
Der 10. MO_Kunstpreis geht an den/die deutsch-türkische Performancekünstler:in caner teker. Der Preis wird am Sonntag, 19. November, 11 Uhr durch die Freunde des Museums Ostwall verliehen. Besucher:innen haben dann die Chance, die prämierte Performance KIRKPINAR im Schaufenster des MO zu erleben.
Spiel mit der Tradition des türkischen Öl-Ringkampfes Yağlı Güreş
caner teker (geb. 1994) studierte an der Kunstakademie Düsseldorf und anschließend an der School for New Dance Development, Amsterdam. Er/sie ist Choreograf:in und Künstler:in und schafft eindrucksvolle Bilder, die persönliche Erfahrungen von Queerness und postmigrantischer Identität beinhalten und über sie hinaus gehen.
Die Performance wurde für den Preis ausgewählt, da sie aus Sicht der Jury an die feministische Body Art der 1960er-Jahre anknüpft. Arbeiten zu diesem Thema sind in der MO_Sammlung bereits vertreten und caner teker erweitert die in den 1960er-Jahren aufgeworfenen Fragen um zeitgenössische Perspektiven.___STEADY_PAYWALL___

KIRKPINAR ist eine 30-minütige Live-Performance die sich mit der über 750 Jahre alten Tradition des türkischen Öl-Ringkampfes Yağlı Güreş auseinandersetzt. Das erste Kırkpınar-Turnier wurde 1361 im damaligen Osmanischen Reich ausgetragen und das gleichnamige Festival ist seit 2010 Bestandteil des immateriellen UNESCO-Kulturerbes der Menschheit.
Bei teker betreten zwei Performer:innen den Ring, bandagieren sich die Hände, legen einen Mundschutz an und reiben ihre Körper mit Öl ein. Doch dann verändert sich die Szenerie und verlässt das Erwartbare.
teker inszeniert alles wie in Zeitlupe. Das Aufeinandertreffen der Körper, ihre Kraft und Energie werden verlangsamt und wirken auf einmal intim und beinahe zärtlich. Mit diesem Vorgehen hinterfragt teker tradierte Vorstellungen von Männlichkeit.
Die Überwältigung und das Besiegen des Gegenübers erscheinen auf einmal wie ein Miteinander, ein gegenseitiges Stützen und Ausbalancieren. Und auch der Blick auf den männlichen Körper wandelt sich. Der muskulöse, durchtrainierte Körper, in der europäischen Kunstgeschichte seit Jahrhunderten als Ideal von Männlichkeit verehrt, erscheint bei teker uneindeutig.
Wie sammelt man eine Performance – und wie stellt man sie aus?
Der MO_Kunstpreis wurde 2014 von den Freunden des Museums Ostwall ins Leben gerufen und wird seit dem einmal jährlich verliehen. Es ist von Seiten des Freundeskreises mit 10.000 Euro dotiert – die Stadt Dortmund fördert den Ankauf der preisgekrönten Arbeit mit weiteren 10.000 Euro, um die Sammlung des MO lebendig zu halten.

Mit der Auszeichnung caner tekers und dem Ankauf der Performance betritt das Museum neues Terrain. Denn: Wie sammelt man eine Kunstform, die erst durch ihre Aufführung lebendig wird? Wie stellt man sie aus? Mit dieser Frage werden sich Expert:innen des Museums im Rahmen des Begleitprogramms am 12. Januar 2024 beschäftigen.
Im MO entschied man sich zunächst den Raum der Performance auch nach der Aufführung noch bis zum 11. Februar 2024 stehen zu lassen. Ein vier mal vier Meter großer Box-Ring, Sporthosen, Boxhandschuhe und Handtücher werden das Werk dann aber nur noch erahnen lassen. Die Gelegenheit den eigenwilligen Kampf live zu erleben, sollten Besucher:innen also unbedingt nutzen.
Wer caner teker später noch einmal im Gespräch erleben möchte, hat dazu am 8. Februar 2024, ab 19 Uhr die Möglichkeit. Teker spricht dann mit Schauspiel-Intendantin Julia Wissert und Nicole Grothe, Leiterin der MO_Sammlung.
Weitere Informationen: dortmunder-u.de/event/mo_schaufenster-35-caner-teker/