Die anhängigen Klagen der Deutschen Umwelthilfe gegen Überschreitungen beim Schadstoff-Ausstoß bedrohen auch in Dortmund Diesel-FahrerInnen. Die Stadt muss handeln und will Fahrverbote vermeiden. Vor allem aber will sie die Fehler der Automobilindustrie nicht ausbaden und sieht sich in der Opferrolle. Mit Hilfe neuer Mobilitätskonzepte soll nun gegengesteuert und attraktive Alternativen geschaffen werden. Die Innenstadt soll damit gleichzeitig emissionsfreier und die Aufenthaltsqualität verbessert werden.
Stadt und Bezirksregierung wollen Diesel-Fahrverbote vermeiden
In mindestens 70 deutschen Städten wird die zulässige Menge von 40 mg Stickoxiden (NOx) überschritten. Gegen die großen Städte hat die Deutsche Umwelthilfe nun geklagt. Dazu gehört mittlerweile auch die Stadt Dortmund.
Schuld für die hohen Stickoxidbelastungen sind die Abgase von Dieselfahrzeugen. Auch Dortmund ist betroffen: „Stickstoffoxid ist weiterhin ein Problem. Die Werte liegen oberhalb des Grenzwertes. Hier besteht Handlungsbedarf“, bestätigt Ludger Wilde, Umweltdezernent der Stadt Dortmund.
Das Bundesverwaltungsgericht hatte entscheiden, dass auch Fahrverbote für Diesel-Fahrzeuge eine Option darstellen. Allerdings liegt die genaue Urteilsbegründung aus Leipzig noch nicht vor. Daher tappen die Kommunen noch etwas im Dunkeln.
Lkw-Verbote auf der Bundesstraße 1 werden erneut Thema werden müssen
Wären Diesel-Verkehrsverbote die einzige geeignete Maßnahme, die Luftverschmutzung möglichst schnell unter den Grenzwert zu drücken, dürfen sie angeordnet werden. In Dortmund betrifft dies in erster Linie die Hauptverkehrsader Bundesstraße 1, auf der ganztägige Lkw-Verbote wohl unausweichlich bleiben.
„Weil die Automobilindustrie sich weigert, Hardware-Nachrüstung zu betreiben, sind wir die Leidtragenden“, beklagt sich Oberbürgermeister Ullrich Sierau. Gemeinsam mit der Bezirksregierung in Arnsberg wurde der Fahrplan besprochen. „Sie werden jetzt nichts von mir zu Maßnahmen hören“, so Sierau. „Aber wir werden ein komplexes Paket schnüren. Wir haben schon gearbeitet – mehr als andere. Daher hat es uns gewundert, dass wir verklagt werden. Aber es soll wohl alle großen Städte treffen“, so der OB.
Mit Blick auf das gerichtliche Verfahren in Leipzig soll es nach Möglichkeit bis Mitte Juli 2018 ein abgestimmtes Vorgehen der akut betroffenen Städte im Zuständigkeitsbereich „Ruhrgebiet -Ost“ geben, zu dem neben Dortmund auch Bochum und Herne gehören. Denn Dortmund kann hier nicht alleine agieren.
Auch der Arnsberger Regierungspräsident Hans-Josef Vogel bekräftigt, dass Dieselfahrverbote vermieden werden sollen und sieht in den Hardware-Nachrüstungen die einfachste Lösung. Er hofft, dass sich noch etwas auf Bundesebene bewegt. Das wäre die beste Lösung für die Kommunen. Denn der Handlungsdruck ist groß: Neben den drei östlichen Ruhrgebietsstädten werden im Regierungsbezirk Arnsberg noch die Städte Witten, Hagen, Schwerte und Siegen beklagt.
Maßnahmen richten sich nicht gegen AutofahrerInnen, sondern bieten Alternativen
Die Verwaltungsvorstände unterstreichen, es ginge ausdrücklich nicht darum, den Kfz-Verkehr zu erschweren, sondern attraktive Alternativen für Fußgänger, Radfahrer und durch den ÖPNV zu schaffen sowie den vermehrten Einsatz von E-Fahrzeugen zu fördern.
So soll die Nutzung von privaten Pkws mit Verbrennungsmotor im Zielverkehr zur Innenstadt zunehmend durch attraktive, alternative Verkehrsangebote ersetzt werden. Dazu zählen neben der Förderung der Elektromobilität, der Ausbau von Car-Sharing, Fahrradparken und die Erweiterung des Fahrradverleihsystems mit eBikes, ein durchgängiges, attraktives Radwege-Angebot auf dem Wall sowie Fußgänger- und Fahrradachsen in die City.
Ziel sei es, die Erreichbarkeit der City zu stärken, nicht einzuschränken. Attraktivität und Aufenthaltsqualität der City können durch die Maßnahmen gesteigert werden. Bernd Müller, Chef der Umweltabteilung der Bezirksregierung Arnsberg, sieht Dortmund auf diesem Weg „schon ganz weit vorne“. Regierungspräsident Vogel will über die Anliegen der Auto-FahrerInnen die Gesundheit der Menschen nicht vergessen wissen:„Gesundheit ist der höchste Wert. Das werden wir in eine vernünftige Abwägung bringen.“
Das NRW-Wirtschaftsministerium hat das Dortmunder Konzept „Emissionsfreie Innenstadt“ ausgezeichnet. Das Ziel ist es, Emissionen von Treibhausgasen und Stickoxiden in den Innenstädten zu verringern. Der Stadt Dortmund hat das Land Fördermittel in Höhe von 10,5 Millionen Euro in Aussicht gestellt.
Reaktionen
Grünen-Fraktion Dortmund
Stadt will mit Bezirksregierung Maßnahmen zur Luftreinhaltung vorstellen –
GRÜNE erfreut über gemeinsames Vorgehen gegen Luftbelastung
Mit großem Interesse sehen die GRÜNEN der Ratssitzung im Juli entgegen. Dann soll ein von Stadt und Bezirksregierung erarbeitetes Maßnahmenpaket zur Luftreinhaltung vorgelegt werden. Damit wird jetzt ein entsprechender Ratsbeschluss aus Juni 2017 umgesetzt.
GRÜNE und SPD hatten damals die Bezirksregierung Arnsberg aufgefordert, den Luftreinhalteplan Ruhrgebiet, Teilgebiet Ost, auf seine Wirkungskraft zu überprüfen und um Maßnahmen zur schnellstmöglichen Einhaltung des Grenzwertes für Stickstoffdioxid zu ergänzen. Gleichzeitig war die Verwaltung auf Antrag der GRÜNEN beauftragt worden, weitere Maßnahmen zur Förderung der umweltverträglichen Mobilität bzw. Minderung des schadstoffemittierenden Verkehrs zu prüfen.
Ingrid Reuter, Fraktionssprecherin der GRÜNEN im Rat: „Nach rund einem Jahr und mit dem entsprechenden Druck durch drohende Fahrverbote wird jetzt ein wichtiger Beschluss zur Luftreinhaltung endlich umgesetzt. Denn unverändert liegen die Belastungen mit Stickstoffdioxid in Dortmund an allen Messstellen des Landesamtes deutlich über dem Grenzwert von 40 Mikrogramm und verletzten jeden Tag die Gesundheit vieler Anwohner*innen. Die Überprüfung der bisherigen Maßnahmen ist längst überfällig. Möglicherweise werden mit dem jetzigen Anlauf auch endlich all die Vorschläge umgesetzt, die bisher an den politischen Mehrheiten scheiterten. Ideen wie Mobilitätsstationen, die verstärkte Ausweisung von Fahrradstraßen oder auch das ganztägige Durchfahrtverbot für Lkw auf der B1 gab es genug. Stattdessen verharrt die Quote der Radfahrer*innen in Dortmund seit Jahren bei geringen sechs Prozent, immer noch ist ein Parkticket für eine Stunde in der Stadt günstiger als ein U-Bahn-Fahrschein und immer noch geht es im von allen gemeinsam genutzten Straßenraum hauptsächlich um die Rechte der Autofahrer*innen.“
Anlass für die GRÜNE Forderung nach einem weitergehenden Maßnahmenpaket war im vergangen Jahr der Bericht des Umweltbundesamtes zur Luftqualität. Der Bericht hatte im Mai 2017 deutlich gemacht, dass es trotz aller bisherigen Aktivitäten keine Entwarnung für die Luftqualität gibt und die Gefährdungen, insbesondere durch schadstoffbelastete Pkw und Lkw, auch weiterhin bestehen.
Ingrid Reuter: „Immer wieder wurden unsere Anträge auf Stärkung einer klimaschonenden Mobilität politisch ausgebremst. Auch der Vorschlag, mit Hilfe eines Dortmunder Klimagipfels zu wirksamen Lösungen zu kommen, fand keine Mehrheit.
Der zu überarbeitende Luftreinehalteplan-Ost gilt auch für Bochum und Herne. Bleibt zu hoffen, dass jetzt auch weitere Ruhrgebietskommunen nachziehen und ihre Luftreinhaltpläne auf die Wirksamkeit der Maßnahmen überprüfen. Denn Luftbelastung macht weder an Straßenzügen, noch an Stadtgrenzen halt. Das Ruhrgebiet braucht ein einheitliches und gesamtregionales Vorgehen, um wirksame Erfolge bei der Luftreinhaltung zu erzielen.“
Bebbi
Aber warum soll jemand umsteigen, wenn das Autofahren weiter so bevorzugt bleibt und sich daran nichts ändert? Und die Grünen bejubeln das auch noch. Das bedeutet, dass due Maßnahmen mit grünem Segwen scheitern werden.