„Den Opfern der Karfreitagsmorde ein Gesicht geben“ – Botschafter*innen der Erinnerung gedenken virtuell

Es ist ernst gemeint. Das junge Europa sagt: Nie wieder Faschismus, nie wieder Krieg! Fotos: Oliver Schaper
Würdiges Erinnern: französische und deutsche Jugendliche – Botschafter*innen der Erinnerung, Bittermark 2018

Erinnerndes Gedenken an Unrecht, Verfolgung, Terror und Krieg, anlässlich der Morde an Zwangsarbeiter*innen und Widerstandskämpfer*innen durch Schergen der Gestapo kurz vor Kriegsende in Dortmund: die daraus resultierende Verantwortung für eine Gegenwart, die friedlich und tolerant ist, bedeutet immer auch, wachsam zu sein, damit es nie wieder geschehe. Und zu erinnern. Symbolisiert in einem würdigen Rahmen seit über 60 Jahren am Karfreitag in der Bittermark. – In diesem Jahr muss die traditionelle Veranstaltung wegen der Corona-Pandemie vor Ort ausfallen. Junge Antifaschist*innen – die Botschafter*innen der Erinnerung – haben diesmal daher einen anderen Weg gewählt, sich zu engagieren.

Leitmotiv für das Engagement der Botschafter*innen: „Den Opfern ein Gesicht geben!“

Seit 2012 sind die Botschafter*innen der Erinnerung jedes Jahr am Karfreitag in der Dortmunder Bittermark aktiv. Mit ihrem Weg der Erinnerung und ihren Beiträgen bereichern sie das Gedenken an die Opfer der Karfreitagsmorde in Rombergpark und Bittermark.

„Den Opfern ein Gesicht geben“, ist Leitmotiv ihres Engagements. Immer wieder erproben sie neue Formen des Gedenkens. Sei es das gemeinsame Erinnern mit französischen Jugendlichen oder die Kooperation mit Künstler*innen in Form von Tanz, Lyrik und Musik.

Auch im Jahr 2020 werden die engagierten Jugendlichen der über 200 Opfer der Karfreitagsmorde in Dortmund gedenken. Geschehen wird dies im Internet. Seit dem 19. März erinnert ihr virtueller Weg der Erinnerung an ausgewählte Opfer der Karfreitagsmorde. Zu sehen ist er bei Facebook und Instagram. Jeden Tag wird ein Mensch mit Foto oder Video und erläuternden Texten vorgestellt.

Gemeinsame virtuelle Gedenkveranstaltung am Karfreitag ab 15:00 Uhr auf Facebook und YouTube

Damit geben sich die Botschafter*innen der Erinnerung aber nicht zufrieden. Deshalb erarbeiten sie gemeinsam eine virtuelle Gedenkveranstaltung. Einzelvideos werden von den Jugendlichen zu Hause oder im Rahmen gemeinsamer Videochats erstellt.

In ihren Beiträgen stellen sie ausgewählte Biographien vor, berichten über ihre persönliche Motivation und verlesen die bekannten Namen der Opfer. Ergänzend wird ein Beitrag von Ar.kod.M e.V. besonders auf die sowjetischen Opfer eingehen. Ihre Namen sind bis heute oft nicht offiziell bestätigt. Ar.kod.M e.V. widmet sich dem Gedenken an die sowjetischen Opfer und will Licht in das Dunkel von Opferzahlen und Namen bringen.

Künstlerische Beiträge des Lyrikers Thorsten Trelenberg, des Liedermachers Boris Gott und des Pianisten Marcel Ritter von The Plings ergänzen das Programm. Auch sie erstellen exklusive Beiträge für die Gedenkveranstaltung. Mit einer Videobotschaft beteiligt sich auch Dortmunds Oberbürgermeister Ullrich Sierau.

Da ist ein Wille: Die Erinnerung an das Unsägliche wach zu halten – auf dass es nie wieder geschehe!

Foto: Roland Klecker

Er begleitet die Botschafter*innen der Erinnerung seit ihren Anfängen bei einer gemeinsamen Gedenkstättenfahrt nach Auschwitz. Besonders freuen sich die Jugendlichen aber über die Beteiligung aus Frankreich. Madame Nicole Godard, Vorsitzende des Verbandes der Zwangs- und Arbeitsdeportierten, wird mit einer Videobotschaft beteiligt sein.

Für die Botschafter*innen der Erinnerung ist diese Form des Gedenkens Neuland. Ihre Souveränität im Umgang mit digitalen Medien und ihr Wille, die Erinnerung wach zu halten, erleichtert ihnen die aktuelle Vorgehensweise.

Auch wenn Videochats mit 15 Beteiligten manchmal hohe Anforderungen an Konzentration und Disziplin stellen, sprechen die bisherigen Ergebnisse bereits für sich. Am 10. April wird das Video um 15:00 auf Facebook und YouTube live gehen.

Unvorstellbare Grausamkeiten von Auschwitz

Vor neun Jahren begann die Geschichte der Botschafter*innen der Erinnerung. Eine gemeinsame Gedenkstättenfahrt führte Oberbürgermeister Sierau, Dortmunder Jugendliche und Vertreter*innen von Stadt und Jugendring nach Auschwitz.

Angesichts der unvorstellbaren Grausamkeit von Auschwitz gab die getroffene Entscheidung, die Erinnerung für zukünftige Generationen wach zu halten, neue Kraft.

Der Jugendring und die Botschafter der Erinnerung haben eine Gedenkstättenfahrt nach Auschwitz gemacht.
Botschafter*innen der Erinnerung: Unbegreifliches bei einer Gedenkstättenfahrt nach Auschwitz

Entstanden ist ein Partizipationsprojekt, in dem junge Menschen die Möglichkeit erhalten, Erinnerungsarbeit aktiv zu gestalten. Immer wieder gelingt es Ihnen, neue Jugendliche zu gewinnen. In den vergangenen Jahren wurden etwa 300 junge Menschen zu Botschafter*innen der Erinnerung ernannt.

Sie sind authentische Vorbilder, Gesprächspartner*innen und Gedankengeber*innen für Gleichaltrige. Mehrere 1.000 Jugendliche erreichen sie jährlich mit ihren Aktivitäten. Begleitet und unterstützt werden sie vom Jugendring Dortmund.

 

 

Weitere Informationen:

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Reaktionen

  1. Einladung zum Auftakt „Gedenken unterwegs“ der Botschafter*innen der Erinnerung am 27.2.2022 (PM)

    Seit 2012 begleiten die Botschafter*innen der Erinnerung aktiv die Gedenkveranstaltung in der Bittermark. Auch in diesem Jahr wollen wir uns gerne wieder mit einem Beitrag einbringen.

    In den letzten Jahren haben der Jugendring Dortmund und die Botschafter*innen der Erinnerung vermehrt Gedenkstättenfahrten mit dem Fahrrad angeboten und durchgeführt. Gleichzeitig waren vielfältige und oft
    auch ungewöhnliche Arten des Gedenkens immer schon unser Ziel. Wir möchten wegkommen von langen Reden und das Erinnern greifbarer machen. Während einer Gedenkstättenfahrt mit Fahrrädern durch Ostfriesland entstand die Idee, beides miteinander zu verbinden. Wir informierten uns über mögliche passende Lastenräder und Anhänger. So wurde schließlich ein Lastenrad angeschafft, thematisch gestaltet und das Projekt „Gedenken unterwegs“ nahm Gestalt an.

    Wir wollen das Gedenken und Erinnern in den Alltag der Menschen bringen! Das Lastenrad kann und soll dabei auf vielfältige Weise eingesetzt werden: Unter anderem auf Gedenkstättenfahrten, Gedenkveranstaltungen, bei Veranstaltungen mit Jugendgruppen und bei der Beschäftigung mit Stolpersteinen.

    Wir werden so zukünftig Gedenkorte (Gedenksteine, Stolpersteine, usw.) mit Jugendlichen besuchen. Die Ergebnisse dieser dezentralen Aktivitäten nehmen wir mit und stellen sie am Karfreitag in der Bittermark und zu anderen Anlässen aus.

    Als ersten Termin für eine solche Aktion haben wir Sonntag, den 27.02.22 gewählt. Wir werden mit einer Gruppe Botschafter*innen und dem Lastenrad unsere erste Fahrradtour unternehmen.

    Zu diesem Termin würden wir Sie gerne einladen!

    Unsere Tour zu Gedenkorten in Hörde beginnt auf dem REWE Parkplatz an der Stadtbahnhaltestelle Berliner Straße (Körner Hellweg/Berliner Straße). Von dort fahren wir als Gruppe zum Rombergpark, machen Halt am Gedenkstein für die Opfer der Karfreitagsmorde und fahren anschließend, vorbei am Hochofenwerk Phoenix-West, nach Hörde zum Synagogendenkmal, besuchen die Gedenktafel an der ehemaligen Gestapo-Wache und erreichen schließlich das Zwangsarbeiter*innen-mahnmal auf der Kulturinsel am Phoenix-See. Dort treffen wir weitere Menschen, die uns bei einer kleinen Abschlussveranstaltung begleiten.

    Wir laden Sie ein, uns auf dieser Radtour zu begleiten. Mögliche Einstiegspunkte für Sie wären
    – 11:00 Uhr: REWE Parkplatz Körner Hellweg/Berliner Straße
    – 11:45 Uhr: Parkplatz Märkische Straße 251 (Einmündung Kapitelwiese
    – 12:30 Uhr: Rombergpark, Eingang Torhaus
    – 14:30 Uhr: Kulturinsel Phoenixsee

    Bitte geben Sie uns doch bald eine Rückmeldung, ob Sie an dieser Tour teilnehmen, von wo aus Sie mit uns starten wollen oder ob Sie zu der Veranstaltung zum Phoenix-See kommen.
    Über eine baldige Rückmeldung an info@bde-do.de würden wir uns sehr freuen!

    *Sollte die Fahrt wetterbedingt ausfallen müssen geben wir dies auf http://www.bde-do.de/gu2022 bekannt.

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