Ein sicherer Hafen in Dortmund: Die Mitternachtsmission hilft Opfern von Menschenhandel wieder in ein sicheres Leben

Mitarbeiterinnen der Mitternachtsmission. Foto: Mira Kossakowski
Sie helfen (v.l.n.r).: Binta Jallow, Heike Müller, Regine Reinalda, Andrea Hitzke , Marieme Gueye, Ann-Christin Czub.

Von Mira Kossakowski

Traumatisiert, verängstigt und auch körperlich am Ende – so kommen viele Frauen, die auf der Flucht nach Europa Opfer von Menschenhandel werden, vor der Tür der Mitternachtsmission in Dortmund an. Der gemeinnützige Verein unterhält unter anderem eine Fachberatungsstelle, die sich auf die Opfer von Menschenhandel spezialisiert.

Die Anzahl der KlientInnen steigt rapide an – Viele von ihnen kommen aus Westafrika

Heike Müller(Stv. Leitung)  und Andrea Hitzke, Leiterin der Mitternachtsmission.

„Wir rechnen damit, dass wir weit über 300 Klientinnen bis zum Ende des Jahres betreut haben werden“, sagt Andrea Hitzke, Leiterin der Mitternachtsmission bei einem Blick auf die Zahlen.

Im Jahr 2015 unterstützte der Verein 199 Frauen und Mädchen sowie sechs Männer und Jungen. Im vergangenen Jahr steigt die Zahl bereits auf 335 Frauen und Mädchen an. Auch im Jahr 2017 steigen die Zahlen weiter – der aktuelle Stand liegt bei 268 Betroffenen: „Heute kommt bestimmt noch jemand dazu.“

Die Mitarbeiterinnen betreuen nicht nur Frauen und Mädchen – auch Männer, Jungen und transidente Personen benötigten in den vergangenen Jahren die Hilfe der Mitternachtsmission. Viele bringen auch kleine Kinder mit oder sind bei der Ankunft hoch schwanger – 2016 betreute die Mitternachtsmission zusätzlich 217 Kinder der betroffenen Frauen.

Während in den letzten Jahren vor allem Frauen aus osteuropäischen Ländern nach Deutschland kamen, sind es inzwischen Frauen aus Westafrika – vor allem Nigeria – die Hilfe benötigen. Die Frauen werden meist bereits auf dem Fluchtweg Zwangsprosituiert, müssen damit beispielsweise ihre Schlepper bezahlen.

Für viele geflüchtete Frauen ist die Mitternachtsmission die letzte Hoffnung – dort finden sie endlich Sicherheit

Die Sozialarbeiterinnen Regine Reinalda und Ann-Christin Czub unterstützen die Mitternachtsmission.
Die Sozialarbeiterinnen Regine Reinalda und Ann-Christin Czub. Fotos: Mira Kossakowski

Die KlientInnen kommen auf unterschiedlichen Wegen zur Mitternachtsmission. Einige erfahren über Flüchtlingsunterkünfte und Erstaufnahmestellen vom Angebot, andere werden von PassantInnen direkt hingeschickt.

Mit allen Frauen, die aufgenommen werden, führen die Mitarbeiterinnen zunächst ein langes, intensives Gespräch. So erfahren sie mehr über die Hintergründe und Bedürfnisse der Geflüchteten. Einige Frauen überweisen sie an andere Einrichtungen, andere müssen direkt ins Krankenhaus oder zum Arzt. Die lange, mental und körperlich anspruchsvolle Reise bringt viele Frauen an ihre Grenzen.

Eine einmalige Kooperation macht diese Prozesse etwas einfacher: Eine Zusammenarbeit mit dem Sozialamt sichert den KlientInnen eine Krankenversicherung und finanzielle Versorgung zu. Diese Leistungen können die Frauen während einer dreimonatigen Bedenkzeit nutzen. Währenddessen entscheiden sie sich, ob sie einen Asylantrag stellen oder die Täter anzeigen wollen.

Die Mitarbeiterinnen der Mitternachtsmission beraten die KlientInnen, führen mit ihnen aber auch Behördengänge, Arztbesuche oder die Vorbereitung für Asylanträge aus. Auch arbeitet die Mitternachtsmission mit der Polizei und spezialisierten AnwältInnen zusammen.

Sprachprobleme und kulturelle Unterschiede: Die Arbeit mit Opfern von Menschenhandel ist kompliziert

Binta Jallow und Marieme Gueye unterstützen die Mitternachtsmission mit ihren Sprachkenntnissen.
Binta Jallow und Marieme Gueye unterstützen den Verein mit ihren Sprachkenntnissen.

Die Vielfalt der Herkunftsländer stellt die MitarbeiterInnen der Mitternachtsmission vor große Herausforderungen. Vor allem sprachliche und kulturelle Hürden erschweren die Arbeit mit den KlientInnen.

Aus diesem Grund unterstützen Binta Jallow und Marieme Gueye das Team. Die beiden MitarbeiterInnen sprechen insgesamt 8 für die Arbeit relevante Sprachen.

Viele der geflüchteten Frauen trauen sich nicht, von ihren Erlebnissen zu erzählen, da sie auf der Flucht zu Joujou oder Voodoo-Schwüren gezwungen werden. Geben sie Namen preis, so der Glaube, kann es schlimme Folgen für die Frauen und ihre Familie haben.

Durch einen näheren Bezug zur Kultur der geflüchteten Frauen sind Jallow und Gueye wichtige Vertrauenspersonen.

Ermöglicht wurde das durch ein Projekt der Integrationsbeauftragten der Bundesregierung, das muttersprachliche Hilfe für Flüchtlingsfrauen anbietet. Auch die Landesförderung für zusätzliche Sozialarbeiterinnenstunden ermöglichte zusätzliche Unterstützung durch Regine Reinalda und Ann-Christin Czub.

Doch auch diese Projekte sind endlich: Ende des Jahres laufen sie aus, neue Fördermittel müssen her. „Wir hoffen, dass es auch nächstes Jahr weitergehen kann“, merkt Andrea Hitzke an.

Dass weiterhin viele geflüchtete Frauen, Mädchen und auch einige Männer die Hilfe der Mitternachtsmission benötigen werden, ist den MitarbeiterInnen klar: „Die Flucht dieser Frauen dauert oft über ein Jahr – viele von ihnen sind also immer noch unterwegs.“

Weitere Informationen:

  • Die Dortmunder Mitternachtsmission e.V. finanziert sich vor allem durch Spenden. Damit sind nicht nur Geldspenden, sondern auch Hygieneartikel, Bekleidung oder Lebensmittel gemeint.
  • Auch ehrenamtliche Unterstützung ist gerne gesehen: Vor allem im Bereich Fremdsprachen wird Hilfe benötigt.

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