Anwohnergemeinschaft will mit Online-Petition ihren Gemeinschaftsgarten im Kreuzviertel retten

Marius Jakobus von der „Anwohnergemeinschaft Gartenretter Kreuzviertel“ zeigte der Redaktion die Gartenanlage, auf deren Fläche ein neues Wohnhaus entstehen soll. Fotos: Ole Steen
Marius Jakobus zeigt auf die Fläche, wo ein neues Wohnhaus entstehen soll. Fotos: Ole Steen

Von Ole Steen

„Ohne Grüne Lunge kann das Viertel nicht atmen“, lautet der Slogan der „Anwohnergemeinschaft Gartenretter Kreuzviertel“. Diese setzt sich dafür ein, dass eine Gartenanlage in ihrem Wohnviertel erhalten bleibt – Denn dort soll ein Wohnungskomplex entstehen. Die AnwohnerInnen versuchen nun über eine Online-Petition, die Stadt Dortmund und das Wohnungsunternehmen „Vonovia“, dem das Grundstück gehört, zu erreichen.

Ein Gemeinschaftsgarten soll einem Wohnungsneubau Vonovias weichen

Auch ein Kinderspielplatz müsste dem Neubau vermutlich weichen.
Auch diese Spielgelegenheiten müssten dem Wohnugs-Neubau vermutlich weichen.

Geplant wird ein viergeschossiger Wohnhaus-Neubau auf der Fläche des Gemeinschaftsgartens hinter den Häusern der Metzer Straße und der Blankensteiner Straße. Neben dem Wohnhaus sollen auch Auto- und Fahrradstellplätze, sowie Zugangswege für Feuerwehr und AnwohnerInnen entstehen. Es müssten also beträchtliche Teile der Gartenfläche weichen.

Momentan sind die Baupläne noch im Genehmigungsverfahren des Planungsamtes, doch Mitglieder der Anwohnergemeinschaft konnten bereits erste Entwürfe des Neubaus einsehen. Zudem bestätigte Vonovia auf Nachfrage der Redaktion, dass 14 neue Wohnungen, sowie PKW und Fahrradstellplätze entstehen sollen.

Die Anwohner, mit denen die Redaktion sprach, wollen größtenteils anonym bleiben, da sie Probleme mit dem Vermieter befürchten. Sie bemängeln, „dass weder Stadt noch Vonovia kommunizieren“. Die teilweise langjährigen Mieter der Wohnungen im Kreuzviertel werfen Vonovia und der Stadt zudem vor, dass diese „auf Kosten der Bestandswohner“ handeln. Denn diese würden nicht nur monatelang vom Baulärm beeinflusst, sondern auch die Wohnqualität werde langfristig stark schrumpfen, wenn die Grünflächen versiegelt werden.

Der Gemeinschaftsgarten sei „mit seinen Tieren und Pflanzen ein wichtiger Wohlfühlort in der Großstadt“, so die Anwohnergemeinschaft. Wichtig sei etwa der Lärmschutz vor B1 und Westfalenstadion durch die hohen Bäume, aber auch die Funktion als Rückzugsort. Zudem befürchten die AnwohnerInnen, dass der Lichteinfall in ihre Wohnungen stark reduziert wird, da der geplante Neubau ein Stockwerk höher sein soll als die bestehenden Wohnblöcke.

Monatelanger Baulärm ist im Kreuzviertel eine anhaltende Tatsache

Bereits seit Monaten wird in der Wohnsiedlung im Kreuzviertel an mehreren Häusern gebaut.
Bereits seit Monaten wird in der Wohnsiedlung im Kreuzviertel an mehreren Häusern gebaut.

Doch nicht nur der geplante Neubau bereitet den Mietern Kopfzerbrechen: Bereits seit einem halben Jahr wird an den Wohnhäusern gebaut – vier Wohnblöcke der Siedlung werden um eine Etage aufgestockt. Lange andauernder Baulärm ist also nicht nur eine fiktive Befürchtung der Mieter, sondern seit Monaten Realität.

Zudem wirft die Anwohnergemeinschaft Vonovia vor, dass „Neumietern bewusst verschwiegen wird, dass die Grünfläche verschwinden soll“. Sie bemängeln daher erneut fehlende Transparenz von Vonovia. Als „Wandel zu einem monofunktionalen Wohnquartier“ beschreibt Hans-Peter Zehnter, der die Online-Petition ins Leben rief, die Pläne des größten deutschen Wohnungsunternehmens.

Die Firma sei nur darauf aus möglichst viele Wohnungen anzubieten, die Wohnqualität aber zu vernachlässigen, beschwert Zehnter sich. So liegen etwa auf Wiesen in der Siedlung tagelang Müllreste der Bauarbeiten zur Etagenaufstockung, die nicht von den Arbeitern weggeräumt werden. Zudem sind nach Angaben der Anwohnergemeinschaft bereits einige Mieter aus der Siedlung gezogen, da der monatelange Baulärm ohne absehbares Ende sei.

Vonovia kommuniziert nicht mit den langjährigen MieterInnen

In den Gärten liegt Müll von den Bauarbeiten, der von den Arbeitern nicht weggeräumt wird.
In den Gärten liegt Müll von den Bauarbeiten, der von den Arbeitern nicht weggeräumt wird.

„Im Schulterschluss mit der Politik und Verwaltung eine Antwort auf den Mangel an Wohnraum in Ballungsgebieten geben“, will Vonovia mit dem geplanten Neubau. Zur Realisierung neuer Wohnflächen seien „Investitionen in Milliardenhöhe in Vonovias Quartiere und neue Wohnungen“ geplant. Das Ziel seien „nachhaltige und lebenswerte Quartiere“ , teilt Unternehmens-Pressesprecherin Bettina Benner auf Anfrage mit.

Doch in seiner Stellungnahme an nordstadtblogger.de sendet das Unternehmen widersprüchliche Signale: „Wir nehmen die Kommunikation in alle Richtungen sehr ernst. Wir befinden uns im regelmäßigen Austausch mit der Stadt und dem Mieterverein und auch unseren Kunden“ heißt es dort. Und dann weiter: „Eine Bürgerbeteiligung ist nicht üblich, und auch nicht vorgesehen“, schreibt Benner.

Die Stadt Dortmund wird voraussichtlich den Planungsantrag genehmigen

Die Anwohner haben wenig Hoffnung, dass die Gartenanlage bestehen bleibt.
Die Anwohner haben wenig Hoffnung, dass die Gartenanlage bestehen bleibt.

Nach Abschluss des Genehmigungsverfahrens erwarten die AnwohnerInnen weitere Monate des Baulärms. Die Stadt Dortmund bestätigte, dass für Vonovia „ein planungsrechtlicher Zulässigkeitsanspruch besteht, wenn das Bauvorhaben sich also nach Art und Maß der baulichen Nutzung und der überbaubaren Grundstückflächen einfügt“. Dies beziehe sich auf „§ 34 BauGB (unbeplanter Innenbereich)“, teilt Stadtsprecherin Heike Thelen  auf Nachfrage mit.

Auch Vonovia betont: „selbstverständlich werden alle rechtlichen Auflagen, wie bei jedem Bauvorhaben, von unserer Seite eingehalten“. VertreterInnen der Anwohnergemeinschaft werden der Einladung von Planungsdezernent Ludger Wilde zu einem Gespräch folgen. Dennoch kann sich die Anwohnergemeinschaft im Kreuzviertel wenig Hoffnung machen, die Baupläne zu verhindern.

Einziger Hoffnungsschimmer: „Bei der Nachverdichtung im Kreuzviertel muss nur eine Teilfläche der Grünfläche genutzt werden. Der größere Teil wird als Grünfläche erhalten bleiben“ teilt Bettina Benner abschließend mit.

Hinweis:

Die Online-Petition läuft noch bis zum 13. September 2017. Sie findet sich unter folgendem Link: https://www.openpetition.de/petition/online/herr-oberbuergermeister-sierau-erhalten-sie-die-gruenen-lungen-im-dortmunder-kreuzviertel

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