Arbeitswelt: ExpertInnen auf Spurensuche in Dortmund – Es ist nicht leicht, die klassischen Rollenbilder aufzubrechen

Zweites Treffen am "Tatort" Dortmund. Zum Thema "Fachkraft XY (un-)gelöst?" diskutierten Anke Domscheit-Berg (Unternehmerin), Jutta Reiter (DGB-Vorsitzende), Prof. Dr. Gesine Schwan (Politikwissenschaftlerin), Marc Brost (ZEIT-Journalist), Nicole Peper (Managerin Ikea Deutschcland) und Astrid Neese (Arbeitsamtschefin). Foto: Joachim vom Brocke
Anke Domscheit-Berg (Unternehmerin), Jutta Reiter (DGB-Vorsitzende), Prof. Dr. Gesine Schwan
(Politikwissenschaftlerin), Marc Brost (ZEIT-Journalist), Nicole Peper (Managerin Ikea Deutschcland) und
Astrid Neese (Arbeitsamtschefin). Foto: Joachim vom Brocke

Von Joachim vom Brocke

„Fachkraft XY (un-)gelöst?! Eine Frage des Chromosoms?“ – Mit diesem Thema befasste sich eine Expert(innen)runde in der Agentur für Arbeit an der Steinstraße. Es sollten auf dieser Tagung zumindest Ansätze ermittelt werden, wie die Herausforderung der Vereinbarkeit von Familie und Beruf besser gelingen kann.

Bewerberinnen und Arbeitsmarkt kommen nicht zusammen

Gut 100 Teilnehmer aus Politik, Wissenschaft, Wirtschaft und Kultur begaben sich zunächst auf Spurensuche. Sie wollten zumindest eine Erklärung dafür haben, wie man sich für die Zukunft am besten aufstellen kann.

Fakt ist, dass Bewerberinnen und der Arbeitsmarkt in vielen Fälle nicht zusammen kommen. Bieten Unternehmen nicht die Rahmenbedingungen? Oder sind Frauen weniger karrierefixiert als ihre männlichen Kollegen oder verkaufen sie sich einfach nur zu schlecht?

Für Arbeitsamtschefin Astrid Neese „ein komplexes Feld, das uns alle angeht“. Rund 40 Prozent der Frauen zwischen 15 und 64 Jahre seien 2014 in Dortmund erwerbstätig, erklärte Neese: „Eine Zahl, die in ländlichen Gebieten etwas anders aussehen kann“. Gut ausgebildete Frauen seien als Fach- und Führungskräfte in Unternehmen auf jeden Fall unverzichtbar.

IKEA Deutschland hat gutes Männer-/Frauenverhältnis

Von einem guten Männer/Frauen-Schnitt berichtete Nicole Peper, stellvertretende Handelsmanagerin (Retail Managerin Deputy) bei IKEA Deutschland: „Wir haben ein gutes Männer/Frauenverhältnis, das deutschlandweit bei 57 Prozent liegt“.

Man müsse schon mit dem Herzen dahinter stehen. Außerdem gelte es, „nach Qualifikationen zu suchen“. IKEA war Mitveranstalter dieses breit angelegten Informationsgespräches.

Jutta Reiter: „Abdriften in Minijobs vermeiden“

Für Dortmunds DGB-Vorsitzende Jutta Reiter ist es „an der Zeit, dass wir grundlegend etwas ändern“. Durch die „kulturellen, sozialen und vor allem finanziellen Rahmenbedingungen schaffen wir die Voraussetzungen für die Bevorzugung des Mannes in der Arbeitswelt.

Damit nehmen wir Frauen, Männern und Unternehmen die Möglichkeit sich zu entwickeln“. Vermieden werden sollte ein Abdriften in Minijobs. Erkennbar seien „innovative Ansätze“ bei Unternehmen.

Gespräche im Familienministerium anstoßen und führen

Für Prof. Dr. Gesine Schwan könne eine kluge Familienpolitik dem Fachkräftemangel helfen. Im Familienministerium müssten Gespräche dazu angestoßen und geführt werden, wie Familienarbeit und Berufsarbeit unter ein Dach gebracht werden könnten.

Einsichtige Unternehmer hätten indes bereits den Vorteil erkannt, der in  zufriedenen, psychisch ausgeglichenen und dank der Familienerfahrung sozial kompetenten Mitarbeiter liege. Flexibel würden sie sich auf die Erfordernisse partnerschaftlicher Familien einstellen.

„Zu viel Esoterik liegt noch in der Debatte“, befand Anke Domscheit-Berg, selbständige Unternehmerin und Publizistin. Der Staat als Arbeitgeber solle bei den zum Teil enormen Gehaltsunterschieden in der Frauenarbeit „vor der eigenen Haustür kehren“.

Eine Patentlösung gegen klassische Rollenbilder gibt es nicht

Kinder, Liebe und Karriere zusammen zu bringen sei nicht so einfach, meinte Marc Brost, Leiter des Hauptstadtbüros der Wochenzeitschrift „Die Zeit“, Buchautor und Vater eines achtjährigen Sohnes.

Die erste Generation, die gleichberechtigt zu leben versuche, „esse schneller, schlafe weniger, bewege sich schneller und liebe sich weniger“.

Eine Patentlösung wie die klassischen Rollenbilder aufgebrochen werden können, gab es nicht.

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