Nordspange: Rat entscheidet über den Bau der Hoeschallee – notfalls auch ohne Fördermittel

Entlastung der Nordstadt und Erschließung der Westfalenhütte geplant

Die Planungen und Beschlüsse für die Hoeschallee erfolgt in mehreren Abschnitten. Karte: Tiefbauamt der Stadt Dortmund

Es ist eines der größten Verkehrsprojekte und eines mit der längsten Planungs- und Wartezeit: Die Nordspange. Ein wesentlicher Baustein steht jetzt zur Beratung und Entscheidung an. Der Bau der südlichen Hoeschallee könnte im Sommer 2026 beginnen, wenn der Rat zustimmt. Diese neue Straße ist wichtiger Teil der Nordspange. Diese soll die Innenstadt-Nord vom Durchgangsverkehr entlasten. Gleichzeitig erschließt sie das Gelände der Westfalenhütte für die gewerbliche Nutzung.

Verkehrsbelastung auf der Brackeler und Borsigstraße soll deutlich reduziert werden

Viele Anwohner:innen der Innenstadt-Nord erwarten die Hoeschallee sehnsüchtig. Seit mehr als 20 Jahren wird sie ihnen versprochen. Denn die neue Tangente soll den Durchgangsverkehr auffangen und die Anwohner:innen erheblich entlasten. Die Hoeschallee verbindet dabei die Brackeler Straße mit der Bornstraße und könnte die Verkehrsbelastung auf der Brackeler Straße und der Borsigstraße um 33 bis 46 Prozent senken. Der Rat wird in seiner Juli-Sitzung über den ersten Bauabschnitt der Hoeschallee entscheiden.

Verlauf der Nordspange am Ende der Hildastraße: Blick auf das Gelände der Westfalenhütte. (Archivbild) Klaus Hartmann für nordstadtblogger.de

Der erste Abschnitt umfasst die Verbindung der Brackeler Straße mit dem neuen Gewerbegebiet auf dem Gelände der ehemaligen Westfalenhütte. Auch der Ausbau der Straßenkreuzung, an der die südliche Hoeschallee an die Brackeler Straße anschließt, gehört dazu. Die Bauarbeiten sollen im Juni 2026 beginnen und bis September 2027 abgeschlossen sein.

Weitere Abschnitte folgen, für die die Verwaltung separate Baubeschlüsse einholen wird. Die Stadt plant, die Hoeschallee bis Sommer 2032 fertigzustellen. Die Brücke an der Hildastraße, die die Hoeschallee im Nordwesten anschließt, ist bereits fertig. Das Investitionsvolumen für den ersten Bauabschnitt beträgt rund 7,6 Millionen Euro. Insgesamt belaufen sich die Kosten auf etwa 62 Millionen Euro. Hinzu kommen die Kosten für das Brückenbauwerk an der Hildastraße, welches bereits gebaut wird.

Bislang sind keine Fördermittel in Aussicht: Stadt muss selbst zahlen

Ob die Stadt Fördermittel erhält, ist unklar. Die Bezirksregierung Arnsberg hatte die grundsätzliche Förderfähigkeit bestätigt, aber der Verkehrsminister des Landes NRW informierte im Februar 2023, dass die Förderung sich künftig auf den Erhalt und die Sanierung des bestehenden Straßennetzes konzentrieren werde. Eine künftige Förderung wurde jedoch nicht vollständig ausgeschlossen. Auch eine Förderung aus dem Regionalen Wirtschaftsförderungsprogramm (RWP) des Landes ist nicht möglich.

Baudezernent Arnulf Rybicki Foto: Anja Cord für Nordstadtblogger.de

Trotzdem möchte die Stadt den ersten Bauabschnitt der Hoeschallee angehen. „Die Suche nach einer Finanzierung hat sich auf den Zeitplan ausgewirkt“, räumt Baudezernent Arnulf Rybicki ein. Zudem wurde die Reihenfolge der Bauabschnitte umgestellt. Der zweite Abschnitt werde dann der im Norden zwischen Hildabrücke und Bornstraße sein. Die Straße werde „von Außen nach innen“ entwickelt. Die „teuren Ingenieurbauwerke“ kämen zum Schluss.

Darüber könnten die Planer:innen somit „am längsten nachdenken“ – wohl auch über mögliche Zuschüsse und Fördertöpfe. Einen Eintrag ins Schwarzbuch der Steuerzahler befürchtet Rybicki dennoch nicht: Er ist sich sicher, dass der Lückenschluss kommen werde. Zudem hätten die beiden ersten Bauabschnitte auch ohne einen Lückenschluss wichtige Funktionen: Zum einen würden Gewerbeflächen und die Zufahrt zu einem großen Verbrauchermarkt erschlossen. Außerdem könnte die neue Hoeschallee für den Bau des Grünen Rings genutzt werden. Dort stehen gigantische Erdarbeiten mit tausenden Lkw-Bewegungen an, so Rybicki.

Verbesserungen bei Verkehrssicherheit, Busverkehr und Radwegeplanung

Nach Ansicht des Verwaltungsvorstandes bringt die neue Straße viele Verbesserungen mit sich, darunter mehr Fahrplan-Stabilität im Busverkehr, mehr Verkehrssicherheit durch die Entlastung des Borsigplatzes und einfachere Straßenraum-Umgestaltungen, zum Beispiel in der Borsigstraße für den Anschluss der Veloroute 2 nach Scharnhorst.

Zufahrt von der Brackeler Straße zur Nordspange (Hoeschallee)
Zufahrt von der Brackeler Straße zur Nordspange – also zur Hoeschallee. (Archivbild). Klaus Hartmann | Nordstadtblogger

An der Kreuzung, wo die Hoeschallee von der Brackeler Straße abzweigt, entsteht eine große Kreuzung. Die Brackeler Straße wird hier von zwei auf vier Fahrstreifen erweitert. Zwei Spuren führen in die Hoeschallee und zwei in die Brackeler Straße Richtung Borsigplatz.

Eine Spur Richtung Borsigplatz ist für den Busverkehr vorgesehen und wird an die Umweltspur angeschlossen. Für den Verkehr aus Richtung Westen wird jeweils eine Fahrspur für die Hoeschallee und die Brackeler Straße in Richtung B236 vorgesehen.  Die Hoeschallee ist wesentlicher Teil der geplanten Nordspange, die die Brackeler Straße mit der Emscherallee verbinden soll.


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Reaktionen

  1. Dortmunder Umweltverbände fordern Stopp der Hoeschallee: „Aus Klimagründen verkehrt, verkehrlich verzichtbar und wirtschaftlich Wahnsinn“ (PM)

    Ein breites Bündnis aus Umwelt- und Verkehrsverbänden appelliert an die Politik in Dortmund, die Planung der Hoeschallee als Teil der Nordspange zu beenden. „Das Projekt wird aus guten Gründen nicht vom Land bezuschusst. Die Stadt aber will die Baukosten von 62 Millionen Euro allein tragen. Jetzt wäre der letzte Zeitpunkt für die Lokalpolitik, diese Fehlplanung zu stoppen“, ruft das Bündnis zu einem Nein zur Verwaltungsvorlage zum Bau der Hoeschallee auf. In dem Bündnis haben sich ADFC, BUND, VCD, Aufbruch Fahrrad, VeloCityRuhr, Klimabündnis Dortmund und die Fridays for Future zusammengefunden.

    Das Bündnis zählt viele Gründe auf, warum die neue Straße nicht (weiter-)gebaut werden sollte. „Die Hoeschallee ist aus Klimagründen verkehrt, überdimensioniert, verkehrlich verzichtbar, viel zu teuer und wirtschaftlich betrachtet Wahnsinn“, fasst Hartmut Koch für das Klimabündnis Dortmund die Argumente zusammen. Die wichtigsten Punkte in der Übersicht:

    Verkehrswende und Klimaneutralität: Die Nordspange widerspricht dem Ziel der Verkehrswende, das mit dem Masterplan Mobilität klar postuliert ist: der Autoverkehr soll auf ein Drittel Verkehrsanteil reduziert werden. Sie steht damit auch im Widerspruch zu der bis 2035 angestrebten Klimaneutralität der Stadt. Sowohl zur Klimaneutralität (November 2021) wie auch zur Verkehrswende (Mai 2022) hat sich der Rat der Stadt bekannt. Dass der Bebauungsplan InN 219 (u.a. zur Nordspange) einen Monat nach dem Beschluss zur Klimaneutralität vom Rat verabschiedet wurde, zeigt deutlich, dass die Dortmunder Parteien mehrheitlich (und leider bis heute) nicht begriffen haben, dass sich etwas ändern muss – gerade auch kommunal. „Wer Straßen baut, wird Verkehr ernten“, bringt es Peter Fricke von Aufbruch Fahrrad Dortmund auf den Punkt. „Die Nordspange zementiert eine autozentrierte Infrastruktur, statt die dringend notwendige Mobilitätswende voranzutreiben.“

    Verkehrlich überdimensioniert: Die Hoeschallee ist mit vier Fahrspuren völlig überdimensioniert. Wenn überhaupt, hätte sie nur zweispurig geplant werden dürfen; damit könnte sie den erwartbaren Verkehr problemlos aufnehmen. Vier Spuren hingegen bedeuten, dass massiv neuer Kfz-Verkehr induziert wird. Zudem ist in den Knotenpunkten der Hoeschallee eine wahre Flut von Abbiegestreifen angelegt, die weder mit den Verkehrsmengen noch mit den Regelwerken im Einklang steht; und die Stadtbahn soll die Hoeschallee irgendwann einmal unterqueren. Eine reduzierte Dimensionierung der Nordspange hätte deren Kosten vermutlich deutlich gesenkt.

    Keine Entlastung für die Nordstadt: Das immer wieder angeführte Argument, die Nordspange entlaste die Nordstadt und insbesondere die Wohngebiete des Borsigplatzquartiers vom Kfz-Verkehr, ist nicht haltbar. Zwar argumentiert die Verwaltung mit einer Entlastung des Verkehrs auf der Brackeler Straße (westlich Hoeschallee) um 33-46 Prozent, gleichzeitig geht sie jedoch von deutlichen Zusatzbelastungen an anderer Stelle im Quartier aus, z.B. in der Oesterholzstraße, wo sich der Verkehr weit mehr als verdoppeln (plus 147 Prozent!) soll, wie aus der Begründung für den Bebauungsplan InN 219 hervorgeht. Zudem wird bei der erwarteten Entlastung der Brackeler Straße der durch die neue Straße induzierte Verkehr gar nicht berücksichtigt. Die geplante Ausweitung der gewerblichen Nutzung auf der Westfalenhütte wird im Übrigen nach Angaben des von der Stadt beauftragten Gutachtens nicht zu mehr Verkehr im Borsigplatzviertel führen, auch wenn die Nordspange nicht gebaut wird. Warum wird sie dann gebaut?

    Wirtschaftlich unvernünftig: Völlig unverständlich ist aus Sicht der Umweltgruppen, dass die Stadt am Bau der Nordspange festhält, obwohl das Land keinerlei Zuschüsse gewährt. „Die 62 Millionen für die Nordspange allein aus eigener Kasse zu bezahlen, ist wirtschaftlicher Wahnsinn“, sagt Philipp Kotthoff (BUND). Parteien wie die CDU, die für sich in Anspruch nehmen, sie stünden für wirtschaftliche Vernunft, dürfen das eigentlich nicht mittragen. Das Geld könne für viele andere Dinge besser ausgegeben (Schulen, Kitas!) oder gespart werden. Die Stadt Dortmund ist nicht annähernd in der Lage, ihr derzeitiges Straßen- und Wegenetz auf einem benutzbaren Stand zu halten. „In dieser Situation eine überdimensionierte Neubaumaßnahme zu planen, wird zukünftige Generationen zusätzlich zum Klimawandel noch mehr überfordern“, warnt Malik Pätzold von den Fridays for Future.

    Rad- und Fußverkehr werden unzureichend beachtet: Für den Rad- und Fußverkehr gibt es auf der Westfalenhüttenallee/Springorumstraße eine gemeinsame Spur, die überflüssigerweise am Knoten mit der Hoeschallee von der einen zur anderen Straßenseite wechselt – was nur mit mehreren Ampelphasen möglich ist „Das ist weder attraktiv für Radfahrende noch für zu Fuß Gehende“, bedauert Heide Kröger-Brenner vom ADFC; die Querung des Geländes werde so unnötig erschwert.

    Schienenverkehr spielt keinerlei Rolle: Für die schon lange zugesagte Verlängerung der Stadtbahn auf das Gelände der Westfalenhütte liegen weiterhin keine Pläne vor. Die notwendige eigenständige Planfeststellung für die Stadtbahn ist damit nicht einmal im Ansatz eingeleitet. „Für den Autoverkehr fließen die Millionen, für die Stadtbahn nur leere Versprechen“, kritisiert Lorenz Redicker vom VCD. Unsinnig ist zudem, dass die Stadtbahn den Knoten Springorumallee/Nordspange unterqueren muss und dabei von der Nord- auf die Südseite der Fahrbahn wechselt. Zudem wird der Schienengüterverkehr in den Planungen überhaupt nicht beachtet, dabei ist das gesamte Gelände bestens für den Schienenverkehr erschlossen.

    Der Bau der OWIIIa hat die Nordstadt einst übermäßig mit Autoverkehr belastet, die Nordspange aber schaffe hier nicht die erhoffte Abhilfe, so das Bündnis, im Gegenteil. „Die Fehlplanung der OWIIIa kann nicht durch eine weitere Fehlplanung korrigiert werden“, fasst Hartmut Koch zusammen. Dass der Bau der Nordspange längst begonnen und etwa die Brücke an der Hildastraße bereits weitgehend fertig sei, ändere nichts an der Notwendigkeit, jetzt endlich die Reißleine zu ziehen. Das Bündnis appelliert an die Politik: „Lassen Sie Vernunft walten, beenden Sie diesen Wahnsinn und stoppen Sie die Fehlplanung!“

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