Bezirksvertreter:innen fordern erst die Abarbeitung der alten Aufträge

Kein neues Geld mehr: Die Nordstadt-BV stellt dem Tiefbauamt einen Denkzettel aus

Ausschnitt der sanierten Steinstraße (Blickrichtung nach Westen) am Nordausgang des Hauptbahnhofes mit den neuen breiten Radwegen.
Zwar gibt es sichtbare Fortschritte an der Steinstraße. Doch die Liste der unerledigten Punkte ist lang. Foto: Hendrik Konietzny für die Stadt Dortmund

Ein Zeichen des Protests sendet die Bezirksvertretung Innenstadt-Nord ans Tiefbauamt. Die Nordstadt-Politiker:innen haben abgelehnt, dem Tiefbauamt pauschal 500.000 Euro für das Jahr 2023 zur Verfügung zu stellen. Der Grund: Eine Vielzahl von Arbeiten seien noch nicht erfolgt bzw. nicht abgeschlossen, für die die BV ebenfalls schon hunderttausende Euro zur Verfügung gestellt hatte.

Fraktionsübergreifende Kritik an langsamer Umsetzung von Beschlüssen

Der stellvertretende Bezirksbürgermeister Thomas Oppermann (SPD) brachte es auf eine einfache Formel: „Wir sollen noch mehr Geld geben, damit sie noch weniger tun.“ Fraktionsübergreifend wurde die langsame Abarbeitung und Umsetzung von Beschlüssen beanstandet. Weitere Mittel wollte man dem Tiefbauamt daher nicht zur Verfügung stellen. 

Thomas Oppermann (SPD)
Thomas Oppermann (SPD) Foto: Alexander Völkel für Nordstadtblogger.de

„Bei dem Bedarf gehen wir nicht mit. Wir erwarten, dass sie entweder darstellen, dass doch ganz viele Mittel verausgabt haben oder sich auf den Weg machen, dass bisherige abzuarbeiten“, so Oppermann. „Die Situation ist selten, dass eine BV fordert, keine Mittel zur Verfügung zu stellen.“

Franz-Josef Ingenmey als Vertreter des Seniorenbeirats machte sich Sorgen, ob dann der Bau der barrierefreien Übergänge ganz gestrichen sei- u.a. Damit hatte das Tiefbauamt die pauschale Bereitstellung von Mitteln begründet und dafür gewarnt, dass sich die Umsetzung von Projekten verzögern könne, wenn Mittel erst später im Jahr bereitgestellt würden.

„Oder sind noch alte Anträge in der Pipeline und müssen umgesetzt werden“, wollte Ingenmey wissen. Er erinnerte daran, dass Anfang des Jahres auf Anregung des Seniorenbeirats beschlossen wurde, Querungen an der Eberstraße vor Seniorenwohnsitz zu schaffen. „Vielleicht verstehe ich sonst das mit der Streichung der Mittel nicht“, runzelte der Vertreter des Seniorenbeirats die Stirn.

400.000 Euro wurden noch nicht abgerufen, aber 500.000 weitere Euro gefordert

Bezirksbürgermeisterin Hannah Rosenbaum
Bezirksbürgermeisterin Hannah Rosenbaum (Grüne)

„Viele Dinge wurden nicht umgesetzt und viele Mittel nicht abgerufen. Wenn es zu einer Maßnahme kommt, wo es um die beschriebene Stelle geht und demokratischer Konsens besteht, werden wir auch zustimmen“, nahm ihm Bezirksbürgermeisterin Hannah Rosenbaum (Grüne) die Sorge. 

„Das Tiefbauamt muss mal genauer Auskunft geben, woran sie arbeiten“, forderte Brigitte Jülich (SPD). Das Tiefbauamt arbeite ja nach eigener Lesart schon, wenn man nur über eine Maßnahme nachdenke. „Arbeiten ist, wenn jemand zeitnah beauftragt wurde, etwas zu machen. Arbeit heißt für mich eine Schüppe in der Hand. Die Mitbürger sehen nur, wenn etwas umgesetzt wird“, kritisierte die SPD-Politikerin das langsame Tempo. „Wir müssen darüber Gespräche führen, was wirklich ,in Arbeit‘ heißt.“

Brigitte Jülich (SPD) Leopold Achilles | Nordstadtblogger

Auch Thomas Oppermann konnte die Befürchtungen verstehen. Doch er verwies auf die offenen Aufträge der BV: Im Bereich Radwege stünden für das Tiefbauamt 210.000 Euro bereit, für Straßen weitere 130.000 Euro.

„Wir können schwer entnehmen, was ,dran sein‘ heißt. Wenn man sich die nicht verausgabten Summen anguckt, aber noch mal 500.000 Euro fordert, dann sind wir bei 900.000 Euro“, rechnet Oppermann vor. 

„Die neuen Mittel sind ja nicht weg. Aber das Tiefbauamt soll erst mal die 400.000 Euro abarbeiten, bevor man 500.000 Euro zusätzlich haben will.“ Er ärgerte sich über die pauschalisierten Summen – allein 200.000 Euro sind für die Unterhaltung von Straßen vorgesehen. Er forderte ein Ende der pauschalisierten Zuschüsse, sondern stattdessen konkrete Projekte.

Neuer Mobilitätsfonds über 200.000 Euro eingerichtet

Gemeinsam mit den Kindern und Jugendlichen werden die neuen Fahrräder montiert.
Radverkehrförderung: Gemeinsam mit den Kindern und Jugendlichen werden die neuen Fahrräder montiert. Die BV hat das Projekt der Nordstadtliga finanziert, Foto: Alexander Völkel für Nordstadtblogger.de

Allerdings war die Bezirksvertretung nicht bei allen Themen so „knauserig“ wie beim Etat des Tiefbauamtes. Neu eingerichtet wurde auf Antrag von Grünen, SPD und Die Linke/Die Partei ein Mobilitätsfonds über 200.000 Euro.

100.000 Euro sollen für Kinder und Jugendliche zur Verfügung gestellt werden, damit Leihfahrräder angeschafft und angeboten werden können.

„Die Mobillitätswende erschöpft sich bisher auf die Förderung von eAutos. Wir wollen lieber die Möglichkeit, dass Kinder und Jugendliche sich dauerhaft und kostenfrei Fahrräder ausleihen und sie sich auch reparieren lassen können. Das ist ein entscheidender Beitrag zur Verkehrswende“, begründete Thomas Oppermann den Vorstoß.

Julia Rüding (Die Partei) Leopold Achilles | Nordstadtblogger

Doch das ist nur die eine Hälfte des Mobilitätsfonds: „Wir haben aber auch überlegt, die Eltern zu unterstützen. Viele Kinder haben keinen Schulplatz im Norden bekommen und das spitzt sich im kommenden Schuljahr noch zu“, begründete Julia Rüding (Die Partei) den neuen Vorschlag.

Eltern müssten mit einem Erstklässler, der noch nie in der Kita war, 1,4 Kilometer zum Bus laufen, ihn dann abgeben und das Kind fahre dann mehr als 30 Minuten mit dem Bus zu Schule. 

Die Eltern aber müssten selbst sehen, wie sie zum Elternsprechtag oder schulischen Veranstaltungen kämen. „Eltern müssen auch am Schulalltag teilnehmen können. Daher wollen wir Mobilitätsgutscheine ausgeben. Es kann nicht sein, dass Kinder kreuz und quer im Stadtgebiet zugewiesen werden und Eltern nicht wissen, wie sie die Schule ihrer Kinder erreichen sollen“, so Rüding.

Unterstützung der Vereins- und Kulturszene ausgeweitet

Marco Unterauer (Grüne) Leopold Achilles | Nordstadtblogger

Außerdem weitet die BV die Unterstützung der Vereins- und Kulturszene aus – u.a. wegen der gestiegenen Kosten durch Energiekrise und Inflation. Der Topf soll daher von knapp 32.000 auf 60.000 Euro erhöht werden. Zudem soll die pauschale Vereinsförderung dauerhaft auf 500 Euro erhöht werden, machte Marco Unterauer (Grüne) deutlich.

Weitere markante Punkte im BV-Haushalt für 2023: Für die Sanierung, Ausstattung ökologische Aufwertung von Grünanlagen sollen statt 30.000 nun 100.000 Euro zur Verfügung gestellt werden.

Der Kinderspielplatz an der Lambachstraße soll über den Ersatz des Sandspielhauses hinaus aufgewertet werden. Dafür gibt die BV nun 50.000 statt 20.000 Euro. 

Bernd Hempfling (AfD) Leopold Achilles | Nordstadtblogger

Außerdem soll nach einem Ortstermin an der Haydnstraße, bei der intensiv über die Aufwertung der Grünfläche dort gesprochen wurde, dafür 50.000 Euro im Haushalt eingestellt werden.

Im Gegenzug dafür will die BV die Baumaßnahme an der „Erlebniswelt am Fredenbaum“ nicht selbst finanzieren. Wegen der überregionalen Bedeutung soll dies aus dem städtischen Haushalt finanziert werden.

Ablehnung für die Forderungen kam – wenig überraschend – nur von der AfD: „Der gemeinsame Antrag der drei Fraktionen liest sich wie Weihnachtswunschliste. Jedem Kind ein Fahrrad schenken? Das sollten die Eltern kaufen. Dann lernen sie Wertschätzung“, so Bernd Hempfling.

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