Konjunkturbericht der Handwerkskammer: Gute Prognosen in Wachstum und Umsatz, aber fortwährender Fachkräftemangel

Das Handwerk benötigt qualifizierten Nachwuchs. Foto: HWK Dortmund
Das Handwerk – nicht nur in Dortmund – benötigt qualifizierten Nachwuchs. Fotos (3): HWK Dortmund

90 Prozent der Betriebe im Bezirk der Handwerkskammer (HWK) Dortmund sind zufrieden und sehen optimistisch in die Zukunft. Das geht aus der Konjunkturumfrage des Jahres der HWK hervor. Größte Herausforderung bleibt – wie schon in den Vorjahren – qualifiziertes Fachpersonal zu finden. 78 Prozent der Mitgliedsunternehmen haben damit Probleme.

Die Baubranche boomt aufgrund des niedrigen Bauzinsniveaus

Die Kammer befragt halbjährlich rund 4000 Unternehmen bundesweit zu ihrer wirtschaftlichen Situation und personellen Entwicklung befragt. Es gab 782 Rückmeldungen für die Kreishandwerkerschaft Dortmund, die die Auswertungsgrundlage bildeten. Abgesehen von branchenspezifischen Abweichungen sehen die Ergebnisse insgesamt gut aus.

Die aktuelle Geschäftslage und die Erwartungen für 2018. Grafik: HWK Dortmund
Geschäftslage und die Erwartungen für 2018.

Die allgemein gute aktuelle Situation schlägt sich in den unterschiedlichen Branchen folgendermaßen in Zahlen nieder: Im Bauhaupt- und Ausbaugewerbe ist die Lage bei 95 Prozent der Betriebe gut bis zufriedenstellend. Beide Gewerbegruppen profitieren vom niedrigen Bauzinsniveau, das vor allem auch private Verbraucher zu Investitionen animiert.

Bei den Nahrungsmittelhandwerken ist die Stagnation der letzten Jahre vorbei und 84 Prozent der Betriebe bezeichnen ihre Lage als wenigstens zufriedenstellend. Die positive Prognose für das kommende Jahr ist in dieser Branche mit 100 Prozent die beste aller Handwerksbranchen.

Die Geschäftslage bei den Handwerksberufen für den Gewerblichen Bedarf ist leicht rückläufig. Im Kfz-Handwerk beispielsweise sind nur 83 Prozent mit der wirtschaftlichen Situation zufrieden. Die Diskussion um die Folgen möglicher Dieselfahrverbote hat der Branche einen spürbaren Dämpfer versetzt.

Der insgesamt positive Trend kann branchenspezifisch abweichen

Im Bereich der handwerklichen Personenbezogenen Dienstleistungen fällt die Situation unterdurchschnittlich aus. Grafik: HWK Dortmund
Im Lage im handwerklichen personenbezogenen Dienstleistungen fällt unterdurchschnittlich aus.

Dennoch ist der allgemeine Trend der Branche positiv. Hierzu tragen der niedrige Euro-Wechselkurs, der dazu führt, dass deutsche Produkte außerhalb der EU günstiger werden und die anhaltenden positiven Konjunktursignale der Industrie bei. 

Im Bereich der „handwerklichen personenbezogenen Dienstleistungen“ wie zum Beispiel Friseursalons, die das Gros dieser Branche bilden, ist die gute Stimmungslage auf nur 77 Prozent abgesunken (82 Prozent bei der letzten Umfrage). 

Dies liegt vor allem an der hohen Wettbewerbsintensität und dem Fachkräftemangel in dieser Sparte. Am schlechtesten ist die derzeitige Lage bei den Gesundheits-Handwerken. Hier sind lediglich 74 Prozent der Betriebe zufrieden, sehen aber dennoch positive Entwicklungen für die Zukunft.

Die richtige Unternehmensstrategie kann dem Problem des Fachkräftemangels vorbeugen

HWK-Präsident Berthold Schröder. Foto: Andreas Buck / HWK Dortmund
HWK-Präsident Berthold Schröder.

Innerhalb des Kammerbezirks stellen sich die Ergebnisse der Umfrage als homogenes Bild dar. In den fünf Bezirken der Kreishandwerkerschaft Dortmund empfinden rund 50 Prozent ihre wirtschaftliche Situation als gut und 90 Prozent als zufriedenstellend.

Außerdem wertete die Handwerkskammer eine Sonderbefragung zum Fachkräftemangel aus, die offenbarte, dass 78 Prozent der befragten Betriebe derzeit Probleme bei der Personalsuche haben. Bei 38 Prozent hiervon gibt es trotz intensiver Bemühungen offene Stellen.

Einen der Hauptgründe hierfür sehen sowohl die Handwerkskammer als auch die Unternehmensförderung Dortmund in der einfachen Tatsache, dass viele Unternehmen nicht über eine ausgereifte Strategie zur Fachkräftegewinnung verfügen. „Es ist an der Zeit, hier andere Wege zu gehen“, erläutert Berthold Schröder, Präsident der Handwerkskammer Dortmund.

Friseursalon „Haarwerk“ im Kreuzviertel als gelungenes Beispiel innovativer Unternehmensführung

Jörn Ulrich in seinem Salon "Haarwerk" im Dortmunder Kreuzviertel. Foto: Sascha Fijneman
Jörn Ulrich in seinem Salon „Haarwerk“ im Dortmunder Kreuzviertel. Foto: Sascha Fijneman

Wie es auch anders funktionieren kann, sieht man am Beispiel des Friseursalons „Haarwerk“ in der Liebigstraße im Dortmunder Kreuzviertel. Friseurmeister Jan Ulrich hat bereits mehr als 15 junge Menschen in seinem Betrieb ausgebildet und schlägt neue, innovative Wege der Unternehmensführung ein. 

Seine MitarbeiterInnen sind in die Entwicklung des Unternehmens involviert. So kommt es zu einer besseren Identifikation mit Beruf und Arbeitgeber. „Mir liegt es am Herzen, meinen MitarbeiterInnen eine gute Work-Life-Balance zu ermöglichen“, so Ulrich.

Hierfür organisiert er regelmäßige Team-Meetings, um sich auszutauschen und Arbeitspläne zu erstellen. „Dazu gehören nicht nur flexible Stundenmodelle und regelmäßige Weiterbildungen, auch ein wertschätzender und offener Umgang untereinander trägt zu einem guten Betriebsklima bei“, so Ulrich weiter. So gibt es für alle MitarbeiterInnen individualisierte Fortbildungspläne.

Unwissenheit und falsche Vorstellungen schrecken viele Jugendliche ab

Abteilungsleiter der HWK-Unternehmensförderung Gabor Leisten. Foto: HWK Dortmund
Gabor Leisten ist Abteilungsleiter der HWK-Unternehmensförderung.

Ulrich benötige das Feedback seiner KollegInnen um optimal auf die jeweiligen Bedürfnisse eingehen zu können und Stärken zu erkennen und zu fördern. Kammerpräsident Berthold Schröder und Unternehmensförderer Gabor Leisten ist es ein Anliegen, Unternehmen auf eine zeitgenössische Präsentation ihres Gewerbes hinzuweisen. 

Viele junge Menschen seien oft durch gefährliches Halbwissen und schlechte Mundpropaganda desorientiert und eingeschüchtert. Der Mangel an Nachwuchskräften hat aus kammer-Sicht nichts mit zu niedrigen Ausbildungsvergütungen zu tun, sondern ist oft durch Unwissen und mangelnde Information begünstigt.

Deshalb sei es enorm wichtig, sich als Unternehmen zeitgenössisch zu präsentieren. Die Positionierung in den sozialen Medien um zielgruppengerecht zu kommunizieren, flexible Arbeitszeitmodelle, Fort- und Weiterbildungsmöglichkeiten zu bewerben, all das macht Sinn, um jungen Menschen die Entscheidung für das Handwerk attraktiver zu machen.

Handwerkskammer bietet Digitalisierungberatung für Unternehmen an

Hierfür bietet die Handwerkskammer Dortmund unter dem Titel „Handwerk 4.0: Digitale Chancen nutzen“ Beratung für Unternehmer und Unternehmerinnen an. Wie nutze ich mobile Endgeräte? Wie sorge ich am besten für IT-Sicherheit? Bei diesen und anderen Fragen zum Beispiel zu neuen computerbasierten Produktionsverfahren steht die Kammer mit Rat und Tat zur Seite. Die Umsetzung der Maßnahmen liegt letztendlich natürlich bei den UnternehmerInnen selbst.

Ausbildungsmessen wie hier im Dietrich-Keuning-Haus bringen junge Menschen und Ausbildungsbetriebe in Kontakt. Foto: DKH
Ausbildungsmessen wie im DKH bringen junge Menschen und Ausbildungsbetriebe in Kontakt. Foto: DKH

„Wir helfen auch gerne im richtigen Umgang mit bürokratischen Bremsklötzen wie beispielsweise der Neuverordnung für die Abfallentsorgung gewisser Branchen oder die Ende Mai in Kraft tretende neue Datenschutzverordnung“, so Berthold Schröder. 

Auch die Teilnahme an Ausbildungsmessen, die die Handwerkskammer regelmäßig veranstaltet, eröffnet neue Schnittstellen zwischen Unternehmen und potenziellen Auszubildenden. Handwerk ist attraktiv – es muss nur richtig beworben werden.

Es geht also darum, die vorhandenen Instrumente zielgerichtet und zeitgemäß anzuwenden, um mit einem Betrieb am Puls der Zeit zu bleiben. Hiervon profitieren sowohl die Unternehmen als auch die jungen Menschen, denn eine gute Ausbildung ist der Start für jede erfolgreiche Karriere.

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Reaktionen

  1. Klaus

    „Konjunkturbericht der Handwerkskammer“

    Ganz toll der Bericht, die Handwerkskammer bietet also Beratungen oder Weiterbildungen an. Abgesehen davon, bin ich Zwangsmitglied in diesem Verein, den ich nie gewollt habe und trotzdem eintreten musste. In den 10 Jahren in denen meine Firma existiert, hat mit dieser Verein nichts gebracht außer mein hart verdientes Geld einzutreiben. Mittlerweile bin ich bei stolzen 900 Euro im Jahr. Das muss man sich mal überlegen und null Komma null bringt mich diese Kammer weiter. Ich muss sehen, dass mein Betrieb erhalten bleibt. Der Kammer ist das egal, die bekommen unser Geld ob wir wollen oder nicht.

    Hoffentlich wird dieser Verein mit Wasserköpfen und üppigen Gehältern bald der Vergangenheit angehören!

    Risiko wie wir es haben, kennt keiner von denen, da die von unserem Geld fürstlich leben (einfach mal „Kammerzwang“ googeln).

    Lieber Gruß, von einem der Verantwortung trägt.

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