Nordstadt-Politiker*innen fordern fraktionsübergreifend den Weiterbetrieb des Freibads Stockheide auch in diesem Jahr

Rund um den Borsigplatz wirbt der Freundeskreis Hoeschpark für den Erhalt des Freibads Stockheide.
Rund um den Borsigplatz wirbt der Freundeskreis Hoeschpark für den Erhalt des Freibads Stockheide.

Die Nordstadt hat zwei Schwimmbäder: Das Freibad Stockheide im Hoeschpark und das Nordbad – das Hallenbad am Dietrich-Keuning-Haus. Beide Einrichtungen sind, wie es die Stadt im Verwaltungsdeutsch ausdrückt, „abgängig“. Beim Hallenbad ist das spätestens seit zwei Jahren bekannt und ein Thema. Beim denkmalgeschützten Freibad gibt es seit zwei Jahrzehnten dringenden Handlungsbedarf und spätestens seit 2013 ist der millionenschwere Sanierungsstau auch aktenkundig. Passiert ist bisher allerdings nicht. Nun droht die Freibadsaison auszufallen. Die Bezirksvertretung Innenstadt-Nord und auch mehrere Ratsfraktionen wollen sich damit nicht zufrieden geben. Denn es fehlt die Perspektive, ob das Bad im Folgejahr oder überhaupt wieder aufmachen soll.

 Sport- und Freizeitbetriebe üben Kritik an früherem Betreiber „Sportwelt Dortmund“

Das Nordbad ist ebenfalls marode - ein Neubau ist überfällig. Foto: Alex Völkel
Das Nordbad ist ebenfalls marode – ein Neubau ist überfällig. Foto: Alex Völkel

André Knoche, Sportdirektor bei den Sport- und Freizeitbetrieben Dortmund, stand der Nordstadt-BV Rede und Antwort und sparte auch nicht mit Kritik an anderen – vor allem seinen Vorgängern. So habe die „Sportwelt Dortmund“ das Freibad Stockheide stiefmütterlich behandelt.  ___STEADY_PAYWALL___

Als der Sanierungsbedarf von fünf Millionen Euro im Jahr 2013 durch einen Gutachter öffentlich gemacht wurde, habe die Sportwelt diesen Bedarf nicht der Politik angemeldet. Das Freibad Stockheide sei auf „Sparflamme“ betrieben und nur nötigste Investitionen getätigt worden, um den Weiterbetrieb zu ermöglichen. 

Der erwartete Befreiungschlag, als der Freibadbetrieb an den Revierpark Wischlingen übertragen wurde, verlief im Sande. Dort ging man Investitionen schneller und entschlossener an – auch beim Personal war man flexibler. Aber das Trägerkonzept hakte, das Bad musste zurück an die Stadt. Allerdings – auch daraus machte Knoche keinen Hehl, sei die Stadt nicht der richtige Träger für ein Freibad.

Sportdirektor: „Es fließt viel Geld ins Freibad, was keine nachhaltige Wirkung zeigt“

Sportdirektor André Knoche von den Sport- und Freizeitbetrieben hält das Nordbad (im Hintergrund) und das Freibad Stockheide für „abgängig“. Foto: Alex Völkel
Sportdirektor André Knoche von den Sport- und Freizeitbetrieben hält das Nordbad und das Freibad Stockheide für „abgängig“. Foto: Alex Völkel

Seit 2018 sind die Sport- und Freizeitbetriebe Dortmund auch für das Freibad zuständig – der Hoeschpark war ihnen bereits zwei Jahre zuvor übertragen worden. Die Investitionsprogramme für den Park wurden zwar realisiert und mit den Bauarbeiten begonnen. Das Freibad war aber abermals durch das Förderraster gefallen.

Nun müsste eine isolierte Lösung für das Freibad Stockheide her. Der Sanierungsaufwand liegt mittlerweile bei sieben Millionen Euro. Doch eine Entscheidung über eine Sanierung ist nicht getroffen und wurde vertagt, bis das stadtweite Bäderkonzept vorliegt. Dabei geht es auch um das Verhalten der Nutzer*innen und deren Wünsche. Ob dann eine Sanierung oder ein Weiterbetrieb stattfindet, ist noch völlig offen. 

Die Stadt will jedenfalls – und das ist eine der Optionen, über die der Rat befindet – das Gutachten abwarten. Damit würde die diesjährige Freibadsaison ins Wasser fallen, weil die notwenigen Notreparaturen und Arbeiten zur Verkehrssicherheit nicht mehr rechtzeitig erledigt werden können. Jedes Jahr müssen durchschnittlich 250.000 Euro investiert werden. 

„Es fließt viel Geld ins Freibad, was keine nachhaltige Wirkung zeigt“, betonte Knoche und plädierte für eine Grundsatzentscheidung zur Sanierung. Noch lieber wäre ihm eine gemeinsame Lösung für einen Neubau von Hallen- und Freibad. Doch konkret wurde er nicht – und auch beim Bädergutachten ist dies nicht explizit Thema.

BV kritisiert, dass die Stadt jahrelang nicht investiere, bis nur ein Neubau bleibt

Die letzten Arbeiten liefen am Donnerstag auf Hochtouren.
Das Freibad Stockheide ist eine Dauerbaustelle. Archivbild: Alex Völkel

Daher stießen die Äußerungen von Knoche in der BV nur bedingt auf Gegenliebe. Die Bezirksvertreter*innen mahnten eine konkrete Perspektive für das Traditionsbad unweit des Borsigplatzes an. Ihre Kritik, eine Vielzahl von städtischen Einrichtungen würden kaputtgespart, war fraktionsübergreifend.

„Im Stadtteil haben wir Erfahrungen mit liegengelassenen Einrichtungen. Sie müssen alle neu gemacht werden, weil sie so lange liegen gelassen wurden bis nichts mehr ging“, kritisierte Cornelia Wimmer (Fraktion Die Linke – Die Partei). Ein Aussetzen des Freibadbetriebs ohne klare Perspektive lehnte sie ab. Und sah sich dabei fraktionsübergreifend in guter Gesellschaft.

Das Bad werde gerade auch in Zeiten von Corona im am dichtesten besiedelten, bevölkerungsreichsten und jüngsten Stadtteil von Dortmund dringend benötigt, machte so auch Dorian Marius Vornweg (CDU) deutlich. Er wollte zwar das Verwaltungsmisstrauen nicht schüren. Aber er machte eine „schlechte Vermischung von unterschiedlichen Dingen“ aus. Die Nordstadt brauche eine Perspektive für ihre Bäder und keine vagen Optionen.

BV will nicht das Bäderkonzept abwarten, sondern eine Grundsanierung des Freibads

Daher lehnte auch Sonja Lemke (Fraktion Die Linke – Die Partei) ab, auf das Bäderkonzept zu warten: „Das komplette Bad ist denkmalgeschützt. Wenn bei den Nutzerwünschen ein neuer Sprungturm und ein Whirlpool rauskommt, dann könnte man das dort eh nicht machen.“ Daher sah sie im Abwarten nur eine Verzögerung der Grundsatz-Entscheidung zur Sanierung.

Die Nordstadt-BV sprach sich fraktionsübergreifend für den Weiterbetrieb des Freibads Stockheide aus. Foto: Alex Völkel
Die Nordstadt-BV sprach sich fraktionsübergreifend für den Weiterbetrieb des Freibads aus. Foto: Völkel

Auch Brigitte Jülich (SPD) war die zögerliche Haltung bei den Investitionen leid. Ihr kam es so vor, als wenn zwei oder drei Wochen vor Saisonbeginn den Betreibern einfalle, dass man noch etwas machen müsse. „Sie könnte schon nach Saisonschluss sehen und beauftragen, was zu tun ist. Dann müsste das Bad auch nicht immer sehr viel später geöffnet werden und hätte mehr Besucher. Wenn es geschlossen wird, wird das Hardenberg-Bad überlaufen. Das Freibad Stockheide wird gebraucht“, so Jülich.

Diese Kritik wies André Knoche zurück. Sie würden so früh wie möglich Arbeiten beauftragen. „Aber beim Freibad Stockheide sehen sie erst nach dem Winter, was noch wieder zerbröselt ist“, so Knoche. Wie im Vorjahr, wo erst durch die Inbetriebnahme festgestellt wurde, dass die Filteranlage defekt war. Bis dann überhaupt eine Firma gefunden wurde und dann noch in viel Handarbeit der Austausch erfolgen konnte, sei die Zeit ins Land gegangen.

Er machte keinen Hehl daraus, dass er das Stückwerk im Freibad Stockheide nicht weiter fortsetzen wolle. Ein gemeinsamer Neubau biete eine Chance auf einen nahtlosen Weiterbetrieb. Denn sowohl eine Grundsanierung im Freibad wie auch ein Abriss und Neubau des Nordbades an der selben Stelle würden dazu führen, dass beide Einrichtungen über Jahre nicht zur Verfügung stünden. Dann würde es auch Sinn machen, bis zur Inbetriebnahme des Neubaus noch einige 100.000 Euro in die Verkehrssicherheit zu investieren, um die Bäder betriebsbereit zu halten.

Nordstadt-BV fordert den Rat auf, das Geld für diese Freibad-Saison freizugeben

Der städtische Sportdirektor machte keinen Hehl daraus, dass er eine Kommune als Betreiber eines Freibades für ungeeignet halte. So könnten Reparaturen für den Betrieb durch die Stadt – anders als bei einer GmbH – nicht kurzfristig vergeben werden. Auch sei das Personalkonzept schwierig – Spitzen wie an heißen Sommertagen könnten nicht kurzfristig gedeckt werden. Daher müsste an diesen Tagen schon bei einem Dienstleister Personal für die gesamte Saison bestellt werden, ohne dass er wisse, ob und wann das Freibad in diesem Jahr öffne.

Rund um den Borsigplatz wirbt der Freundeskreis Hoeschpark für den Erhalt des Freibads Stockheide.
Rund um den Borsigplatz wirbt der Freundeskreis Hoeschpark für den Erhalt des Freibads Stockheide.

Kopfschütteln gab es nicht nur daher: „Wir sollten die städtischen GmbH-Modelle in Frage stellen, ob sie zukunftsfähig sind“, betont Thomas Oppermann (SPD). Der Masterplan Sport mit dem Bäderkonzept sind keine Ausgangslage für den Erhalt von Stockheide. „Ihre Vorlage ist nicht eindeutig – daher können wir dem Bäderkonzept auch nicht positiv gegenüberstehen.“

Daher sprach sich die Bezirksvertretung einstimmig (bei Enthaltung der AfD) dafür aus, dass der Rat nicht das Bäderkonzept abwartet, sondern die Mittel für die Inbetriebnahme des Freibads Stockheide in diesem Jahr bewilligt. 

Dies komme nicht nur dem Stadtteil, sondern auch den Menschen in der Innenstadt-Ost, Körne  und Scharnhorst zu Gute: „Die Online-Petition macht deutlich, dass das Bad von vielen Menschen außerhalb besucht wird“, ergänzte Franz-Josef Ingenmey als Vertreter des Seniorenbeirats. Auch gerade die Älteren würden den Erhalt des Bades begrüßen, sagte er mit Blick auf die Frühschwimmer*innen. Er wird – wie viele andere Unterstützer*innen – heute auch vor der Sitzung des Stadtrates diese Forderung unterstützen.

 

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Reaktionen

  1. Almut Rybarsch-Tarry

    Der Rat unserer Stadt hat sich in seiner gestrigen Sitzung gegen eine Öffnung der Stockheide entschieden.
    Das vielerwähnte Bäderkonzept soll nun abgewartet werden, das ist überhaupt keine Perspektive für die Stockheide. Ein echter Nackenschlag für uns Nordstadtbewohner und alle anderen Nutzer dieses Freibades.
    Wie viele Familien hier es sich wohl leisten können, im Sommer mit Sack und Pack und Masken mit öffentlichen Verkehrsmitteln nach Wellinghofen, ins Volksbad oder gar Froschloch zu fahren?
    Aber zumindest einen herzlichen Dank an alle, die sich auf politischer und privater Ebene bisher für den Erhalt der Stockheide eingesetzt haben und das hoffentlich weiterhin tun werden.

  2. Almut Rybarsch-Tarry

    Der Rat unserer Stadt hat sich in seiner gestrigen Sitzung gegen eine Öffnung der Stockheide entschieden.
    Das vielerwähnte Bäderkonzept soll nun abgewartet werden, das ist überhaupt keine Perspektive für die Stockheide. Ein echter Nackenschlag für uns Nordstadtbewohner und alle anderen Nutzer dieses Freibades.
    Wie viele Familien hier es sich wohl leisten können, im Sommer mit Sack und Pack und Masken mit öffentlichen Verkehrsmitteln nach Wellinghofen, ins Volksbad oder gar Froschloch zu fahren?
    Aber zumindest einen herzlichen Dank an alle, die sich auf politischer und privater Ebene bisher für den Erhalt der Stockheide eingesetzt haben und das hoffentlich weiterhin tun werden.

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