Haftantritt für Neonazi rückt näher: Landgericht Dortmund bestätigt Urteil gegen „Die Rechte“-Funktionär Sascha Krolzig

Sascha Krolzig kassierte auch in der Berufungsverhandlung 14 Monate Haft ohne Bewährung. Fotos: Alex Völkel
Sascha Krolzig kassierte auch in der Berufungsverhandlung 14 Monate Haft ohne Bewährung. Fotos: Alex Völkel

Im Berufungsverfahren gegen den Co-Bundesvorsitzenden der rechtsextremistischen Splitterpartei „Die Rechte“, Sascha Krolzig, hat das Landgericht Dortmund ein Urteil des Amtsgerichtes vom 28. Juni 2019 bestätigt. Die einzelnen Delikte werden zwar leicht unterschiedlich in der Strafbemessung gewertet aber die Tendenz bleibt gleich. Damals war Krolzig zu 14 Monaten Freiheitsstrafe ohne Bewährung für eine versuchte, gefährliche Körperverletzung in Tateinheit mit Volksverhetzung sowie wegen der Benutzung verfassungsfeindlicher Symbole verurteilt worden. Mit dem damaligen Urteil lag das gerichtliche Strafmaß sogar höher, als von der Staatsanwaltschaft beantragt. Für den Mitangeklagten P.Z. halbiert sich seine damalige Geldstrafe in Höhe von 3.000 Euro auf 50 Tagessätze zu je 30 Euro – für das Verwenden verfassungsfeindlicher Symbole und das Skandieren des Hitlergrußes. Die Angeklagten tragen die Kosten des Verfahrens und können Rechtsmittel gegen das Urteil einlegen.

Verkürztes Verfahren – Zeug*innen mussten nicht erneut vernommen werden

Und damit kommt Neonazi Krolzig noch gut weg. Denn erst im Oktober 2019 war er vom Landgericht Bielefeld zu sechs Monaten ohne Bewährung für Beleidigung und Volksverhetzung verurteilt worden. Unter anderem hatte er den Vorsitzenden einer jüdischen Gemeinde in Ostwestfalen als „frechen Judenfunktionär“ bezeichnet. Das Oberlandesgericht Hamm wies einen diesbezüglichen Revisionsantrag Krolzigs im Februar diesen Jahres zurück. ___STEADY_PAYWALL___

Sascha Krolzig ist ist u.a. Co-Bundesvorsitzender der Partei „Die Rechte“. Archivbilder: Alex Völkel
Sascha Krolzig, u.a. Bundesvorsitzender der Partei „Die Rechte“. Archivbild: Alex Völkel

Diese sechsmonatige Freiheitsstrafe wurde in das heutige Urteil miteinbezogen. Diesmal wurde in Dortmund aufgrund eines Vorfalls in der Gaststätte Gänsemarkt in der Dortmunder Innenstadt vom Februar 2016 verhandelt. Hier waren Krolzig und zwei Begleiter, unter ihnen der Mitangeklagte P.Z., in einer zuvor geselligen Knobelrunde mit anderen Besucher*innen in eine politische Diskussion geraten, die letztendlich eskalierte. (Wir berichteten, siehe angehängte Artikel.)

So versuchte Krolzig, einem Migranten ein Bierglas auf den Kopf oder ins Gesicht zu schlagen. Außerdem beleidigte er den Kontrahenten mit rassistischen und antisemitischen Beschimpfungen wie „Scheiß Ausländer“, „Du Halbjude, ich mach dich fertig“ und „Niggerschwein“, nachdem er „Heil Hitler“ skandierte, einschließlich des sog. Hitlergrußes. 

Auch der Mitangeklagte P.Z. bediente sich verfassungsfeindlicher Symbolik und skandierte den Hitlergruß. Im Einverständnis mit ihren Verteidigern erklärten sich die beiden Angeklagten zur Eröffnung des heutigen Verfahrens damit einverstanden, die Berufungsverhandlung auf den Rechtsfolgenausspruch zu reduzieren, was Gericht und Staatsanwaltschaft begrüßten.

Angeklagte stehen zu rechter Gesinnung, distanzieren sich jedoch von ihrem Verhalten

(v.l.:) Angeklagter P.Z., Verteidigerin Zimmermann, Sascha Krolzig und Verteidiger Clemens.

Denn dies hatte zur Folge, dass der Prozess erheblich verkürzt werden konnte, da eine erneute Anhörung der Zeug*innen, die im letzten Jahr vorm Amtsgericht ausgesagt hatten, entfiel. Das Schöffengericht unter Vorsitz von Richterin Landwehr konnte sich somit in seiner Urteilsfindung auf die reine Angemessenheit der vom Amtsgericht verhängten Strafen konzentrieren.

Außerdem zeuge dieser Schritt der Angeklagten, laut Richterin, von einer gewissen Einsicht. Sie bestreiten die Vorwürfe auch nicht, doch behaupten, sich aufgrund ihres Alkoholkonsums an besagten Abend nicht wirklich an die Situation erinnern zu können. Beide bestätigen auch ihre Zugehörigkeit zur rechten Szene, würden sich jedoch in der Regel in der Öffentlichkeit (in Krolzigs Fall abgesehen von seiner Parteitätigkeit) damit zurückhalten, ihre politische Gesinnung derart offensichtlich und aggressiv zu propagieren.

Man habe eben unter dem Einfluss des Alkohols die Kontrolle verloren. „Ich war nicht mehr Herr meiner Sinne. Hätte ich meine Handlungen noch steuern können, wäre das nicht passiert“, so Krolzig, dessen Zentralregistereintrag 14 teils einschlägige Vorstrafen aufweist. Er sei froh, dass niemand wirklich zu Schaden gekommen sei.

Verminderte Schuldfähigkeit aufgrund des Alkoholkonsums, aber keine Bagatelle

Auch im Landgericht gelten Corona-bedingte Abstandsregeln und es wurden Spuckschutzwände installiert.

Auch P.Z. betont, der Alkohol sei an allem schuld gewesen und er habe seine Lehren aus dem Erlebnis gezogen. Wie schon das Landgericht, sprach auch Richterin Landwehr im anschließenden  Urteil von einer verminderten Schuldfähigkeit aufgrund des Alkoholkonsums der beiden Angeklagten. Dies sei bei der Urteilsfindung berücksichtigt worden.

Außerdem könne man den Angeklagten nicht nachweisen, die Gaststätte mit der Absicht betreten zu haben, eine Schlägerei vom Zaun brechen zu wollen. Es habe sich bei dem Vorfall um ein dynamisches Geschehen und keine absichtliche Planung gehandelt und die vorangegangene politische Diskussion sei zunächst einmal zulässig.

Die lange Verfahrensdauer wertete das Gericht ebenfalls zugunsten der Angeklagten. Dennoch: Mit dem Versuch, den Vorfall als normale Wirtshausschlägerei zu bagatellisieren, stieß Krolzigs Pflichtverteidiger Dr. Björn Clemens weder bei Staatsanwaltschaft noch bei Richterin und Schöffen auf Gehör, denn der rechtsextremistische Hintergrund der Geschichte sei offensichtlich.

Krolzig verstieß zum Tatzeitpunkt gegen Bewährungsauflagen

Richterin Landwehr (l.) und Staatsanwältin Hildesheim machten klar, dass es sich nicht um eine Bagatelle handelte.

Bei der versuchten Körperverletzung müsse berücksichtigt werden, dass es beim Versuch geblieben und niemand wirklich verletzt worden sei. Gegen Krolzig sprechen die teils einschlägigen zahlreichen Vorstrafen und, dass er zum Zeitpunkt des Geschehens 2016 gegen Bewährungsauflagen verstieß.

Das Landgericht verhängte nun für die versuchte gefährliche Körperverletzung eine Freiheitsstrafe von acht Monaten, für das Skandieren des Hitlergrußes vier Monate. Unter Einbeziehung des Urteils aus Bielefeld entschied Richterin Landwehr somit auf insgesamt 14 Monate ohne Bewährung. 

Die Verteidigung hatte, ebenfalls unter Berücksichtigung der sechsmonatigen Freiheitsstrafe durch das Landgericht Bielefeld, eine Gesamtstrafe von 12 Monaten gefordert. Staatsanwältin Hildesheim hatte mit Verweis auf das „gewisse Geschmäckle“, das dem Prozess aufgrund der rechtsextremistischen Gesinnung der Angeklagten anhafte, für ein Jahr und drei Monate Freiheitsstrafe plädiert.

 

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