Künstlerische Reflektionen

In der MKK-Ausstellung „gegenüber“ begegnen sich Geschichte und Gegenwart

Im Bereich „Alte Stadt“ zeigt Axel M. Mosler mit einer abstrakten fotografischen Arbeit, die er im Entstehungsprozess mit verschiedenen Computerprogrammen bearbeitet hat, seine Perspektive auf das Dortmunder U. Foto: Torsten Tullius / Dortmund Agentur

Mit „gegenüber“ präsentiert das Museum für Kunst und Kulturgeschichte (MKK) zum zweiten Mal eine künstlerische Intervention in der eigenen Dauerausstellung. Das Museum hat dazu die Künstler*innen des Westfälischen Künstlerbundes Dortmund e. V. eingeladen, sich mit einzelnen Exponaten oder thematischen Abteilungen des Hauses auseinanderzusetzen. Zwölf von ihnen sind dieser Einladung gefolgt und zeigen ihre künstlerischen Reflektionen in Anlehnung an die Werke oder Objekte vergangener Epochen und Lebenswelten. Die Ausstellung „gegenüber“ ist vom 10. September bis 3. Oktober im MKK zu sehen. Der Eintritt ist frei. 

„gegenüber“ ist eine Ausstellung in der Ausstellung 

Fotografin Petra Böttcher-Reiff fotografierte dieselbe Landschaft, die Christian Rohlf vor rund 100 Jahren in seinem Gemälde  „Ruhrtal bei Herdecke“ verewigt hat. Foto: Torsten Tullius / Dortmund Agentur

„gegenüber“, das bedeutet: Gegenwart und Geschichte begegnen sich und ermöglichen neue Sichtweisen. Im Gegenüber alter sowie neuer Objekte und Werke kristallisieren sich das Fortschreiten kunstgeschichtlicher Methoden und Phänomene ebenso heraus wie der technische Fortschritt und die Entwicklung neuer Medien. 

„gegenüber“ erzählt von Veränderungen in der Alltagskultur und wirft die Frage auf, wie und ob Historisches historisch geworden ist. Dabei geht es nicht um ein Kräftemessen zwischen Altem und Neuem. Vielmehr ermöglicht die Intervention einen fruchtbaren Dialog. Aus der Gegenüberstellung entstehen neue Nachbarschaften. 

Als Ausstellung in der Ausstellung ziehen sich ästhetische Eingriffe der beteiligten Künstler*innen durch alle Etagen des Hauses: Zu sehen sind Malereien, Grafiken, Fotografien, Objekte und Installationen.

Dortmunder Künstler*innen arbeiten mit der Sammlung des MKK 

Arbeit von Marc Bühren. Foto: Gerd Schmedes

Ausgehend von den Objekten der barocken Tafelkultur beschäftigt sich Thomas Autering mit dem heutigen Lebensmittelangebot im Supermarkt. In seiner Arbeit „Fast Food“ greift er die Ästhetik der Fayencemalerei auf, um kritisch und mit einem Augenzwinkern auf die Zurschaustellung von Lebensmitteln in Einwegverpackungen hinzuweisen. 

Marc Bühren reagiert auf das Triumphkreuz aus der Georgskirche in Dortmund-Aplerbeck. Er überwindet in seiner künstlerischen Arbeit die Eindimensionalität der Linie und expandiert mit seinen filigranen Zeichnungen in den dreidimensionalen Raum. Seine plastische Installation ermöglicht ein Spiel mit Licht und Schatten und schafft neue Perspektiven auf zeichnerische Arbeiten. 

Der Bildhauer Walter Hellenthal setzt einer römischen Kopfdarstellung der archäologischen Abteilung eine zeitgenössische Plastik entgegen. Seine abstrakte Eisengussarbeit steht dem klassischen Vorbild im deutlichen Kontrast gegenüber und spiegelt für den Betrachtenden die Entwicklung plastischer Form- und Wirkungsästhetik. 

Gegenwart und Geschichte begegnen sich und ermöglichen neue Sichtweisen

Claudia Karweick mit ihrer Installation zum Gemälde „Herzogin Luise von Sachsen Weimar“. Foto: Torsten Tullius / Dortmund Agentur

Christoph Ihrig hingegen greift in seiner bildhauerischen Arbeit frühsteinzeitliche Alltagsgegenstände auf, um auf wandelbare Sinnzusammenhänge zu verweisen. Durch veränderte Materialität und Proportionen ermöglicht er einen neuen Blick auf die Objekte und deren Verwendung. Aus einem Alltagsgegenstand wird so ein Kunstwerk. 

Angeregt von dem Gemälde „Herzogin Luise von Sachsen Weimar“ des deutschen Malers Georg Melchior Kraus setzt sich Claudia Karweick mit biografischen Facetten der Herzogin auseinander. Ihre Installation macht auf das Leben und Wirken der Herzogin aufmerksam. 

In der Gemäldegalerie finden sich zwei weitere Interventionen. Petra Böttcher-Reiff zeigt neben Christian Rohlfs‘ Gemälde „Das Ruhrtal bei Herdecke“ eine fotografische Arbeit derselben Landschaft und führt den Betrachter*innen vor Augen, wie sich die Region im Ruhrtal in über 100 Jahren verändert hat. 

Kunst im Wandel der Zeit: Neue Interpretationen bekannter Kunstwerke

Foto: Axel M. Mosler

Auch Mathias Schubert beschäftigt sich mit einer Landschaftsdarstellung. Seine Interpretation der Trollhättanfälle zeigt eine abstrakte Sicht auf das Motiv, das Andreas Achenbach bereits im 19. Jahrhundert realisierte. 

In der vierten Etage, der Abteilung Vermessung, ermöglicht Andi Knappe mittels seiner abstrakten Kompositionen und der Inszenierung im Raum, einen Blick in den Kosmos zu werfen.

Im Bereich „Alte Stadt“ zeigt Axel M. Mosler mit einer abstrakten fotografischen Arbeit, die er im Entstehungsprozess mit verschiedenen Computerprogrammen bearbeitet hat, seine Perspektive auf das Dortmunder U. 

Zudem hängen dort Grafiken von Irmhild Koeniger-Rosenlecher. Den Waffen des Mittelalters gegenüber stellt sie zwei Arbeiten aus dem Zyklus „Wider den Krieg“, die die ständige Wiederkehr militärischer Konflikte verdeutlichen. Ihre „Madonna im Stacheldraht“ entstand aus der Auseinandersetzung mit mittelalterlichen Madonnendarstellungen und wirft die Frage auf, wie dieses Sujet – also Sorge und Angst einer Mutter um die Zukunft ihres Kindes – heute interpretiert werden kann. 

Bei freiem Eintritt ist die Ausstellung bis zum 3. Oktober 2021 zu sehen

Philipp Pohl überführt die Lauretanische Litanei in seiner gleichnamigen Werkserie von der Sprache und dem Gesang ins Bild. Dadurch entwickelt er eine visuelle Strategie, um sich den wiederholenden Anrufungen an die Gottesmutter zu widmen. 

In der Abteilung der christlichen Kunst findet sich zudem die Arbeit von Brigitte Felician Siebrecht. Sie beschäftigt sich mit der Legende des vera ikon und daraus resultierend auch mit der Wahrheit des Bildes. Ihre Videoinstallation führt uns vor Augen, dass wir nicht immer glauben sollten, was wir sehen. 

Zur Intervention erscheint eine Publikation, die gegen eine Schutzgebühr von fünf Euro zum Verkauf angeboten wird. 

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Weitere Informationen:

gegenüber
10. September – 3. Oktober 2021
Museum für Kunst und Kulturgeschichte, Hansastr. 3, 44137 Dortmund
Eintritt frei

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