Große Unterschiede in den Stadtteilen: Wie realistisch sind 50 Prozent beim Kindertagesbetreuungsangebot in Dortmund?

Die AWO-Kinderstube in der Brunnenstraße ist eine von zwei neuen Einrichtungen.
Die AWO-Kinderstube in der Brunnenstraße ist eine von vielen Tagespflege-Angeboten. Archivbild: Alex Völkel

Trotz gesetzlichem Anspruch auf Kindertagesbetreuung müssen sich viele junge Eltern noch immer zwischen Karriere und Kind entscheiden, zumindest in den ersten Jahren. Die Stadt Dortmund setzt sich seit vielen Jahren für einen Ausbau der Kindertagesbetreuung ein. Sie hat sich das mittelfristige Ziel gesetzt, bis 2025 die Kindertagesbetreuung von einer Quote von 41 Prozent auf 50 Prozent zu erhöhen. Der Fachausschuss Kinder, Jugend, Familie begrüßt zwar einhellig die Ziele der Stadt Dortmund. Doch sie sind für SPD-Politiker Thomas Oppermann, zugleich stellvertretender Bezirksbürgermeister der Nordstadt, kein Grund zum Jubeln. Denn vor allem im Dortmunder Norden liegt die Stadt weit hinter den eigenen Zielen zurück.

Zahlen als harte Realität: Kann man höhere Ziele setzen, wenn alte noch nicht erreicht wurden?

Kitaplätze und Versorgungsquoten zum 31.12.2020 im Kindergartenjahr 2020/21.
Kitaplätze und Versorgungsquoten zum 31.12.2020 im Kindergartenjahr 2020/21.

Seit 2013 haben Eltern rechtlichen Anspruch auf frühkindliche Förderung in einer Tageseinrichtung oder in der Kindertagespflege. Konkret heißt das: Kleinkinder unter drei Jahren haben Anspruch auf einen Platz in einem Kindergarten oder Anspruch auf einen Platz bei einer Tagesmutter bzw. Tagesvater.

In Dortmund gibt es derzeit 6.416 Betreuungsplätze für Kinder unter drei Jahren. Das entspricht 35 Prozent für das gesamte Stadtgebiet. Bis 2025 will Dortmund für die Hälfte der 0- bis 3-Jährigen eine Betreuung anbieten können. Generell sicherlich eine Entwicklung, die viele junge Eltern begrüßen würden.

Die konkreten Zahlen für die einzelnen Stadtteile zeigen allerdings deutlich ernüchternde Zahlen: Gerade in Stadtbezirken, wo frühkindliche Förderung besonders wichtig wäre, ist man weit auch vom vorherigen Ziel von 41 Prozent entfernt.

Das trifft vor allem auf die Stadtteile Innenstadt-Nord (27 Prozent) Scharnhorst (rund 24,8 Prozent) und Eving (27,2 Prozent) zu. Mit Blick auf diese Zahlen müsse man überlegen, wie realistisch die 50 Prozent seien, wenn man in einzelnen Stadtteilen so deutlich unter dem Schnitt liege, so Oppermann.

Nordstadt, Eving und Scharnhorst: Wo man Kinderbetreuung am meisten braucht aber am wenigsten findet

Thomas Oppermann (SPD) ist stellvertretender Bezirksbürgermeister der Nordstadt. Foto: Alex Völkel
Thomas Oppermann (SPD) ist stellvertretender Bezirksbürgermeister der Nordstadt. Foto: Alex Völkel

Man könne nicht das Ziel erhöhen, nur weil in einigen Stadtteilen wie Innenstadt-West bereits im vergangenen Jahr das gesetzte Ziel von 41 Prozent überstiegen wurde, so der SPD-Politiker aus der Nordstadt.

Er hält es für schwierig, solche hochgesteckten Ziele zu veröffentlichen, wenn einige Eltern sich mit einer Betreuungsquote von deutlich unter 41 Prozent konfrontiert sehen.

Neben einer deutlichen Entlastung für Eltern bietet auch die frühkindliche Bildung große Vorteile für die Kleinen. Sie haben so die Möglichkeit, früh in Kontakt mit anderen Kindern zu kommen und erlernen bereits in den ersten Jahren wichtige Kompetenzen für das Erwachsenen- und Berufsleben.

Besonders Kinder, bei denen Deutsch zu Hause nicht als Hauptsprache gesprochen wird, profitieren später von dieser frühkindlichen Betreuung. Hier können sie ihre Sprachentwicklung vorantreiben und bilingual in den Schulunterricht ab sechs Jahren eintreten. Auch die früh erlernten sozialen Kompetenzen vereinfachen den Schuleinstieg häufig deutlich.

Auf der anderen Seite profitieren Eltern von dem Betreuungsangebot. Für sie ermöglicht der Ausbau von Betreuungsangeboten einen frühzeitigen Wiedereinstieg in das Berufsleben. Das kann auch die finanzielle Situation der Eltern deutlich verbessern, was wiederum dem Kind zugutekommt.

Jugendamt setzt auf innovative Konzepte, um mehr Betreuungsplätze zu schaffen

Dr. Annette Frenzke-Kulbach ist Leiterin des Dortmunder Jugendamtes. Foto: Alex Völkel
Dr. Annette Frenzke-Kulbach ist Leiterin des Dortmunder Jugendamtes. Foto: Alex Völkel

Für Thomas Oppermann ist das Ziel der Stadt Dortmund generell aber kein schlechtes. Dort, wo bereits jetzt die 41 Prozent erreicht werden, sei es eine gute Idee die Ziele höherzustecken. Er sehe in dem Vorschlag der Stadt Dortmund aber vor allem ein Indiz dafür, dass noch sehr viel getan werden müsse und viel Arbeit ansteht, besonders in den Stadtbezirken, die heute gerade einmal die Hälfte des neuen Ziels erreichen.

Kindertagesstätten müssten ausgebaut werden durch Sanierungen, Grundstückserwerb und Aufstocken des Fachpersonals. Dem stimmt auch die Leiterin des Jugendamtes, Dr. Annette Frenzke-Kulbach, zu. Sie setzt sich für die Entwicklung innovativer Konzepte ein, um mehr Plätze in den Kindertagesstätten und der Kindertagespflege zu schaffen. Dabei sollen auch die optimale Auslastung und Ressourcennutzung eine tragende Rolle spielen.

Man wolle nicht aus Prinzip Kindertagesstätten mit vier Gruppen planen und umsetzen, wenn man wisse, dass man eigentlich acht-gruppige Einrichtungen benötige, so Frenszke-Kulbach. Sie betonte aber auch, man brauche eine gesamtstädtische Zielmarke, um die Bemühungen danach auszurichten. Deshalb sei das Ziel von 50 Prozent vonseiten des Jugendamtes der richtige Weg.

 

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