordert die Landes-Elternkonferenz (LEK) NRW die Einführung eines kostenlosen Bildungstickets im ÖPNV für alle Schülerinnen und Schüler in NRW, für mehr chancengerechte Bildung, aber auch mit dem Blick auf die schon lange drohenden Klimaveränderungen.
Die Vorgaben im Schulrecht für ein vergünstigtes Ticket sind aber an ungerechte Bedingungen geknüpft: Entfernung Fußweg zur nächsten Schule der Schulform. Diese Regelung bedeutet alles oder nichts. Die Entfernung, und damit auch das Problem, erweitert sich jeweils mit dem Wechsel zur nächsten Schulstufe. Unberücksichtigt von der finanziellen Situation der Familien oder der Anzahl der minderjährigen Familienangehörigen, hängt ihre Mobilität daher von der richtigen Entfernung ab. Jeder Meter zu wenig kann bedeuten, dass ein Straßenzug Familien davon trennt eine Vergünstigung zu erhalten oder eben nichts. Da die Tickets in NRW aber nicht nur den Schulweg abbilden, sondern Bezugsberechtigten eine NRW-weite Nutzung ermöglichen, sind die Abgehängten doppelt benachteiligt.
Die aktuelle dramatische Inflation und drohende Rezession, bringt Familien, die ihren Kindern bisher das Selbstzahler-Ticket noch irgendwie finanzieren konnten, in schwere Notlagen. Besser gestellte Familien können diesen Nachteil vielleicht noch überwinden. Alle anderen bleiben im wahrsten Sinne des Wortes auf der Strecke. So hatten viele Familien wenigstens auf eine Fortführung des 9 Euro Tickets, mindestens für ihre Kinder, gehofft und werden wieder einmal bitter enttäuscht.
Dass es auch anders gehen kann, zeigen nicht nur große Städte wie Rostock, sondern auch kleine Kommunen wie Gütersloh in NRW. Gütersloh startet ein Pilotprojekt für zwei Jahre, das allen Schüler*innen eine kostenfreie Mobilität mit dem Westfalenticket über die Kommune hinaus ermöglicht. Ein Modell, das sich die LEK NRW für alle Schüler*innen in NRW wünscht. Politisch aber immer wieder abgewiegelt wird, weil die Verkehrsbetriebe die Machbarkeit anzweifeln. Sie fürchten, dass die Kapazitäten nicht reichen würden und die Kosten zu hoch wären. Besonders absurd, weil die kommunalen- und Landes-Verkehrsbetriebe ohnehin nicht unerheblich von Land und Kommunen subventioniert werden.
Das 9 Euro Ticket hat verdeutlicht, dass es keineswegs zu einer Überlastung im Regelfall kommt. Es hat vielmehr unterstrichen, dass vielen Kindern dadurch auch die Teilhabe an Ferienaktivitäten und anderen Bildungsangeboten ermöglicht wurde. Natürlich erlaubt es den Familien auch eine größere außerschulische Nutzung, aber erlaubt auch den Schulen mehr Flexibilität für außerschulische Angebotsnutzung, wenn alle Kinder eine eigene Mobilität im ÖPNV hätten. Der größte Fehler bei der Absage einer Verlängerung des 9 Euro Tickets ist, dass wieder einmal nach dem Grundsatz entschieden wurde: Alles oder Nichts! Ohne alternative Modelle für attraktive Teillösungen, die auch den Klimaschutz im Blick hätten. Somit haben wieder einmal kinderreiche oder finanziell benachteiligte Familien das Nachsehen.
Würde man alle Schüler*innen, die in NRW zur Schule gehen, den ÖPNV kostenlos nutzen lassen, könnten Kommunen und Verkehrsbetriebe sogar Kosten zur Überprüfung der Berechtigung und Fahrscheinkontrolle einsparen. Vielleicht langfristig auch Emission und weniger Folgeschäden verringern. Vergeblich vermisst die LEK NRW die notwendigen politischen Diskussionen im Land und in den Kommunen. Die Forderung der jetzigen Schülergeneration nach mehr Gerechtigkeit und auch nach mehr Klimaschutz dürfen daher nicht länger ignoriert werden. Die heute verantwortliche Generation hinterlässt den Kindern schon zu viele Scherben. Da wäre es nur mehr als fair, die Kinder wenigstens dafür zu wappnen, die Breite der Bildungsvielfalt unabhängig der Liquidität ihrer Familien oder der Kommunen nutzen zu können, um die zukünftigen Herausforderungen bewältigen zu können.
Lieber Herr Ministerpräsident Wüst, das wäre eine der wichtigsten Investitionen für eine gute Zukunft, die wir in Ihrer Regierungserklärung kläglich vermisst haben. Das kostenfreie Bildungsticket für alle Kinder – mit einem Mehrwert für alle Familien und Schulen!
Es ist Zeit für mehr Gerechtigkeit! Vorstand LEK NRW
Das Bündnis Sozialticket NRW fordert: Das 49 Euro-Ticket muss um ein Sozialticket-Angebot ergänzt werden (PM)
Der Preis des 9 €-Tickets im Sommer 2022 war natürlich unschlagbar. Plötzlich waren auch für Transfer-leistungsbezieher und Geringverdiener Ziele erreichbar, die ihnen sonst nicht zugänglich sind. Die Freunde in der Nachbarstadt, die Familie im fernen Stuttgart, die Küste an Nord- oder Ostsee, oder die Demo in Berlin. Das war ein Zugewinn an Lebensqualität.
Begeistert hat zudem die Einfachheit des Tarifs. Keine Tarif- bzw. Verbundgrenzen mehr! Und noch eins wurde – von den Urhebern vielleicht gar nicht so gewollt – deutlich: Da wurde in den letzten Jahrzehnten ein gewaltiges Fahrgastpotential verschenkt!
Jedes Nachfolge-“Produkt“ wird sich daran messen lassen müssen. Wenn man sich anschaut, wie viel heute die „normalen“ Monatskarten kosten, und welche Geltungsbereiche sie dabei abdecken, dann ist ein Preis zwischen 49 und 69 Euro sehr sehr günstig. Viele Kommunen und Verkehrsverbünde liegen mit ihren Preisen weit darüber. Im Vergleich mit den 9 Euro klingt das natürlich viel, aber ein solcher Vergleich ist für ein dauerhaftes, bundesweit geltendes Ticket nicht zulässig.
Und wir sollten dabei eins nicht vergessen: Für die 3 Monate 9-Euro-Ticket in den Monaten Juni bis August bewilligte der Bund den Kommunen außerplanmäßig 2,5 Mrd. Euro! Plus weitere Mittel für corona-bedingte Einnahmenausfälle.
Doch 49 und erst recht 69 Euro sind für viele Menschen ohnehin nicht bezahlbar. Daher brauchen wir dringend ein bundesweites Sozialticket, das wesentlich günstiger sein muss. Die „Sozialtickets“, die es bislang gibt, gelten nur für kleine Teilräume und sind obendrein deutlich teurer. Im Verkehrsverbund Rhein-Ruhr beispielsweise kostet das Sozialticket derzeit 39,80 €, im Verkehrsverbund Rhein-Sieg 44,50 € (nur im Abo etwas günstiger), in Hamburg sogar über 90 Euro. Auch die Voraussetzungen und Wege, um ein Sozialticket zu erhalten, sind sehr unterschiedlich.
Wir wollen uns zu den von der letzten Verkehrsministerkonferenz getroffenen (vorläufigen) Beschlüssen nicht äußern. Nur eins ist uns wichtig: Für Menschen ohne oder mit nur geringfügigen Einkünften braucht es ein ergänzendes Sozialticket! Dafür muss der Bund Extra-Geld zur Verfügung stellen. Mit dem aktuell diskutierten Einheitspreis von 49 bis 69 € blieben sie weiter vom Verkehr abgehängt. Das Sozialticket sollte unter 30 Euro pro Monat kosten und muss, neben einer denkbaren digitalen Variante, unbedingt auch als Papierticket angeboten werden. Nicht jeder Fahrgast verfügt schließlich über ein betriebsbereites, und internetfähiges, Smartphone.
Bündnis Sozialticket NRW
https://bundnissozialticket-nrw.2ix.de
Das 49 Euro-Ticket muss um ein Sozialticket-Angebot ergänzt werden (PM)
Der Preis des 9 €-Tickets im Sommer 2022 war natürlich unschlagbar. Plötzlich waren auch für Transferleistungsbezieher und Geringverdiener Ziele erreichbar, die ihnen sonst nicht zugänglich sind. Die Freunde in der Nachbarstadt, die Familie im fernen Stuttgart, die Küste an Nord- oder Ostsee, oder die Demo in Berlin. Das war ein Zugewinn an Lebensqualität.
Begeistert hat zudem die Einfachheit des Tarifs. Keine Tarif- bzw. Verbundgrenzen mehr! Und noch eins wurde – von den Urhebern vielleicht gar nicht so gewollt – deutlich: Da wurde in den letzten Jahrzehnten ein gewaltiges Fahrgastpotential verschenkt!
Jedes Nachfolge-“Produkt“ muss sich daran messen lassen. Wenn man sich anschaut, wie viel heute die „normalen“ Monatskarten kosten, und welche Geltungsbereiche sie dabei abdecken, dann ist der geplante Preis von 49 Euro für das „Deutschlandticket“ immer noch sehr günstig.
Doch auch 49 Euro sind für viele Menschen nicht bezahlbar. Wir brauchen für ärmere Menschen dringend ergänzend ein bundesweites Sozialticket, das wesentlich günstiger sein muss. Auf diesen Bedarf hatte auch das aus Sozialverbänden, Umweltverbänden und Gewerkschaften zusammengesetzte bundesweite „Bündnis Sozialverträgliche Mobilitätswende“ jüngst wiederholt hingewiesen. Denn die „Sozialtickets“, die es bislang gibt, gelten nur für kleine Teilräume und sind obendrein deutlich teurer. Im Verkehrsverbund Rhein-Ruhr beispielsweise kostet das Sozialticket derzeit 39,80 €, im Verkehrsverbund Rhein-Sieg 44,50 € (nur im Abo etwas günstiger). Gültig jeweils nur in einer einzigen Stadt! Auch die Voraussetzungen und Wege, um ein Sozialticket zu erhalten, sind von Region zu Region sehr unterschiedlich.
Wir wollen uns in die Diskussion um die Machbarkeit des 49 €-Tickets nicht einmischen. Nur eins ist uns wichtig: Für Menschen ohne oder mit nur geringfügigen Einkünften braucht es ein ergänzendes Sozialticket! Dafür muss der Bund Extra-Geld zur Verfügung stellen. Mit dem angekündigten Einheitspreis von 49 € blieben sie weiter vom Verkehr abgehängt. Das Sozialticket sollte unter 30 Euro pro Monat kosten und muss, neben einer denkbaren digitalen Variante, unbedingt auch als Papierticket angeboten werden. Nicht jeder Fahrgast verfügt schließlich über ein betriebsbereites, und internetfähiges, Smartphone.