
Mit klaren Worten hat Heinz-Herbert Dustmann, Präsident der IHK zu Dortmund, beim traditionellen sommerlichen Pressegespräch auf die aktuellen Herausforderungen für Wirtschaft und Gesellschaft hingewiesen. Die Welt sei „ein Pulverfass“, sagte Dustmann mit Blick auf die eskalierenden Konflikte im Nahen Osten und die globalen Spannungen. Neben dem menschlichen Leid bereiten diese Krisen auch der Wirtschaft zunehmend Sorgen – besonders im Hinblick auf steigende Ölpreise und potenzielle Lieferengpässe. Doch nicht nur das Weltgeschehen drückt auf die Stimmung: Auch auf nationaler Ebene herrscht Unsicherheit. Trotzdem: „Es gibt viele positive Signale“, so Dustmann.
Stimmung trüb – Wachstum bleibt weiterhin aus
Die Konjunkturumfrage der DIHK Ende Mai zeigt ein ernüchterndes Bild: Nur 25 Prozent der Unternehmen bewerten ihre Lage als „gut“, während ebenfalls 25 Prozent von einer schlechten Lage sprechen. Ein echtes Aufbruchsignal bleibt aus. __STEADY_PAYWALL___

Trotz der neuen wirtschaftspolitischen Maßnahmen der Bundesregierung, wie etwa Investitionsanreize oder Entlastungen bei der Stromsteuer, ist das Vertrauen gering. Lediglich 16 Prozent der Betriebe erwarten eine Verbesserung ihrer Geschäftslage, 26 Prozent hingegen rechnen mit einer weiteren Verschlechterung.
Investitionen und Personalplanungen stagnieren. „Das Bruttoinlandsprodukt wird 2025 voraussichtlich erneut schrumpfen – das dritte Jahr in Folge“, so Dustmann. Besonders die Zurückhaltung bei Investitionen sei besorgniserregend: „Nur 24 Prozent wollen mehr investieren – das ist historisch niedrig.“
US-Zölle gefährden internationale Beziehungen
Für zusätzliche Unsicherheit sorgt die Zollpolitik der USA. Seit April erhebt die US-Regierung einen pauschalen Importzoll von zehn Prozent – weitere Zölle von bis zu 50 Prozent stehen im Raum.

„Diese Maßnahmen bedrohen die transatlantischen Handelsbeziehungen“, sagt Dustmann. Besonders Stahl- und Aluminiumbranchen, aber auch Maschinenbauer und Konsumgüterhersteller seien betroffen. Lieferketten werden teurer, Produktionsprozesse komplizierter.
Dabei sind die USA nach wie vor der wichtigste Handelspartner außerhalb Europas. „Zölle kennen keine Gewinner – sie gefährden Vertrauen, verteuern Produkte und schwächen beide Seiten“, mahnt Dustmann. Die deutsche Wirtschaft brauche langfristige Sicherheit, nicht weitere Eskalation – und zukünftig eine ausgebauten Schwerpunkt auf den europäischen Binnenhandel.
Ausbildungskrise und Flächenmangel als Dauerbrenner
Besorgt zeigt sich die IHK über den Einbruch auf dem Ausbildungsmarkt: Die Zahl der neuen Verträge ging bis Mai um 12,4 Prozent zurück. Noch schwerer wiegt: 2026 wird es keinen Abiturjahrgang geben – ein Loch im Ausbildungsjahrgang droht.

„Wir appellieren an die Betriebe, jetzt vorausschauend zu handeln und dieses Jahr zusätzliche Azubis einzustellen“, sagt IHK-Hauptgeschäftsführer Stefan Schreiber. Zugleich müsse das Image der dualen Ausbildung weiter gestärkt werden – etwa durch Kampagnen wie #könnenlernen (mehr dazu hier).
Ein weiteres strukturelles Problem bleibt der Flächenmangel. Ohne neue Gewerbe- und Industrieflächen gehe nichts, so Schreiber. Die Kommunen müssten in die Lage versetzt werden, schneller und nachhaltiger zu planen. „Wir brauchen beides: Revitalisierung und neue Flächen“, fordert die IHK.
Strukturwandel und Start-Ups machen Hoffnung
Trotz der Herausforderungen gibt es positive Entwicklungen. Die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten in Dortmund ist in zehn Jahren um 25,2 Prozent gestiegen – mehr als in Köln oder Düsseldorf.

Auch bei Gründungen verzeichnet die IHK stabile Zahlen: 1.127 Beratungen, davon über 300 Intensivberatungen, zeigen, dass der Unternehmergeist lebt. „Unsere Gründungspreise sind ein starkes Signal – gemeinsam einzigartig“, so Dustmann bei der Ehrung von Start-ups und Handwerksbetrieben.
Ein weiteres Zukunftsprojekt ist der neue „innoclub“ im TechnologieZentrumDortmund. Er vernetzt Start-ups mit etablierten Unternehmen, fördert Innovationen und macht Dortmund zum Hotspot der Gründer:innenförderung. „Hier entsteht die Wirtschaft von morgen“, sagt Schreiber.
Vertrauen auf dem Prüfstand – aber erste Lichtblicke
„Die Krisen der letzten Jahre haben das Vertrauen in die Politik massiv beschädigt“, sagte Dustmann. Das zeigt sich auch in der neuesten DIHK-Umfrage:
Die Bundesregierung erhielt von über der Hälfte der Unternehmer:innen die Note „mangelhaft“. Ein weiteres Viertel bewertete sie mit „ausreichend“. Nur 13 Prozent sehen eine Verbesserung ihrer Lage – ein deutlicher Ausdruck der Unsicherheit.
Doch es gebe auch Hoffnung, sagte Dustmann zum Abschluss. Im September 2024 sei der Vertrauensverlust auf einem Tiefpunkt gewesen – „aber heute sehe ich erste Tendenzen nach oben“. Vertrauen müsse sich die Politik zurückerarbeiten, betont Dustmann. „Dann wird auch die AfD überflüssig.“
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Reaktionen
IHK-Webinar: Fachkräftepotenziale aus Afrika gezielt nutzen (PM)
Die Gewinnung und Sicherung von Fachkräften zählt zu den größten Herausforderungen für Unternehmen in der Region. Gleichzeitig gibt es in vielen afrikanischen Ländern gut ausgebildete, motivierte Fachkräfte, die bereit sind, ihre Kompetenzen auf dem deutschen Arbeitsmarkt einzubringen. Mit der Reform des Fachkräfteeinwanderungsgesetzes (FEG) eröffnen sich neue Wege, diese Potenziale sinnvoll zu nutzen.
Das Projekt „Fachkräfte Afrika“ stellt eine praxisorientierte Lösung vor: Es vermittelt qualifizierte Fachkräfte sowie potenzielle Auszubildende aus ausgewählten afrikanischen Ländern an deutsche Unternehmen. Das vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie geförderte Projekt übernimmt sowohl die Rekrutierung als auch die Sprachvorbereitung im Herkunftsland – für die Unternehmen ist die Teilnahme kostenfrei. Besonders für kleine und mittlere Unternehmen bietet das Modell einen einfachen Zugang zu internationalem Fachkräftenachwuchs.
Am Donnerstag, 10. Juli 2025, ab 11:00 Uhr informiert die IHK zu Dortmund in einem kostenfreien Webinar über die Möglichkeiten und Vorteile. Das Programm umfasst einen kompakten Überblick zum Fachkräfteeinwanderungsgesetz (FEG), eine Vorstellung des Projekts „Fachkräfte Afrika“, Erfahrungsberichte aus der Praxis und Unterstützungsangebote für interessierte Betriebe. Im Anschluss ist Zeit für Fragen und Austausch.
Zur Anmeldung und weiteren Informationen:
https://events.dortmund.ihk24.de/fachkraefteafrika
IHK zu Essen & IHK Mittleres Ruhrgebiet wollen Vereinigung prüfen (PM)
Zwei Kammern, eine Vision: Mit dem Projekt „Kammer machen!“ wollen die Führungsgremien der IHK zu Essen und der IHK Mittleres Ruhrgebiet ihren Vollversammlungen am 1. Juli 2025 vorschlagen, eine mögliche Vereinigung der beiden IHKs zu prüfen. Sie sind überzeugt, damit den richtigen Schritt für eine zukunftsfähige IHK zu gehen.
Die Führungsgremien der IHK Essen, Mülheim an der Ruhr, Oberhausen zu Essen (IHK zu Essen) und der IHK Mittleres Ruhrgebiet haben sich entschieden, unter dem Motto „Kammer machen! – Eine starke Stimme für das Ruhrgebiet“ eine Vereinigung der beiden IHKs anzustreben. Als erster Schritt sollen beide Vollversammlungen in ihren regulären Sitzungen am 1. Juli 2025 darüber abstimmen, ob sie die Möglichkeit einer Vereinigung der beiden IHKs ergebnisoffen prüfen wollen.
Derzeit sind die IHK zu Essen und die IHK Mittleres Ruhrgebiet gut aufgestellt: „Wir bieten unseren Mitgliedsunternehmen qualitativ hochwertige Services bei vergleichsweise niedrigen Mitgliedsbeiträgen“, betont Philipp Böhme, Präsident der IHK Mittleres Ruhrgebiet. „Beide IHKs haben in den vergangenen Jahren wichtige Schritte unternommen, um ihre Mitgliedsunternehmen in den Mittelpunkt zu nehmen und sich generell in moderne Organisationen zu transformieren.“ Kerstin Groß, Hauptgeschäftsführerin der IHK zu Essen, ergänzt: „Als moderne Unternehmen wollen wir auch in Zukunft als attraktiver und zukunftsfähiger Arbeitgeber dem Fachkräftemangel entgegenwirken, die digitale Transformation voranbringen und unsere Mitgliedsunternehmen hochwertig betreuen.“
Um eine noch stärkere Stimme für die Wirtschaft im Ruhrgebiet zu werden und langfristig zukunftsfähig zu bleiben, erwägen derzeit die Präsidenten, die Hauptgeschäftsführungen und die Präsidien beider IHKs eine Vereinigung: Mit insgesamt rund 95.000 Mitgliedsunternehmen wäre die neue IHK im Vergleich zu den restlichen IHKs im Bundesgebiet eine mittelgroße Organisation. Gerd Kleemeyer, Präsident der IHK zu Essen, erläutert: „Die Vereinigung wäre ein konsequenter Schritt in der weiteren Mitgliederorientierung: Durch die Bündelung unserer Ressourcen und Dienstleistungen könnte eine gemeinsame IHK unsere Prozesse noch stärker optimieren. Projekte und Initiativen für die Region könnten mit den gemeinsamen Kräften noch intensiver wirken.“ Michael Bergmann, Hauptgeschäftsführer der IHK Mittleres Ruhrgebiet, ist von den Vorteilen einer Vereinigung ebenfalls überzeugt: „Durch die Bündelung von Fachkenntnissen, Stärken und Netzwerken würde sich die Kompetenz der neuen IHK erhöhen. Im Wettbewerb um qualifiziertes Personal könnte sich eine vereinte IHK stärker positionieren und attraktiver für Nachwuchs- und Fachkräfte werden. Auch bei den Themen Qualifizierung, Wissensmanagement und Digitalstrategie gewänne eine vereinte IHK erkennbare Synergieeffekte“, so Bergmann.
Die Führungsgremien beider IHKs sind überzeugt, dass eine neue IHK ein noch stärkeres Gewicht in politischen und wirtschaftlichen Angelegenheiten in der Region, im Land NRW und auf Bundesebene hätte. Mit der gebündelten Kraft könnte die vereinte IHK die Wirtschafts- und Lebensqualität in den beteiligten Städten und Gemeinden stärken. Die Vereinigung der beiden IHKs trüge dazu bei, dass die Unternehmen und Kommunen im neu zu entstehenden Kammerbezirk näher aneinanderrückten. Gemeinsam mit den Mitgliedsunternehmen würde man die anstehenden Herausforderungen besser angehen können: wie beispielsweise den Abbau bürokratischer Hürden, die Beschleunigung von Planverfahren, die Stärkung der Verlässlichkeit und Aktualität politischer Rahmenbedingungen sowie eine stärkere Berücksichtigung der Perspektiven der Wirtschaft in politischen Entscheidungsprozessen.
Elf Monate Prüfprozess und Dialog
Die Präsidien und Geschäftsführungen beider Kammern schlagen ihren jeweiligen Vollversammlungen in Bochum und Essen am kommenden Dienstag (1. Juli 2025) vor, einen elfmonatigen ergebnisoffenen Prüfprozess anzustoßen. In diesem sollen alle relevanten Fragen rund um eine mögliche Vereinigung fachlich fundiert analysiert und bewertet werden. Die Ergebnisse der Prüfungen sollen die Entscheidungsgrundlage für beide IHKs bieten, im Juni 2026 über eine mögliche Vereinigung abzustimmen.
„Wir wollen gemeinsam prüfen, ob wir zusammen für unsere Mitgliedsunternehmen mehr erreichen können – und zwar in einem ergebnisoffenen Prozess, in dem Chancen und Risiken gleichermaßen beleuchtet werden“, so Gerd Kleemeyer. Und sein Bochumer Kollege Philipp Böhme ergänzt: „Ein Zusammenschluss dieser Größenordnung ist ein komplexes Unterfangen. Die Entscheidung liegt bei unseren Mitgliedsunternehmen. Nur mit einer starken Mehrheit unserer Mitgliedsunternehmen für dieses Projekt und deren aktive Unterstützung kann eine erfolgreiche Vereinigung gelingen.“ Beide verstehen den Prüfprozess als ersten wichtigen Schritt auf dem Weg zu einer möglichen Vereinigung.
Gemeinsam stark im Herzen des Ruhrgebiets
Die IHK Mittleres Ruhrgebiet und die IHK zu Essen liegen im Herzen des Ruhrgebiets. Die Kammerbezirke erstrecken sich von Oberhausen über Mülheim an der Ruhr, Essen, Hattingen, Witten, Bochum bis nach Herne. Es ist ein Wirtschaftsraum, der über breit gefächerte wirtschaftliche Strukturen verfügt und der vor denselben Herausforderungen steht. Und auch die Menschen, die hier leben, sind ähnlich geprägt: Sie identifizieren sich stark mit der Region – einer Region, die wie kaum eine andere Region in Deutschland für Transformation und Integration steht.