Der DGB drängt die Ampelkoalition im Bund auf eine schnelle Lösung:

Von der Kindergrundsicherung würden allein in Dortmund über 40.200 Kindern profitieren

8,89 Euro gibt’s monatlich für Kino, Kindertheater, Sport- und sonstige Freizeitveranstaltungen. Ein Mal Popcorn mit Getränk ist teurer – dann reicht es nicht mal für die Kinokarte. Foto: Alexander Völkel für die nordstadtblogger.de

Durch eine gut gemachte Kindergrundsicherung würde nach Auswertung der Daten der Bundesagentur für Arbeit allein in Dortmund die Lebenssituation von mehr als 40.200 Kindern und Jugendlichen verbessern. „Die Ampel-Koalition in Berlin muss sich jetzt endlich auf eine Kindergrundsicherung verständigen und ausreichend Geld dafür bereitstellen. Familien mit geringem Einkommen brauchen dringend mehr Unterstützung, damit ihre Kinder gut aufwachsen können“, sagt Jutta Reiter, Vorsitzende des DGB-Stadtverbands Dortmund.

Die bisherigen Regelsätze reichen nicht für eine gesellschaftliche Teilhabe

Mit der geplanten Kindergrundsicherung sollen die bestehenden Leistungen für Kinder gebündelt und die Beantragung bürgerfreundlicher werden. „Sozialleistungen dürfen doch nicht nur auf dem Papier stehen, die Hilfen müssen auch bei allen Familien ankommen, die sie benötigen“, erläutert Reiter. Neben einem einfachen Zugang fordert der DGB-Stadtverband Dortmund für die Kindergrundsicherung auch höhere Leistungen als Kinder und Jugendliche heute beim Bürgergeld erhalten.

Dort seien beispielsweise im Regelsatz für ein Kind zwischen 6 und 13 Jahren nur 4,48 Euro pro Tag für Lebensmittel vorgesehen. 8,89 Euro gibt’s monatlich für Kino, Kindertheater, Sport- und sonstige Freizeitveranstaltungen. Nur 2,83 Euro seien für Kinder- und Jugendbücher im Monat vorgesehen, rechnet Reiter und resümiert: „Das arme Kinder oft außen vor bleiben, weil das Taschengeld fehlt, ist in unserem reichen Land ein Skandal, den wir endlich beenden müssen.“

„Kinderarmut ist bitter und folgenschwer – sie raubt Entwicklungs- und Zukunftschancen“

Die DGB-Vorsitzende Jutta Reiter
Die DGB-Vorsitzende Jutta Reiter Foto: Alexander Völkel für nordstadtblogger.de

In Dortmund lebten Ende 2022 30.474 Kinder und Jugendliche in Familien, die Bürgergeld erhalten. 9762 Kinder und Jugendliche erhalten den Kinderzuschlag, der an geringverdienende Eltern zusätzlich zum Kindergeld ausgezahlt wird. In Dortmund würden diese 40.236 Kinder mit den höheren Leistungen der Kindergrundsicherung eine Verbesserung erfahren. Hinzu kämen laut DGB noch Familien, die heute aufgrund ihres geringen Einkommens einen Rechtsanspruch auf Leistungen haben, diese aber nicht beantragen.

Zwar gebe es dazu keine aktuellen, belastbaren Zahlen, doch „diese Dunkelziffer ist erheblich“, ist sich Jutta Reiter sicher. Die Bundesregierung selbst hatte in der Vergangenheit geschätzt, dass nur 35 Prozent der leistungsberechtigten Familien den Kinderzuschlag beantragen. Bei Geringverdienenden, die ergänzend Bürgergeld erhalten können, betrage die Dunkelziffer bis zu 50 Prozent.

„Kinderarmut ist bitter und folgenschwer, da sie nicht nur Mangel im Hier und Jetzt bedeutet, sondern den Kindern Entwicklungs- und Zukunftschancen raubt. Nichts verursacht mehr Folgekosten und ist teurer als Kinderarmut zuzulassen. Geld für eine Kindergrundsicherung auszugeben ist auch eine Zukunftsinvestition“, fasst Reiterzusammen.

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Reaktionen

  1. Weltspartag: Kein Sparen an unseren Kindern! (PM Sozialforum Dortmund)

    Ein kleiner Zug von Demonstranten zog gestern Nachmittag (Montag) durch die Dortmunder City. Aus seiner Mitte war immer wieder der Ruf „Kein Sparen bei den Armen, streichen bei den Reichen!“ zu vernehmen, so dass sich manche Passanten auf dem Westenhellweg erstaunt umsahen. Anlass der kleinen Demonstration war der sog. Weltspartag, an dem die Kleinen früher zum Sparen angehalten wurden – heute eher ein Anlass, über die Armut nachzudenken.

    Fast jedes dritte Kind wächst in Dortmund unter Armutsbedingungen auf. Das ist in der Tat schwer zu ertragen, denn alle wissen: Armut hat für die betreffenden Kinder Folgen. Wer in der Klasse wegen Armut gemobbt wird, zieht sich häufig in sich zurück, hat später mitunter mit psychischen Problemen zu kämpfen. Wo das Geld für eine gesunde Ernährung zu knapp ist, drohen Kindern auf Dauer gesundheitliche Schäden. Und ohne gute Kinderschuhe keine gesunde Entwicklung der Füße.

    Jedes Kind ist gleich viel wert!

    Von daher sei es eigentlich eine gute Idee, für Kinder und Heranwachsende eine eigenständige Absicherung in Form einer besonderen Kindergrundsicherung zu schaffen. In der u.a. auch frühere Leistungen gebündelt werden. Doch nach Meinung der Demonstranten löst der kürzlich vorgelegte Gesetzentwurf der Regierung dieses Versprechen schon vom Ansatz her nicht ein.

    Die Bedarfssätze für Kinder sollen die gleichen bleiben wie beim Bürgergeld. Und dort, wo rechnerisch ein Mehr an Leistung für das einzelne Kind herauskommt, werde es in vielen Fällen an anderer Stelle gleich wieder vom Haushaltseinkommen der Familie abgezogen. Ein weiterer Kritikpunkt: Manche Kinder bzw. Jugendliche, insbesondere solche mit ungeregeltem aufenthaltsrechtlichen Status, sollen sogar ganz von der geplanten Grundsicherung ausgeschlossen werden.

    Angemeldet war die Demonstration von einem Bündnis aus Sozialforum, DGB, Kinderschutzbund Dortmund und einigen anderen mehr. Vor der hiesigen Büros der drei Berliner Regierungsparteien legte der Zug jeweils eine Zwischenkundgebung ein. Von der Einladung an die drei Parteien, gleich vor Ort zu den Vorwürfen Stellung zu nehmen, machen jedoch nur die Dortmunder Grünen Gebrauch.

    Im Namen des Kreisverbandes betonten die beiden Vertreter, Luis Hotten und Marek Paul Kirschniok, dass der Gesetzentwurf ein Anfang sei. Ein wirksamer Schutz vor Armut könne erst dann gelingen, wenn es eine bedarfsgerechte Ermittlung des kindlichen Existenzminimums gebe. Diese sei leider zunächst verschoben worden. Trotzdem greife die Kindergrundsicherung das Problem strukturell an und lege so den Grundstein für mehr Geld bei weniger Bürokratie.

    Worin sich die DemonstrantInnen und die KV-Vertreter nicht einig waren: Für die einen war noch gar nicht eingeschenkt, für die anderen das Glas immerhin schon halbvoll. Es müsse nur noch mehr Druck aus der Gesellschaft geben (Kirschniok), um fortschrittliche Forderungen innerhalb der Regierung zu bestärken. Am Ende ging man freundlich grüßend auseinander. Der „Spaziergang“ endete gegen 17 Uhr an der Katharinenstrasse, wo er 2 Stunden zuvor auch begonnen hatte

  2. Info-Veranstaltung zur geplanten Kindergrundsicherung (PM)

    Das Dortmunder Sozialforum lädt ein: Die neue Kindergrundsicherung
    Referent: Helmut Szymanski, Dortmund

    Mit der geplanten Kindergrundsicherung sind zahlreiche Erwartungen verbunden: z.B. weniger Bürokratie, Bedarfsdeckung, bessere Inanspruchnahme, gerechte Ermittlung des Bedarfs der Kinder und vor allem – die Kinder aus der Armut zu holen!

    Was ist von der geplanten Grundsicherung für Kinder zu halten?
    Wie soll die Umsetzung des Gesetzes aussehen?
    Welche Details werden die geplante Kindergrundsicherung ausmachen?
    Kann das neue Instrument den o.g. Erwartungen gerecht werden?
    Info-Veranstaltung des Sozialforums Dortmund in Zusammenarbeit mit DIDF Dortmund

    Montag, 5. Februar, 18:00 Uhr
    Haus der Vielfalt, Zur Vielfalt 21, 44147 Dortmund
    Raum B3, 1. Etage

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