
Von Susanne Schulte
Als Isolde Parussel vor einigen Jahren die Leitung des Hoesch-Museums übernahm, wusste sie bereits, dass sie viel, viel Arbeit mit einem Ausstellungsstück haben würde, das nicht in die Regale des Archivs passt: Der geschenkte Stahlbungalow L141, von Hoesch in den 1960er als Fertighaus gebaut und der einzige dieser Form und Größe, sollte von Hombruch in die Nordstadt umziehen. Jetzt steht das Wohnhaus hinterm Museumsgebäude und ist zu besichtigen. Die Vollendung dieses Kraftakts wurde am Dienstag mit einem Festakt gefeiert und wird am kommende Sonntag mit dem Tag der offenen Tür gewürdigt
Geld und organisatorische Hilfe gab’s von vielen Seiten
Vertreter*innen diversen Stiftungen und Unternehmen sowie der Stadt und des Heimatministeriums waren eingeladen, im Gespräch mit Moderator Kay Bandermann ihre Motive für die zum Teil sehr großzügigen Geldgeschenke darzulegen. Landesministerin Ina Scharrenbach hatte kurzfristig abgesagt, doch es waren genug Gesprächspartner*innen vor Ort für zwei Rederunden.

Oberbürgermeister Thomas Westphal winkte verbal das Lob für seine Verwaltung ab: „Die Lorbeeren gehören allen Menschen, die das Museum führen. Wir waren nur hilfreich.“
Marcus von Marwick, bei ThyssenKrupp Steel Europe für die Kommunikation und die Nachhaltigkeit zuständig, erklärte, das Unternehmen wolle die Geschichte pflegen, und Dr. Karl Lauschke, Vorsitzender des Täger- und Fördervereins Hoesch-Museum, lobt beide Vorredner: „Stadt und ThyssenKrupp haben uns massiv unterstützt.“ Vor allem sei es eine „Mammutaufgabe für Isolde Parussel“ gewesen.
Stiftungen ließen sich nicht lumpen – Genaue Summen wurden nicht genannt
Kirsten Bernhardt vom Museumsamt des LWL begründete die Förderung des Landschaftsverbandes damit, dass es sich um ein Großprojekt handele, dass Räume für Veranstaltungen entstanden seien und das Haus die Industriegeschichte dokumentiere.

Für Professorin Dr. Dr. h.c. Ursula Gather, Vorsitzende des Kuratoriums der Krupp-Stiftung, ist der Bungalow ein kulturelles Erbe und zeigt auch Architekturgeschichte auf, und für Dirk Schaufelberger, Vorstandsvorsitzender der Dortmunder Sparkasse, ist es die soziale Verantwortung, die das Geldinstitut das Vorhaben unterstützen ließ.
Zwar wurde viel über die finanzielle Hilfe geredet, aber Zahlen, wie teuer denn der Umzug des Hauses nun war, hörten die mehr als 100 Gäste nicht. Auf eine entsprechende Frage von Nordstadtblogger am Rande der Veranstaltung antwortet Isolde Parussel: „Mehr als eine Million. Aber wir haben selbst das Geld nicht in Händen gehabt.“ Deshalb könne sie keine genaue Summe nennen.
Die Geschichte der Fertighäuser ist mehrere Jahrhunderte alt
Den Festakt schloss der Vortrag von Professorin Dr. Barbara Schock-Werner von der Nordrhein-Westfalen Stiftung Naturschutz, Heimat- und Kulturpflege über die Geschichte von Fertighäusern ab. Das Publikum erfuhr, dass Leonardo da Vinci als Erfinder dieser Konstruktion gilt und Zelte, Bau- und Zirkuswagen die einfachsten Produkte der Bauweise sind.

Ende des 19. Jahrhunderts entstanden sogenannte Wolgasthäuser der Bäderarchitektur. Walter Gropius und Konrad Wachsmann waren ebenfalls von der Idee begeistert, Häuser im Baukastensystem zusammen zu setzen. Das Einsteinhaus in Caputh steht noch heute.
Auch in den USA entwickelten beide in den 1940er Jahren diese Linie weiter und gingen mit dem Packaged House System auf den Markt. Neben Holz wurde Stahl als Baustoff genutzt, später auch Aluminium für das Modell Dymxion, in denen die US-Armee ihre Offiziere unterbrachte. „Ein Haus kostete soviel wie ein Auto.“
Wohnen im Stahlbungalow: Leichtes Putzen, aber kein prima Klima
In Deutschland konnte man nach dem Zweiten Weltkrieg Fertighäuser aus dem Katalog bei Neckermann und Quelle kaufen. MAN versuchte sich im Stahlhausbau und auch die Firma Hoesch. 1964 errichtete das Dortmunder Unternehmen in Hombruch die Werkssiedlung Kleinholthausen, darunter sechs Stahlbungalows für die Familien von Führungskräften.

Eines war der Typ L141. Das L stand für die Form, die 141 für die Quadratmeterzahl. Als die ersten Bewohner*innen 1977 dort auszogen, siedelte Hans-Hubert Hoff mit Frau und fünf Kindern aus einem kleineren Haus der Siedlung in das größere über. Jahre später kaufte er das Haus und nach seinem Tod schenkten seine Kinder das Haus dem Museum.
Den Kontakt stellte Dr. Silke Haps her, die sich wissenschaftlich mit dem Werkstoff Platal beschäftigte, aus dem Wände, Decken und Türen des L141 bestehen. Dieses mit PVC beschichtete Stahlblech ist zwar pflegeleicht, hat aber auch Nachteile.
Die Kinder des letzten L141-Bewohners reisten zur Feier an
Welche das sind, ist in Zitaten an den Wänden des Hauses zu lesen. So soll sich das Material bei Kälte derart zusammenziehen, dass es kracht, und bei Hitze blieben die Bewohner*innen von Stahlbungalows oft sehr lange vor der Tür, bis es sich drinnen abgekühlt hatte. Was die Kinder des Ehepaares Hoffs noch so zu erzählen wussten, taten sie am Dienstag nach Ende des Festaktes wohl in persönlichen Gesprächen, aber nicht auf der Bühne. Alle fünf waren angereist, Karin Östreicher sogar aus London.

Aber auch ohne die Zeitzeug*innen lohnt ein Rundgang durchs Haus. Die Wände sind einheitlich cremefarben, konnten aber auch mit anderen Lackierungen bestellt werden wie für Küche oder Bad. Nägel fanden keinen Weg durch den beschichteten Stahl.
Wer Bilder aufhängen wollte, musste eine spezielle Leiste unter der Decke anbringen. Dafür war nie ein neuer Anstrich nötig – weder innen, noch außen. In der Küche hängt eine Informationstafel, dass die Familie Hoff alle paar Jahre Wände, Türen und Decken gründlich abschrubbte, aber ohne Scheuermittel, das schädigt die Beschichtung. Kleine Kratzer wurden mit einem Lackstift ausgebessert.
Tag der offenen Tür beginnt am Sonntag um 10 Uhr
Das alles lesen die Besucher*innen am Tag der offenen Tür am kommenden Sonntag, 11. Mai, beim Rundgang durchs Haus. Das Programm, mit dem auch das sanierte Museum wieder öffnet, beginnt um 11 Uhr mit der Begrüßung, Einlass ist bereits um 10 Uhr.

Um 12.30 Uhr bittet Isolde Parussel Zeitzeug*innen zum Gespräch übers Wohnen im Stahlhaus auf die Bühne, und von 12 bis 16 Uhr können sich die Gäste Kurzführungen anschließen und Filme zum Wohnen in Stahlhäusern ansehen. Zudem ist die Sonderausstellung „Wir machen blau! Cyanotypie-Kunstwerke von Jugendlichen“ aufgebaut.
Das Hoesch-Museum an der Eberhardstraße 12 in Dortmund ist mit der U44, Endstelle Westfalenhütte, gut zu erreichen. Wer mit dem Auto kommt, findet einen großen Parkplatz in Museumsnähe vor.
Anm.d.Red.: Haben Sie bis zum Ende gelesen? Nur zur Info: Die Nordstadtblogger arbeiten ehrenamtlich. Wir machen das gern, aber wir freuen uns auch über Unterstützung!
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