Studie: Weniger Vorsorge wegen Pandemie – Expertin des Hauttumorzentrums warnt vor steigenden Fallzahlen

Krebsvorsorge: Je früher die Erkennung, desto besser die Heilungschancen. Foto: Klinikum Dortmund

Seit März treffen viel weniger Patient*innen mit Hautkrebs in einem frühen Stadium im Hauttumorzentrum im Klinikum Dortmund ein. Sinkt die Zahl der Erkrankungen schlichtweg? „Das sei sehr unwahrscheinlich“, sagt Dr. Svea Hüning, Oberärztin in der Hautklinik. Viel wahrscheinlicher sei es, dass Betroffene Vorsorgetermine aus Angst vor Corona meiden. Die befürchtete Folge: Viele Hautkrebserkrankungen, die erst in spätem Stadium erkannt werden und somit viel schwieriger zu behandeln sind.

2020 bei weitem nicht so viele Vorsorgeuntersuchungen bei niedergelassenen Ärzten

Die Ansteckungsgefahr besteht unvermindert fort - ein Experte aus dem Dortmunder Lungenzentrum rät, wie das Risiko vermindert werden kann. Foto: Sascha Fejneman
Nicht nur der öffentliche Nahverkehr wird wegen der Angst vor Ansteckung weniger frequentiert. Foto: Sascha Feijneman

Eine Studie, die ursprünglich die Behandlungsqualität unter Corona überprüfen sollte, deutet nun auf eine ganz andere Problematik hin: Alle bestehenden Patient*innen des Hauttumorzentrums im Klinikum Dortmund wurden 2020 zwar ungehindert behandelt, doch die Zahl der Neupatient*innen ist stark gesunken. Sind in diesem Jahr schlichtweg viel weniger Menschen an Hautkrebs erkrankt? ___STEADY_PAYWALL___

Dr. Svea Hüning, Funktionsoberärztin in der Hautklinik sowie Koordinatorin des Hauttumorzentrums, hegt einen besorgniserregenden Verdacht: „Wir vermuten, dass viele Tumore noch gar nicht entdeckt wurden, weil Betroffene wegen der Pandemie Arzt- und somit Vorsorge-Termine vermeiden“, sagt Dr. Hüning. Die Sorge sei nun, dass viele Erkrankungen mit starker Verzögerung und somit erst im fortgeschrittenen Stadium entdeckt werden – was eine Behandlung deutlich erschwert.

Auch die Kassenärztliche Vereinigung Westfalen-Lippe bestätigt, dass 2020 bei weitem nicht so viele Vorsorgeuntersuchungen bei niedergelassenen Ärzten vorgenommen wurden. Im Vergleich: Es wurden im zweiten Quartal (also ab der Zeit des Lockdowns bis Ende Juni) rund 200.000 onkologische Fallzahlen inkl. Hautscreening bei niedergelassenen Ärzten abgerechnet. Im Vorjahr waren es im gleichen Zeitraum noch 270.000

Sorge vor fortgeschrittenen Krebserkrankungen – beste Versorgung im Hauttumorzentrum trotz Pandemie

„Dann kommt natürlich auch hinterher weniger bei uns an“, so Dr. Hüning. Während die Anzahl der Erkrankten mit schwarzem Hautkrebs in einem fortgeschrittenen Stadium nahezu gleichbleibend sei, ist die Zahl der früherkannten Tumore deutlich zurückgegangen.

Die Teststelle grenzt direkt an den Haupteingang des Klinikums Dortmund Mitte.

„Seit 1970 hat sich die Zahl der an schwarzem Hautkrebs Erkrankten mehr als verfünffacht. Es ist also sehr unwahrscheinlich, dass diese Zahl auf einmal abnimmt“, so Dr. Hüning. Wie sich das entwickeln wird, könne noch niemand sagen. „Aber die Sorge ist, dass viele Menschen ihre Vorsorge weiterhin aufschieben. Dann wird aus einem kleinen leider schnell ein größerer Tumor, der auch lebensbedrohlich sein kann, denn dann ist der Hautkrebs nicht mehr so leicht zu behandeln wie am Anfang.“

Dabei zielte die Studie anfangs auf den Nachweis von Behandlungsqualität ab. „Wir haben uns gefragt, ob coronabedingt Versorgungsengpässe entstanden sind“, so Dr. Hüning. „Deshalb wurden zwei Monate lang alle Krebspatienten des Hauttumorzentrums befragt, unter anderem hinsichtlich Angst, Wartezeiten, Behandlung und Hygienekonzept.“

Das Ergebnis hier: Es gab kaum Terminabsagen oder -verschiebungen. Rund 90 Prozent der Patient*innen haben an die Hautklinik im Klinikum Dortmund sogar die Bestnote vergeben und beschrieben, dass sie sich zu jedem Zeitpunkt ihrer Therapie sehr sicher fühlten.

Selbsttest in den eigenen vier Wänden

Die Kosten eines Hautscreenings übernimmt die gesetzliche Krankenkasse ab einem Alter von 35 Jahren alle zwei Jahre. Unabhängig davon kann aber auch jede*r selbst die eigene Haut überprüfen. „Das funktioniert am besten mit einem Partner, denn die gesamte Haut sollte von Kopf bis Fuß unter die Lupe genommen werden – auch zwischen den Zehen und da, wo die Sonne nicht scheint“, so Dr. Hüning.

„Auffällige Leberflecken können unterschiedliche Farben haben, asymmetrisch, erhaben oder unklar begrenzt sein oder sich mit der Zeit verändern.“ Gefährdet seien vor allem diejenigen, die als Kind viele Sonnenbrände hatten, Menschen mit hellem Hauttyp, vielen Muttermalen oder genetischer Vorbelastung.

„Vorbeugend ist vor allem Sonnenschutz wichtig durch eincremen und Kleidung“, so Dr. Hüning. „Aber Sicherheit schafft vor allem das professionelle Hautscreening beim Haus- oder Hautarzt.“

 

Unterstütze uns auf Steady

 

 

Print Friendly, PDF & Email

Reaktionen

  1. Bündnis für Krebsprävention NRW rät: Sei mal zu früh!
Internetportal bietet qualitätsgesicherte Informationen (PM)

    Bündnis für Krebsprävention NRW rät: Sei mal zu früh!

    Internetportal bietet qualitätsgesicherte Informationen

    Weniger Menschen mit Krebserkrankungen in NRW, das ist das Ziel des „Bündnis Krebsprävention NRW“. Das Bündnis ist ein Zusammenschluss der Krebsgesellschaft Nordrhein-Westfalen e.V. mit gesetzlichen Krankenkassen/-verbänden und Trägern der gesetzlichen Unfallversicherung. Der erste gemeinsame Schritt des Präventionsverbundes ist das Internetportal „Sei mal zu früh“, unter http://www.sei-mal-zu-frueh.de mit gesicherten Informationen zur Vorbeugung und Früherkennung von Krebs. 
Neben zahlreichen Informationen und Tipps zur Krebsprävention und Gesundheitsförderung gibt das Portal einen Überblick über gesundheitsbezogene und qualitätsgesicherte Angebote in NRW. Der Fokus liegt dabei auf Wissensangeboten, die sich konkret am Lebensalltag der Menschen orientieren. Dies sind zum Beispiel Projekte zur Hautkrebsprävention in Kindergärten und Schulen, Vorträge für Betriebe oder Vereine, Informationen für Pflegeeinrichtungen und vieles mehr.

    „Wenn wir es schaffen, Informationen und Angebote in das soziale Umfeld der Menschen zu tragen, dann haben wir einen soliden Grundstein für gesundheitsbewusstes Verhalten mit zukünftig weniger Krebserkrankungen gelegt“, ist sich Bärbel Brünger vom Verband der Ersatzkassen e.V. (vdek), sicher. So ist das Bündnis im bevölkerungsreichsten Bundesland NRW die erste Initiative dieser Art im gesamten Bundesgebiet. Eine wichtige Basis für den Verbund ist die schon langjährige Zusammenarbeit mit den gesetzlichen Krankenkassen in NRW. Eine zentrale Rolle spielt dabei die Art der Informationsvermittlung. „Unser Ziel ist es, Informationen und Angebote für alle Menschen in NRW händelbar und abrufbar zu machen, dort wo sie gebraucht werden und auch praktische Anwendung finden – nämlich im sozialen Miteinander“, ergänzt Hendrik Hillebrand von der Verwaltungs-Berufsgenossenschaft (VBG). Laut einer Studie der Universität Bielefeld steht es um die Gesundheitskompetenz der Deutschen derzeit nicht zum Besten. „Viele Menschen haben Schwierigkeiten, gesundheitsrelevante Informationen zu beurteilen und praktische Unterstützungsangebote, beispielsweise Seminare der Krebsgesellschaft oder anderer Anbieter, für sich zu nutzen“, so Sandra Bothur, Geschäftsführerin der Krebsgesellschaft NRW. Diesen Weg soll http://www.sei-mal-zu-frueh.de ebnen.

    Hintergrund-Info zu Krebs in NRW

    In NRW erkranken jährlich etwa 108.000 Menschen neu an Krebs. Laut statistischen Schätzungen des Robert Koch-Instituts sind das jeder zweite Mann (51%) und nahezu jede zweite Frau (43%), die im Laufe ihres Lebens mit einer Krebsdiagnose konfrontiert werden. Mehr als die Hälfte der jährlichen Neuerkrankungen könnte jedoch vermieden werden; etwa durch einen ausgewogenen Lebensstil.
    Quelle : Landeskrebsregister NRW 2019, Robert-Koch-Institut 2019

    Dem Bündnis Krebsprävention NRW gehören folgende Organisationen an:
    Krebsgesellschaft NRW e.V.

    Krankenkassen/-verbände:
    AOK NORDWEST
    AOK Rheinland/Hamburg
    BARMER
    BKK-Landesverband NORDWEST
    DAK-Gesundheit
    HEK
    hkk
    IKK classic
    KKH
    KNAPPSCHAFT
    Techniker Krankenkasse (TK)
    Verband der Ersatzkassen (vdek)
    Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau (SVLFG)

    Träger der gesetzlichen Unfallversicherung:
    Unfallkasse NRW (UK NRW)
    Verwaltungs-Berufsgenossenschaft (VBG)
    Berufsgenossenschaft Rohstoffe und chemische Industrie (BG RCI)
    Berufsgenossenschaft der Bauwirtschaft (BG BAU)

    Kooperationspartner:
    Berufsgenossenschaft Holz und Metall (BG HM)

Reaktion schreiben

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert