Dortmund gedenkt im Stadtgarten den Opfern des Drogenkonsums

Gedenken an Drogentote: „Konsumiert wird trotz Verbot, jedoch dadurch entsteht erst große Not“

Angehörige und Freunde lassen Luftballons mit Namen der Drogentoten in die Luft steigen. Foto: Chimène Goudjinou

Die Namen von 19 Drogentoten liest Gisela Kampmann vom Angehörigenkreis drogenkonsumierender Menschen vor. 19 Menschen, die seit dem Gedenktag im Vorjahr bis zum diesjährigen Gedenktag aufgrund ihrer Sucht gestorben sind. Doch sind das nicht die offiziellen Zahlen: „Viele unserer Kinder sterben an Begleiterscheinungen. Die stehen nicht auf dem Zettel. Wir müssen aber leider davon ausgehen, dass es mindestens genauso viele sind“, sagt Kampmann.

Freunde und Angehörige gedenken im Stadtgarten an Drogentote

Gisela Kampmann, des Angehörigenkreis Drogenkonsumierender Menschen liest den Text von Beate Stör vor. Foto: Chimène Goudjinou

Auf dem Vorplatz der U-Bahnstation Stadtgarten tummeln sich Freunde, Angehörige, Mitarbeiter:innen der Drogenhilfe, sowie interessierte Dortmunder Bürger:innen. Einige schließen sich in die Arme. Hier und da erkennt jemand sein Gegenüber und kommt mit ihm ins Gespräch.

Die Teilnehmenden verewigen auf weißen Steinen die Namen der Menschen, die aufgrund ihres Drogenkonsums gestorben sind. Kampmann liest einen Text von Beate Stör, Leiterin des Ravensburger Elternkreis Suchtgefährdeter und Suchtkranker vor. Stör hat den Text verfasst, nachdem ihr Sohn an Drogen verstorben ist.

„[…] Illegal gekaufter Stoff bringt nach wie vor gesetzlich Zoff. Ist außerdem gepuncht, gestreckt und oft Mals durch und durch verdreckt. Das bedeutet vor allem Lebensgefahr. Das ist mittlerweile jedem klar.[…].“, liest Kampmann vor.

„Keine Zeit, Kein Raum, immer am Rennen, kein Dach über dem Kopf“

Die Teilnehmenden verewigen auf weißen Steinen die Namen der Menschen, die aufgrund ihres Drogenkonsums gestorben sind. Foto: Chimène Goudjinou

Das ist die Realität vieler Obdachloser. Arslan betont, dass übergreifende Angebote für obdachlose Drogenabhängige hilfreicher sind.

„Man kommt aus der Haft, macht dort die Vorbereitung und dann geht es in die Drogenberatung. Daraufhin direkt in die Wohnungslosenhilfe. Dann betreutes Wohnen und danach vielleicht eine rechtliche Betreuung. Das kostet aber Geld“, sagt Arslan.

Die Dortmunder Drogenhilfe erwartet von der Politik, dass sie überlegen was sie Wohnungslosen (Drogenabhängigen), die aufgrund von Schulden oder anderen Gründen nicht die Möglichkeit haben eine Wohnung zu beziehen, anbieten können. „Das können gewisse Projekte sein. Das kann aber auch sein, dass ein Sozialleistungsträger jenseits der Kaution Bürgschaften übernimmt“, sagt Arslan.

In sechseinhalb Jahren soll es keine Obdachlosen mehr im Bundesgebiet geben

„Keine Zeit, kein Raum, immer am Rennen, sich nicht zurückziehen können, kein Dach über dem Kopf. Das ist glaube ich ein Bild was einige sehr gut nachvollziehen können“, sagt Celal Arslan, Sozialarbeiter des Café Flash. Foto: Chimène Goudjinou

„Die Bundesrepublik will der Aufforderung des Europäischen Parlaments nachkommen, die Obdachlosigkeit im Bundesgebiet bis 2030 zu beenden“, sagt Arslan zum Schluss.

Ob es nun wirklich möglich ist, sei dahingestellt. Was zähle ist die Wohnungslosen angemessen unterzubringen, und damit andere Kosten auf vielen anderen Ebenen zu vermeiden.

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Reaktionen

  1. Nordstadtblogger-Redaktion

    Bei einem NRW-Besuch anlässlich des Internationalen Gedenktags für verstorbene Drogengebrauchende am letzten Freitag machte Burkhard Blienert, Sucht- und Drogenbeauftragter der Bundesregierung, unter anderem Station in der Drogenhilfeeinrichtung kick der aidshilfe dortmund.

    Bei einer Führung durch die Einrichtung, die er für einen intensiven Austausch sowohl mit der Einrichtungsleitung als auch mit verschiedenen Mitarbeitenden nutzte, lobte er die Qualität der Hilfen für Drogengebrauchende. So hob er die Wichtigkeit von Drogenkonsumräumen als schadensminimierende Hilfemaßnahme hervor und begrüßte, dass auch kleinere Kommunen mittlerweile auf die Einrichtung solcher geschützten Angebote für den Drogenkonsum setzen.

    Auch das sog. „Drugchecking“ (Möglichkeit zur chemischen Analyse schwarzmarktgehandelter Drogen mit unbekannter Zusammensetzung), für das die Bundesregierung erst vor wenigen Wochen per Gesetzbeschluss den Weg freigemacht hat, stellt dabei eine wichtige Maßnahme zur Reduzierung gesundheitlicher Schäden für Drogengebrauchende dar. „Die Umsetzung“, so Burkhard Blienert, „liegt jetzt bei den Ländern.“

    Mit Blick auf die aktuell große Medienaufmerksamkeit aufgrund wieder steigender Drogentotenzahlen sowie durch die zunehmende Verbreitung der Substanz „Crack“ (aufbereitetes rauchbares Kokain) insbesondere in größeren deutschen Städten mahnt Burkhard Blienert Sachlichkeit an.

    So berichtet er, dass bei einem Besuch in Köln am selben Tag auf die gleichen Probleme einer zunehmenden gesundheitlichen und sozialen Verelendung von Crack- Konsumierenden und entsprechenden Auffälligkeiten in der Innenstadt und im Umfeld von Hilfeeinrichtungen hingewiesen wird. Hier sollte die mediale Aufmerksamkeit genutzt werden, um sachliche Aufklärung zu betreiben mit dem Ziel, wirksame Ansätze zum Umgang mit bestehenden Problemen zu erarbeiten.

    Hierzu gehört nach Ansicht von Burkhard Blienert auch, die zunehmende Zahl älterer Drogengebrauchender in den Blick zu nehmen. Hier fehlt es oft noch an entsprechenden vernetzten Angeboten für gesundheitlich belastete und oftmals pflegebedürftige Konsument:innen: „Ich bin zu diesem Thema bereits mit dem BMG (Bundesministerium für Gesundheit) in einem guten Austausch.“ Er begrüßt die Planung der aidshilfe dortmund, für diese Personengruppe ein betreutes Wohnprojekt aufzubauen und erklärte sich spontan bereit, hierfür die Schirmherrschaft zu übernehmen.

    Beim obligatorischen Fotoshooting zum Ende seines Besuches bietet Burkhard Blienert abschließend an, sich mit relevanten Themen und Fragen jederzeit an ihn zu wenden.

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