Eine Dokumentation über die Leidenschaft des jungen Theaters

Filmvorführung und moderiertes Gespräch mit Protagonistin Arikia Orbán im sweetSixteen-Kino

Gesa und Arikia beim Umzug.Über zweieinhalb Jahre begleitet der Film die beiden jungen Frauen in der Mecklenburger Provinz beim Erklimmen der Bretter, die trotz allem Wenn und Aber für sie die Welt bedeuten. Foto: Real Fiction Filmverleih

Das sweetSixteen-Kino im Kulturort Depot in der Nordstadt präsentiert einen Film über junge Leute und das Theatermachen außerhalb der Großstädte. Der Dokumentarfilm „Dann gehste eben nach Parchim“ begleitet die beiden Schauspieler:innen Arikia Orbán und Gesa Penthin, die nach ihrer Ausbildung an der Hamburger Schauspielschule ihr erstes Engagement an einem kleinen Theater in der mecklenburgischen Provinz bekommen. Der Film begleitet die jungen Frauen während der ersten zwei Jahre, erzählt von ihren Hoffnungen und Zweifeln, den inneren und äußeren Widerständen. Mit und durch das Wachsen der Protagonistinnen wird auch der Film zur Hommage des Theaters an sich. Wer sich vorab ein Bild machen möchte, findet einen Trailer am Ende des Artikels. Die Filmvorführung im sweetSixteen-Kino findet am 2. November 2024 um 17 Uhr statt. Der Eintritt kostet acht, ermäßigt sieben Euro.

Nach dem Film gibt es ein moderiertes Gespräch mit Protagonistin Arikia Orbán

Die mecklenburgische Kleinstadt Parchim hat ein Krankenhaus, das Landratsamt, ein bisschen Industrie, Gewerbe – und ein eigenes Theater. 1945, kurz nach Kriegsende von der sowjetischen Kommandantur gegründet, erlebte es in den 1960iger und 1970iger Jahren eine regelrechte Blüte als Drei-Sparten-Theater mit eigenem Chor und kleinem Orchester. Zu Beginn des Films im Jahr 2020 ist das ehemalige Hotel Graf Moltke, das das Theater beherbergt, nahezu abbruchreif. Der große Saal ist baupolizeilich gesperrt, der Malsaal dient als provisorische Bühne für Proben und Vorstellungen.

Das Theatergebäude in Parchim. Foto: Real Fiction Filmverleih

Beim Gang durchs Theater wird jeder Gast durch die verstaubten Kronleuchter und den abgewetzten Plüsch unweigerlich in Melancholie versetzt. Unmengen alter Kostüme und vollgestopfte Schuhregale verweisen auf gute Zeiten, die nicht wiederkommen werden. Zu dieser Zeit stoßen Arikia Orban (26) und Gesa Penthin (26) als Absolventinnen einer Hamburger Schauspielschule zum Parchimer Theater, das aus acht meist jungen Schauspielern und weiteren 20 Mitarbeitern besteht.

Über zweieinhalb Jahre begleitet der Film die beiden jungen Frauen in der Mecklenburger Provinz beim Erklimmen der Bretter, die trotz allem Wenn und Aber für sie die Welt bedeuten. Überhaupt ist es für Arikia und Gesa ein Novum, nicht nebenbei jobben zu müssen, nur spielen zu können und monatlich ein festes Einkommen zu haben. Schnell erweist sich, dass hinter den maroden Mauern des alten Hauses ein überraschender Anspruch an ein junges, professionelles Theater auf die Neuankömmlinge wartet.

Familiäre Atmosphäre hilft den beiden Neuankömmlingen

Schon beim ersten Stück hat Arikia das Gefühl, wieder bei Null anzufangen. Über viele Stufen hatte sie sich an die Schauspielschule gekämpft und immer wieder an sich gezweifelt. Gesa dagegen bekommt mit dem „Lied der Nibelungen“ ein Ein-Personen-Stück als Einstieg, bei dem sie durch Temperament und Anmut glänzen kann.

Gesa bei den Vorbereitungen zu den Nibelungen. Foto: Real Fiction Filmverleih

Hilfreich für das Ankommen erweist sich der familiäre Rahmen des kleinen Ensembles. Da gibt es Björn (38), erfinderischer Requisiteur und von allen als kameradschaftlicher, guter Geist des Hauses geschätzt. Und da ist Julian Dietz (27), ein Tausendsassa, der tanzen, singen, Klavier, Gitarre, Banjo spielen kann und mit seiner schauspielerischen Vehemenz besonders Arikia zu schaffen macht.

Als sich die junge Truppe gerade zu finden beginnt und Arikia und Gesa sich freispielen wollen, legt Corona das Theater für ein Jahr lahm. Diese Zeit der Depression ist besonders für Arikia eine emotionale Herausforderung. Existenzielle, mentale Krisen kommen wieder hoch. Der frühe Tod ihrer Eltern hatte sie als Jugendliche aus der Bahn geworfen und sie bedrohlich nah an den Rand des Suizids gebracht. Der Traum von der Bühne war damals ihr Rettungsanker und brachte sie ins Leben zurück.

Im Mai 2023 wird Deutschlands modernstes Theater in Parchim eröffnet

Gesa nutzt den Stillstand des Theaters für ihren Plan B. Sie hatte vor ihrem Schauspielstudium Biologie studiert und schreibt sich an einer Fern-Uni für Umweltwissenschaften ein. Sich auf der Bühne spielerisch zu verausgaben, ist eine Seite ihres Wesens, die andere ist der Drang, die Welt durch mehr und mehr Wissen zu verstehen. Als Corona vorbei ist und der Befreiungsschlag kommt, stürzen sie auf die Bühne und ins Leben zurück.

Annalisa und Gesa bei den Antigone-Proben. Foto: Real Fiction Filmverleih

Mit einer fulminanten Version von „Antigone“ und dem exzessiven Frank Voigtmann als Regisseur verabschiedet sich die junge Schauspieltruppe vom alten Theater, das nach 75 Jahren seine Pforten schließt.

Und was der Kleinstadt niemand zutraut – nach fünf Jahren Bauzeit und 40 Millionen Euro Investitionen wird im Mai 2023 Deutschlands modernstes Theater in Parchim eröffnet. „Dann gehen wir eben nach Parchim“ war der Anfang für Gesa und Arikia. „Bleiben, um zu spielen“ ist ihre neue, tolle Option. Sollte an dieser Stelle das Videofenster nicht erscheinen, bitte einmal den Browser aktualisieren.

Weitere Informationen:

sweetSixteen-Kino, Immermannstraße 29, 44147 Dortmund, sweetsixteen-kino.de


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