Nordstadt-BV mahnt Verbesserungen für Rad- und Fußverkehr an

Diskussion über das Nadelöhr Borsigstraße – Kritik am Stillstand bei der Verkehrsplanung

Die Bahnbrücke sorgt für ein Nadelöhr - der motorisierte Verkehr genießt hier absoluten Vorrang.
Die Bahnbrücke sorgt für ein Nadelöhr – der motorisierte Verkehr genießt hier absoluten Vorrang. Foto: Alexander Völkel für Nordstadtblogger.de

Das Thema Straßen- und vor allem Radverkehr bewegt die Bezirksvertretung der Nordstadt in jeder Sitzung. Ein echtes Problem ist dabei die Bahnbrücke über die Borsigstraße. Sie sorgt für ein Nadelöhr – insbesondere für Rad- und Fußverkehr. Denn bislang steht der äußerst knappe Verkehrsraum vor allem dem motorisierten Individualverkehr zur Verfügung. Das soll sich ändern. Nur das wie und wann scheint völlig offen.

Die Stadt hofft seit Jahren auf eine Brückensanierung durch die Bahn

Bislang schielt man bei der Stadt vor allem auf die Deutsche Bahn AG, in deren Eigentum sich die Bahnbrücke befindet. Doch die macht seit Jahren keine Anstalten, die alte Brücke baulich anzufassen. Wenn das passieren würde, könnte auch die Stadt ihre Umgestaltungspläne vorlegen – quasi auf Kosten der Bahn.

Bislang gibt es auf der Borsigstraße im Bereich der Brücke keine Radwege.
Die Bahnbrücke über die Borsigstraße ist alt, aber offenbar noch nicht sanierungsbedürftig. Foto: Alexander Völkel für Nordstadtblogger.de

Doch die Bahn denkt bislang nicht daran und die Stadt deswegen auch nicht – zumindest nicht mit vordringlichem Bedarf. Denn dann müssten die Investitionen aus eigener Tasche bezahlt werden. Daher findet sich die Borsigstraße noch nicht mal im Arbeitsprogramm des Tiefbauamtes.

Im Stadtplanungs- und Bauordnungsamt gibt es zudem keine abschließende Planung, wohl aber Gedankenspiele und Bausteine für einzelne Abschnitte. Dort hofft man offenbar auf die große bauliche Lösung. Die Überlegungen, den Verkehr im vorhandenen Brückenquerschnitt neu zu ordnen, genießt dabei keine Priorität. Diesen Eindruck konnte man zumindest bei der Vorstellung der Überlegungen in der Bezirksvertretung gewinnen.

Mobilitätsplanung sieht immer noch eine sehr ungerechte Aufteilung des Verkehrs vor

Die Bahnbrücke sorgt für ein Nadelöhr - der motorisierte Verkehr genießt hier absoluten Vorrang.
Die Nadelöhr-Situation benachteiligt die Fußgänger und Radfahrer. Foto: Alexander Völkel für Nordstadtblogger.de

Der städtische Mobilitätsplaner Michael Gronewald stellte die bisherigen Bausteine und Überlegungen des Stadtplanungs- und Bauordnungsamtes vor. Die Herausforderung: Die „lichte Breite“ zwischen den beiden Brückenwänden liegt bei nur knapp 15 Metern. „Die teilen sich sehr ungerecht auf“, räumt Gronewald ein. 

Es gibt zwar vier Fahrspuren für Autos, aber keinen Radweg und auf der nördlichen Seite einen Fußweg, der kaum breiter als ein Trampelpfad ist.  Zudem befindet sich auf der östlichen Seite der Brücke noch die (nicht barrierefrei ausgebaute) Bushaltestelle Albertstraße, was den Spielraum für die Neugestaltung weiter einschränkt. 

„Es gibt verschiedene Szenarien, aber keine abgestimmte Planung. Eine Lösung bekommen wir nicht durch Markierungsarbeiten, sondern nur baulich, die aber nur zu Lasten der Stadt käme“, skizziert der Mobilitätsplaner die Problemlage. Zudem müssten die Ampeln angepasst werden. „Beim Tiefbauamt gibt es aber andere Prioritäten und die Straße ist nicht im Jahresarbeitsprogramm enthalten“, berichtet Gronewald.

Die Nordstadt-Politik will nicht auf einen Brückenneubau warten

Die Bushaltestelle an der Alberstraße schränkt die Möglichkeiten der Verkehrsplanung ein.
Die Bushaltestelle an der Albertstraße schränkt die Möglichkeiten der Verkehrsplanung ein. Foto: Alexander Völkel für Nordstadtblogger.de

Die Vorstellung der Varianten, u.a. ein überbreiter Radweg, der auch vom Bus benutzt werden könnte, ein Radweg auf dem Bürgersteig und die Reduzierung von vier auf drei Fahrspuren überzeugten viele der BV-Mitglieder nicht.

Amir Aletic (SPD) fehlte das Verständnis, warum man überhaupt an die Brücke ranmüsse – man könne doch auch die Verkehre im bestehenden Raum neu ordnen. „Ich vermisse die Planung von Radwegen“, kritisierte Dr. Andreas Kloth (Grüne). „Ein Fahrradschutzstreifen fühlt sich unangenehmer an als wenn keiner da ist, weil dann eng überholt wird. Es wäre gut für das Erreichen der Klimaziele, wenn der Autoverkehr zurückgedrängt wird.“

Die Planung beinhalte echte Radwege. Aber eine Verlagerung des Radverkehrs auf ein Hochbord – also einen höher liegenden Fuß- und Radweg – würde zwar das Sicherheitsempfinden steigern. Allerdings kämen sich im Bereich der Haltestelle Albertstraße die Radfahrer:innen mit wartenden und einsteigenden Fußgänger:innen in die Quere, so Gronewald. 

Die meisten Fraktionen plädieren für eine Einspurigkeit

Bislang gibt es auf der Borsigstraße im Bereich der Brücke keine Radwege.
Bislang gibt es auf der Borsigstraße im Bereich der Brücke keine Radwege. Foto: Alexander Völkel für Nordstadtblogger.de

Eine Verlagerung der Haltestelle auf die Westseite der Brücke käme – auch wegen der Nähe zum neuen Wohngebiet unweit der Albertstraße und der Nähe zur nächsten Haltestelle westlich der Bornstraße – nach Ansicht des Mobilitätsplaners nicht Frage. Sonst müssten die Busnutzer:innen weitere Wege in Kauf nehmen und auch noch unter der Brücke durchlaufen.

Raum für Radwege gebe es: Man könne schließlich den Autoverkehr auf eine Spur je Fahrtrichtung reduzieren, fand Sonja Lemke (Die Linke). „Warum machen wir nicht die Einspurigkeit weiter bis zum Borsigplatz, um nicht die Stausituation zu haben? Andere Bereiche sind auch nur einspurig“, sagte Lemke mit Blick auf die Einfädelspur unter der Brücke und die bestehende Fortführung der Einspurigkeit zum Borsigplatz. Ohne das Einfädeln gebe es im Brückenbereich auch keine Rückstaus mehr.

Gronewald verteidigte die partielle Zweispurigkeit im Bereich bis zur Brücke. Gerade mit Blick auf das Neubaugebiet auf der Westfalenhütte (im Bereich der Stahlwerkstraße) sei diese für die Leistungsfähigkeit der Erschließung nötig: „Wenn der Verkehr dreispurig geführt wird, wird sich vom Fluss nichts ändern. Zum Borsigplatz ist eh nur einspurig“, kann Michael Gründel das Argument von Gronewald nicht nachvollziehen.

Nordstädter:innen kritisieren das fehlende Arbeitstempo der Verwaltung

Die Bahnbrücke sorgt für ein Nadelöhr - der motorisierte Verkehr genießt hier absoluten Vorrang.
Die Bahnbrücke sorgt für ein Nadelöhr – der motorisierte Verkehr genießt hier absoluten Vorrang. Foto: Alexander Völkel für Nordstadtblogger.de

Generell unzufrieden war Brigitte Jülich (SPD): „Mich wundert, dass sich in den letzten zehn Jahren nichts getan hat. Bahn und Stadt sträuben sich, weil ein Brückenumbau Geld kostet. Also müssen wir die Situation nehmen, die wir haben“, forderte sie eine umgehende Überplanung im bestehenden Querschnitt.  So könne es nicht weitergehen. „Entweder fahre ich Fußgängern den Hintern ab oder gefährde mich selbst mit dem Rad auf der Straße.“

„Ich versuche mir das weitere Verfahren vorzustellen: Ich bin in der Regel sehr unzufrieden mit der Verfahrensdauer. Wir haben jetzt Varianten, aber keinen Planungsprozess. Wird das diese Periode noch was“, wollte Thomas Oppermann (SPD) wissen (ohne eine konkrete Antwort darauf zu erhalten).

„Ich bin zunehmend geladen, was die Aktivitäten der Stadt und das Arbeitstempo angeht. In der Vorlage von 2020 steht, dass das Stadtplanungsamt Entwürfe erarbeitet hat und sich in der Ämterabstimmung befindet. Jetzt bin ich ein bisschen enttäuscht, dass man mit der Realisierung nicht weitergekommen ist“, ärgert sich Franz-Josef Ingenmey (Seniorenbeirat).

Kann der Verkehrsraum kurzfristig mit Markierungen neu geordnet werden?

Die Bürgersteige - insbesondere auf der Nordseite - sind viel zu schmal. Radwege fehlen ganz.
Nicht nur für Senior:innen ist der Bürgersteig ein Angstraum – es gibt viel zu wenig Platz, Foto: Alexander Völkel für Nordstadtblogger.de

„Ich finde die Entwürfe gut – und auch gut, dass der Brückenneubau mit der Bahn kein Thema ist. Ich finde es nach wie vor unverständlich, dass an der schmalsten Stelle vier Fahrbahnen sind, aber die Fußwege nur 1,30 Meter breit. Ich kenne viele Senioren, die Angst haben, die Brücke zu unterqueren. Das ist ein Unding“, platzte Ingenmey der Kragen. 

„Mit einer geänderten Fahrbahnmarkierung kann man kurzfristig was machen. Dann geht man auf zwei Fahrspuren runter und markiert auf jeder Seite einen Radweg. Das gibt größere Sicherheit für Fuß- und Radverkehr.“ Das könne man zügig machen und dann eine größere Planung vornehmen. „Sonst werde ich das nicht mehr erleben – ich werde 70.“

Skepsis bei einer Lösung nur mit Markierung meldete Dorian Marius Vornweg (CDU) an: „Eine Markierung ist nur so gut, wie sich die Leute dran halten. Auf der Brackeler Straße ist das auch immer zu sehen“, sagte er mit Blick auf die Missachtung der Umweltspur und des verbotenen Abbiegens von Lkws ins Wohnquartier, um den Umweltblitzer zu umfahren.

Wie es nun weiter geht, bleibt offen. Mobilitätsplaner Michael Gronewald will die Anregungen und Wünsche mit ins Stadtplanungs- und Bauordnungsamt nehmen… 

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Reaktionen

  1. Bernd Wohlgethan

    meiner spontanen Ansicht nach könnte es eine einfache und wenig aufwendige Lösung geben; wenn ich mir z. B. dieses Foto betrachte: im Artikel das 4. Foto von oben:
    H Albertstraße

    Es besteht doch kein Grund, dass die Borsigstr. Rchtg. Bornstr. bereits VOR der Eisenbahnbrück 2-spurig ist. Denn erst kurz vor der Bushaltestelle beginnt die Zweispurigkeit. Man könnte hier die RECHTE Spur zunächst für den BUS wg der Haltestelle beibehalten.
    Doch unter der Brücke fällt der rechte Fahrstreifen weg zugunsten Rad- und Gehweg. Die Ampel VOR der Brücke bleibt ebenfalls bestehen, jetzt aber mit Vorfahrt für den Bus. Da die Busse auf dieser Strecke selten öfter als alle 15 Minuten fahren, würde auch der sonstige Verkehr nicht/kaum beeinträchtigt. Hinter der Brücke könnte die Borsigstr. dann weiterhin 2-spurig verlaufen.

  2. Bebbi

    Ich wüsste nicht, warum die Bahn bei einer Brückensanierung das Verschieben des Bordsteins für eine neu Aufteilung bezahlen soll.

    Die Leute unterschätzen, wie häufig Unfälle mit Fußgängern auf gemeinsamen Wegen (oder bei illegalem Gehwegradeln) sind, und überschätzen das Risiko im Längsverkehr auf der Fahrbahn.

    Die StVO keine Kfz-Spuren. Innerorts gibt es das aber auch de facto nicht. Man kann im Rahmen der StVO s. g. Sonderwege schaffen, um Fußverkehr und alle möglichen Formen des Fahrzeugverkehrs gesondert zu führen, nicht aber den Kfz-Verkehr.

    Aktuell sind zumindest die beiden rechten Fahrspuren auch für den Radverkehr da und gut zu nutzen, wenn in der autofreundlichen Stadt Dortmund nicht mal wieder zu viele Kfz da rum stehen. Zum Abbiegen kann man mit dem Rad natürlich auch die linken Spuren nutzen. Der Straßenraum ist da also gar nicht so stark aufgeteilt wie manche behaupten.

    Wenn hier also Radwege geschaffen werden mit Benutzungspflicht, nimmt man dem Radverkehr also Raum weg. Radverkehrsförderung die bei genauem Hinsehen das Gegenteil ist.

    Bei der ganzen Diskussion darf man nicht vergessen, dass es im Verlauf bis zum Borsigplatz keinen Radweg gibt. Der Gehweg ist graugrau und rotgrau gestreift, aber das schafft noch keinen vom Gehweg getrennten Radweg. Selbst wenn man das als Radweg ansieht, ist die Nutzung hochgradig gefährlich, da man im Dooringbereich fährt und der Gehweg so schmal ist, dass beständig von der anderen Seite mit Menschen rechnen muss, die ein Haus verlassen.

  3. Ingo St.

    Im ersten Planungsentwurf zur RRX-Planung Ostkopf Dortmund Hauptbahnhof hätte sich dieser Bereich radikal verändert. Ein Überwurfbauwerk aus Gleis 8/10 wäre hier wieder eingefädelt worden.
    Aktuell gibt es keine öffentliche Pläne. Vor 2030 wird sich nichts verändern.

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