
Das „Netzwerk zur Bekämpfung von Antisemitismus Dortmund“ hat im Gedenken an die Opfer des antisemitischen Terroranschlags von Bondi Beach in Sydney eine Kundgebung abgehalten. Rund 130 Dortmunder:innen kamen am Montagabend (15. Dezember 2025) zusammen und setzten damit ein Zeichen gegen antisemitischen Hass und Terror. Die Botschaft war klar: Antisemitismus darf in Dortmund keinen Platz haben!
Ermordet, weil sie Juden waren – 15 Tote und mindestens 40 Verletzte
Es war bereits dunkel, als sich am Montagabend mehr als einhundert Menschen auf dem Platz der Alten Synagoge vor dem Dortmunder Opernhaus zu einer Solidaritätskundgebung versammelten. Eine angespannte Stimmung lag in der kalten Luft.

Am Vortag hatten zwei Terroristen im australischen Sydney Mitglieder der jüdischen Gemeinde angegriffen, die am Bondi Beach den ersten Tag des jüdischen Lichterfests Chanukka begingen. Die Täter schossen wild um sich – Videos der Tat kursieren in den Sozialen Netzwerken.
Wie die Tagesschau berichtete wurden dabei 15 Menschen ermordet, darunter auch ein Überlebender der Shoa, der wohl seine Frau vor den Kugeln der Terroristen schützen wollte. Mindestens 40 Menschen wurden verletzt. Bei den beiden Tätern handelt es sich nach ersten Erkenntnissen um Vater und Sohn, mutmaßlich mit Verbindungen zur Terrororganisation „Islamischer Staat“ (IS), wie zahlreiche Medien mitteilen.
Ein Zeichen für Zusammenhalt und gegen Antisemitismus
Die Veranstalter:innen vom „Netzwerk zur Bekämpfung von Antisemitismus Dortmund“ wollten mit der Kundgebung ein Zeichen setzen: für Zusammenhalt und gegen antisemitischen Hass und Terror. Die Veranstaltung kam daher spontan zustande.

Im Gespräch erklärte Micha Neumann, Leiter der „Antidiskriminierungsberatung und Intervention bei Antisemitismus und Rassismus“ (ADIRA), man wolle den Mitgliedern der jüdischen Gemeinde und ihren Unterstützer:innen Raum für Trauer und Anteilnahme geben.
Von der Stadtgesellschaft erhoffe er sich, dass Anlässe wie dieser genutzt würden, um Solidarität mit Jüdinnen und Juden zu zeigen.
Die Politik müsse entschiedener handeln, um Antisemitismus in all seinen Facetten zu bekämpfen. „Antisemitismus darf in all seinen Ausformungen keinen Platz in Dortmund haben“, stellte er klar. Dafür brauche es Präventionsprogramme und eine langfristige Unterstützung von Initiativen, die sich für jüdisches Leben in der Stadt einsetzen.
Neumann: „Wir werden antisemitische Gewalt niemals hinnehmen“
Gegen 18 Uhr eröffnete Neumann die Kundgebung. „Wir werden antisemitische Gewalt niemals hinnehmen“, stellte er gleich zu Beginn klar und berichtete, dass antisemitische Gewalt weltweit seit dem 7. Oktober 2023 deutlich zugenommen habe. Der Anschlag in Sydney sei kein Zufall, kein Einzelfall, betonte Neumann. Er sei das Ergebnis eines antisemitischen Klimas, in dem Parolen wie „Globalize the Intifada“ normalisiert würden.

„Dieser Anschlag sendet eine Botschaft an Jüdinnen und Juden weltweit: Ihr seid nirgends sicher“, erklärte er. Das Ziel antisemitischer Attentate sei die Verunsicherung jüdischer Gemeinden und solle ihnen zeigen, dass sie besonders bei der Begehung jüdischer Feste und Traditionen oder in Momenten der Gemeinschaft gefährdet seien.
Das offenbare den Vernichtungscharakter dieser Ideologie. „Jüdisches Leben muss überall sicher sein“, forderte er. Dafür brauche es Solidarität, klare Haltung und entschlossenes Handeln.
Rabbi Nosikov: „Auf welcher Seite der Geschichte stehen Sie?“
Im Anschluss sprach der Rabbiner der Dortmunder Gemeinde, Avigdor Moshe Nosikov. Er richtete lediglich eine Frage an die politischen Entscheidungsträger:innen – in Dortmund, in Deutschland und weltweit. „Wollen Sie auf der hellen Seite oder auf der dunklen Seite der Geschichte stehen?“, fragte er und war sichtlich erschüttert.

Im Anschluss an seine Rede wandte sich Novikov der großen Menora zu, einem siebenarmigen Leuchter, mit dem im Judentum dem Sieg über die Hellener im antiken Judäa gedacht wird. Während Chanukka wird jeden Tag eine weitere Kerze entzündet.
Die große Menora stand auf dem Dach der Dortmunder Oper, die auch den Vorplatz – den Platz der alten Synagoge – für die Solidaritätskundgebung bereitstellte und mit den Botschaften „We stand with Sydney“ und „Chanukka sameach“, die abwechselnd auf einer großen Leuchtanzeige erschienen, ihre Solidarität kund tat.
OB Kalouti richtete sich mit klaren Worten an die Anwesenden
Auch Dortmunds Oberbürgermeister Alexander Kalouti (CDU) ergriff das Wort. Sichtlich bewegt wandte er sich direkt an Rabbi Nosikov und reagierte mit Verständnis auf seine kritische Frage. „Ich verstehe Ihre Wut. Es ist genug! Dieser Antisemitismus ist inakzeptabel“, sagte er mit fester Stimme.

Dortmund stehe fest an der Seite seiner jüdischen Gemeinde, versicherte der neue Oberbürgermeister: Da haben Sie die Gesamtheit der demokratischen politischen Landschaft hinter sich, vor sich und neben sich.“
Die Stadt werde alles tun, um jüdisches Leben zu schützen, sagte er. „Es wird keinen Zweifel daran geben, dass jüdisches Leben zu Dortmund gehört und immer gehören wird“, stellte Kalouti klar.
Mehr als 100 Menschen versammelten sich gemeinsam gegen antisemitische Gewalt
Für die „Gesellschaft für christlich-jüdische Zusammenarbeit Dortmund e. V.“ sprach Ruth Nientiedt. In ihrer Rede rief sie die Stadtgesellschaft zum Zusammenhalt auf. „Der Terroranschlag muss uns alle wachrütteln“, mahnte sie. Nur gemeinsam könne man Hass und Gewalt entgegentreten.

In seinem Redebeitrag forderte Paul Mentz moralische Klarheit von Politik und Gesellschaft. Er verurteilte die steigende Zahl antisemitischer Übergriffe seit Oktober 2023 deutlich. „Demokratie stirbt, wenn sie sich nicht klar von Terror und Hass abgrenzt“, sagte er.
Kritik äußerte Mentz auch an der australischen Regierung. Diese habe dem Terror nichts entgegengesetzt. Stattdessen habe sie einen palästinensischen Staat anerkannt, der Terror nicht bekämpfe, sondern weiter gegen Israel und Jüdinnen und Juden agitiere. „Das ist die praktische Umsetzung von ‚Globalize the Intifada‘“, schlussfolgerte er.
Zum Abschluss trug Kantor Abraham Goldberg ein hebräisches Gebet vor. Es galt den Opfern des Anschlags von Sydney und ihren Angehörigen. Seine Stimme hallte laut über den Platz der Alten Synagoge. Die Versammelten schwiegen, die Stille hing in der kalten Winterluft. Die Kundgebung endete still, aber geschlossen.
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